Leitsatz (amtlich)
Die Kosten der Schaffung eines Abraumvorrats bei der Mineralgewinnung sind zu aktivieren. Die Schaffung des Abraumvorrats ist der Beginn der Herstellung des Mineralprodukts (Anschluß an den BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620).
Normenkette
EStG 1969 §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung 1968 bis 1970, ob "Abraumvorrat" aktiviert werden muß.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betreibt im Tagebau ein Kaolinbergwerk, in dem verschiedene Sandsorten hergestellt werden. Das Urgestein wird durch Beseitigung der Deckschicht von 3 bis 5 m Mächtigkeit freigelegt, sodann durch Abbaugeräte - in der Hauptsache Schaufelladebagger - abgebaut und über Förderbandstraßen der weiteren Aufbereitung durch Schlemmprozeß, Pressen, Trocknen, Mahlen usw. zugeführt. Aus betriebstechnischen Gründen, so hat die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren unwidersprochen vorgetragen, wird eine Fläche, die ungefähr der Abbaufläche eines Jahres von 1 ha entspricht, im voraus abgeräumt.
Entsprechend einer Absprache bei einer früheren Betriebsprüfung aktivierte die Klägerin in den Steuerbilanzen bis zum 31. Dezember 1967 die Kosten der Beseitigung der Deckschicht als selbständiges Wirtschaftsgut beim Anlagevermögen. In den Bilanzen der Streitjahre behandelte sie diese Aufwendungen jedoch als laufende Betriebskosten und damit als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Streitjahre aktivierte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Kosten für die Beseitigung der Deckschicht und erhöhte dementsprechend die jährlichen Gewinne.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil vom 22. November 1974 III 71/73 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 153 - EFG 1975, 153 -) zur Begründung der Klageabweisung im wesentlichen folgendes aus:
Die Aufwendungen zur Abraumbeseitigung könnten nicht als Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert werden, da sie nicht für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag erbracht worden seien. Es liege auch kein immaterielles Wirtschaftsgut vor, da die Aufwendungen nur im Zusammenhang mit der Gewinnung des Minerals anfielen, so daß kein selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut entstehe; es stelle sich daher auch nicht die Frage, ob ein etwaiges Wirtschaftsgut dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zuzurechnen wäre. Die Beseitigung der Deckschicht bedeute aber den Beginn der Urproduktion; durch die Beseitigung des Deckmaterials werde die Marktgängigkeit des Minerals verändert. Deshalb seien die Aufwendungen für die Beseitigung der Deckschicht als Teil der Herstellungskosten des Rohmaterials bei den Vorräten zu aktivieren.
Mit der Revision macht die Klägerin weiterhin geltend, die Aufwendungen für den Abraumvorrat seien nicht selbständig aktivierungspflichtig. Dazu führt sie im wesentlichen folgendes aus:
1. Die Aufwendungen für den Abraumvorrat fielen vor dem Bilanzstichtag an, seien aber Aufwand für die Zeit danach. Sie ließen sich einem bestimmten Zeitraum nicht zuordnen, da die im folgenden Jahr abzubauende Menge nur annähernd geschätzt werden könne. Das beruhe auf der schwankenden Mächtigkeit sowohl der Deckschicht als auch des Urgesteins, auf der unterschiedlichen Zusammensetzung des Urgesteins und schließlich auf den Schwankungen bei der Abnahme der Endprodukte. Da es sich bei den Aufwendungen für den Abraum auf Vorrat nicht um Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag handele, sei ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1969 nicht mehr zulässig.
2. Es sei nicht richtig, die Beseitigung des Deckmaterials als Beginn der Urproduktion anzusehen. Da das Mineralvorkommen als solches unverändert bleibe, ergäben sich auch keine "Herstellungskosten des Rohmaterials". Die Marktgängigkeit des Urgesteins, falls es sie überhaupt gebe, werde durch die Beseitigung des Deckmaterials nicht verändert.
