Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gewinnermittlung einer Betriebsstätte im ehemaligen Jugoslawien
Leitsatz (NV)
- Die Lagerung von Ersatzteilen im Fremdeigentum unterfällt nicht Art. 5 Abs. 4 Buchst. a DBA-Jugoslawien, weil dort die ausschließliche Lagerung von Gütern und Waren "des Unternehmens" vorausgesetzt wird.
- Das DBA-Jugoslawien kennt kein Attraktionsprinzip, wonach dem Quellenstaat alle von dort stammenden Einkünfte zuzurechnen wären, wenn das Unternehmen dort eine Betriebsstätte unterhält. Die Gewinnaufteilung muss vielmehr nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 2 DBA-Jugoslawien erfolgen.
Normenkette
AO 1977 § 76 Abs. 1 S. 4, § 90 Abs. 2; DBA YUG Art. 4 Buchst. f., Art. 5 Abs. 1, 4 Buchst. a, e, f., Art. 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Art. 24 Abs. 1 Buchst. a, c; EStG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) seine Tätigkeit als Handelsvertreter im ehemaligen Jugoslawien durch eine dort belegene Betriebsstätte ausgeübt hat und welcher Gewinn dieser Betriebsstätte ggfls. zuzurechnen ist.
Der Kläger wohnte im Streitjahr (1996) im Inland. Er war als selbständiger Handelsvertreter für die V-GmbH & Co. KG (V) in X tätig. Nach dem Handelsvertretervertrag vom März 1987 hatte er den Verkauf im ehemaligen Jugoslawien gegen Provision in Höhe von 20 v.H. des Nettowarenwerts bzw. gegen Aufwandsentschädigung für besondere Tätigkeiten zu übernehmen. Zu seinem Aufgabengebiet gehörten: Neukundenwerbung, Erweiterung des Verkaufs an vorhandene Kunden, Kundenberatung, Prüfung der Kreditwürdigkeit, Marktanalysen und Berichterstellung, Führen der Kundenkartei, Benachrichtigung über Geschäftsabschlüsse. Nach einer Bescheinigung der V erstellte der Kläger insbesondere Angebote, schloss Aufträge ab, stellte die Zahlungsmodalitäten sicher, begleitete die Aufstellung der Maschinen, wies das Kundenpersonal ein und schulte es und wickelte Service- und Garantieleistungen für die V ab. Die Lieferung und Fakturierung erfolgte durch die V.
Der Kläger nahm die vorstehend beschriebenen Aufgaben vorwiegend bei seinen Kunden wahr und war zu diesem Zweck bis zu 150 Tage im Jahr auf Reisen. In seiner Wohnung in P unterhielt er einen Büroraum, in dem seine als Aushilfe beschäftigte Ehefrau Schreib- und Buchführungsaufgaben sowie weitere Bürotätigkeiten (z.B. Provisionsabrechnungen und andere Geschäftskontakte mit der V) verrichtete.
Am 19. Februar 1993 hatte der Kläger in Jugoslawien rückwirkend auf den 1. Januar 1993 eine GmbH mit dem Namen "Z" ―dem Namen, unter dem er bis dahin als Einzelunternehmer aufgetreten war― gegründet, die aber nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) keine Geschäftstätigkeit aufgenommen hatte. Ferner hatte er am 1. Februar 1993 unter dem Namen "Z" im jugoslawischen M einen Büroraum von 27 qm Größe angemietet und ihn mit einem Telefon ausgestattet. In diesem Büro unterhielt er ein Ersatzteillager für Garantie- und Serviceleistungen für die V und bewahrte dort Prospekte und Werbematerial auf. Auch koordinierte er dort die Kundenbesuche, bahnte Geschäfte an, traf Terminabsprachen, nahm Reklamationen und Aufträge entgegen, lieferte Ersatzteile aus und betreute und beriet von dort aus teilweise seine Kunden.
Das in Jugoslawien angemietete Büro behandelte der Kläger als (weitere) Betriebsstätte. Den Gewinn der jugoslawischen Betriebsstätte ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―), denjenigen der Betriebsstätte in P durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Für das Streitjahr ermittelte er einen auf das Büro P entfallenden Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2 912 DM, für das Büro M einen Gewinn in Höhe von 12 498 DM, der aber in Jugoslawien nicht besteuert wurde. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) erließ für das Streitjahr zunächst einen Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem er der Sachbehandlung des Klägers folgte. Später änderte er den vorgenannten Bescheid dahin gehend, dass er das Vorliegen einer Betriebsstätte in M verneinte. Er ging danach von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9 585 DM aus, die allerdings in Höhe von 7 040 DM dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG unterworfen wurden.
Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren angerufene FG hob den Änderungsbescheid auf. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1426 veröffentlicht.
Dagegen hat das FA Revision eingelegt, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt. Es beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die tatsächlichen Feststellungen des FG lassen keine Entscheidung darüber zu, ob der Kläger in M eine Betriebsstätte unterhielt und ob einer solchen Betriebsstätte die streitbefangenen Einkünfte ggfls. zuzurechnen sind.
1. Der Kläger war im Streitjahr auf Grund seines inländischen Wohnsitzes nach § 1 Abs. 1 EStG im Inland unbeschränkt steuerpflichtig und unterfiel mit seinem Welteinkommen der inländischen Besteuerung. Allerdings sieht Art. 24 Abs. 1 Buchst. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Jugoslawien) vom 26. März 1987 (BGBl II 1988, 745) eine Steuerbefreiung hinsichtlich der Gewinne eines deutschen Unternehmens vor, die einer in Jugoslawien belegenen Betriebsstätte nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Jugoslawien zuzurechnen sind, wenn die durch die Betriebsstätte in Jugoslawien ausgeübte Tätigkeit die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-Jugoslawien erfüllt. Letzteres ist für die Tätigkeit eines Handelsvertreters schon deshalb zu bejahen, weil diese dem Begriff "Verkauf von Gütern oder Waren" i.S. des Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-Jugoslawien unterfällt. Darunter ist nicht nur der Verkauf "eigener" Güter oder Waren zu verstehen, weil Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-Jugoslawien ―anders als Art. 5 Abs. 4 Buchst. a DBA-Jugoslawien― diesbezüglich keine Einschränkung enthält und zudem nur passive Einkünfte aus dem Bereich der Steuerbefreiung ausgrenzen will (vgl. Raber in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 24 DBA-Jugoslawien Rz. 15).
2. Nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Jugoslawien ist eine Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Nicht als Betriebsstätten gelten die in Art. 5 Abs. 4 DBA-Jugoslawien aufgeführten Einrichtungen und Bestände.
a) Die Annahme des FG, dass der Kläger in M in Form des dort angemieteten Büro- und Lagerraums eine feste Geschäftseinrichtung unterhalten und durch diese Einrichtung seine unternehmerischen Aktivitäten teilweise i.S. des Art. 5 Abs. 1 DBA-Jugoslawien ausgeübt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es begegnet keinen Bedenken, dass das FG von einer Anmietung des entsprechenden Raumes durch den Kläger ausgegangen ist. Das FG hat dazu festgestellt, dass die vom Kläger in M unterhaltene GmbH jedenfalls im Moment des Abschlusses des Mietvertrages über den Büro- und Lagerraum noch nicht gegründet war und der Kläger den Vertrag mit einem Firmenstempel seines Einzelunternehmens versehen sowie die Zahlungen persönlich vorgenommen hat. Die Annahme, dass die vorgenannten Umstände dafür sprechen, dass der Kläger den Mietvertrag als Einzelunternehmer abgeschlossen hat, verletzt weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze.
b) Die Feststellungen des FG reichen allerdings nicht aus, um beurteilen zu können, ob in der vom Kläger in M unterhaltenen festen Geschäftseinrichtung ausschließlich Tätigkeiten entfaltet worden sind, die Art. 5 Abs. 4 DBA-Jugoslawien unterfallen und damit aus dem Betriebsstättenbegriff des Abkommens ausgenommen sind.
aa) Das FG hat für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass der Kläger im Büro in M ein Ersatzteillager für Garantie- und Serviceleistungen unterhielt, dort Prospekte und Werbematerial aufbewahrte, von dort aus die Kundenbesuche koordinierte, Geschäfte anbahnte und Terminabsprachen traf, Reklamationen und Aufträge entgegennahm, Ersatzteile auslieferte und teilweise von dort aus seine Kunden betreute und beriet. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen hat es die Auffassung vertreten, dass zwar der Schwerpunkt der Auslandstätigkeit des Klägers in den Geschäftseinrichtungen der Kunden gelegen habe, die unternehmerische Tätigkeit aber schon dann durch eine Betriebsstätte ausgeübt werde, wenn die ortsfeste Einrichtung eine "conditio sine qua non" für die unternehmerische Tätigkeit darstelle. Letzteres hat es bejaht, weil nach seiner Überzeugung ohne das Büro in M eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers im Hinblick auf Art und Umfang seiner Geschäfte nicht möglich gewesen sei. Diese Argumentation hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie übersieht, dass Art. 5 Abs. 4 DBA-Jugoslawien bestimmte Geschäftseinrichtungen unabhängig davon vom Betriebsstättenbegriff ausnimmt, ob ohne sie die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt werden könnte oder nicht.
