Leitsatz (amtlich)
Muß bei einem Veranlagungszeitraum, der kürzer ist als ein Kalenderjahr, nach § 13 Abs. 2 UStDB der Umsatz in einen Jahresumsatz umgerechnet werden, so ist, auch wenn jener saisonbedingt besonders hoch oder niedrig war, grundsätzlich von den vereinnahmten (vereinbarten) Entgelten und -- nach der Zahl der Tage -- von dem Teil des Kalenderjahres auszugehen, in dem die Unternehmertätigkeit ausgeübt wurde.
Normenkette
UStG § 7a S. 1, § 11 Abs. 1 S. 4; UStDB 1951 § 13 Abs. 2
Tatbestand
Der Bf. hat, nachdem er aus der sowjetisch besetzten Zone in das Bundesgebiet übergesiedelt war, am 8. September 1959 in Hamburg ein Fischeinzelhandelsgeschäft eröffnet. Entsprechend der Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum vom 8. September bis 31. Dezember 1959 setzte das Finanzamt die Steuer aus einem Gesamtbetrag vereinnahmter Entgelte von 35 248 DM und einem Eigenverbrauch von 86 DM fest. Dabei versagte es dem Bf. den Freibetrag von 8 000 DM, den dieser unter Berufung auf § 7a UStG von seinem steuerpflichtigen Gesamtumsatz abgesetzt hatte. Um die Anwendung dieser Vorschrift geht der Streit.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanz hat ausgeführt: Zutreffend habe das Finanzamt nach dem Wortlaut des § 13 UStDB den tatsächlichen Umsatz des Bf. im Veranlagungszeitraum in den durchschnittlichen Tagesumsatz und diesen in einen fiktiven Jahresumsatz "umgerechnet". Da dessen Wert 80 000 DM erheblich übersteige, fehle die gesetzliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Freibetrags. Im Gegensatz zur Auffassung des Bf. könnten auch nach Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften "betriebsindividuelle Gegebenheiten" wie insbesondere die vom Bf. behauptete saisonbedingte Umsatzsteigerung im letzten Quartal eines jeden Jahres und die erhöhte Zahl von Laufkunden in der ersten Zeit nach Geschäftseröffnung nicht berücksichtigt werden. Die vom Bf. vorgeschlagene Methode zur Ermittlung des Jahresumsatzes nach § 13 Abs. 2 UStDB sei nicht praktikabel.
Die Rb. ist auf die Verletzung des materiellen Rechts gestützt. Der Bf. hat zur Begründung seines Rechtsmittels folgendes ausgeführt:
In den Jahren 1960 und 1961 seien seine Gesamtumsätze jeweils unter 80 000 DM geblieben, wobei die Monate eines jeden letzten Quartals eine steigende Tendenz gezeigt hätten und im Dezember die weitaus höchsten Umsätze eines jeden Jahres erzielt worden seien. Diese Sachlage führe zu dem nahezu zwingenden Schluß, daß der Umsatz auch im Jahre 1959 unter 80 000 DM zurückgeblieben wäre, wenn sich die Erwerbstätigkeit auf das ganze Jahr ausgedehnt hätte. Somit sei dargetan, daß die rein rechnerische Ermittlung des fiktiven Jahresumsatzes nach der Methode des Finanzgerichts und der Verwaltung zu fehlerhaften und willkürlichen Ergebnissen führe. Eine solche Grundlage für die Steuerfestsetzung verstoße gegen den Zweck des § 7a UStG, die Ertragslage der mittelständischen Unternehmer zu verbessern, und verletze den Grundsatz, daß wirtschaftlich gleichliegende Tatbestände gleichbesteuert werden müßten. Diese Prinzipien hätten den Vorrang gegenüber dem Wortlaut einer bloßen Durchführungsbestimmung. § 13 UStDB sei von einem wirtschaftlichen Betrachtungsstandpunkt aus so auszulegen, daß Härten vermieden würden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Nach § 7a Satz 1 UStG können Unternehmer, deren Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr 80 000 DM nicht übersteigt, von ihren steuerpflichtigen Umsätzen einen Gesamtbetrag von 8 000 DM absetzen. Diese Vorschrift geht von dem in § 11 Abs. 1 Satz 1 UStG allgemein vorgesehenen Veranlagungszeitraum des Kalenderjahres aus, regelt also die Vergünstigung ausdrücklich nur