Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Erstattungsantrags
Leitsatz (NV)
- Die Verhängung eines 15%igen Zuschlags nach Art. 23 Abs. 1 EWGV 3665/87 kommt nicht in Betracht, wenn die Behörde irrtümlich einen Vorschuss für ein Erzeugnis oder eine Menge gewährt, für die kein entsprechender Antrag des Ausführers vorliegt.
- Auch ein Antrag auf Zahlung einer Ausfuhrerstattung kann als Willenserklärung auslegungsbedürftig sein, wenn die in diesem enthaltenen (Mengen-)Angaben widersprüchlich sind und bei einer Gesamtwürdigung aller eingereichten Unterlagen kein Zweifel am tatsächlich Gewollten besteht.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 23 Abs. 1, Art. 47; EGV 1222/94 Art. 7 Abs. 1; BGB §§ 133, 157
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der K. Auf den Antrag der K erteilte das Hauptzollamt am 14. Juli 1994 zwei Kontrollexemplare T 5 für zwei Warensendungen á 24 750 kg veresterte Stärke zum Zweck der Ausfuhr nach Südkorea. Am selben Tag, eingegangen beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt ―HZA―) am 20. Juli 1994, beantragte K (unter Vorlage der von der Versandzollstelle mit dem Abfertigungsbefund zurückgegebenen zusätzlichen Durchschrift des Kontrollexemplars) die vorschussweise Zahlung von Ausfuhrerstattung für die als Emes E/E bezeichnete Stärke. Im Feld 106 der vorliegenden Durchschrift der Kontrollexemplare berechnete K gemäß Abs. 23 Buchst. a Anlage 1 der nationalen Erstattungsdienstanweisung (ErstDA) die für die jeweilige Ausfuhrsendung verwendete Kartoffelstärke und gab im hierfür vorgesehenen Feld eine Menge von 26 903,3 kg an. In der Anlage A 3 zum Antrag auf Zahlung von Ausfuhrvergünstigungen gab K eine Erzeugnismenge von 583 806,6 kg an. Das HZA berichtigte die Mengenangabe auf 583 806,5 kg und gewährte mit Bescheid vom 16. August 1994 einen Vorschuss für die Ausfuhrerstattung in Höhe von … DM. Die Originale der Kontrollexemplare gingen beim HZA am 23. August bzw. 28. September 1994 ein.
Am 1. September 1994 legte die Klägerin im Namen ihrer Rechtsvorgängerin gegen den Bescheid vom 16. August 1994 Einspruch ein, weil dieser bei der Beantragung des Vorschusses ein Schreibfehler unterlaufen sei. Die Menge der verwendeten Kartoffelstärke habe nur 53 806,6 kg betragen.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 1994 forderte das HZA den der Klägerin zu Unrecht gewährten Vorschuss in Höhe von … DM ―zuzüglich eines Zuschlags von 15 % auf den zurückgeforderten Betrag― zurück.
Der gegen die Erhebung des Zuschlags eingelegte Einspruch der Klägerin blieb ebenso erfolglos wie die beim Finanzgericht (FG) mit dem gleichen Ziel eingereichte Klage. Das FG bejahte die Voraussetzungen für die Erhebung eines Zuschlags nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr. L 351/1). Die Vorschrift sei eindeutig und einer einschränkenden Auslegung nicht zugänglich. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestünden auch keine Zweifel an der Gültigkeit der Norm. Dass der Zuschlag in jedem Fall der Rückforderung bevorschusster Ausfuhrerstattung in Höhe einer Pauschale von 15 % erhoben werde, verstoße weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gegen das Diskriminierungsverbot.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ein Zuschlag entsprechend den Erwägungsgründen nur dann erhoben werden dürfe, wenn der Vorschuss in missbräuchlicher Weise in Anspruch genommen worden sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Eine Auslegung des Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 entsprechend dem Wortlaut sei unverhältnismäßig, weil insoweit nicht danach differenziert werde, ob der Exporteur einen verzeihlichen Fehler begangen oder in Missbrauchsabsicht gehandelt habe. In der mangelnden Differenzierung liege auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Der die Überzahlung verschweigende Exporteur könne bis zur Entdeckung der Überzahlung durch die Behörden den ihm nicht zustehenden Betrag einsetzen und einen weit über die 15 % hinausgehenden Gewinn erzielen, während für denjenigen Exporteur, der umgehend die Überzahlung anzeige, der 15%ige Zuschlag eine Bestrafung bedeute, wie der Fall der Klägerin belege.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Das HZA beantragt, die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Das HZA hält die Regelung des Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 weder für unverhältnismäßig noch sieht es hierin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Die Ursache für die Gewährung eines Vorschusses, der über dem tatsächlich geschuldeten Betrag gelegen habe, sei ausschließlich durch die unzutreffenden Angaben der Klägerin in ihrem Antrag gesetzt worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin neben der ―unstreitigen― Rückforderung der vorschussweise gewährten Erstattung in Höhe von … DM einen Zuschlag von 15 % zu entrichten hat. Insoweit sind der Rückforderungsbescheid vom 6. Oktober 1994 und die Einspruchsentscheidung rechtswidrig und aufzuheben, weil die Klägerin in ihren Rechten verletzt ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für die Erhebung eines 15%igen Zuschlags nach Art. 23 Abs. 1 der VO Nr. 3665/87 liegen nicht vor.
