Leitsatz (amtlich)
1. Werden die steuerrechtlichen Folgen der Umwandlung einer OHG in eine GmbH nach § 17 Abs.7 Satz 3 bis 5 UmwStG 1969 zurückbezogen, so sind die Einkommen des Einbringenden und der Kapitalgesellschaft so zu ermitteln, als ob der Betrieb mit Ablauf des Umwandlungsstichtags in die Kapitalgesellschaft eingebracht worden wäre. Für die Zeit nach dem Umwandlungsstichtag sind die für die Kapitalgesellschaft geltenden Vorschriften anzuwenden. Bezüge an die Gesellschafter-Geschäftsführer können Betriebsausgaben sein. Die Vorschrift des § 17 Abs.7 UmwStG 1969 enthält u.a. für Entnahmen, die nach dem Umwandlungsstichtag getätigt werden, eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Dadurch soll vermieden werden, daß durch die Anwendung körperschaftsteuerrechtlicher Vorschriften Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen besteuert werden, die nach dem Recht der Personengesellschaften Entnahmen gewesen wären.
2. Bezüge an den Gesellschafter-Geschäftsführer, die nach dem Umwandlungsstichtag gezahlt werden, können nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie auf einer von vornherein klaren und durchgeführten Vereinbarung beruhen. Das ist nicht der Fall, wenn --abweichend von diesen Vereinbarungen-- den Gesellschafter-Geschäftsführern weiterhin Bezüge nur in der Höhe bezahlt werden, die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag der OHG als Gewinnvoraus zugestanden haben.
3. Zur Rechtmäßigkeit von Gewerbesteuermeßbescheiden des FA, bei deren Herstellung und Bekanntgabe die Stadt Stuttgart mitgewirkt hat.
4. § 127 AO 1977 bezieht sich nicht auf die Verletzung der sachlichen Zuständigkeit.
Orientierungssatz
1. Eine GmbH ist mit Abschluß des Gesellschaftsvertrags bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister als sog. Gründungsgesellschaft körperschaftsteuerpflichtig (Literatur).
2. Hat das FG dem Klageantrag in vollem Umfang --wenn auch aus formellen Gründen-- entsprochen, so ist die Revision mangels Beschwer unzulässig.
3. Der Erlaß von kombinierten Gewerbesteuermeßbescheiden und Gewerbesteuerbescheiden durch eine Gemeinde ist jedenfalls dann formell fehlerhaft, wenn das FA nach Ablieferung der einzugebenden Daten an die Gemeinde keine Einwirkung mehr auf den Inhalt des Gewerbesteuermeßbescheids hat. Der Mangel des Fehlens der sachlichen Zuständigkeit einer Gemeinde für den Erlaß eines Gewerbesteuermeßbescheids führt nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts (wird ausgeführt), sondern nur dazu, daß er aus formellen Gründen anfechtbar wird. Der formelle Mangel wird nicht durch Vorschriften des Verwaltungsverfahrens (§ 126 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 AO 1977, § 127 AO 1977) geheilt. Ausführungen zur Frage, ob der zunächst bestehende Mangel durch die inzwischen eingetretene Entwicklung des Kommunalabgabenrechts des Landes Baden-Württemberg später geheilt werden konnte.
4. Die Bekanntgabe ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verwaltungsakt und fixiert den Zeitpunkt für seine Existenzbegründung (Literatur).
5. Die revisionsrechtliche Beurteilung, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig war, hat auf die Rechtslage abzustellen, die für das FG maßgeblich wäre, wenn es zu diesem Zeitpunkt entscheiden würde. Rechtsänderungen sind für das Revisionsgericht in dem Umfang beachtlich, in dem sie das FG zu berücksichtigen hätte.