bb) Soweit der Kläger in dem Raum in M ein Ersatzteillager unterhielt und von dort aus Ersatzteile an Kunden auslieferte, ist fraglich, ob diese Tätigkeit Art. 5 Abs. 4 Buchst. a DBA-Jugoslawien unterfällt. Zwar begründet die Annahme von Reklamationen und die Auslieferung von Ersatzteilen jedenfalls dann keine Betriebsstätte, wenn die Maschinen nicht zusätzlich auch instandgesetzt werden (vgl. Nr. 25 des Musterkommentars zu Art. 5 MA). Sollte es sich bei den vom Kläger vorgehaltenen Ersatzteilbeständen aber um Fremdeigentum gehandelt haben, so wäre schon aus diesem Grund eine Betriebsstätte i.S. des Art. 5 Abs. 1 DBA-Jugoslawien zu bejahen. Die Lagerung von Ersatzteilen im Fremdeigentum unterfällt nicht Art. 5 Abs. 4 Buchst. a DBA-Jugoslawien, weil dort die ausschließliche Lagerung von Gütern und Waren "des Unternehmens" vorausgesetzt wird. Demgemäß muss das die feste Geschäftseinrichtung nutzende Unternehmen die Güter oder Waren als eigenes Vermögen in seiner Bilanz erfassen und zumindest wirtschaftlicher Eigentümer sein (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Art. 5 MA Rz. 157). Ist dies nicht der Fall, so können auch die in Art. 5 Abs. 4 Buchst. e und f DBA-Jugoslawien geregelten Ausnahmen nicht vorliegen, weil die feste Geschäftseinrichtung dann nicht "ausschließlich" zu den dort genannten Zwecken unterhalten wird. Das FG hat nicht festgestellt, ob die vom Kläger vorgehaltenen Ersatzteile im Eigentum der V standen oder vom Kläger selbst angeschafft wurden.
cc) Nach den Feststellungen des FG hielt der Kläger in dem Büro in M ferner Werbematerial vor und koordinierte bzw. terminierte Kundenkontakte. Derartige Tätigkeiten unterfallen für sich gesehen dem Regelungsbereich des Art. 5 Abs. 4 DBA-Jugoslawien. Art. 5 Abs. 4 Buchst. e enthält insoweit eine Spezialregelung, die eine Tätigkeit, die ausschließlich der Werbung dient, aus dem Betriebsstättenbegriff des Abkommens ausnimmt. Auch ist anerkannt, dass die Planung und Terminierung der Haupttätigkeit dem Bereich der Vorbereitungstätigkeiten i.S. des Art. 5 Abs. 4 Buchst. e unterfällt (vgl. Wassermeyer, a.a.O., Art. 5 MA Rz. 178). Schließlich stellt sich die aus den vorgenannten Einzelaktivitäten bestehende Gesamttätigkeit des Klägers ―soweit er die Ersatzteile selbst angeschafft hat― auch insgesamt als solche vorbereitender Art i.S. des Art. 4 Buchst. f DBA-Jugoslawien dar.
dd) Da die Haupttätigkeit eines Handelsvertreters in der Anbahnung und dem Abschluss von Kaufverträgen im Hinblick auf die Produkte der Herstellerfirma besteht, die den Handelsvertreter mit dem Vertrieb ihrer Produkte beauftragt hat, kommt es darauf an, ob der Kläger in M auch Geschäfte der vorgenannten Art abgeschlossen hat, weil die feste Geschäftseinrichtung in M dann ebenfalls nicht ausschließlich für die in Art. 5 Abs. 4 DBA-Jugoslawien genannten Tätigkeiten benutzt worden wäre. Auch dazu fehlen Feststellungen des FG. Dieses hat lediglich festgestellt, dass der Kläger vom Büro in M aus seine Kunden betreute und beriet. Es hat auch ausgeführt, aus seiner Sicht spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass "ab und an Geschäftsabschlüsse in der Einrichtung stattgefunden" hätten. Letzteres stellt aber ersichtlich keine Tatsachenfeststellung des FG dar.
