Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Nach den am 21. Juni 1948 geltenden Vorschriften durfte ein Minderkaufmann ein Hausgrundstück nur in dem Umfang in seine Bilanz aufnehmen, in dem es dem Betrieb tatsächlich diente.
Eine Hypothekenschuld, die zum Erwerb des Grundstücks aufgenommen worden ist, ist soweit Betriebsschuld, als das Grundstück Betriebsvermögen ist.
Normenkette
LAG § 163
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Minderkaufmann mit dem Schuldnergewinn aus der Umstellung einer Hypothek, die auf einem gemischtgenutzten, zum Teil dem Gewerbe dienenden Grundstück lastet, zur Hypothekengewinnabgabe oder zur Kreditgewinnabgabe heranzuziehen ist, wenn das Grundstück und die Hypothekenschuld in der RM-Schlußbilanz und der DM-Eröffnungsbilanz voll ausgewiesen sind.
Der Beschwerdegegner (Bg.) betreibt in seinem Grundstück eine Bäckerei, der übrige Teil des Grundstücks ist vermietet. Die bei der Einheitsbewertung zugrunde gelegten Jahresrohmieten betragen für den eigengewerblich genutzten Teil 1.800 RM, für den übrigen vermieteten Teil 4.404 RM. Der Bg. hat das gemischtgenutzte Grundstück mit dem vollen Wert in seine RM-Schlußbilanz aufgenommen und die auf dem Grundstück ruhende Hypothek, die am 20. Juni 1948 noch mit 7.000 RM valutiert war, als Betriebsschuld behandelt. Auch in der als DM-Eröffnungsbilanz bezeichneten Bilanz vom 21. Juni 1948 sind das Grundstück und die Hypothek mit dem vollen Wert aufgeführt.
Diese Art der Bilanzierung hat der Betriebsprüfer in seinem Bericht vom 1. September 1951 beanstandet. Der Wert des Grundstücks müsse in einen gewerblich und einen privat genutzten Teil aufgeteilt werden. Dieser Ansicht ist das Finanzamt bei der Veranlagung der Kreditgewinnabgabe und der Hypothekengewinnabgabe gefolgt. Es hat in Höhe von 70 v. H. der Restvaluta eine Privatschuld angenommen und den Schuldnergewinn insoweit der Hypothekengewinnabgabe unterworfen. 30 v. H. des Schuldnergewinnes hat es zur Kreditgewinnabgabe herangezogen.
In dem gegen den Hypothekengewinnabgabebescheid eingelegten Rechtsmittelverfahren hat der Abgabepflichtige ausgeführt, nach den Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1946 habe das Finanzamt nicht beanstanden müssen, wenn bei Minderkaufleuten Grundstücksteile, die nicht dem Betrieb dienten, als Betriebsvermögen behandelt worden seien. Diese Richtlinien hätten auch für die RM-Schlußbilanz Geltung gehabt. Bei Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz habe er den Bilanzenzusammenhang gewahrt und darum das Grundstück und die Schuld voll bilanziert. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn das Finanzamt zuvor diese Bilanzierung nicht beanstandet habe, vom Zeitpunkt der Währungsreform an jedoch eine Aufteilung des Wertes verlange.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Berufung führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Hypothekengewinnabgabebescheides. Das Finanzgericht führt zur Begründung seines Urteils aus, der Abgabepflichtige habe unstreitig eine DM-Eröffnungsbilanz erstellt. Er sei dabei der in der Zeit vor der Währungsreform angewandten Bilanzierung gefolgt und habe somit den notwendigen mengenmäßigen Bilanzenzusammenhang gewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil IV 19/55 U vom 12. Mai 1955, Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 205, Slg. Bd. 61 S. 18) und dem Urteil des Finanzgerichts Stuttgart I 598/56 vom 2. Oktober 1956 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1957 Nr. 101) sei es auch Minderkaufleuten gestattet, Grundstücke einkommensteuerlich als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln. Es sei darum nicht unrichtig, wenn der Abgabepflichtige den vollen Wert seines gemischtgenutzten Grundstücks in die DM-Eröffnungsbilanz ebenso wie in die RM-Schlußbilanz eingestellt habe. Eine Bilanzberichtigung im Sinne der Feststellung des Betriebsprüfers komme nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts. Nach § 163 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) kämen nur solche Schuldnergewinne für die Kreditgewinnabgabe in Betracht, die aus Betriebsschulden entstanden seien. Sofern in der RM-Schlußbilanz und der DM-Eröffnungsbilanz private Schulden enthalten seien, müßten sie für die Ermittlung des Schuldnergewinnes ausgeschieden werden. Im gleichen Verhältnis wie das Grundstück zähle die damit zusammenhängende Kaufpreishypothek zum Teil zum Betriebsvermögen, zum Teil zum Privatvermögen. Der aus dem nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Teil der Schuld entstandene Schuldnergewinn falle unter die Hypothekengewinnabgabe. Für diesen Standpunkt beruft sich der Beschwerdeführer (Bf.) auf den Zweiten Sammelerlaß zur Kreditgewinnabgabe Tz. 31 Beispiel 9.