6. Begehrt der Kläger nur die Abänderung eines Steuerbescheids, stellt das FG aber fest, daß der Bescheid von einer sachlich nicht zuständigen Behörde erlassen und dieser Mangel nicht geheilt worden ist, so ist das FG an das Klagebegehren nicht gebunden. Es muß den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang aufheben, weil nur dadurch die zuständige Behörde in die Lage kommt, einen formell einwandfreien Bescheid zu erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.1970 II 167/64; Literatur). 7. Für die Kostenentscheidung ist davon auszugehen, daß über die Revisionen des FA und des Klägers einheitlich zu entscheiden ist (Literatur).
Normenkette
GG Art. 108; AO 1977 § 124 Abs. 1, §§ 125, 126 Abs. 6, §§ 127, 184 Abs. 3; FVG § 17; UmwStG 1969 § 17 Abs. 7 S. 3; KStG § 6 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2; UmwStG 1969 § 17 Abs. 7 Sätze 4-5; FGO §§ 135, 96 Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 126 Abs. 1 Nrn. 1-5; KStG 1975 § 1 Abs. 1; FGO § 118 Abs. 1, § 115
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 20 000 DM, das je zur Hälfte von S und W gehalten wird. Die Gesellschafter sind auch die Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin ist aus einer mit Gesellschaftsvertrag vom 25.Mai 1973 gegründeten OHG mit S und W als persönlich haftenden Gesellschaftern hervorgegangen. Durch Umwandlungsbeschluß vom 28.Juni 1975 wurde die OHG gemäß §§ 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in die Klägerin umgewandelt. Die der Umwandlung zugrunde gelegte Bilanz war zum 1.Januar 1975 (Umwandlungsstichtag) aufgestellt worden. Der Umwandlungsbeschluß wurde noch im Juni 1975 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und die Klägerin daraufhin in das Handelsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 5.August 1975 beantragte die Klägerin beim Beklagten, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--), daß der Umwandlungsstichtag (1.Januar 1975) als Zeitpunkt der Sacheinlage gelten solle.
In § 8 des Gesellschaftsvertrags der OHG vom 25.Mai 1973 war vereinbart, daß die persönlich haftenden Gesellschafter auf ihre Gewinnanteile monatliche Vorschüsse in Höhe von 3 300 DM entnehmen dürften; außerdem waren die Gesellschafter befugt, die zur Begleichung ihrer persönlichen Steuern erforderlichen Geldmittel zu entnehmen. Nach § 8 Abs.3 des Gesellschaftsvertrags waren die Entnahmen auf die Gewinnanteile anzurechnen. Überstiegen die Entnahmen die Gewinnanteile, war von den Gesellschaftern zu entscheiden, ob die Differenz durch Zahlung der Gesellschafter auszugleichen oder als Vorschuß auf den Gewinn des folgenden Jahres zu behandeln sei.
Die persönlich haftenden Gesellschafter entnahmen dem Vermögen der OHG in der Zeit vom 1.Januar bis 30.Juni 1975 unter anderem 39 600 DM (*= 6 x 2 x 3 300 DM). Diese Entnahmen wurden in der Buchhaltung auch als solche dargestellt und über Privatkonten verbucht.
Am 25.Juli 1975 schloß die Klägerin mit den Gesellschafter-Geschäftsführern S und W schriftliche Anstellungsverträge; als Vertragsbeginn ist der 1.Januar 1975 genannt. Als Monatsgehalt wurde ein Betrag in Höhe von 5 000 DM jeweils vereinbart. Die Klägerin behauptet, die schriftlichen Anstellungsverträge hätten lediglich fixiert, was bereits Ende des Jahres 1974 mündlich vereinbart worden sei.
Im zweiten Halbjahr 1975 verbuchte die Klägerin zu Lasten ihres Gewinnes für Geschäftsführergehälter der GmbH in der Zeit vom 1.Januar bis 30.Juni 1975 insgesamt 60 000 DM.
