Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff des metallhaltigen Zwischenerzeugnisses im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 13 Buchst. c UStDB 1951 (jetzt Anlage 1 zu § 4 Ziff. 4 UStG, Freiliste 3, Ziff. 12 Buchst. c).
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 4; UStDB § 29 Abs. 2 Ziff. 9, § 29 Abs. 2 Ziff. 13 Buchst. c, § 30 Abs. 1 Ziff. 9
Tatbestand
Die Steuerpflichtige betreibt u. a. ein Metallschmelzwerk. Sie stellt hierin aus den Ausgangsstoffen Kupferschrott und erworbenem Zinn mit einem Zinngehalt von mindestens 97,5 % Gußbronze der Typen 10, 14 und 20 her, wobei sie dieses Zinn in einer Menge von wenigstens 7 bis 9 % des Gesamteinsatzes zusetzt.
Das Finanzamt hat die von der Steuerpflichtigen für den Veranlagungszeitraum 1954 nach § 4 Ziff. 4 UStG begehrte Steuerfreiheit für die Weiterlieferung der Gußbronze versagt, weil es sich bei dem Zinn nicht um ein metallhaltiges Zwischenerzeugnis im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 13 Buchst. c UStDB 1951 und damit nicht um ein Verhüttungsmaterial im Sinne des § 30 Abs. 1 Ziff. 9 a. a. O. handle.
Die gegen die Versagung des Verhüttungsprivilegs gerichtete Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß die Steuerpflichtige zur Verhüttung auf Legierungen begünstigter Metalle nur Verhüttungsmaterialien eingesetzt habe, weil -- wie nicht streitig -- nur solches Zinn verwendet worden sei, das in seiner Zusammensetzung nicht den Normen der Normentafel DIN 1704 entsprochen habe.
Entscheidungsgründe
Hiergegen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts; sie kann keinen Erfolg haben.
Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur noch streitig, ob es sich bei dem verwendeten Zinn um ein metallhaltiges Zwischenerzeugnis, oder, wie die Rb. meint, um ein Metall im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 9 Buchst. c UStDB 1951 handelt.
Dem Zolltarif (ZT) ist sowohl der Begriff "Zwischenerzeugnis" als auch der Begriff "Verhüttungsmaterialien" fremd. Aus dem ZT werden sich demnach Erkenntnisse, die für die Einreihung in den Katalog des § 29 Abs. 2 UStDB 1951 von Bedeutung sein könnten, kaum gewinnen lassen. Dagegen ergibt die Entstehungsgeschichte des Verhüttungsprivilegs Anhaltspunkte, die für die Auslegung der Vorschrift sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck des Verarbeitungsprivilegs bedeutsam sind.
Der Senat hat in dem Grundsatzurteil V 59/52 S vom 30. Juni 1953 (BStBl 1953 III S. 274, Slg. Bd. 57 S. 720) ausgeführt, daß Gegenstände, die eindeutig im § 29 Abs. 2 Ziff. 9 UStDB 1951 aufgeführt sind, nicht gleichzeitig unter die Ziff. 13 dieser Vorschrift fallen können. Remelted-Zink (vgl. § 29 Abs. 2 Ziff. 9 Buchst. c a. a. O.) ist deshalb nicht als Zwischenerzeugnis anerkannt worden. Geht man von dieser Rechtslage aus, so ergibt sich, daß Metalle, die ausdrücklich unter die Ziff. 9 fallen, nicht gleichzeitig Verhüttungsmaterialien der Ziff. 13 sein können. Der Ausdruck "Zwischenerzeugnis" deutet bereits darauf hin, daß zwischen dem Enderzeugnis "rohes Metall" und den Ausgangsstoffen der Metallerzeugung Produkte vorkommen, die wohl bei der Verhüttung entstanden sein müssen, aber noch kein Enderzeugnis im Sinne der Ziff. 9 a. a. O. darstellen. Der Verordnungsgeber hat damit klar zum Ausdruck gebracht, daß er auch den sich in mehreren Stufen vollziehenden Verhüttungsprozeß (gebrochenes