Der Abraumvorrat gehöre nicht zu den Vorräten, da zu diesen nach § 151 des Aktiengesetzes (AktG) nur Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse und Waren gehörten; sie bildeten neben den "anderen Gegenständen des Umlaufvermögens" das Umlaufvermögen. Nach dem Gesetzeswortlaut "Gegenstände des Umlaufvermögens" setze eine Aktivierung das Vorliegen von Gegenständen, d. h. von körperlichen Gegenständen oder Rechten, voraus. Es müsse sich um Sachen oder Rechte handeln, die umlauffähig seien und Gegenstand von Rechtsgeschäften sein könnten.
Die Aufwendungen für den Abraum auf Vorrat seien Vorbereitungskosten für die Herstellung des späteren Endprodukts (Kaolin- bzw. Quarzsand), so daß sie selbstverständlich bei der Bewertung der am Stichtag vorrätigen unfertigen und fertigen Erzeugnisse zu berücksichtigen seien, und zwar als Teil der Herstellungskosten.
3. Die Aufwendungen für die Schaffung des Abraumvorrates seien auch von dem Geschäftswert des Unternehmens nicht abgrenzbar. Erfahrungsgemäß würden Unternehmen der von ihr, der Klägerin, betriebenen Art und Größe nach dem "Ertragswert" gekauft. Der Kaufpreis werde üblicherweise nach dem Achtfachen des durchschnittlichen betrieblichen Reingewinns der letzten Jahre bemessen, wobei ein Erwerber von einer mindestens 12,5 %igen Verzinsung des Kaupreises ausgehe. Da ihr, der Klägerin, durchschnittlicher Reingewinn in den letzten Jahren bei rd.... Mio DM gelegen habe, ergebe sich ein Ertragswert des Unternehmens von etwa ... DM. Bei einem Kaufpreis in dieser Größe habe die Frage, ob ein sogenannter Abraumvorrat im Werte von 100 000 bis 120 000 DM bestehe, keinen Einfluß auf die Höhe des Ertragswerts und damit auch nicht auf die Höhe des Kaufpreises. Umgekehrt sei ein Kaolinbetrieb, der keine Gewinne erwirtschafte, auch dann unverkäuflich, wenn ein erheblicher Abraumvorrat vorhanden sei.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Gewinne der Streitjahre unter Berücksichtigung der Kosten für den Abraumvorrat als Betriebsausgaben festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das FA ist der Ansicht, der Abraumvorrat führe zu einer Werterhöhung des vorhandenen Urgesteins und nicht des Werts des Gesamtbetriebs allgemein. Durch den Abraumvorrat werde kein immaterielles Wirtschaftsgut gebildet. Die nichtabgebauten Mineralien seien Vorratsvermögen, das zunächst noch mit 0 DM bewertet werde. Mit der Beseitigung der unbrauchbaren Deckschicht beginne der Abbau des Urprodukts, so daß die Abraumvorratskosten als Teil der Herstellungskosten des Rohmaterials bei den Vorräten zu aktivieren seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat die Aktivierung des Abraumvorrats als Teil des Umlaufvermögens zu Recht bejaht.
1. Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Die nach § 5 EStG anzusetzenden Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG).
2. Der Abraumvorrat ist als Teil der Herstellungskosten der herzustellenden Sande beim Umlaufvermögen unter den "unfertigen Erzeugnissen" zu aktivieren. § 5 Abs. 2 und Abs. 3 EStG 1969 (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom 16. Mai 1969, BGBl I 1969, 421, BStBl I 1969, 320 - Einkommensteueränderungsgesetz 1969 -), der in dieser Fassung gemäß § 52 Abs. 6 EStG 1969 auch für das Streitjahr 1968 anzuwenden ist, steht der Aktivierung des Abraumvorrats nicht entgegen.