Im Anschluß an eine bei der Klägerin durchgeführte steuerliche Außenprüfung vertrat das FA die Ansicht, die Gehälter der Geschäftsführer für die Monate Januar bis Juni 1975 könnten nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden, da die GmbH erst Ende Juni 1975 als solche errichtet worden sei. Insoweit die Beträge Entnahmen bei der OHG gewesen seien (39 000 DM), fielen sie unter die Vorschrift des § 17 Abs.7 Satz 4 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei der Änderung der Unternehmensform vom 14.August 1969 (UmwStG 1969). Im übrigen (20 400 DM) handle es sich um nachträglich vereinbarte Gehälter, die als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln seien. In den angefochtenen Bescheiden (Körperschaftsteuerbescheid 1975 vom 22.Januar 1981 und Gewerbesteuermeßbescheid 1975 vom 29.Januar 1981) erhöhte das FA demgemäß das steuerliche Betriebsergebnis um 60 000 DM.
Der Klägerin ging ein kombinierter Gewerbesteuermeßbescheid und Gewerbesteuerbescheid zu. Der obere Teil der Urkunde enthält unter der Bezeichnung FA Stuttgart-Körperschaften den Gewerbesteuermeßbescheid, der mit dem einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag abschließt. Der untere Teil des Schriftstückes, der den Aufdruck Landeshauptstadt Stuttgart-Steueramt trägt, sieht unter I den Gewerbesteuerbescheid, unter II die Gewerbesteuervorauszahlungen und unter III die Abrechnung und Zahlungsaufforderung vor. Auf der Rückseite der Urkunde sind die Rechtsbehelfsbelehrungen abgedruckt, die für den Gewerbesteuermeßbescheid und Gewerbesteuerbescheid jeweils unterschiedlichen Inhalt haben. Dieses Verfahren beruht darauf, daß der Gewerbesteuermeßbescheid durch das Rechenzentrum der Stadt Stuttgart im Wege des Datenträgeraustausches nach bei der Finanzverwaltung erfaßten und an das Rechenzentrum überspielten Daten gerechnet, ausgedruckt und zur Post gegeben wurde.
Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Mit der Klage verfolgte die Klägerin ihren Rechtsstandpunkt weiter, daß die für die Gesellschafter-Geschäftsführer vom 1.Januar bis 30.Juni 1975 gezahlten Tätigkeitsvergütungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben absetzbar seien. Zwischen den Gesellschaftern und der in Umwandlung befindlichen Gesellschaft hätten mündliche und mit dem damaligen Steuerberater auch abgesprochene Einstellungsverträge schon am 1.Januar 1975 vorgelegen. Hierfür hat die Klägerin Beweis angetreten.
Die Klage hatte hinsichtlich der Gewerbesteuer Erfolg, nicht dagegen hinsichtlich der Körperschaftsteuer. Das Finanzgericht (FG) verneinte die Abzugsfähigkeit des Betrags von 60 000 DM als Betriebsausgaben. Dagegen sei der angefochtene Gewerbesteuermeßbescheid 1975 in dem beantragten Umfang abzuändern, da bei seiner Erzeugung die Stadt Stuttgart mitgewirkt habe, die dadurch unzulässigerweise im Bereich der Verbandskompetenz des Landes Baden-Württemberg tätig geworden sei.
Beide Beteiligte haben Revision eingelegt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts, nämlich der Vorschriften des § 17 Abs.7 UmwStG 1969, der §§ 49, 43 UmwG, des § 15 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 11 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Die Klägerin beantragt, die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen und eine Veranlagung im Sinne der abgegebenen Körperschaftsteuererklärung und Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1975 gutzuheißen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA rügt mit seiner Revision, das FG habe gegen § 76 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen. Es habe die Vorgänge über die Zusendung des "kombinierten Gewerbesteuermeßbescheids und Gewerbesteuerbescheids nicht ausreichend aufgeklärt und infolgedessen übersehen, daß beim Ausdruck die Gewerbesteuermeßbescheide vordatiert, die Bescheide selbst bis zu dem auf dem Bescheid ausgedruckten Datum beim Steueramt der Landeshauptstadt Stuttgart verblieben und Zweitschriften unverzüglich nach den Rechenterminen --grundsätzlich eine Woche vor dem Tag der Absendung der Bescheide-- an das FA weitergeleitet würden. Dieses habe Gelegenheit, die Gewerbesteuermeßbescheide zu überprüfen und könne durch telefonischen Anruf beim Steueramt der Stadt Stuttgart über einen Zeitraum von annähernd einer Woche veranlassen, daß der Bescheid vom Versand zurückgehalten werde. In solchen, in der Praxis durchaus vorgekommenen Fällen werde vom Sachbearbeiter ein neuer Eingabewertbogen ausgefüllt. Hätte das FG diesen Verwaltungsablauf vollständig aufgeklärt, wäre es nicht zu dem Ergebnis gelangt, die vollständige materielle und nicht nur formelle Verantwortung der Finanzverwaltung sei nicht gewährleistet, weil der Arbeitsablauf tatsächlich und rechtlich nicht beherrscht werde. Materiell werde beanstandet, das FG habe § 184 Abs.1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 17 Abs.2 Satz 1 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) in der Fassung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) vom 14.Dezember 1976 (BStBl I 1976, 694) verletzt.
