Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Aus § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG ist nicht zu entnehmen, daß die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften schlechthin von der Vermögensabgabe befreit sind.

 

Normenkette

LAG § 18 Abs. 1 Ziff. 14

 

Tatbestand

Der katholischen Kirchengemeinde R., der Abgabepflichtigen, gehört ein aus mehreren Weinbergen bestehendes Weinbauvermögen (Einheitswert zum 21. Juni 1948 = 5.200 DM) als sogenanntes Pfarrwittum (Pfarrpfründevermögen). Die Bewirtschaftung steht auf Grund der Widmung in Verbindung mit Art. 511 und 512 der Synodalstatuten des zuständigen Bistums dem jeweiligen Pfarrherrn von R. zu.

Nach Art. 480 der oben angegebenen Synodalstatuten unterliegt die gesamte Vermögensverwaltung innerhalb des Bistums der Aufsicht des Bistumsoberen. Ihm haben die Verwalter der kirchlichen Vermögen jährlich Rechnung zu legen. Das Bischöfliche Pfarrbesoldungsamt prüft die Abrechnung des Pfarrers über die Erträgnisse des Pfarrwittums.

Dem jeweiligen Pfarrherrn fließen für die Dauer seines Amtes die Einkünfte aus dem Stellenvermögen zu. Ihm obliegen die mit der wirtschaftlichen Verwaltung verbundenen Lasten, die gewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die Sorge für die Einziehung der Erträgnisse.

überstiegen in einem Jahre die tatsächlichen Unkosten die Einnahmen des Pfarrers aus dem Pfarrwittum, so ist nach der Verordnung des Bischöflichen Generalvikariats für die Errechnung des Reinertrages der Pfarrwittums-Weinberge zu untersuchen gewesen, ob und in welchem Umfange der Verlust ausgeglichen wird. Die Entscheidung des Bischöflichen Pfarrbesoldungsamtes ist endgültig.

Das Finanzamt hat die Abgabepflichtige mit dem Pfarrwittum in Höhe des Einheitswertes zur Vermögensabgabe veranlagt, ohne einen Betrag für die Nutznießung des Pfarrers abzusetzen.

Der Einspruch ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen hat das Finanzgericht auf die Berufung der Abgabepflichtigen die beiden Vorentscheidungen ersatzlos aufgehoben und ausgeführt: Die Abgabepflichtige sei nach § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG von der Vermögensabgabe frei, weil das Wittumsvermögen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes, einer selbständigen juristischen Person, gehöre und ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken, nämlich der Besoldung des Pfarrers, diene. Das Bistum sei eine weitere selbständige juristische Person. Die Abgabepflichtige betreibe keinen der Vergünstigung aus § 19 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) entgegenstehenden Zweck, insbesondere keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne einer nachhaltigen selbständigen Tätigkeit, die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehe. Dem Pfarrer allein komme der Erfolg der Weinbaubewirtschaftung zugute. Einen Vermögensverlust trage nicht die Abgabepflichtige, sondern die Bischöfliche Kasse. Diese "übernehme" nicht ihrerseits den Verlust, sondern wolle dem Pfarrer lediglich eine "Beihilfe" leisten. Auch ein etwaiger überschuß veranlasse nur die Anrechnung auf das Gehalt erfüllungshalber. Es sei bezeichnend, daß nicht der volle Reinertrag des Pfarrwittums, vielmehr ein besonders festgesetzter Betrag vom Pfarrbesoldungsamt als Gehalt angerechnet werde (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs VI 129/44 vom 13. Februar 1946, Steuer und Wirtschaft 1947 Nr. 5). Dem Pfarrer liege die Bewirtschaftung ob, also nicht der Abgabepflichtigen. Diese leiste ihren Beitrag zur Besoldung ausschließlich durch die Bereitstellung des Wittums. Dieses diene nur der Besoldung des Pfarrers und damit unmittelbar und ausschließlich kirchlichen Zwecken.

Hiergegen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts.

 

Entscheidungsgründe

Die katholische Kirche gehört mit ihren Gliederungen zu den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften. Für diese bestimmt § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG.

"Von der Vermögensabgabe sind befreit die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften sowie solche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Der Umfang der Befreiung bestimmt sich in jedem Fall nach den Vorschriften der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung (Gemeinnützigkeitsverordnung) ..."