1. Die Erstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse in Form von bestimmten nicht unter den damaligen Anhang II des Vertrages fallenden Verarbeitungserzeugnissen (sog. Nicht-Anhang II-Waren), hier Kartoffelstärke, richtet sich nicht nach der Menge der ausgeführten Ware, sondern nach der für die zur Herstellung dieser Waren verwendeten Erzeugnisse. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1222/94 (VO Nr. 1224/94) der Kommission vom 30. Mai 1994 zur Festlegung der gemeinsamen Durchführungsvorschriften für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen … (ABlEG Nr. L 136/5) ist der Antragsteller u.a. verpflichtet, die Mengen der Grunderzeugnisse anzugeben, die zur Herstellung der Waren tatsächlich verwendet wurden; bei Verwendung einer Ware zur Herstellung der ausgeführten Ware muss die Erklärung die Angabe der tatsächlich zur Herstellung dieser Ware verwendeten Menge der Ware, der Art und Menge jedes Grunderzeugnisses usw. enthalten. Die Berechnung der tatsächlich eingesetzten Menge an begünstigter Marktordnungsware hat je nach Warenart in unterschiedlicher Weise zu erfolgen. Bei der Ausfuhr von veresteter Stärke wird mittels eines Umrechnungsfaktors (hier: 100 kg Fertigprodukt enthält 108,7 kg Kartoffelstärke) die eingesetzte und tatsächlich begünstigte Menge an Kartoffelstärke errechnet (hier: 24 750 kg x 108,7 kg = 26 903,25 kg, bei der Klägerin aufgerundet auf 26 903,3 kg).
Das Gemeinschaftsrecht sieht in Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 (VO Nr. 565/80) des Rates vom 4. März 1980 über die Vorauszahlung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABlEG Nr. L 62/5) die Möglichkeit vor, die Finanzierung von Ausfuhren durch die Zahlung eines Betrages in Höhe der Erstattung zu fördern, bevor das interessierte Unternehmen den Nachweis für die Durchführung des Geschäfts erbracht hat. Die VO Nr. 3665/87 enthält die für die Gewährung einer Ausfuhrerstattung maßgebenden Durchführungsvorschriften, die u.a. festlegen, dass die Ausfuhrerstattung nur auf schriftlichen Antrag des Ausführers gezahlt wird (Art. 47 Abs. 1 VO Nr. 3665/87) und wie ggf. bei der Gewährung eines Vorschusses (Art. 22 und 23 VO Nr. 3665/87) zu verfahren ist.
Danach kann der Erstattungsbetrag für ausgeführte Marktordnungswaren (hier: veresterte Stärke) auf Antrag eines Ausführers von den Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 ganz oder teilweise nach der Annahme der Ausfuhranmeldung als Vorschuss gezahlt werden, sofern eine Sicherheit in Höhe des Betrags dieses Vorschusses zuzüglich 15 % geleistet wird. Soll die Erstattung als Vorschuss gezahlt werden, hat der Antragsteller der Versandzollstelle eine Durchschrift des Kontrollexemplars abzugeben und dem HZA die ihm von der Versandzollstelle mit dem Abfertigungsbefund zurückgegebene Durchschrift des Kontrollexemplars zusammen mit dem Antrag auf Erstattung einzureichen (§ 17 Nr. 1 der nationalenAusfuhrerstattungsverordnung vom 17. Februar 1988, BGBl I, 155).