Das FA beantragt, das Urteil des FG, soweit der Klage gegen die Einspruchsentscheidung und den Gewerbesteuermeßbescheid stattgegeben und der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag 1975 antragsgemäß auf 40 DM herabgesetzt wurde, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stellt insoweit keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
A) Revision der Klägerin
Die Revision der Klägerin bezieht sich nach der eindeutigen Fassung des Revisionsantrags sowohl auf die Gewerbesteuer wie auf die Körperschaftsteuer des Streitjahres 1975.
I. Hinsichtlich der Gewerbesteuer ist die Revision unzulässig, da die Klägerin nicht beschwert ist (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 118, Rdnr.3). Das FG hat dem Klageantrag insoweit in vollem Umfang --wenn auch aus formellen Gründen-- entsprochen. Die Revision betreffend Gewerbesteuer ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs.1 FGO).
II. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 FGO).
Die Klägerin war mit Abschluß des Gesellschaftsvertrags bis zu ihrer Eintragung als sog. Gründungsgesellschaft körperschaftsteuerpflichtig (vgl. zur übereinstimmenden Rechtslage nach dem Körperschaftsteuergesetz 1977 --KStG-- Felix/Streck, KStG, Körperschaftsteuergesetz 1977, 2.Aufl., § 1 Anm.8). Die Umwandlung wurde im Streitfall von einer OHG in eine GmbH nach den handelsrechtlichen Vorschriften (§§ 46 ff. UmwG) vorgenommen. Für diesen Fall gilt nach § 17 Abs.7 UmwStG 1969 (inhaltsgleich mit § 20 Abs.7 UmwStG 1977) --anders als für Umwandlungen außerhalb des UmwG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9.April 1981 I R 157/77, BFHE 134, 404)-- auf Antrag als Zeitpunkt der Sacheinlage der Stichtag, für den die Umwandlungsbilanz aufgestellt ist (hier: 1.Januar 1975), vorausgesetzt, daß --wie hier gleichfalls vorliegend-- der Stichtag (1.Januar 1975) höchstens sechs Monate vor der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister (Juni 1975) liegt.