Diese Vorschrift ist nicht dahin auszulegen, daß die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften schlechthin von der Vermögensabgabe befreit seien. Sie sind vom Gesetzgeber offenbar lediglich in dem Sinne herausgehoben, daß sie nicht darzutun brauchen, daß sie, im ganzen gesehen, kirchlichen Zwecken dienen. Dagegen bestimmt sich nach Satz 2 a. a. O. in jedem Falle, also auch bei den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, der Umfang der Befreiung nach §§ 17 bis 19 StAnpG in Verbindung mit der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV).

Dieser Wortlaut des Gesetzes hat bereits in der zweiten Lesung desselben bei den Verhandlungen in dem Ausschluß des Bundestages für den Lastenausgleich bestanden (ß 15 Abs. 1 Ziff. 15 des Entwurfes, Drucksache Nr. 1800, neuer fortlaufender Text, herausgegeben vom Sekretariat des Ausschusses für den Lastenausgleich unter dem 15. Februar 1952). Es sind zwar späterhin (z. B. in der 207. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 6. Mai 1952 - Materialien, Drucksachen Nrn. 8996, 8998 ff. -) Anträge gestellt worden, die auf eine stärkere Heranziehung kirchlichen Vermögens abzielten. Sie sind indessen abgelehnt worden.

Was auch immer die Gedankengänge der gesetzgebenden Körperschaft hinter diesen Abstimmungsergebnissen gewesen sein mögen: Sie sind jedenfalls im Gesetz selbst nicht etwa in der Richtung zum Ausdruck gelangt, daß die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften vollkommen von der Vermögensabgabe befreit sein sollen.

Maßgebend für die Auslegung des Gesetzes ist der in seinem Wortlaut und Sinnzusammenhang zum Ausdruck gelangte Wille des Gesetzgebers, ohne daß im vorliegenden Falle die Erörterungen und zwischenzeitlichen Abstimmungen im Bundestag oder vorher im Lastenausgleichsausschuß des Bundestages eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auffassung rechtfertigen.

Somit kann auch die katholische Kirche in R. von der Vermögensabgabe nicht schlechthin freigestellt werden. Vielmehr ist hinsichtlich des der Abgabepflichtigen durch bindende Einheitswertfeststellung zugerechneten Weinbauvermögens zu prüfen, ob die Abgabepflichtige hier einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 6 Abs. 2 GemV 1953 unterhält (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 307/57 U vom 15. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 131, Slg. Bd. 70 S. 353), oder ob bei ihr lediglich Vermögensverwaltung anzunehmen ist. Maßgebend sind die Stichtagsverhältnisse. Da die Bewirtschaftung und die Nutzungen dem jeweils amtierenden Pfarrer überlassen waren, hängt die Entscheidung davon ab, ob das Risiko der Höhe der Erträgnisse des Weinbauvermögens bei der Kirche oder bei dem amtierenden Pfarrer gelegen hat, d. h. ob und mit welchen wirtschaftlichen Auswirkungen der letztere endgültig für sich selbst das Weinbauvermögen bewirtschaftet hat und die tatsächlichen Erträgnisse ihm voll verblieben sind und auf seine Gehaltsbezüge nur mit einem fiktiven Betrage angerechnet wurden, oder ob er die Weinberge lediglich als Angestellter der Kirche bewirtschaftet hat und ihm die tatsächlichen Erträgnisse auf sein Gehalt mit der Folge angerechnet wurden, daß sich die Gehaltsbezüge je nach dem weinbauwirtschaftlichen Ertrag minderten oder erhöhten (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs VI 129/44 vom 13. Februar 1946, a. a. O.).

Für die Auffassung, daß der amtierende Pfarrer die Pfründe lediglich für die Kirche verwaltet hat, ohne selbst das wirtschaftliche Risiko zu tragen, spricht der Umstand, daß sein Ertrag aus der Bewirtschaftung am Stichtage und auch später der Lohnsteuer unterworfen worden ist.

Das angefochtene Urteil hat die Frage des Risikos der Weinbaubewirtschaftung nicht hinreichend geklärt und sich insbesondere nicht mit der lohnsteuerlichen Behandlung auseinandergesetzt, die eher dafür spricht, daß ein abgabepflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Kirche vorgelegen hat. Die Behauptungen der Parteien sind einander entgegengesetzt.

Das angefochtene Urteil unterliegt daher der Aufhebung. Die Sache geht zur nochmaligen Nachprüfung im vorstehenden Sinne und zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410498

BStBl III 1962, 407

BFHE 1963, 388

BFHE 75, 388

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