3. Soweit das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass der Kläger in dem Büro in M auf Grund des Vorhaltens von im Fremdeigentum stehenden Ersatzteilen oder des dortigen Abschlusses von Geschäften eine Betriebsstätte unterhalten hat, wird es weitere Feststellungen hinsichtlich der Frage anzustellen haben, welcher Teil der streitbefangenen Einkünfte der Betriebsstätte zuzurechnen ist.
a) Das FG hat der von ihm angenommenen Betriebsstätte den vollen Gewinn zugerechnet. Das DBA-Jugoslawien kennt jedoch kein Attraktionsprinzip, wonach dem Quellenstaat alle von dort stammenden Einkünfte zuzurechnen wären, wenn das Unternehmen dort eine Betriebsstätte unterhält (vgl. Wassermeyer, a.a.O., Art. 7 MA Rz. 184, m.w.N.). Die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte muss vielmehr nach dem in Art. 7 Abs. 2 DBA-Jugoslawien enthaltenen "dealing-at-arm' s-length"-Grundsatz erfolgen. Im Streitfall können danach der (möglichen) Betriebsstätte in M nur diejenigen Gewinne zugerechnet werden, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre.
Zu der Gewinnermittlung für Betriebsstätten hat der Senat mit Urteil vom 18. Dezember 2002 (I R 92/01, BFHE 201, 447, BFH/NV 2003, 964) entschieden, dass diesen die von ihnen erzielten Betriebseinnahmen (Vermögensmehrungen) und Betriebsausgaben (Vermögensminderungen) zuzuordnen sind. Dabei ist darauf abzustellen, auf welche Tätigkeiten bzw. Wirtschaftsgüter die Betriebseinnahmen (Vermögensmehrungen) zurückzuführen sind, wer die Tätigkeiten ausgeübt hat und ob der Betriebsstätte die ausgeübten Tätigkeiten oder die eingesetzten Wirtschaftsgüter tatsächlich zuzuordnen sind. In gleicher Weise sind die Betriebsausgaben (Vermögensminderungen) festzustellen und zuzuordnen. Insoweit kann das FG den Kläger zur Mitwirkung auffordern (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO, § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―). Sollte dieser etwaigen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen, so kann das FG gemäß § 162 Abs. 2 AO 1977 analog seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde legen, für dessen Verwirklichung die größte Wahrscheinlichkeit spricht.
b) Bei dem vom FG festgestellten Sachverhalt erscheint es ausgeschlossen, der (möglichen) Betriebsstätte in M auf dieser Basis die streitbefangenen Gewinne zu 100 v.H. zuzurechnen. Dies wäre nur möglich, wenn das Stammhaus keinerlei Tätigkeiten entfaltet hätte, die zum Entstehen der entsprechenden Gewinne beigetragen hätten. Angesichts der Tatsache, dass über das Büro in P unter anderem die Kontakte zu V unterhalten wurden, ist dies nicht vorstellbar. Auch ist zu berücksichtigen, dass die umfangreiche Reisetätigkeit des Klägers im ehemaligen Jugoslawien, welche nach den Feststellungen des FG den Schwerpunkt seiner unternehmerischen Aktivitäten bildete, nicht ohne weiteres der Betriebsstätte in M zugerechnet werden kann. Nur wenn für sämtliche Geschäftsabschlüsse ein ausschließlicher Veranlassungszusammenhang zu den im Büro in M ausgeübten Tätigkeiten bestünde, könnte eine vollständige Zurechnung erfolgen. Hierzu hat das FG aber keine Feststllungen getroffen.
c) Das FG wird im zweiten Rechtsgang auch zu berücksichtigen haben, dass die vom Kläger einerseits (für das Büro in P) nach § 4 Abs. 1 EStG und andererseits (für das Büro in M) nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommene Gewinnermittlung nicht rechtens ist. Die (mögliche) Betriebsstätte des Klägers in Jugoslawien stellt nämlich kein eigenständiges Unternehmen dar, sondern ist Bestandteil eines einheitlichen Unternehmens, dessen Gewinnermittlung nach einheitlichen Grundsätzen zu erfolgen hat (vgl. Buciek in Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 7 Rz. 297).
4. Die vom Kläger erhobene Einrede der Verwirkung greift nicht durch. Angesichts der Tatsache, dass der durch den angegriffenen Steuerbescheid geänderte Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen worden ist, musste sich der Kläger darauf einstellen, dass der dem ursprünglichen Steuerbescheid zugrunde liegende Sachverhalt noch abschließend überprüft werden würde. Das FA hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass es von einer Besteuerung der strittigen Einkünfte absehen wolle. Das FA hat daher sein Änderungsrecht nicht verwirkt.
5. Da das FG eine von den vorgenannten Ausführungen abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war sein Urteil aufzuheben. Das FG wird die danach erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1076961 |
BFH/NV 2004, 317 |
HFR 2004, 200 |