Die steuerrechtlichen Folgen der Rückbeziehung sind in § 17 Abs.7 Sätze 3 bis 5 UmwStG 1969 geregelt. Ausgangspunkt ist, daß die Einkommen des Einbringenden und der Kapitalgesellschaft so zu ermitteln sind, als ob der Betrieb mit Ablauf des Umwandlungsstichtages in die Kapitalgesellschaft eingebracht worden wäre. Das bedeutet, daß für die Zeit nach dem Umwandlungsstichtag die für die Besteuerung der Kapitalgesellschaft geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Dies wiederum hat zur Folge, daß angemessene Entgelte, die aufgrund eines von vornherein klar abgeschlossenen und durchgeführten Arbeitsvertrags mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt wurden, als Betriebsausgaben abzugsfähig sind und nicht unter § 15 Abs.1 Nr.2 EStG fallen (vgl. zur übereinstimmenden Rechtslage nach § 20 UmwStG 1977, Hübl in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 20 UmwStG, Tz.236; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Neuauflage, § 20 UmwStG, Tz.7026; Schulze zur Wiesche, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1983, 152, 154; Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 16.Juni 1978 IV B 2 - S 1909 - 8/78 Abschn.A I Nr.1 Abs.4 Rdnr.4, BStBl I 1978, 235). Indes regelt § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969, daß Satz 3 hinsichtlich des Einkommens für Entnahmen, die nach dem Umwandlungsstichtag erfolgen, nicht gilt. Auf diese Weise soll vermieden werden, daß durch die grundsätzliche Anwendung körperschaftsteuerrechtlicher Vorschriften Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen besteuert werden, die nach dem Recht der Personengesellschaften Entnahmen gewesen wären. Dementsprechend sind die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile um den Buchwert der Entnahmen zu mindern (§ 17 Abs.7 Satz 5 UmwStG 1969).
Das FG hat zum einen aus der Einkleidung der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs.7 UmwStG 1969 in die Form der Fiktion, zum anderen aus der Nennung der Einlagen und Entnahmen in § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969 geschlossen, daß sich auch nach dem Umwandlungsstichtag die Besteuerung der späteren Kapitalgesellschaft zunächst noch nach den Vorschriften über die Personengesellschaften richte. Dabei hat das FG übersehen, daß § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969 eine Ausnahme ist von dem Grundsatz der in § 17 Abs.7 Satz 3 UmwStG 1969 getroffenen allgemeinen Regelung, wonach das Einkommen der Kapitalgesellschaft sich schon für die Zeit nach dem Umwandlungsstichtag nach den körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften bestimmt. Träfe die Auffassung des FG zu, daß nach dem Umwandlungsstichtag zunächst noch die Besteuerungsgrundsätze der Personengesellschaften gelten würden, hätte es der Regelung des § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969 nicht bedurft, weil Zahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem für die Personengesellschaften geltenden Recht (§ 15 Abs.1 Nr.2 EStG) ohnedies als Entnahmen zu behandeln wären.
Die Rechtsansicht des FG, der der erkennende Senat nicht folgen kann, hat indessen auf die Entscheidung des Streitfalls im Ergebnis keinen Einfluß.
1. Laufende Zahlungen in der Zeit vom 1.Januar bis 30.Juni 1975 (39 600 DM)
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe schon am 1.Januar 1975 mündliche Arbeitsverträge mit den Gesellschafter-Geschäftsführern vereinbart gehabt. Das FG hat die für diesen Vortrag angebotenen Beweise nicht erhoben. Dies ist auch nach der rechtlichen Beurteilung des erkennenden Senats nicht erforderlich. Unterstellt man, daß die Sachdarstellung der Klägerin insoweit zutrifft, wären die laufenden Zahlungen, die in der Zeit vom 1.Januar bis 30.Juni 1975 an die Gesellschafter-Geschäftsführer entrichtet worden sind, keine Betriebsausgaben (§ 6 Abs.1 Satz 1 KStG a.F., § 4 Abs.4 EStG). Nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätzen können Zahlungen an (allein oder zusammen) beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn sie nicht nur von vornherein klar vereinbart, sondern auch durchgeführt worden sind. Es muß den Vereinbarungen entsprechend verfahren worden sein (BFH-Urteile vom 30.Juli 1975 I R 110/72, BFHE 117, 36, BStBl II 1976, 74 m.w.N.; ferner vom 21.Juli 1976 I R 223/74, BFHE 119, 453, BStBl II 1976, 734). Dies ist im Streitfall jedoch nicht geschehen. Vielmehr wurden an die Gesellschafter-Geschäftsführer nur die Beträge laufend gezahlt, die aufgrund des Gesellschaftsvertrags der OHG den Gesellschafter-Geschäftsführern als Vorwegentnahmen zugestanden haben. Aufgrund des (angeblich mündlich abgeschlossenen) Arbeitsvertrags hätte jeder Gesellschafter Anspruch auf Auszahlung eines Betrags von monatlich 5 000 DM gehabt. Zur Auszahlung kamen jedoch die "monatlichen Gewinnvorschüsse" in Höhe von jeweils 3 300 DM. Die unter körperschaftsteuerrechtlichen Gesichtspunkten nicht auf schuldrechtlicher Grundlage gezahlten Beträge waren verdeckte Gewinnausschüttungen; sie sind gemäß § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969 als Entnahmen zu behandeln.