Verhütten) von der Umsatzsteuer entlasten wollte (vgl. Herting, Umsatzsteuer-Rundschau 1957, S. 189). In den UStDB 1934 (§ 21 Abs. 2 Ziff. 12) findet sich noch die Ausdrucksweise "Verhüttungsmaterialien und metallhaltige Raffiniermaterialien aller Art". Durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 29. September 1937 (RGBl 1937 I S. 1025, RStBl 1937 S. 1059), die insoweit die heute noch gültige Fassung brachte, sollte die Rechtslage nicht geändert werden, da nach Auffassung des damaligen Verordnungsgebers die sogenannten Raffiniermaterialien stets zu einem der jetzt besonders aufgezählten Verhüttungsmaterialien rechnen (vgl. Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Oktober 1937 S 4138 -- 385 III, RStBl 1937 S. 1090). Diese aus der Entstehungsgeschichte abgeleitete Erkenntnis führt zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß es vor dem Enderzeugnis der fertigen (rohen) Metalle unfertige Metalle geben muß, die jedenfalls im umsatzsteuerlichen Sinne noch als Verhüttungsmaterialien anzusehen sind, weil sie, ehe sie als fertige Metalle zu gelten haben, noch weiter raffiniert werden müssen, um unzulässige oder unerwünschte Beimengungen auszuscheiden. Wo im Einzelfalle die Grenze zu ziehen ist, wird sich mangels anderer Abgrenzungsmöglichkeiten nach der Verkehrsanschauung zu richten haben. Mit Ausnahme der nach Marken gehandelten ausländischen Sorten wird Zinn nach den vom Deutschen Normenausschuß genormten Sorten (Normentafel DIN 1704) gehandelt (vgl. auch Ullmann, Enzyklopädie der technischen Chemie, Berlin 1932, zehnter Band, S. 759). Das im Streitfalle verwendete Zinn besaß nicht den dieser Norm entsprechenden Zinnanteil (Sn); es enthielt Verunreinigungen, die in ihrem Umfang über die zugelassenen Anteile hinausgingen. Das Finanzgericht ist bei dieser Sachlage und auf Grund des Beweisergebnisses zu der Feststellung gelangt, daß es sich bei dem Zinn des Streitfalles nicht um eine verkehrsübliche Handelssorte gehandelt hat, die ohne weitere Verhüttung auf Halbzeug verarbeitet werden kann. Diese ohne Mangel im Sinne des § 288 AO getroffene Feststellung rechtfertigt den Schluß, daß -- ohne Rücksicht auf den subjektiven Verwendungszweck im Streitfalle -- eine weitere Raffination zur Erzielung einer handelsüblichen Zinnsorte erforderlich wäre. Es ist mithin belanglos, daß die Steuerpflichtige für ihre Zwecke -- Herstellung von Bronzelegierungen -- sich mit einem Zinn von nur höchstens 97,5 Sn-Anteil begnügt und die etwa erforderliche Raffinierung des Zinns nicht in einem gesonderten Prozeß durchgeführt, sondern bei der Herstellung der Gußbronze in einem hüttenmännischen Prozeß mit der Metallegierung vereinigt hat.
Demnach kommt auch der Senat zu der Auffassung, daß es sich im Streitfalle bei der für Zinn bestehenden Verkehrsauffassung nur um ein unfertiges Metall und damit um ein Zwischenerzeugnis im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 13 Buchst. c UStDB 1951 gehandelt hat (im Ergebnis ebenso Herting, a. a. O., und Beck in Hübschmann-Grabower-Beck-v. Wallis, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 4 Ziff. 4, Anm. 76, S. 113). Da andere Streitpunkte nicht mehr bestehen und die Vorentscheidung auch im übrigen einen Rechtsirrtum nicht erkennen läßt, ist die Rb. des Vorstehers des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411115 |
BStBl III 1964, 148 |
BFHE 1964, 387 |