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Da nach § 161 Abs. 1 LAG der gewerbliche Betrieb als solcher der Kreditgewinnabgabe unterliegt, können nur Betriebsschulden zu einem Schuldnergewinn im Sinne des § 163 LAG führen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 218/54 S vom 24. August 1956, BStBl 1956 III S. 325, Slg. Bd. 63 S. 334). Betriebsschulden liegen nur dann vor, wenn sie mit dem gewerblichen Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die zum Bau des gemischtgenutzten Grundstücks aufgenommene Hypothekenschuld nur dann im vollen Umfang Betriebsschuld wäre, wenn das ganze Grundstück zum Betriebsvermögen gehörte. Unstreitig hat der Abgabepflichtige als Minderkaufmann das ganze Grundstück und die volle Schuld in seinen Bilanzen geführt. Das Finanzamt hat aber mit Recht den nicht betrieblich genutzten Teil des Grundstücks aus der Bilanz herausgenommen, weil ein Minderkaufmann nach den am 21. Juni 1948 geltenden Vorschriften ein Grundstück nur in dem Umfang in die Bilanz aufnehmen durfte, in dem es dem Betrieb tatsächlich diente. Diese Auslegung des § 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) II/1948 und 1949 steht in übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 435/42 vom 14. April 1943, Reichssteuerblatt 1943 S. 482) und der übung der Verwaltung (vgl. EStR II/1948 und 1949 Abschn. 17). Das von der Vorinstanz angeführte Urteil IV 19/55 U a. a. O. bezieht sich auf einen Personenkraftwagen, bei dem eine Aufteilung - teils Betriebsvermögen, teils Privatvermögen - nicht in Betracht kommt, und kann für ein Grundstück nicht übernommen werden. Dementsprechend kann auch die Hypothekenschuld nur insoweit Betriebsschuld sein, als das Grundstück zu Recht in der Bilanz steht. Es besteht ein Unterschied zur Heranziehung eines Vollkaufmanns zur Kreditgewinnabgabe, der ein Grundstück, auch wenn es nicht in vollem Umfang dem Betrieb dient, als gewillkürtes Betriebsvermögen ganz in seine Bilanz aufnehmen kann mit der Folge, daß bei Aufnahme des ganzen Grundstücks sowie der darauf lastenden Schuld in die RM-Schlußbilanz und in die DM-Eröffnungsbilanz der ganze Schuldnergewinn bei der Bemessung der Kreditgewinnabgabe zu berücksichtigen ist. Der Senat vermag in dieser Beziehung für das Gebiet der Kreditgewinnabgabe der Handhabung, die sich aus der änderung der maßgeblichen Bestimmungen im EStG 1955 ergibt, und nach der gleichmäßig in den Fällen des § 4 und des § 5 EStG die Aufnahme des Wirtschaftsguts in die Bilanz auch für das Ausmaß seines betrieblichen Charakters ausschlaggebend ist, nicht zu folgen.
Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn das Finanzamt die Frage der Zugehörigkeit des Grundstücks und der Hypothekenschuld zum Betriebsvermögen bei der Kreditgewinnabgabe anders behandelt als bei der Einkommensteuerveranlagung. Der Senat hat bereits in dem Urteil III 196/55 S vom 22. November 1957 (BStBl 1958 III S. 10, Slg. Bd. 66 S. 24) betont, daß eine Bilanzierung für die Einkommensteuer keine oder nur unbedeutende Auswirkungen haben und darum vom Finanzamt unbeanstandet bleiben kann, während die große steuerliche Wirkung bei der Kreditgewinnabgabe dazu zwingt, die Bilanzen unter dem übergeordneten Grundsatz zu überprüfen, daß alle betrieblichen Schulden - aber auch nur betriebliche Schulden - die Bemessungsgrundlage beeinflussen.
Die Aufteilung in 30 v. H. für betriebliche und 70 v. H. für private Nutzung wird erstmals vom Abgabepflichtigen in der Rechtsbeschwerdeinstanz als unzutreffend angegriffen. Da der Bundesfinanzhof eine reine Rechtsinstanz ist (vgl. § 288 der Reichsabgabenordnung - AO -), kann der Abgabepflichtige mit diesem neuen tatsächlichen Vorbringen hier nicht mehr gehört werden.
Unter Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts ist darum die Berufung mit der Kostenfolge aus § 307 AO zurückzuweisen.
Der Streitwert wird für das gesamte Streitverfahren unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 261/56 S vom 2. November 1956 (BStBl 1956 III S. 388, Slg. Bd. 63 S. 502) auf 20 v. H. des streitigen Hypothekengewinnabgabebetrages = 762 DM festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 409167 |
BStBl III 1958, 401 |
BFHE 1959, 328 |
BFHE 67, 328 |