2. Differenzbetrag zwischen Gehältern und Gewinnvorschüssen (insgesamt 20 400 DM)
An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß die Klägerin später die laufend gezahlten Beträge auf die Höhe der monatlichen Geschäftsführergehälter von 5 000 DM aufgestockt und den gesamten Betrag als Betriebsausgaben behandelt hat. Sind die laufend gezahlten Beträge als Entnahmen zu behandelnde verdeckte Gewinnausschüttungen, so können auch die nachträglich gebuchten und möglicherweise auch nachträglich ausgezahlten Differenzbeträge den steuerlichen Gewinn nicht mindern. Es spricht viel für die Ansicht, daß diese Differenzbeträge --ähnlich wie dies von Widmann/Mayer, a.a.O., Tz.7017 für unangemessene Gehaltszahlungen angenommen wird-- gleichfalls als Entnahmen zu behandeln sind. Die Frage kann indes offenbleiben. Wenn die Zahlungen der Unterschiedsbeträge wegen des Zeitpunkts ihrer Entrichtung nicht als Entnahmen nach § 17 Abs.7 Satz 4 UmwStG 1969 angesehen werden könnten, so blieben sie verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs.1 Satz 2 KStG a.F.) und könnten das Einkommen nicht mindern (§ 7 KStG a.F.).
B) Revision des FA
Die Revision des FA, die sich nach dem Revisionsantrag nur auf den Gewerbesteuermeßbescheid 1975 bezieht, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Das FG hat die Frage, ob der Gewerbesteuermeßbescheid vom 29.Januar 1981 rechtswirksam ist oder wurde, bislang nicht unter allen entscheidungserheblichen Gesichtspunkten geprüft.
I. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des FG, daß der Erlaß von kombinierten Gewerbesteuermeßbescheiden und Gewerbesteuerbescheiden jedenfalls dann formell fehlerhaft ist, wenn das FA nach Ablieferung der einzugebenden Daten an die Gemeinde keine Einwirkung mehr auf den Inhalt des Gewerbesteuermeßbescheids hatte. "Ein Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird (§ 124 Abs.1 Satz 2 AO 1977). Die Bekanntgabe ist damit Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verwaltungsakt und fixiert den Zeitpunkt für seine Existenzbegründung" (Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 14.Aufl., § 124 AO 1977, Anm.2). Da das FA für die Verwaltung der Gewerbesteuer zuständig ist, soweit die Verwaltung nicht aufgrund Art.108 Abs.4 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) rechtswirksam den Gemeinden übertragen ist (§ 17 FVG), mußte das FA den Gewerbesteuermeßbescheid mit dem Inhalt herstellen, der dem Steuerpflichtigen bekanntgegeben und für den er verbindlich wird. Das Gesetz sieht vor, daß der festgesetzte Meßbetrag der Gemeinde mitgeteilt wird (§ 184 Abs.3 AO 1977), nicht dagegen, daß die Gemeinde den Gewerbesteuermeßbescheid herstellen und in eigener Verantwortung bekanntgeben darf.