a) Werden Mineralvorkommen im Tagebau abgebaut, so ist es erforderlich, die über dem Vorkommen liegenden Erd- und Gesteinsmassen (Deckschicht, Deckgebirge) zu beseitigen. Vor Beginn des Abbaus wird daher an einer Stelle das Mineral freigelegt. Auf diese Weise werden Arbeitsflächen auf oder vor dem Mineralvorkommen gewonnen, die das Aufstellen von Maschinen gestatten, mit deren Hilfe der Abbau durchgeführt werden soll. Diese Arbeitsflächen werden als Betriebsvorrichtungen aufgefaßt. Die Kosten ihrer Herstellung sind als Teil des Anlagevermögens unter der Bezeichnung Grubenaufschluß (Bruchaufschluß, Ersteinschnitt) zu aktivieren und planmäßig abzuschreiben (vgl. Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 4. Februar 1958 S 2139-622/VB-1, Der Betrieb 1959 S. 214 [215] - DB 1959, 214 [215] - zu C II 1; Heberer, Die steuerliche Betriebsprüfung 1963 S. 292 [294] - Bp. 1963, 292 [294] -; Distelrath, Bp. 1964, 207 [208]).
Der Eigenart des Tagebaus entsprechend wandern die Arbeitsflächen mit fortschreitendem Abbau des Minerals. Dabei müssen weitere Teile der Deckschicht beseitigt werden. Die Kosten der laufenden, entsprechend dem Mineralabbau erforderlichen Beseitigung der Deckschicht sind Betriebsausgaben (Heberer, a. a. O., 1965, 126 [127]), die zu den Herstellungskosten (Gewinnungskosten) des abgebauten Minerals gehören (Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 30. Januar 1935 VI A 1012/33, RStBl 1935, 1111; vom 21. November 1939/5. März 1940 I 67/39, RStBl 1940, 683; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. April 1970 III 217/63, BFHE 99, 215, BStBl II 1970, 614).
b) Werden über das zum Grubenaufschluß und laufenden Abbau notwendige Maß hinaus über dem Mineral Deckgebirgsmassen abgetragen, so entsteht ein Abraumvorrat. Dieser ist eine Vorleistung auf die Mineralgewinnung und Sandherstellung. Die dafür aufgewendeten Kosten sind somit Teil der Herstellungskosten des Sandes und als solche zu aktivieren.
aa) Die Kosten von Vorbereitungsmaßnahmen, die nach dem vorgesehenen betrieblichen Ablauf sachlich unmittelbar der Schaffung eines materiellen Wirtschaftsguts dienen, sind zu aktivieren, da sie in das herzustellende Wirtschaftsgut eingehen (vgl. zur Periodisierung derartiger Aufwendungen Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 5 EStG Anm. 49 n [3]). Dementsprechend hat der BFH entschieden, daß fertigungsbezogene Vorbereitungskosten, wie z. B. Kosten der Planung eines Gebäudes, zu den Herstellungskosten gehören (Urteil vom 6. März 1975 IV R 146/70, BFHE 115, 438, BStBl II 1975, 574) und daß diese Kosten, auch wenn mit der - äußerlich erkennbaren - Herstellung des Wirtschaftsguts noch nicht begonnen worden ist, zu aktivieren sind (Urteil vom 11. März 1976 IV R 176/72, BFHE 119, 240, BStBl II 1976, 614). Der Senat hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, ein zu aktivierendes materielles Wirtschaftsgut liege im Falle der Herstellung bereits dann vor, wenn mit der Herstellung begonnen worden sei. Bei der Errichtung von Gebäuden beginne die Herstellung nicht erst mit den Bauarbeiten. Diesen gingen regelmäßig mehr oder weniger umfangreiche Planungen voraus, die nicht unerhebliche Kosten verursachten. Die Planungskosten, die in die Herstellungskosten des errichteten Gebäudes eingingen, seien daher bereits vor dem Beginn der "eigentlichen Bauarbeiten" - d. h. der Arbeiten am und auf dem Grundstück - als Herstellungskosten des Gebäudes zu berücksichtigen. Ein Bauwerk könne ohne sorgfältige Vorplanung nicht errichtet werden. Planung und Errichtung gingen regelmäßig ineinander über und bildeten einen einheitlichen Vorgang.
