Leitsatz (amtlich)

1. Für den Ausweis einer Beteiligung, die noch vor Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz auf Grund der Rückerstattungsgesetze an den Rückerstattungsberechtigten zurückgegeben worden ist, ist in der DM-Eröffnungsbilanz kein Raum. An ihrer Stelle war vielmehr gegebenenfalls die etwaige Gegenforderung des Rückerstattungsverpflichteten auszuweisen.

2. Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 des 3. DMBEG findet auf Rückerstattungsfälle keine Anwendung.

 

Normenkette

3. DMBEG § 5 Abs. 3; LAG § 27 Abs. 2; US-REG Art. 15

 

Tatbestand

Streitig ist, ob § 5 Abs. 3 des Gesetzes über weitere Ergänzungen und Änderungen des D-Markbilanzgesetzes sowie über Ergänzungen des Altbanken-Bilanzgesetzes vom 21. Juni 1955 – 3. DMBEG – (BGBl I 1955, 297, BStBl I 1955, 222) neben den Fällen der Veräußerung und der Entnahme von Wertpapieren vor der Berichtigung ihres vorläufigen Bilanzansatzes in der DM-Eröffnungsbilanz auch den Fall der Rückgewähr nach den Vorschriften des Gesetzes Nr. 59 über die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in der amerikanischen Besatzungszone (US-REG) erfaßt.

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) hatte – neben anderen – im Jahre 1938 ½ Anteil eines in jüdischem Eigentum befindlichen Unternehmens erworben, das nach Änderung der Rechtsform als GmbH weitergeführt worden war. Nach Erhöhung des Stammkapitals auf 1 Mill. RM im Jahre 1939 war die Steuerpflichtige an der GmbH mit 37,5 v. H. beteiligt. Die Beteiligung war in der RM-Schlußbilanz der Steuerpflichtigen mit 395 000 RM ausgewiesen und gemäß § 22 Abs. 2 des DMBG mit 52 125 DM in die im März 1951 aufgestellte, am 29. Mai 1951 von der Hauptversammlung der Steuerpflichtigen genehmigte und am 8. Juni 1951 dem Revisionsbeklagten (dem Finanzamt – FA –) eingereichte DM-Eröffnungsbilanz übernommen worden.

In ihrer Bilanz zum 31. August 1949, dem FA eingereicht am 8. Juni 1951, wies die Steuerpflichtige die Beteiligung mit 53 437,50 DM aus. Nach Rückgabe der Beteiligung wurde die für sie erlöste Forderung als langfristige Darlehensforderung geführt. Das FA folgte der Steuerpflichtigen bei dieser Behandlung des Rückerstattungsvorgangs (auch in den nach Durchführung einer Betriebsprüfung berichtigten Bescheiden vom 30. August 1955). In ihrer Erklärung zur Vermögensabgabe vom 20. August 1955, beim FA eingegangen am 27. August 1955, hatte die Steuerpflichtige angegeben, von der Möglichkeit einer Änderung der DM-Eröffnungsbilanz mit Wirkung für die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen gemäß § 27 Abs. 2 LAG keinen Gebrauch machen zu wollen.

Demgegenüber berichtigte die Steuerpflichtige bei Aufstellung ihrer Bilanz zum 31. August 1956 den Wertansatz ihrer Beteiligung in der DM-Eröffnungsbilanz nach den Vorschriften des 3. DMBEG um 424 744 DM auf 476 869 DM, wodurch der Verlust aus dem Rückerstattungsvorgang gewinnmindernd zur Geltung gebracht wurde. Das FA folgte der Steuerpflichtigen hierin in den Berichtigungsbescheiden vom 26. Juli 1957, wobei es sich auf § 12 Nr. 11 des 3. DMBEG, der die Vorschrift des § 74 Abs. 2 DMBG erweiterte, stützte; zugleich erklärte es die Bescheide gemäß § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) für vorläufig.

Auch nach Durchführung einer im Jahre 1960 begonnenen Betriebsprüfung beanstandete das FA die Neubewertung der Beteiligung grundsätzlich nicht. Es vertrat jedoch den Standpunkt, daß die Steuerpflichtige bereits am 21. Juni 1948 ernsthaft mit einer Inanspruchnahme auf Rückerstattung habe rechnen müssen; wegen des ihr daraus drohenden Verlustes sei eine Rückstellung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem bisherigen und dem nunmehr aufgestockten Bilanzansatz in die DM-Eröffnungsbilanz einzustellen gewesen, so daß die Beteiligung zwar wie bisher, jedoch „per Saldo” mit 52 125 DM anzusetzen sei.

Das FA berichtigte daraufhin die vorläufigen berichtigten Bescheide für 1949 und 1950 vom 26. Juli 1957 und stellte durch berichtigte endgültige Bescheide für 1949 und 1950 vom 12. Dezember 1962 die ursprünglichen Bescheide für diese Jahre vom 30. August 1955 (abgesehen von einer geringfügigen, hier sachlich nicht interessierenden Änderung) wieder her.

Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen, mit denen sie darlegte, sie sei am 21. Juni 1948 der Auffassung gewesen, daß sie angesichts ihrer hohen Gegenansprüche einen Verlust aus Rückerstattung nicht erleiden werde (siehe auch die Niederschrift über die Verhandlung vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts – FG – am … 1967), blieben ohne Erfolg.

Gegen die Entscheidung des FG wendet sich die Steuerpflichtige mit ihrer Revision, zu deren Begründung sie vortragen läßt:

Die Steuerpflichtige habe zum 21. Juni 1948 eine Beteiligung und keine Forderung zu bilanzieren, denn die „ex tunc”-Wirkung des Art. 15 US-REG beziehe sich lediglich auf die zivilrechtliche Seite der Rückerstattung, die steuerliche Behandlung werde durch Art. 91 US-REG geregelt.

Sie habe mit der Bewertung ihrer Beteiligung in der am 8. Juni 1951 eingereichten DM-Eröffnungsbilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung Rechnung getragen. Sei aber noch die Beteiligung in der DM-Eröffnungsbilanz auszuweisen, so könne hierauf auch das 3. DMBEG angewendet werden.

Die Neubewertung sei völlig losgelöst von der Frage der Rückerstattung und der etwa mit ihr verbundenen Rückstellung zu betrachten, Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften habe die Steuerpflichtige den Wertansatz ihrer Anteile zulässigerweise berichtigt. Dadurch habe sich automatisch ihr Veräußerungsverlust erhöht. Der von ihr im Wege der Saldierung berücksichtigte Rückstellungsbetrag für drohende Verluste aus Rückerstattung werde dadurch nicht geändert.

Demgegenüber sei für die Anwendung der Vorschrift des § 27 Abs. 2 LAG kein Raum. Abgesehen davon, daß nach dieser Vorschrift auch eine erfolgsneutrale Behandlung von Rückerstattungsvorgängen zulässig gewesen sei, sei es rechtsirrig, das Wahlrecht der Steuerpflichtigen nach § 27 Abs. 2 LAG als erloschen zu erklären und ihr als Folge dieser Erklärung die Vergünstigung, die ihr ein originäres Recht in einem mehrere Jahre später geschaffenen Spezialgesetz (dem 3. DMBEG) einräume, zu versagen. Überdies gelte § 27 LAG nicht für den Fall, daß wegen drohender Verluste aus Rückerstattung eine Rückstellung habe gebildet werden müssen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Wie der Wirtschaftsprüfungsbericht vom Mai 1951 über die Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz der Steuerpflichtigen in Tz. 16 deutlich macht, hat bei der Ermittlung des Wertansatzes der Beteiligung mit 52 125 DM der Gedanke an einen drohenden Verlust aus Rückerstattung durch saldierende Berücksichtigung einer Rückstellung keine Rolle gespielt. Vielmehr ist der Wert allein aus den Zahlen des Vergleichs vom 10. Mai 1950, geschlossen zur Beendigung des Rückerstattungsverfahrens vor der Wiedergutmachungskammer des zuständigen Landgerichts, entwickelt worden. In diesem Vergleich vereinbarten die Gesellschafter der GmbH – unter ihnen die Steuerpflichtige – mit dem jüdischen Vorbesitzer die Rückgabe der Anteile gegen Zahlung von 175 000 DM zur Abgeltung ihrer Gegenansprüche. Die Steuerpflichtige errechnete aus dem auf sie entfallenden Teil den Wert ihrer Beteiligung am 21. Juni 1948 wie folgt:

Verkaufserlös 37,5 v. H. aus 175 000 DM

65 625 DM

davon verzinsliche Forderung

37 500 DM

Barwert des unverzinslichen Teils der Forderung von 28 125 DM

14 625 DM

DMEB-Wert

52 125 DM.