1. Dieser Mangel führt nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts (§ 125 AO 1977), sondern nur dazu, daß er aus formellen Gründen anfechtbar wird. Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs.1 AO 1977 nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Der Erlaß eines Bescheids durch eine sachlich unzuständige Behörde ist nicht stets als besonders schwere, d.h. unerträgliche Rechtsverletzung anzusehen. Der erkennende Senat verneint die Nichtigkeit jedenfalls dann, wenn der technischen Herstellung eines Bescheids die abschließend und verbindlich von der zuständigen Behörde festgelegten Eingabewerte zugrunde liegen und lediglich die weitere maschinelle Abwicklung und die Bekanntgabe des Bescheids von einer unzuständigen Behörde vorgenommen werden. Ein solcher Fehler wiegt nicht schwerer als wenn der Grundsteuerbescheid statt vom FA von der Gemeinde als einer mangels gesetzlicher Delegation sachlich unzuständigen Behörde erlassen wird (für diesen Fall Nichtigkeit verneinend, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 29.September 1982 8 C 138.81, BVerwGE 66, 178, 182).
2. Der formelle Mangel wird nicht durch Vorschriften des Verwaltungsverfahrens geheilt. Weder liegen im Streitfall die Voraussetzungen des § 126 Abs.1 Nrn.1 bis 5 AO 1977 vor noch greift § 127 AO 1977 ein. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 AO 1977 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit, zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Da das Gesetz ausdrücklich nur die örtliche Zuständigkeit erwähnt, ergibt sich durch Umkehrschluß, daß die Verletzung der sachlichen Zuständigkeit nicht unter diese Vorschrift fällt (vgl. im einzelnen BVerwGE 66, 183).
II. Für die Frage, ob der zunächst bestehende Mangel (Fehlen der sachlichen Zuständigkeit) später geheilt wurde, könnte die inzwischen eingetretene Entwicklung des Kommunalabgabenrechts des Landes Baden-Württemberg von Bedeutung sein. Die revisionsrechtliche Beurteilung, ob der angefochtene Gewerbesteuermeßbescheid rechtmäßig war, hat auf die Rechtslage abzustellen, die für das FG maßgeblich wäre, wenn es zu diesem Zeitpunkt entscheiden würde. Rechtsänderungen sind für das Revisionsgericht in dem Umfang beachtlich, in dem sie das FG zu berücksichtigen hätte (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., § 118 FGO Tz.11 mit weiteren Hinweisen auf die BFH-Rechtsprechung; vgl. für den Verwaltungsprozeß, BVerwG-Urteile vom 1.Dezember 1972 IV C 6.71, BVerwGE 41, 227, 230 sowie in BVerwGE 66, 179).
1. Im Streitfall ist der Gewerbesteuermeßbescheid 1975 am 29.Januar 1981 bekanntgegeben worden. Zum Zeitpunkt der FG-Entscheidung am 25.Mai 1982 galt das Kommunalabgabengesetz des Landes Baden-Württemberg (KAG) in der Fassung vom 15.Februar 1982 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg --GBl. BW-- 1982, 57). Nach § 6 Abs.2 Satz 2 KAG wurde die Bekanntgabe oder Zustellung der Realsteuermeßbescheide den hebeberechtigten Gemeinden übertragen; die Befugnis der FA, die Realsteuerbescheide selbst bekanntzugeben oder zuzustellen, blieb unberührt. Durch Verordnung des Finanzministeriums im Einvernehmen mit dem Innenministerium konnte bestimmt werden, daß den Gemeinden die Daten der Realsteuermeßbescheide ganz oder teilweise auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfernübertragung übermittelt werden; in diesen Fällen obliegt den hebeberechtigten Gemeinden auch die Fertigung der Meßbescheide. Diese Vorschrift ist rückwirkend zum 1.Januar 1981 in Kraft getreten (Art.4 Nr.2 Änd KAG und des Gesetzes über die Hundesteuer --HundStG-- vom 27.Oktober 1981, GBl. BW 1981, 518).
Aber erst durch § 1 der Verordnung vom 27.Dezember 1982 (GBl. BW 1983, 16) hat das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium angeordnet, daß den Gemeinden zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens die Grunddaten für die Fertigung der Gewerbesteuermeßbescheide auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden, wenn sich die Gemeinden des von der Datenzentrale Baden-Württemberg entwickelten landeseinheitlichen Verfahrens über ein integriertes kommunales Finanzwesen bedienen oder sich diesem Verfahren anschließen. Nach § 2 der Verordnung werden die zum Datenübermittlungsverfahren zugelassenen Gemeinden vom Finanzministerium zu Beginn eines jeden Jahres im Staatsanzeiger bekanntgemacht. Den am Datenübermittlungsverfahren beteiligten Gemeinden obliegt die Fertigung der Gewerbesteuermeßbescheide für die FÄ (§ 3 der Durchführungsverordnung). Das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit der Datenzentrale Baden-Württemberg.