für den Fall, daß die steuerpflichtige Unternehmertätigkeit während eines ganzen Kalenderjahres angedauert hat. Für die Ausnahmefälle des § 11 Abs. 1 Satz 4 UStG, in denen der Veranlagungszeitraum kürzer ist als ein Jahr, war es deshalb erforderlich, daß die Bundesregierung in Ausübung ihrer Ermächtigung nach § 18 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UStG die Besteuerung durch Rechtsverordnung näher regelte. Sie hat durch die Achte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I S. 6, BStBl I S. 131) diese Regelung getroffen, die als § 13 Abs. 2 in die UStDB eingefügt wurde. Darnach ist der tatsächliche Umsatz in einen Jahresumsatz "umzurechnen", wenn ein Unternehmer, der seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres eröffnet oder eingestellt hat, Entgelte nur in einem Teil des Kalenderjahres vereinnahmt hat.
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß § 13 Abs. 2 UStDB auf eine "Umrechnung" in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes abstellt.
Die vom Bf. beanspruchte Methode, bei der Ermittlung des Jahresumsatzes nach § 13 Abs. 2 UStDB auch "betriebsindividuelle Gegebenheiten" zu berücksichten, liefe auf eine S chätzung des fiktiven Jahresumsatzes hinaus. Der Begriff "umrechnen" wird zwar im allgemeinen Sprachgebrauch gelegentlich in diesem Sinn verstanden. Es besteht hier aber Anlaß, das Wort nach seinem regelmäßigen, genauen Sinngehalt aufzufassen.
Dafür spricht vor allem der weitere Text der Vorschrift, die ausdrücklich den tatsächlichen Umsatz als Berechnungsgrundlage bestimmt. Würden bei der Umrechnung entsprechend dem Vorbringen des Bf. auch Umsatzschwankungen berücksichtigt, denen das Unternehmen im Laufe eines Kalenderjahres regelmäßig ausgesetzt ist, die sich aber auf den konkreten Veranlagungszeitraum noch nicht oder nicht mehr ausgewirkt haben, so wären im Widerspruch zu dieser Regelung auch fiktive Werte maßgebend. Die Gesetzesanwendung nach der Meinung des Bf. führte außerdem zu erheblichen Unsicherheiten bei der Bewertung der Zeiten des Kalenderjahres, in denen das Unternehmen noch nicht oder nicht mehr vorhanden war. Die Folgen davon wären -- abgesehen von der Gefahr ungleicher Behandlung gleichartiger Fälle durch die verschiedenen Behörden -- zahlreiche Streitigkeiten über Grenzfälle. Es kann auch nach der in § 7a UStG vom Gesetzgeber getroffenen grundsätzlichen Freibetragsregelung nicht angenommen werden, daß der Verordnungsgeber für die wenigen Sonderfälle, die seiner Regelungsbefugnis unterlagen, solche Unzuträglichkeiten habe in Kauf nehmen wollen. Denn nach § 7a UStG wird der Kreis der begünstigten Unternehmer nicht nach allgemeinen und unbestimmten Merkmalen, sondern schematisch nach rechnerischen Größen bestimmt. Es ist dort festgesetzt, daß nur diejenigen Unternehmer in den Genuß des Freibetrags kommen dürfen, deren Umsatz im laufenden Kalenderjahr 80 000 DM nicht übersteigt. Im Sinn dieser Regelung liegt es, daß auch bei den Unternehmern, die ihre Tätigkeit erst während eines laufenden Kalenderjahres aufgenommen oder sie schon vor Ablauf desselben beendigt haben, ein rein rechnerisches Verfahren Platz greift. Darüber hinaus weist § 7a UStG gerade auf den methodischen Weg hin, den § 13 Abs. 2 UStDB nach Auffassung des Senats zur Feststellung der Voraussetzungen für die Vergünstigung gewählt hat: Denn nach dem Gesetz ist für die Vergünstigung das Verhältnis zwischen Veranlagungszeitraum und Höhe des Gesamtumsatzes maßgebend. Dieses gleiche Verhältnis wird durch die in § 13 Abs. 2 UStDB angeordnete "Umrechnung" auf den kürzeren Veranlagungszeitraum nach § 11 Abs. 1 Satz 4 UStG übertragen, wenn der Begriff in seiner prägnanten Bedeutung aufgefaßt wird.
