Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung eines mit Darlehensmitteln angeschafften Grundstücks gegen Leibrente - Zinsen als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften
Leitsatz (amtlich)
Wird ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück gegen Leibrente veräußert, können die für das fortgeführte Darlehen aufgewendeten Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen abziehbar sein. Auf die Frage, ob der Darlehensgeber mit der Zweckänderung einverstanden ist, kommt es nicht an (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 7.August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14).
Orientierungssatz
1. Nach dem Regelungsziel des EStG sind Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlaßt anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen; maßgebend hierfür ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88). Dienen die Aufwendungen mehreren Einkunftsarten gleichzeitig, so müssen sie aufgeteilt oder der Einkunftsart zugerechnet werden, zu der sie vorwiegend gehören (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1990 X R 150/88).
2. Eine betriebliche Verbindlichkeit behält diese Eigenschaft grundsätzlich bis zu ihrem Erlöschen. Endet der Betrieb überhaupt, können Schuldzinsen für betrieblich begründete zurückbehaltene Verbindlichkeiten nachträgliche Betriebsausgaben sein, soweit sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungserlös und die Verwertung der zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter abgedeckt werden konnten. Darüber hinaus sind Schuldzinsen auch noch dann und so lange nachträgliche Betriebsausgaben, als der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse, Verwertungshindernisse oder Rückzahlungshindernisse entgegenstehen. Hingegen sind Schuldzinsen im privaten Bereich, die auf die Zeit z.B. nach Veräußerung eines Hauses oder einer wesentlichen Beteiligung entfallen, auch dann keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bzw. aus Kapitalvermögen, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Schuldendeckung ausreicht (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Die Erzielung von Einkünften als steuerbarer Tatbestand setzt die Absicht voraus, Gewinn oder Einnahmeüberschuß zu erzielen. Für das Vorliegen dieser Absicht wird darauf abgestellt, ob nach den objektiven Verhältnissen auf Dauer gesehen damit gerechnet werden kann, daß sich nachhaltig nicht nur ein Ausgleich zwischen Ausgaben und Einnahmen, sondern auch ein Überschuß bzw. Gewinn ergibt (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82). Erträge und Ausgaben bleiben dagegen außer Ansatz, wenn eine Vermögensanlage (hier: Verrentung des Verkaufspreises für ein Grundstück) wegen eines absehbaren Mißverhältnisses von Ertrag und ―beispielsweise― Finanzierungskosten nicht geeignet ist, auf Dauer positive Einkünfte zu erzielen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 4, 1, § 5 Abs. 1, § 24 Nr. 2, § 2 Abs. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) errichtete im Jahre 1963 ein Einfamilienhaus. Zu dessen Finanzierung nahm sie neben einem Bauspardarlehen ein auf dem Einfamilienhausgrundstück hypothekarisch gesichertes Darlehen in Höhe von 40 000 DM auf; ferner ein Darlehen in Höhe von 35 000 DM, das durch Eintragung eines Grundpfandrechtes auf einem 1/3 Miteigentumsanteil der Klägerin an einem Grundstück in K gesichert wurde.
Mit Vertrag vom 20.Dezember 1974 veräußerte sie das Einfamilienhaus gegen eine Barzahlung von 20 000 DM, von denen sie 5 000 DM zur Ablösung von Schulden der Bausparkasse verwendete. Die Erwerber übernahmen die I.Hypothek in Höhe von 40 000 DM. Ferner erhielt die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt 59 Jahre alt war, eine wertgesicherte Rente auf Lebenszeit in Höhe von monatlich 587,33 DM (Kapitalwert der Rente: 88 861 DM). Die Hypothek in Höhe von 35 000 DM ließ die Klägerin bestehen; in den Streitjahren 1976 und 1977 zahlte sie Schuldzinsen in Höhe von 2 453 DM bzw. 2 414 DM.
In ihren Einkommensteuererklärungen beantragte sie, diese Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Leibrente (§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a des Einkommensteuergesetzes -EStG-) anzuerkennen. Sie trug vor, die Schuldzinsen stünden in einem unmittelbaren und zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Rentenstammrechts. Dieses habe sie nur deswegen erwerben können, weil die Hypothekenschuld in Höhe von 35 000 DM bestehen geblieben sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) vertrat hingegen die Auffassung, für die Zuordnung einer Darlehensschuld zu einer Einkunftsquelle seien ausschließlich die im Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens und der erstmaligen Verwendung der Darlehensvaluta gegebenen Umstände maßgebend.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe den ursprünglichen Verwendungszweck des Darlehens geändert. Mit der neuen Verwendung des Kredits sei der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus der Leibrente hergestellt worden. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, daß ein einmal gegebener Grund für die Schuldaufnahme später nicht durch einen anderen Grund ersetzt werden könne, gebe es nicht.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG und mangelnde Sachaufklärung.
Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt aus anderen als den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Schuldzinsen dem Grundsatz nach als Werbungskosten abziehbar sind.
a) Werbungskosten sind auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG). Nach dem Regelungsziel des EStG sind Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlaßt anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen; maßgebend hierfür ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2.). Dienen die Aufwendungen mehreren Einkunftsarten gleichzeitig, so müssen sie aufgeteilt oder der Einkunftsart zugerechnet werden, zu der sie vorwiegend gehören (Senatsurteil vom 4.Oktober 1990 X R 150/88, nicht veröffentlicht ―NV―, m.w.N.).
b) Schuldzinsen gehören ebenso wie andere Aufwendungen im Rahmen von sonstigen Einkünften in Form wiederkehrender Bezüge (§ 22 Nr.1 EStG) zu den Werbungskosten, wenn sie durch Erzielen solcher Einkünfte veranlaßt sind. Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind durch die Erzielung wiederkehrender Bezüge veranlaßt, wenn die Schuldaufnahme dazu dient, das Beziehen wiederkehrender Einkünfte zu ermöglichen oder zu fördern. Entscheidend ist, daß mit den Kreditkosten die "Grundlage der Renteneinkünfte" finanziert wird (BFH-Urteil vom 21.Juli 1981 VIII R 32/80, BFHE 134, 124, BStBl II 1982, 41, betreffend Kredit zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Angestelltenversicherung).
Gegen die Abziehbarkeit dieser Werbungskosten sind Bedenken insofern geltend gemacht worden, als Kreditkosten "auf den nichtsteuerbaren Kapitalanteil der Rente entfallen" (Schmidt/ Heinicke, Einkommensteuergesetz, 9.Aufl. 1990, § 22 Anm.27 b; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 22 Rdnr.52; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Kommentar, 13.Aufl., § 22 EStG Rdnr.48; zum Streitstand Stephan in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 13.Aufl., § 22 EStG Rdnr.97 m.w.N.). Der IX.Senat des BFH hat offengelassen, ob er sich der Auffassung des VIII.Senats in BFHE 134, 124, BStBl II 1982, 41 anschließen könnte (Urteil vom 29.Juli 1986 IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747, unter 2. d). Der erkennende Senat teilt die in der Literatur geltend gemachten Bedenken aus folgenden Gründen nicht:
Eine Leibrente ist eine von der Lebenszeit einer Bezugsperson abhängige zeitlich gestreckte Vermögensumschichtung; mit dem Ertragsanteil wird das in den einzelnen Rentenzahlungen enthaltene Entgelt für die Überlassung von Kapital als steuerbare Einkünfte erfaßt; der Kapitalrückzahlungsanteil bleibt nichtsteuerbar (Senatsurteil vom 8.März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551, unter 2. b). Die Rechtslage ist hier nicht anders als bei der Finanzierung einer langfristigen Vermögensanlage, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt (vgl. zum Berlin-Darlehen BFH-Urteil vom 25.Oktober 1979 VIII R 153/78, BFHE 129, 342, BStBl II 1980, 352; allgemein Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 20 Anm.55 "Schuldzinsen"): Wird z.B. ein langfristiges Darlehen in gleichbleibenden Raten zurückgezahlt, stehen die Finanzierungskosten ausschließlich im Zusammenhang mit dem in den Annuitäten enthaltenen Zinsanteil; eine Kürzung der Finanzierungskosten im Hinblick auf die nichtsteuerbare Rückzahlung des Darlehens findet nicht statt.
2. Das FG hat weiterhin dem Grunde nach zu Recht entschieden, daß die Schuldzinsen den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen als dem maßgeblichen Rechtsgrund zuzuordnen sind.
a) Eine betriebliche Verbindlichkeit behält diese Eigenschaft grundsätzlich bis zu ihrem Erlöschen. Endet der Betrieb überhaupt (z.B. durch Betriebsveräußerung), können Schuldzinsen für betrieblich begründete zurückbehaltene Verbindlichkeiten nachträgliche Betriebsausgaben (§ 24 Nr.2 EStG) sein, soweit sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungserlös und die Verwertung der zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter abgedeckt werden konnten (BFH-Urteile vom 11.Dezember 1980 I R 119/78, BFHE 133, 22, BStBl II 1981, 460; vom 21.November 1989 IX R 10/84, BFHE 159, 68, BStBl II 1990, 213). Darüber hinaus sind Schuldzinsen auch noch dann und so lange nachträgliche Betriebsausgaben, als der Schuldentilgung Auszahlungs-, Verwertungs- oder Rückzahlungshindernisse entgegenstehen; denn hier entfällt ―jedenfalls zeitweilig― die Möglichkeit einer Schuldentilgung, so daß die betriebliche Veranlassung der nicht erfüllten Verbindlichkeit fortbesteht (BFH- Urteil vom 27.November 1984 VIII R 2/81, BFHE 143, 120, 123, BStBl II 1985, 323). Hingegen sind nach der Rechtsprechung des BFH Schuldzinsen im privaten Bereich, die auf die Zeit z.B. nach Veräußerung eines Hauses oder einer wesentlichen Beteiligung entfallen, auch dann keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bzw. aus Kapitalvermögen, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Schuldendeckung ausreicht (BFH- Urteile vom 21.Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 9.August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29).