Liegt der Vorschuss über dem für die betreffende Ausfuhr geschuldeten Betrag, so zahlt der Ausführer den Unterschied zwischen diesen beiden Beträgen, erhöht um den 15%igen Zuschlag, zurück (Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87).
Sinn und Zweck des Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 ist es zum einen, im Fall der Rückforderung bevorschusster Ausfuhrerstattung den ungerechtfertigten Vorteil eines kostenlosen Kredits auszugleichen, und zum anderen, einen Missbrauch der Vorschussregelung zu vermeiden (vgl. 22. Begründungserwägung zur Vorgänger-Verordnung (EWG) Nr. 2730/79 der Kommission vom 29. November 1979, ABlEG Nr. L 317/1, und 23. Begründungserwägung zur VO Nr. 3665/87 bzw. 32. Begründungserwägung zur Nachfolge-Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999, ABlEG Nr. L 102/11). Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 knüpft dabei unmittelbar an die Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 an und macht folglich die Verhängung einer Sanktion in Form eines Zuschlags davon abhängig, dass tatsächlich ein unberechtigter Antrag des Ausführers auf Zahlung eines überhöhten Vorschusses gestellt worden ist. Aus diesem Grund kommt die Verhängung eines Zuschlags nicht in Betracht, wenn die Behörde irrtümlich einen Vorschuss für ein Erzeugnis oder eine Menge gewährt, für die kein entsprechender Antrag des Ausführers vorliegt.
2. Die Klägerin hat hinsichtlich der die Menge von 53 806,6 kg übersteigenden Menge keinen Antrag auf Gewährung eines Vorschusses gestellt, der zur Anwendung der in Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 vorgeschriebenen Zuschlagsregelung führen könnte.
a) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Antrag auf Gewährung eines Vorschusses in unberechtigter Höhe gestellt hat, weil sie in der Anlage A 3 zum Antrag auf Zahlung von Ausfuhrvergünstigungen, und zwar im entsprechenden Feld f, die zur Herstellung in der ausgeführten veresterten Stärke verarbeitete Kartoffelstärke mit 583 806,6 kg angegeben hat, obgleich sie in der ausgeführten Ware unstreitig nur eine Menge von 53 806,6 kg eingesetzt hatte. Da das HZA aufgrund dieser Mengenangaben zu Unrecht einen überhöhten Vorschuss gewährt habe, sei der Zuschlag nach Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 gerechtfertigt gewesen.
Die in der Anlage A 3 eingetragene Summe ist offensichtlich nicht die Menge, für die die Klägerin tatsächlich eine Erstattung beantragen wollte. Eine Berücksichtigung aller mit dem Antrag eingereichten Erstattungsunterlagen lässt nach der Auffassung des erkennenden Senats nur den Schluss zu, dass sich der Antrag der Klägerin eindeutig auf eine Erstattungsmenge von 53 806,6 kg richtete und dass die in der Anlage A 3 eingetragene Menge augenscheinlich auf einen Übertragungsfehler der Klägerin zurückzuführen ist.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 14. Juli 1989 III R 54/84, BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1024; vom 17. Februar 1988 VII R 91/85, BFH/NV 1988, 814; vom 28. Januar 1988 IV R 12/86, BFHE 152, 476, BStBl II 1988, 530, und vom 7. Mai 1982 VI R 49/79, BFHE 136, 46, BStBl II 1982, 685) können Steuererklärungen auch Willenserklärungen enthalten, für deren Auslegung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergänzend heranzuziehen sind (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 10. Juli 1963 VI C 91.60, BVerwGE 16, 198). Einer Steuererklärung ist es nicht wesensfremd, dass in ihrer Einreichung auch die Abgabe von Willenserklärungen, insbesondere von Erklärungen über die Ausübung steuerrechtlicher Gestaltungsrechte gesehen wird (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1985 V R 167/82, BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420). Nach den §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften; die Willenserklärung ist nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen. Danach kommt als erklärter Wille das in Betracht, was bei objektiver Würdigung für denjenigen erkennbar geworden ist, für den die Erklärung bestimmt ist (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl., § 133 Rn. 7). Dabei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Nebenumstände in die Auslegung einzubeziehen (Palandt, a.a.O., § 133 Rn. 15).
c) Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung eines schriftlich (Art. 47 VO Nr. 3665/87 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VO Nr. 1222/94) einzureichenden Erstattungsantrags, wenn die in diesem enthaltenen (Mengen-)Angaben offensichtlich widersprüchlich, der Antrag also auslegungsbedürftig ist.