Eine solche Regelung kann dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zuwiderlaufen. Sie führt auch nicht zu Härtefällen, da der Unternehmer, dem die Vergünstigung versagt bleibt, während seines besonderen Veranlagungszeitraums nach seinen Einnahmen tatsächlich ebenso gestellt war, wie der von der Vergünstigung ausgeschlossene Unternehmer, der das ganze laufende Kalenderjahr zu versteuern hat.
Schließlich spricht auch der rechtspolitische Zweck der Freibetragsregelung, die Ertragslage kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern, nicht gegen die rein rechnerische Anwendung des § 13 Abs. 2 UStDB. Denn die Steuerpflichtigen müßten bei Berücksichtigung betriebsindividueller Gegebenheiten auch nachteilige Umstände hinnehmen. Die Gesamtzahl der Vergünstigungen, die sich bei der Anwendung der einen oder der anderen Ermittlungsmethode ergäbe, wäre also aller Wahrscheinlichkeit nach gleich. Durch die Inkaufnahme der aus der Schätzungsmethode entstehenden Schwierigkeiten wäre also nichts gewonnen.
Der Senat ist aus allen diesen Erwägungen davon überzeugt, daß der Verordnungsgeber in § 13 Abs. 2 UStDB mit dem Begriff "umrechnen" einen rein rechnerischen Vorgang bezeichnen und damit praktikable, voraussehbare und streitfreie Verhältnisse schaffen wollte.
Dieser Auffassung widerspricht es auch nicht, daß bei reinen Saisonbetrieben dann keine Umrechnung auf einen Jahresumsatz stattfindet, wenn die gewerbliche Tätigkeit auch nur wenige Tage innerhalb des Kalenderjahres ausgeübt wurde (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs V 77/61 S vom 13. Dezember 1963, BStBl 1964 III S. 90). Denn in diesen Fällen wird das Unternehmen nicht in jedem Jahre neu begonnen und wieder eingestellt. Vielmehr bleibt der Steuerpflichtige -- sofern er nicht erstmals oder letztmals seine Saisontätigkeit ausübt -- während des ganzen Kalenderjahres mit der Folge Unternehmer, daß für ihn der Veranlagungszeitraum eines Jahres gegeben ist.
Bei der Anwendung des § 13 Abs. 2 UStDB ist deshalb zunächst der durchschnittliche tägliche Umsatz zu ermitteln. Hierzu muß nach § 11 Abs. 1 Satz 4 UStG für den Teil des Kalenderjahres, in dem der Unternehmer Entgelte vereinnahmt hat, die Zahl der Tage festgestellt werden. Durch diese Zahl ist der tatsächliche Umsatz zu teilen. Das Ergebnis ist sodann mit der Zahl der Tage des Kalenderjahres zu vervielfältigen. Nur wenn es 80 000 DM nicht übersteigt oder unter die Milderungsregelung nach § 57a UStDB fällt, hat der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag.
Diese Rechnung haben die Vorinstanzen durchgeführt und daraus fehlerfrei einen Jahresumsatz ermittelt, der 80 000 DM weit übersteigt und deshalb die Anwendung des § 7a UStG nicht zuläßt.
Die Rb. des Steuerpflichtigen war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1964, 538 |
BFHE 1965, 178 |