b) Nach dem BFH-Urteil vom 15.Januar 1980 VIII R 70/78 (BFHE 130, 147, BStBl II 1980, 348, unter 2.) ist im Zusammenhang mit der Frage, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Aufwand und Einnahmen aus einem Vermögensgegenstand vorliegt, jeder zur Einkunftserzielung genutzte Gegenstand für sich zu betrachten: Der für den Schuldzinsenabzug notwendige wirtschaftliche Zusammenhang ist nur dann gegeben, wenn die Darlehensschuld "ursächlich und unmittelbar" auf Vorgänge zurückzuführen ist, die den belasteten Gegenstand betreffen. Dieser Grundsatz ist aufgestellt worden im Zusammenhang mit der rechtlichen Aussage, daß die Finanzierungsgrundlagen zwischen einem Einfamilien- und einem Mehrfamilienhaus nicht ausgetauscht werden können. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob der wirtschaftliche Zweck eines (einzigen) Darlehens ―zeitlich aufeinander folgend― ausgewechselt werden kann.
Der erkennende Senat hält es im rechtlichen Ausgangspunkt für zutreffend, daß für die Beurteilung des "wirtschaftlichen Zusammenhangs" i.S. des § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG grundsätzlich "der Zweck der Schuldaufnahme" maßgeblich ist (vgl. BFH- Urteile vom 26.November 1985 IX R 64/82, BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161; vom 28.Februar 1990 I R 205/85, BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537). Zwar ist im Streitfall der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gelöst worden; gleichwohl wird hier durch die Verfolgung eines anderen Schuldzwecks die private ―nicht einkünfterelevante Sphäre― nicht berührt; die Schuldzinsen stehen vielmehr nun in einem objektiven wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer anderen Einkunftsart, nämlich mit den Einkünften aus der Leibrente. Der konkrete objektbezogene Finanzierungsbedarf ist durch den Verkauf des Hauses, soweit der Kaufpreis verrentet worden ist, unverändert geblieben. Beim Verkauf des Hauses gegen Barzahlung hätte die Klägerin zwar das ursprünglich aufgenommene Darlehen zurückführen können; zugleich wäre es ihr möglich gewesen, den Erwerb einer Leibrente, z.B. gegen einen Einmalbetrag durch Aufnahme eines Darlehens zu finanzieren. Der beschriebene Weg einer Umstellung der Finanzierung ist dadurch verkürzt worden, daß der Zweck des Darlehens geändert wurde.
Die Zuordnung von Schuldzinsen zu einer neuen Einkunftsart hat der BFH anerkannt für den Fall, daß ein (fremdfinanzierter) verzinslicher Darlehensanspruch mit dem Kaufpreis für ein vermietetes Objekt verrechnet worden war (BFH-Urteil vom 26.Februar 1985 VIII R 59/83, BFH/NV 1985, 69; vgl. auch Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 9 EStG Rdnr.380; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9 Anm.4 a; Boeker in Lademann/ Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.26 a; Siegel, Steuer und Wirtschaft ―StuW― 1985, 207, 217 F.; Bareis, StuW 1986, 118, 125; Paus, Finanz-Rundschau ―FR― 1984, 135, 139 f.; Günther, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1987, 228; a.A. von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.C. 76; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, a.a.O., § 9 EStG Rdnr.188). Der VIII.Senat des BFH hat dies mit Urteil vom 7.August 1990 VIII R 67/86 (BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14) dem Grundsatz nach für den Fall bestätigt, daß ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Mietwohngrundstück veräußert und der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung des Darlehens eingesetzt, sondern festverzinslich angelegt wird.
