Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Schulgeld als Sonderausgabe
Leitsatz (NV)
Schulgeld für den Besuch einer allgemeinbildenden Ergänzungsschule ist als Sonderausgabe (§10 Abs. 1 Nr. 9 EStG) nur abziehbar, wenn die Schule nach Landesrecht als allgemeinbildende Ergänzungsschule förmlich anerkannt ist.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1991 machten sie 30 v. H. der Schulgeldzahlungen von ... DM als Sonderausgaben gemäß §10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend, die sie für den Besuch der X-Schule e. V. durch ihren ältesten Sohn bezahlt hatten. Die Schule ist als Ersatzschule weder genehmigt noch erlaubt. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht für allgemeinbildende Ergänzungsschulen kein förmliches Anerkennungsverfahren vor.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ließ die Schulgeldzahlungen im Einkommensteuerbescheid für 1991 unberücksichtigt. Die Vorschrift setze die Anerkennung einer allgemeinbildenden Ergänzungsschule voraus. Die Feststellung, daß an der Schule die Schulpflicht erfüllt werden könne, sei keine Anerkennung in diesem Sinne.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, sowohl Wortlaut wie Entstehungsgeschichte ließen eindeutig erkennen, daß eine landesrechtlich lediglich genehmigte, erlaubte, angezeigte oder registrierte Ergänzungsschule nicht privilegiert werden sollte, sondern die Förderung ausschließlich für landesrechtlich anerkannte allgemeinbildende Schulen gelte. Der Gesetzgeber habe Anwendungsunterschiede in den einzelnen Bundesländern gesehen. Offenbleiben könne, ob die Regelung in §10 Abs. 1 Nr. 9 EStG gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Denn eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wäre unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BVerfG komme es auf die vorgelegte Norm für die Endentscheidung nur dann an, wenn das Prozeßgericht für den Fall der Gültigkeit der Norm im Ergebnis anders entscheiden würde als für den Fall ihrer Ungültigkeit. Da Schulgeldzahlungen für den Besuch von Privatschulen nicht zum unerläßlichen Kindesunterhalt gehören, da flächendeckend alle Schularten als öffentliche Schulen unentgeltlich zur Verfügung stünden, sei nicht davon auszugehen, daß das Schulgeld bei Nichtigkeit der Vorschrift berücksichtigt werden müßte.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von §10 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Die Aus legung des FG führe zu dem Wertungswiderspruch, daß nur "im einzelnen Fall zwar genehmigte, aber generell mißbilligte Schulen steuerlich gefördert würden". Die Formulierung "nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen" bedeute nur, daß es sich "um nach Landesrecht zulässige, nicht verbotene Ersatzschulen handeln" müsse. Grund der Förderung sei die finanzielle Entlastung des Staates durch die Übernahme von Schülern in Ersatzschulen. Eine Benachteiligung der Ersatzschulen in den Ländern, in denen diese nur anzeigepflichtig seien, sei nicht gerechtfertigt. Den Ländern dürfe nicht im Wege der Auslegung eine Gesetzgebungskompetenz eingeräumt werden; insoweit hätte es einer Ermächtigung der Länder nach Art. 80 GG bedurft.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1994 aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 9. November 1993 die Einkommensteuer 1991 auf ... DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision sei unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet worden sei. Die Kläger hätten im Veranlagungsverfahren wie auch im Klageverfahren vorgetragen, die Schule sei eine "nach Landesrecht an erkannte allgemeinbildende Ergänzungsschule" i. S. des §10 Abs. 1 Nr. 9 2. Alternative EStG. Es sei bisher unstreitig gewesen, daß die Schule keine staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule sei. Mit der vom FG allein behandelten Problematik der anerkannten Ergänzungsschule setzten sich die Kläger in der Revisionsbegründung nicht auseinander.
Im übrigen sei die Revision aus den im Urteil des FG ausgeführten Gründen unbegründet.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision ist zulässig.
Die Revisionsbegründung der Kläger genügt entgegen der Ansicht des FA den gesetzlichen Anforderungen. Nach §120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muß die Revisionsbegründung oder die Revision u. a. die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Dazu gehört nach ständiger Rechtsprechung auch, daß sich der Revisionskläger zumindest kurz und unter Prüfung seines eigenen Standpunkts mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzen muß. Die Revisionsbegründung muß aus sich heraus erkennen lassen, daß der Revisionskläger anhand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 28. April 1987 IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814, m. w. N.). Deshalb reichen die wörtliche Wiederholung von Teilen der Klagebegründung oder die Bezugnahme auf vor Erlaß des angefochtenen Urteils eingereichte Schriftsätze grundsätzlich nicht aus (BFH-Urteil in BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814, m. w. N.).
Eine wörtliche Wiederholung früheren Vorbringens oder bloße Bezugnahme hierauf liegt im Streitfall nicht vor. Die Revisionsbegründung der Kläger versucht erkennbar eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil, auch wenn der Bezug zur Begründung des FG-Urteils deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich ist, weil die Kläger möglicherweise die Begriffe Ergänzungsschule und Ersatzschule verwechselt haben oder aufgrund ihres Vorverständnisses die Erwägungen des FG nicht nachvollziehen konnten.
2. Die Revision ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das FG das Schulgeld für den Besuch der Privatschule nicht nach §10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt.
Nach dieser Vorschrift sind nur Schulgeldzahlungen für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule als Sonderausgaben abziehbar.
Schulgeld für den Besuch einer Ergänzungsschule ist nur als Sonderausgabe abziehbar, wenn die Schule förmlich als allgemeinbildende Ergänzungsschule anerkannt ist. Die unterschiedliche Behandlung von Zahlungen an andere Ergänzungsschulen verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seine Entscheidung vom 11. Juni 1997 X R 144/95
Fundstellen
Haufe-Index 66717 |
BFH/NV 1998, 158 |