Diese Rechtsauffassung steht im Einklang mit dem inzwischen ergangenen Beschluß des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 Gr S 1/77 (BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620); denn wie der Große Senat darlegt, sind die Kosten des Abbruchs eines Gebäudes als Teil der Herstellungskosten eines an dessen Stelle zu errichtenden neuen Gebäudes anzusehen, wenn das Grundstück mit der Absicht erworben wurde, das alte Gebäude durch ein neues zu ersetzen (BFH-Beschluß GrS 1/77 unter D II 2. a) aa)). Der allein zum Zwecke der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts durchgeführte Abbruch ist der Beginn der Herstellung des neu zu errichtenden Gebäudes (BFH-Beschluß GrS 1/77 unter D II 2. a) bb)).
Vom Beginn der Herstellung bereits dann zu sprechen, wenn Kosten entstehen, die zwangsläufig in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Herstellung eines Wirtschaftsguts anfallen (vgl. BFH-Beschluß GrS 1/77 unter D II 2. a) aa) mit weiteren Nachweisen), ist gerechtfertigt, weil - wie am Beispiel der Gebäudeherstellung dargelegt - der Herstellung eines materiellen Wirtschaftsguts unter Umständen notwendigerweise umfangreiche Vorbereitungs- und Planungsarbeiten vorausgehen, die nach dem jeweils gegebenen betrieblichen Ablauf nicht als allgemeine Forschungs- oder sonstige Gemeinkosten, sondern als abgrenzbare Fertigungs- bzw. Herstellungskosten aufzufassen sind. Auch soweit derartige zwangsläufig durchzuführende Vorbereitungsmaßnahmen sich noch nicht in äußerlich erkennbaren und körperhchen Gegenständen niederschlagen, sind sie doch - wie die Beseitigung eines unerwünschten Gebäudes oder die Herstellung eines Planes - notwendige Durchgangsstationen bei der Schaffung des Wirtschaftsguts. Die dafür anfallenden Kosten sind als Herstellungskosten des künftig fertigzustellenden Wirtschaftsguts zu aktivieren. Insofern beginnt mit der Entstehung von Herstellungskosten die Herstellung des zu schaffenden Wirtschaftsguts.
bb) An dem Umfang der anzusetzenden Herstellungskosten ändert sich nichts dadurch, daß vor der Fertigstellung des Wirtschaftsguts die Gewinnermittlungsperiode endet. Die bis zum Ende des Wirtschaftsjahres entstandenen Herstellungskosten sind als solche des in Herstellung befindlichen materiellen Wirtschaftsguts zu aktivieren.