c) Allerdings knüpft das vorgenannte Urteil des VIII.Senats die Abziehbarkeit der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an die Voraussetzung, daß zwischen den Parteien des Darlehensvertrages ein ―zumindest stillschweigendes― Einvernehmen über den neuen Darlehenszweck besteht. Dies steht im Zusammenhang mit der Erwägung des VIII.Senats, daß sich durch die Veräußerung der Zweck der Darlehensaufnahme erledigt hat und das Darlehen zu tilgen ist (BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14 unter 2. c); unter dieser Voraussetzung wird ein wirtschaftlicher Zusammenhang der den Schuldzinsen zugrunde liegenden Verbindlichkeit mit einer neuen Kapitalanlage nur hergestellt, wenn die zu ihrer Anschaffung verwendeten Mittel als zu diesem Zwecke darlehensweise überlassen angesehen werden können. - Der hier zu beurteilende Sachverhalt liegt hinsichtlich der zivilrechtlichen Ausgangslage und der Interessenlage der Beteiligten insofern anders, als die Verrentung des Kaufpreises ―ebenso wie z.B. die unter bestimmten weiteren Voraussetzungen wirtschaftlich vergleichbare Vereinbarung einer langfristigen verzinslichen Ratenzahlung― naturgemäß nicht zur Möglichkeit einer sofortigen Tilgung des Darlehens führt und sich deswegen der Zweck der Darlehensaufnahme hier nicht erledigt. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Verrentung des Verkaufserlöses keine neue Kapitalanlage; sie dient vielmehr der Abwicklung des finanziellen Engagements, für welches das Darlehen aufgenommen worden war.
d) Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 159, 68, BStBl II 1990, 213 stehen dieser Auffassung nicht entgegen. Der IX.Senat hat entschieden, der Steuerpflichtige könne einen wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. von § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG zwischen Schuldzinsen und seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht dadurch herstellen, daß er die ursprünglich für betriebliche Zwecke ―Tilgung von Lieferantenverbindlichkeiten― eingegangene Schuld nach der Betriebsaufgabe seiner Vermietungstätigkeit zuordnet. Einen ähnlich gelagerten Fall hat das BFH-Urteil vom 19.Januar 1982 VIII R 150/79 (BFHE 135, 193, BStBl II 1982, 321 unter 3.) in dem Sinne entschieden, daß es für die Abzugsmöglichkeit auf den Grund der ursprünglichen Schuldaufnahme ankomme. Der erkennende Senat läßt dahingestellt, ob er sich dieser Rechtsauffassung anschließen könnte. Vorliegend ist nicht lediglich der Zusammenhang zwischen dem allgemeinen betrieblichen Finanzierungsbedarf und späteren Einkünften aus der Vermietung eines früher zum Betriebsvermögen gehörenden Objekts zu beurteilen (vgl. Herrmann, StuW 1990, 179, 181 f.; Drenseck, FR 1990, 156). Vielmehr geht es hier um einen kontinuierlichen Kreditbedarf, der seinen wirtschaftlichen Grund hat in der Anschaffung des Einfamilienhauses und sich fortsetzt in dem verrenteten Kaufpreis als dessen Surrogat.
3. Gleichwohl ist die Vorentscheidung aufzuheben; die nicht spruchreife Sache ist an das FG zurückzuverweisen.
Die Erzielung von Einkünften als nach näherer Maßgabe des § 2 Abs.1 und 2 EStG steuerbarer Tatbestand setzt die Absicht voraus, Gewinn oder Einnahmeüberschuß zu erzielen. Für das Vorliegen dieser Absicht wird darauf abgestellt, ob nach den objektiven Verhältnissen auf Dauer gesehen damit gerechnet werden kann, daß sich nachhaltig nicht nur ein Ausgleich zwischen Ausgaben und Einnahmen, sondern auch ein Überschuß bzw. Gewinn ergibt (BFH-Beschluß vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. IV. 2. a, 3.). Erträge und Ausgaben bleiben dagegen außer Ansatz, wenn eine Vermögensanlage wegen eines absehbaren Mißverhältnisses von Ertrag und ―beispielsweise― Finanzierungskosten nicht geeignet ist, auf Dauer positive Einkünfte zu erzielen (vgl. ―zu Einkünften aus Kapitalvermögen― BFH-Urteil vom 23.Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517, unter 2.; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 20 Anm.55 "Schuldzinsen", m.w.N.). Bei den Einkünften aus Leibrenten (§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG) ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß der in den Rentenzahlungen enthaltene steuerbare Ertragsanteil (*= Zinsanteil) auf der Grundlage eines Rechnungszinsfußes von 5,5 v.H. errechnet ist.
Das angefochtene Urteil enthält keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage, ob die Klägerin aus der Verrentung des Kaufpreises auf Dauer positive wiederkehrende Einkünfte aus der Leibrente erzielen konnte. Das FG wird die entsprechenden Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen.
Fundstellen
Haufe-Index 63988 |
BFH/NV 1991, 35 |
BStBl II 1991, 398 |
BFHE 163, 376 |
BFHE 1991, 376 |
BB 1991, 1099 |
BB 1991, 1099-1101 (LT) |
DB 1991, 949-951 (LT1) |
DStR 1991, 543 (KT) |
DStZ 1991, 534 (KT) |
HFR 1991, 395 (LT) |
StE 1991, 151 (K) |