2. Die heilende Wirkung durch die Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum KAG Baden-Württemberg auf das vorliegende Verfahren kann nicht mit der Begründung verneint werden, daß die verfassungsrechtliche Regelung der Verwaltungshoheit (Art.108 GG) eine Delegation von Verwaltungsaufgaben der Länder auf die Gemeinden verbiete. Art.108 Abs.4 Satz 2 GG sieht ausdrücklich vor, daß für die den Gemeinden allein zufließenden Steuern die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung ganz oder zum Teil den Gemeinden übertragen werden kann. Das Aufkommen der Realsteuern steht den Gemeinden zu (Art.106 Abs.6 Satz 1 GG). Zwar kann nach Art.108 Abs.5 Satz 2 GG das von den Landesbehörden und von den Gemeinden anzuwendende Verfahren durch Bundesgesetz geregelt werden. Die Verwaltungskompetenz gehört jedoch nicht zum Regelungsbereich der von den Gemeinden im Falle der Übertragung anzuwendenden Verfahrensvorschriften (BVerwGE 66, 180 f.). Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Rückwirkung der in § 6 Abs.2 KAG getroffenen Regelung wird auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22.Oktober 1984 14 S 2480/83 (ESVGH 35, 81) hingewiesen, das zu einer ähnlichen Problematik ergangen ist.
III. Ob eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Gewerbesteuermeßbescheids nachträglich geheilt worden ist, hängt zum Teil von Umständen ab, die das FG bisher nicht geprüft hat (vgl. die Vorschriften der Durchführungsverordnung zum KAG). Das FG wird erforderlichenfalls diese Prüfung nachholen. Die Sache ist daher nicht spruchreif und geht an das FG zurück.
Auf die Rüge einer Verletzung der finanzgerichtlichen Aufklärungspflicht kommt es demnach nicht an. Das FA hat Gelegenheit, seinen Vortrag im Revisionsverfahren, das FA habe vor der Bekanntgabe des Gewerbesteuermeßbescheids Gelegenheit zur Prüfung und Korrektur der von der Gemeinde erstellten Gewerbesteuermeßbescheide gehabt und von dieser Möglichkeit auch schon Gebrauch gemacht, in das Verfahren vor dem FG einzuführen.
Sollte das FG bei seiner erneuten Prüfung wiederum zu dem Ergebnis kommen, daß der Mangel sachlicher Zuständigkeit nicht geheilt wurde, so müßte es --anders als im ersten Rechtsgang-- den angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheid in vollem Umfang aufheben. Eine Bindung an das Klagebegehren (§ 96 Abs.1 Satz 2 FGO) greift in einem solchen Falle nicht durch. Nur durch Aufhebung des Gewerbesteuermeßbescheids käme die zuständige Behörde in die Lage, einen formell einwandfreien Gewerbesteuermeßbescheid zu erlassen (BFH-Urteil vom 20.Oktober 1970 II 167/64, BFHE 100, 56, BStBl II 1970, 826; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 96, Rdnr.8).
IV. Für die Kostenentscheidung ist davon auszugehen, daß über die Revisionen des FA und der Klägerin einheitlich zu entscheiden ist (Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 FGO, Tz.115). Die Kostenentscheidung wird auf das FG übertragen (§ 143 Abs.2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 61243 |
BStBl II 1986, 880 |
BFHE 147, 125 |
BFHE 1987, 125 |
BB 1987, 118 |
BB 1987, 118-118 (ST) |
DB 1986, 2647-2647 |
HFR 1986, 643-644 (ST) |