Leitsatz (amtlich)

Die Steuerbefreiung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 11 GrEStB-BauG Niedersachsen 2. Alternative setzt tatbestandsmäßig unter anderem voraus, daß der Erwerber des Grundstücks einen Übernahmeanspruch gegen den durch das BBauG Begünstigten hat. Der Erwerb eines Grundstücks durch einen Entschädigungsberechtigten von einem Dritten, der nicht Enteignungsbegünstigter ist, wird nicht von der Besteuerung ausgenommen.

 

Normenkette

GrEStBBauG Niedersachsen § 1 Abs. 1 Nr. 11

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau hatten von der Wohnungsbau-AG S (Veräußerin) gegen Hingabe des dem Kläger gehörigen Hausgrundstücks in S, N-Straße 11, je zur ideellen Hälfte Bauland erworben (Vertrag vom 30. April 1964); die Veräußerin hatte außerdem 2 000 DM bezahlt. Die Eheleute hatten erklärt, das Bauland innerhalb von drei Jahren entsprechend den Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus bebauen zu wollen. Das FA hatte den Erwerb von der Grunderwerbsteuer freigestellt. Als das Grundstück fünf Jahre danach noch nicht bebaut war, hat das FA (Beklagter) mit Bescheid vom 7. Oktober 1969 Grunderwerbsteuer festgesetzt. Der Einspruch ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihm war vorgetragen worden, der Vertrag vom 30. April 1964 sei zur Vermeidung eines das Grundstück S, N-Straße 11, betreffenden Enteignungsverfahrens abgeschlossen worden.

Die Stadt S hat im Laufe des Verfahrens verschiedene Bescheinigungen, die sich auf das Rechtsgeschäft bezogen, erteilt.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Es hat aufgrund der Beweisaufnahme den für die Inanspruchnahme der Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 11 des niedersächsischen Gesetzes über Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes (GrEStBBauG) erforderlichen Nachweis als nicht erbracht angesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist im Ergebnis nicht begründet.

Von der Besteuerung nach dem GrEStG sind in Niedersachsen u. a. auszunehmen: Der Erwerb eines Grundstücks durch eine Gemeinde zur Entschädigung eines Eigentümers, der nach § 40 Abs. 2 BBauG die Übernahme von Flächen verlangt, und der Erwerb eines Grundstücks durch einen solchen Eigentümer als Entschädigung in Land, wenn dadurch die nach § 40 Abs. 5 BBauG zur Vermeidung eines Enteignungsverfahrens notwendige Einigung ermöglicht wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 11 GrEStB-BauG Niedersachsen).

Das Begehren des Klägers auf Befreiung seines Grunderwerbs von der Grunderwerbsteuer wird von der ersten Alternative der Befreiungsvoschrift nicht gedeckt, weil nicht über den Erwerb eines Grundstücks durch eine Gemeinde zu entscheiden ist.

Der Erwerbsvorgang des Klägers ist auch nicht aufgrund der zweiten Alternative der Befreiungsvorschrift von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen. Die Steuerbefreiung setzt tatbestandsmäßig u. a. voraus, daß der Erwerber einen Übernahmeanspruch gegen den durch die Festlegung der Straßenlinien Begünstigten hätte. Ein solcher etwaiger Übernahmeanspruch konnte sich nach der Sachlage nur gegen die Stadt S richten. Zur Entschädigung und damit ggf. auch zur Entschädigung in Land war infolgedessen allein die Stadt S verpflichtet, da in dem Teilortsbauplan ein anderer Begünstigter nicht bestimmt war (§ 40 Abs. 4 BBauG). Bei dieser Sachlage hätte der Grundstückstausch allenfalls dann gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 11 GrEStBBauG Niedersachsen steuerfrei sein können, wenn der Kläger sein Grundstück gegen ein Grundstück der Stadt S getauscht hätte. Das ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht der Fall. Der Tauschvertrag wurde mit der Wohnungsbau-AG S abgeschlossen. Die Wohnungsbau-AG war kein Begünstigter des Teilortsbauplans, durch den die Straßenbaulinien festgelegt worden waren. Unerheblich ist, ob etwa die Stadt S an dieser Gesellschaft z. Z. des Abschlusses des Tauschvertrags beteiligt war oder nicht. Als juristische Person war die Wohnungsbau-AG mit der Stadt S nicht identisch. Tauschverträge eines von einem Teilortsbauplan Betroffenen mit dritten Personen sind durch § 1 Abs. 1 Nr. 11 GrEStBBauG Niedersachsen nicht von der Besteuerung ausgenommen.

Auf die weiteren Überlegungen, auf die das FG die Abweisung der Klage gestützt hat, kam es mithin nicht mehr an. Das FG hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

Unerheblich ist infolgedessen auch, ob der Kläger rügen wollte, die Überzeugung des FG sei auf verfahrensrechtlich fehlerhafte Weise zustande gekommen, oder ob er die Beweiswürdigung des FG angriff.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, daß sich aus der Fassung der Buchst. a und c des § 4 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Befreiungen von der Grunderwerbsteuer bei Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes vom 5. April 1963 (GVBl Niedersachsen 1963, 227, BStBl II 1963, 75) und aus Abschnitt II Nr. 11 Buchst. b i. V. m. Abschnitt II Nr. 10 Buchst. b des Erlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 4. Dezember 1962 (Ministerialblatt Niedersachsen 1962, 973, BStBl II 1963, 3) Unklarheiten ergeben, die das Verständnis des § 1 Abs. 1 Nr. 11 GrEStBBauG Niedersachsen erschweren. Sie ändern jedoch nichts an der vom Senat getroffenen Entscheidung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72407

BStBl II 1977, 679

BFHE 1978, 362

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