Der Antrag auf Zahlung der Ausfuhrerstattung, die als Vorschuss gezahlt werden soll, enthält eine Erklärung, die auf die Gewährung von Ausfuhrvergünstigungen gerichtet ist; er setzt einen auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichteten Willen voraus und ist damit eine Willenserklärung. Die Auslegung einer solchen Willenserklärung obliegt, soweit es um den Willen des Erstattungsbeteiligten geht, dem FG als Tatsacheninstanz. Der BFH ist als Revisionsgericht nicht gehindert, die Auslegung des FG daraufhin zu prüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze und mögliche Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind (vgl. BFH/NV 1988, 814). Hat der Tatrichter eine Willenserklärung nicht ausgelegt, kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen, soweit weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr erforderlich sind (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 10. Oktober 1989 VI ZR 78/89, BGHZ 109, 19, 22). Insoweit handelt es sich um die Frage, ob das FG Bundesrecht verletzt hat (§ 118 Abs. 1 FGO).
Das FG hat seiner Entscheidung nicht das von der Klägerin tatsächlich Gewollte zugrunde gelegt, sondern rechtsfehlerhaft nur auf die Eintragungen in der Anlage A 3 zum Antrag abgestellt.
Die Berücksichtigung aller eingereichten Erstattungsunterlagen (nebst den Anlagen A 2, A 3 und A 6, sowie der miteingereichten Durchschriften der Kontrollexemplare T 5), auf die das FG in der Vorentscheidung Bezug genommen hat (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO) ergibt nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB, dass die Klägerin eine Ausfuhrerstattung lediglich für die Erzeugnismenge von 53 806,6 kg beantragt hat. Dies belegen insbesondere die Eintragungen in den Anlagen A 2 und A 6, in denen die Klägerin die ausgeführte Warenmenge (49 500 kg) korrekt angegeben hat. Durch die Bezugnahme auf die Nummern der Kontrollexemplare in Feld f der Anlage A 6 hat sie ihre Berechnung der eingesetzten Warenmenge zum Gegenstand des Erstattungsantrags gemacht und damit ihren Übertragungsfehler beim Ausfüllen der Anlage A 3 offensichtlich gemacht. Alle Eintragungen belegen eindeutig, dass der Wille der Klägerin darauf gerichtet war, für jeweils 26 903,3 kg die entsprechende Ausfuhrerstattung bzw. den Vorschuss hierfür zu beantragen. Worauf die fehlerhafte Eintragung in der Anlage A 3 beruht, ist für die Auslegung des Erstattungsantrags ohne Belang. Entscheidend ist ausschließlich, dass bei Gesamtwürdigung der gesamten Erstattungsunterlagen kein Zweifel daran besteht, dass die Klägerin ―für das HZA ohne weiteres erkennbar― nur einen Vorschuss für eine Menge von 49 500 kg ausgeführter veresteter Stärke beantragt hat, was einer Menge von 53 806,5 kg erstattungsfähiger Kartoffelstärke entspricht. Hierfür spricht schließlich auch der Umstand, dass die Klägerin selbst ―unmittelbar nach Erhalt des überhöhten Vorschussbescheids― das HZA auf ihren Fehler bei der Eintragung in der Anlage A 3 aufmerksam gemacht und um Berichtigung gebeten hat.
3. Auf Grund der unterlassenen Auslegung des Erstattungsantrags ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Verantwortung für die Auszahlung des überhöhten Vorschusses trifft. Das FG hat nicht berücksichtigt, dass das HZA den überhöhten Vorschuss ausgezahlt hat, obwohl hierfür kein entsprechender Antrag des Erstattungsbeteiligten vorlag. Unter diesen Umständen bestand für das HZA ―neben der rechtmäßigen Rückforderung des zu Unrecht ausgezahlten Vorschusses― keine Rechtsgrundlage für die Verhängung des 15%igen Zuschlags. Auf die Frage, ob die Festsetzung des Zuschlags gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, kam es daher nicht mehr an.
4. Die Sache ist spruchreif. Unter Aufhebung des FG-Urteils war der Rückforderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung hinsichtlich der Festsetzung des Zuschlags in Höhe von … DM aufzuheben.
5. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 121, 90 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 426196 |
BFH/NV 2000, 1263 |
HFR 2000, 778 |