Dem stehen auch die Vorschriften des § 5 Abs. 2 und 3 EStG 1969 nicht entgegen. Das im Rahmen der Aktienrechtsreform begründete Verbot der Aktivierung selbsthergestellter immaterieller Anlagewerte (§ 153 Abs. 3 AktG 1965) und die Einschränkung der Rechnungsabgrenzung auf sogenannte transitorische Posten im engeren Sinne (§ 152 Abs. 9 AktG 1965) wurden durch das Einkommensteueränderungsgesetz 1969 im wesentlichen unverändert als Abs. 2 und Abs. 3 in § 5 EStG übernommen, um die allgemeine und gleichmäßige Beachtung dieser Regelungen zu gewährleisten (Begründung zum Entwurf des Einkommensteueränderungsgesetzes 1969, Bundestagsdrucksache, 5. Wahlperiode, V/3187 zu Art. 1 Nr. 1, S. 3). Diese gesetzgeberischen Maßnahmen verfolgten den Zweck, den Einfluß der dynamischen Bilanzauffassung bei der Gewinnermittlung durch Vermögensbestandsvergleich einzuschränken (vgl. dazu die Begründung zum Regierungsentwurf des nachmaligen § 152 Abs. 9 und des § 153 Abs. 3 AktG 1965, Bundestagsdrucksache, 4. Wahlperiode, IV/171 zu §§ 145, 146 S. 174 und 177; siehe ferner Döllerer, Der Betriebs-Berater 1969 S. 501 - BB 1969, 501 -; Nissen, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A 1969 S. 129 - DStZ A 1969, 129 -). Eine Änderung des Umfangs der anzusetzenden Herstellungskosten für materielle Wirtschaftsgüter hat sich damit indes nicht ergeben; denn die Einfügung der Abs. 2 und 3 in § 5 EStG und die ebenfalls auf das Einkommensteueränderungsgesetz 1969 zurückgehende Änderung des § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG berühren den Umfang der Herstellungskosten nicht. In der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Einkommensteueränderungsgesetzes 1969 (Bundestagsdrucksache, 5. Wahlperiode, V/3187, Anl. 3) wird sogar ausdrücklich hervorgehoben, daß für die Bewertung der nach § 5 EStG anzusetzenden Wirtschaftsgüter wie bisher allein § 6 EStG maßgeblich sei. Der steuerrechtliche Bewertungsvorbehalt (§ 5 Satz 2 EStG, seither § 5 Abs. 4 EStG 1969) bleibe durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung unberührt.
Ist der Begriff der Herstellungskosten unverändert geblieben, so kann sich für den Betrag, mit dem ein selbsthergestelltes materielles Wirtschaftsgut anzusetzen ist, kein Unterschied dadurch ergeben, daß die Herstellungskosten nicht in einer, sondern in mehreren Gewinnermittlungsperioden anfallen. Das gilt - wie oben unter 2. b) aa) dargelegt - auch dann, wenn am Bilanzstichtag noch nicht mehr als ein besonderer Vorbereitungs- oder Planungszustand geschaffen ist.
Wollte man die Aktivierung von vor dem Beginn des "eigentlichen", d. h. äußerlich erkennbaren, Herstellungsvorgangs anfallenden fertigungsbezogenen Vorbereitungskosten im Jahr ihrer Entstehung nicht zulassen, so müßten sie als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden. Das aber schlösse ihre Aktivierung als Teil der Herstellungskosten des in Herstellung befindlichen materiellen Wirtschaftsguts in einem späteren Wirtschaftsjahr aus, da Aufwendungen, die bereits als Aufwand steuerlich wirksam geworden sind, dies nicht nochmals werden können. Die Aktivierung ist demgemäß nur das bilanztechnische Mittel, um Aufwendungen nicht der laufenden, sondern einer späteren Periode als Aufwand zuzuordnen; eine Aktivierung ohne Aufwendungen gibt es indes nicht. Zutreffend weisen Bordewin (BB 1975, 1472) und Söffing (DStZ A 1976, 155) darauf hin, daß Herstellungskosten grundsätzlich nur zu einer Vermögensumschichtung führen.
c) Die Aufwendungen für den Abraumvorrat dienen - wie diejenigen für den laufenden Abraum - der Gewinnung des Minerals (Distelrath, Bp. 1964, 207 [208]; Reim, Bp. 1973, 11; Georgi, Schriften zum internationalen Steuerrecht, Heft LXIII a - 1978 -, 155 [157]) und gehören, wovon auch die Beteiligten im Streitfall übereinstimmend ausgehen, zu den Herstellungskosten des Mineralprodukts (so auch für den Braunkohlentagebau das RFH-Urteil VI A 1012/33; ähnlich auch das RFH-Urteil I 67/39). Die Schaffung des Abraumvorrats ist sonach im Rechtssinne der Beginn der Herstellung der zum Verkauf bestimmten Sande, da sie der Mineralgewinnung und Sandherstellung im Betriebsablauf sachlich notwendigerweise vorangeht und sich als Vorstufe oder Vorbereitung des eigentlichen technischen Herstellungsverfahrens darstellt. Die am Bilanzstichtag angefallenen Kosten des Abraumvorrats sind demgemäß als Teil des Umlaufvermögens unter den "unfertigen Erzeugnissen" zu aktivieren.