Wenn das FA der Steuerpflichtigen hierin gefolgt ist, so ist das nicht zu beanstanden. Der Steuerpflichtigen und der Vorinstanz kann nicht in der Ansicht gefolgt werden, Art. 15 US-REG komme für die hier zu entscheidende Frage nicht zur Anwendung. Art. 15 Abs. 1 US-REG legt den im Rückerstattungsverfahren ergehenden Entscheidungen und Vergleichen die Wirkung bei, daß der Verlust des Vermögensgegenstandes als nicht eingetreten gilt. Diese vom Gesetz aufgestellte Fiktion ist auch die Grundlage der BFH-Entscheidungen III 174/51 S vom 11. Juli 1952 (BFH 56, 618, BStBl III 1952, 238) und I 52/52 U vom 23. September 1952 (BFH 56, 738, BStBl III 1952, 283). Soweit es zunächst umstritten war, ob diese gesetzliche Fiktion auch die vor der Wiedergutmachungsbehörde geschlossenen Vergleiche erfasse (vgl. Schubert, Der Betriebs-Berater 1950 S. 857), hat die 6. Änderung des US-REG vom 17. Mai 1950 (Art. 15 Abs. 3 US-REG), die der überwiegend vertretenen Auffassung entspricht, eine Klarstellung gebracht. Selbst wenn auch die Vorschrift in ihrem Wortlaut die Erstreckung der gesetzlichen Fiktion des Art. 15 Abs. 1 US-REG auf Vergleiche, die vor ihrem Inkrafttreten geschlossen wurden, nicht anspricht, so machen doch ihr Sinngehalt und der Zusammenhang, in den sie gestellt ist, deutlich, daß den vor ihrem Inkrafttreten geschlossenen Vergleichen keine andere Rechtswirkung zukommen soll als den nach ihrem Inkrafttreten geschlossenen. Dem entspricht auch die im BFH-Urteil III 174/51 S (a. a. O.) dargelegte Auffassung, nach der mit dem Erlaß der Rückerstattungsgesetze ein Schwebezustand begann, während dessen Dauer das Eigentum an den der Rückerstattungspflicht unterliegenden Vermögensgegenständen zwar sachenrechtlich-dinglich noch nicht an den Rückerstattungsberechtigten zurückgefallen ist, ihm aber ein Rechtsanspruch der vorstehend bezeichneten Art zustand, und andererseits der Rückerstattungsverpflichtete rechtlich mit dem Rückerstattungsanspruch des Berechtigten belastet war, der nicht lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch im Sinne des bürgerlichen Rechts, sondern einen Anspruch eigener Art darstellt.

Da die Steuerpflichtige ihre DM-Eröffnungsbilanz erst im März 1951, d. h. nach Abschluß des Rückerstattungsverfahrens durch den Vergleich vom 10. Mai 1950, aufstellte, war kraft der gesetzlichen Fiktion des Art. 15 Abs. 1 US-REG am 21. Juni 1948 nicht mehr die Beteiligung auszuweisen, sondern auf der Aktivseite der mit 52 125 DM ermittelte Gegenanspruch gegen den Rückerstattungsberechtigten. Auch die später ergangene Vorschrift des § 27 Abs. 2 LAG macht deutlich, daß die Rückerstattungsverpflichtung an sich in der DM-Eröffnungsbilanz als solche auszuweisen war; aber für Rückerstattungsfälle, die bis zur Abgabe der Vermögensabgabeerklärung abgewickelt waren, gelten die sich aus Entscheidung oder Vergleich ergebenden dinglichen und schulrechtlichen Folgen als am 21. Juni 1948 eingetreten (so Schulze-Brachmann, Meilicke/Georgi, Lastenausgleichsgesetz 1953, Anm. 1 zu § 27). Das gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn ein allgemeiner Zwang zur Passivierung einer Rückerstattungsverpflichtung in der DM-Eröffnungsbilanz aus § 27 LAG nicht hergeleitet werden kann (so Vogel, Der Betriebs-Berater 1953 S. 55).

Die Steuerpflichtige hat in ihrer DM-Eröffnungsbilanz die Rückerstattungsverpflichtung ziffernmäßig nicht ausgewiesen, sich vielmehr auf den Ausweis ihrer Gegenforderung gegen den Rückerstattungsberechtigten beschränkt. Es stand ihr deshalb nach § 27 Abs. 2 Satz 2 LAG frei, dies bei Abgabe ihrer Vermögensabgabeerklärung mit Wirkung für die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen nachzuholen. Von dieser Möglichkeit hat sie ausweislich ihrer Vermögensabgabeerklärung keinen Gebrauch gemacht. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, ihr die Möglichkeit der Berichtigung eines Wertansatzes ihrer DM-Eröffnungsbilanz nach § 5 Abs. 3 des 3. DMBEG zu eröffnen, da eine Beteiligung und damit ein dieser Vorschrift entsprechender Wertansatz – trotz seiner Bezeichnung als Beteiligung – nicht vorhanden war. Darüber hinaus stimmt der Senat dem FA darin bei, daß die Vorschrift auf Rückerstattungsfälle nicht anwendbar ist. Auch die von der Steuerpflichtigen zitierten Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 11/1364) sprechen allein von den Fällen der Veräußerung und Entnahme solcher am 21. Juni 1948 im Betriebsvermögen geführten Wertpapiere und Anteile, deren Wert – folgerichtig – infolge ihrer bei Inkrafttreten des 3. DMBEG bereits erfolgten Veräußerung oder Entnahme ohne die Vorschrift des § 5 Abs. 3 des 3. DMBEG nicht mehr mit Wirkung vom 21. Juni 1948 hätte berichtigt werden können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514570

BFHE 1970, 36

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