Leitsatz (amtlich)

Die Aufgabe der Vertretertätigkeit in einzelnen Bezirken einer Handelsvertretung ist in der Regel keine Teilbetriebsaufgabe.

 

Normenkette

GewStG 1955/1957 § 7; EStG 1955/1957 § 16 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist in den Gewerbesteuermeßbetragsverfahren für die Erhebungszeiträume 1956 und 1957, ob die im Zusammenhang mit der Aufgabe von Handelsvertreterbezirken vom Geschäftsherrn an den Vertreter gezahlte Leibrente zum Gewerbeertrag rechnet (§ 7 GewStG).

Der Revisionsbeklagte (Stpfl.) ist Handelsvertreter. Im Jahre 1956 gab er im Einvernehmen mit dem Geschäftsherrn die Tätigkeit in dem größten Teil der von ihm betreuten Bezirke auf und erhielt deshalb von dem Unternehmen eine Leibrente von monatlich 1 000 DM als "Altersunterstützung".

Das FA rechnete für die Erhebungszeiträume 1956 und 1957 die Rentenbezüge zum Gewerbeertrag.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das FG gab der Berufung des Stpfl. statt, weil es die Einstellung der Tätigkeit in den aufgegebenen Bezirken als Aufgabe eines Teilbetriebes ansah.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Rentenbezüge könnten nur dann bei der Ermittlung des Gewerbeertrages außer Ansatz bleiben, wenn sie im Rahmen der Aufgabe eines Teilbetriebs zugeflossen wären. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs gehört nicht zum Gewerbeertrag im Sinne des § 7 GewStG (vgl. Urteile des BFH I 78/61 S vom 25. Mai 1962, BFH 75, 467, BStBl III 1962, 438; VI 336/62 U vom 20. Dezember 1963, BFH 79, 42, BStBl III 1964, 248). Dieser Grundsatz gilt auch für einen Gewinn, der im Zuge der Aufgabe eines Teilbetriebs entsteht. Die Voraussetzungen einer Teilbetriebsaufgabe sind jedoch nicht erfüllt.

Ob hier ein Teilbetrieb vorliegt, entscheidet sich nach den gleichen Grundsätzen, die die Rechtsprechung zur Einkommensteuer entwickelt hat. Danach ist ein Teilbetrieb ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich lebensfähig ist (vgl. BFH-Urteil IV 76/63 vom 13. Januar 1966, BFH 84, 461, BStBl III 1966, 168 und die dort angeführten Entscheidungen). Wie der erkennende Senat in diesem Urteil ausführte, muß es sich um eine Untereinheit des Gesamtbetriebes, einen selbständigen Zweigbetrieb im Rahmen des Gesamtunternehmens handeln. Die weitergehende Auslegung des Teiletriebsbegriffs, die in der vom FG angeführten Entscheidung des erkennenden Senats IV 251/57 U zum Ausdruck kam, gab der Senat in dem Urteil IV 76/63 auf. Es ist hiernach nicht nur erforderlich, daß der veräußerte oder aufgegebene Teil des Betriebes für sich lebensfähig ist; er muß auch im Zeitpunkt der Aufgabe mit einer gewissen Selbständigkeit im Rahmen des Betriebes des Stpfl. ausgestattet sein. Darauf, ob der aufgegebene Teil der bisherigen Tätigkeit eine ausreichende Grundlage für den Betrieb eines anderen bilden könnte, kommt es also nicht an. Bei einem Handelsvertreter, der nur für einen Geschäftsherrn tätig ist, kann deshalb ein Teilbetrieb in der Regel nur angenommen werden, wenn es sich um eine organisatorisch getrennte, für örtlich abgegrenzte Bereiche zuständig Filialagentur handelt. Es müßten mithin im wesentlichen die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein, wie sie die Rechtsprechung an die einkommensteuerrechtliche Anerkennung einer Teilpraxis bei freier Berufstätigkeit stellt (vgl. Urteile des erkennenden Senats IV 198/62 S vom 10. Oktober 1963, BFH 78, 303, BStBl III 1964, 120; IV 268/63 U vom 6. Dezember 1963, BFH 78, 346, BStBl III 1964, 135).

 

Fundstellen

Haufe-Index 424547

BStBl II 1968, 123

BFHE 1968, 435

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