Der RFH bezeichnete zwar im Urteil VI A 1012/33 die Aufwendungen zur Schaffung des Abraumvorrats ebenfalls als Vorausleistungen auf die Fördermengen des folgenden Jahres, wertete sie jedoch als transitorische Aktiva. Er wies dabei aber zugleich darauf hin, daß "die Sache eine gewisse Ähnlichkeit mit der Bewertung von selbst hergestellten Halbfabrikaten" habe. Im Urteil I 67/39 ging der RFH davon aus, der Abraumvorrat sei ein "aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut, das hinsichtlich seiner Bewertung den allgemeinen Bestimmungen in gleicher Weise wie andere Halb- und Fertigfabrikate" unterliege.
Der BFH knüpfte im Urteil vom 26. Juni 1951 I 54/51 S (BFHE 55, 517, BStBl III 1951, 211) an das RFH-Urteil VI A 1012/33 an und entschied, der Abraumrückstand sei - als der umgekehrte Fall des Abraumvorrats - eine selbständig bewertungsfähige Last; beim Abraumvorrat und beim Abraumrückstand handle es sich um periodische Einnahmen und Ausgaben im Sinne des § 34 des DM-Bilanzgesetzes.
Gegen die Aktivierung des Abraumvorrats wurden nach der Schaffung des Aktiengesetzes 1965 und der Ergänzung des § 5 EStG durch das Einkommensteueränderungsgesetz 1969 Bedenken erhoben, da die Aktivierung sich weder unter dem Gesichtspunkt der Rechnungsabgrenzung (§ 152 Abs. 9 AktG 1965, § 5 Abs. 3 EStG 1969) noch unter demjenigen des entgeltlichen Erwerbs eines immateriellen Wirtschaftsguts (§ 153 Abs. 3 AktG 1965, § 5 Abs. 2 EStG 1969) rechtfertigen lasse (Paulick, Steuerkongreßreport 1966 S. 176 [184/185]; Kormann, BB 1966, 1277 [1279]; Gail, Die Wirtschaftsprüfung 1969 S. 273 [274, 276]; Herrmann/Heuer, a. a. O., § 5 EStG Anm. 57 [Abraumvorrat]); die Aktivierung sei auch dann ausgeschlossen, wenn der Abraumvorrat als ein der Rechnungsabgrenzung dienendes immaterielles Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens angesehen werde (Reim, Sp. 1973, 11 [13/14]). Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch. Denn das aus § 5 Abs. 2 EStG 1969 zu entnehmende Aktivierungsverbot betrifft nur selbsthergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, während der Abraumvorrat der Schaffung materieller Wirtschaftsgüter dient, die darüber hinaus dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Als Rechnungsabgrenzungsposten können die Aufwendungen zur Schaffung des Abraumvorrats wegen des engen sachlichen Zusammenhangs mit dem Produktionsverfahren nicht aufgefaßt werden. Bei derartigen Aufwendungen steht nicht der Gesichtspunkt der Rechnungsabgrenzung (so aber Gail, Die Wirtschaftsprüfung 1969, 273 [274]; Reim, Bp. 1973, 11 [14]) im Vordergrund, sondern der Gesichtspunkt der zutreffenden Ermittlung der Herstellungskosten der im Betrieb hergestellten bzw. in Herstellung befindlichen materiellen Wirtschaftsgüter.
Fundstellen
Haufe-Index 72999 |
BStBl II 1979, 143 |
BFHE 1979, 448 |