Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Änderung bestandskräftiger Umsatzsteuerfestsetzungen aufgrund EuGH-Entscheidung zur Steuerfreiheit des Betriebs von Geldspielautomaten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Betreiber von Geldspielautomaten kann nicht im Hinblick auf das EuGH-Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453/02 und Rs. C-462/02 --Linneweber und Akritidis-- (Slg. 2005, I-1131) die Änderung bestandskräftiger Steuerfestsetzungen verlangen.
2. Die nicht ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 erfüllt nicht die Voraussetzungen der sog. Emmott'schen Fristenhemmung i.S. des EuGH-Urteils vom 25. Juli 1991 Rs. C-208/90 --Emmott-- (Slg. 1991, I-4269).
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 9 Buchst. b; UStG 1991 § 4 Nr. 9 Buchst. b; UStG 1993 § 4 Nr. 9 Buchst. b; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. f; AO 1977 § 355 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Ihr Gegenstand ist u.a. der Betrieb von Spielhallen.
In den für die Jahre 1985 bis 1996 sowie 1998 (Streitjahre) abgegebenen Umsatzsteuererklärungen hat die Klägerin ihre Einnahmen aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit der Umsatzsteuer unterworfen. Die entsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen sind bestandskräftig.
Im August 2003 legte die Klägerin Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre ein. Wegen der Versäumung der Einspruchsfrist berief sie sich auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 25. Juli 1991 Rs. C-208/90 --Emmott-- (Slg. 1991, I-4269, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 137, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1993, 315).
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage als unbegründet ab.
Das Urteil ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2005, 1732 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, die Vorentscheidung sei rechtswidrig, weil das FG angenommen habe, die Frist des § 355 der Abgabenordnung (AO 1977) sei nicht gehemmt und deshalb zum Zeitpunkt der Einlegung ihrer Einsprüche bereits abgelaufen gewesen.
Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen vor dem FG, wonach im Streitfall eine ähnliche Situation wie im Fall Emmott gegeben sei. Hierzu legt sie im Einzelnen dar, dass die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) die Nichtumsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) spätestens seit dem Jahr 1993 vorsätzlich aufrechterhalten habe. Der Gesetzgeber habe wider besseres Wissen die offensichtlich gemeinschaftswidrige nationale Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aufrechterhalten und sich hierbei, aufgrund im Ergebnis gleich gelagerter Interessen, mit einem Teil der Steuerpflichtigen direkt oder indirekt "verbrüdert". Sie behauptet, dass bereits anlässlich des Glawe-Verfahrens (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Mai 1994 Rs. C-38/93 --Glawe--, Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548) die Steuerfreiheit von Glücksspielumsätzen durch den EuGH festgestellt worden wäre, wenn dieses Verfahren "nicht gezielt in eine andere Richtung gesteuert worden wäre". Das gesamte Verhalten des Staates und seiner Organe, selbst noch nach Ergehen der Entscheidungen Fischer (vgl. EuGH-Urteil vom 11. Juni 1998 Rs. C-283/95 --Fischer--, Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384) und Linneweber (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453/02 und Rs. C-462/02 --Linneweber und Akritidis--, Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94, UR 2005, 194) zeige, dass "man nicht gewillt ist, das Gemeinschaftsrecht in diesem Punkt ordnungsgemäß umzusetzen und den Steuerpflichtigen ihre Rechte zuzuerkennen".
Es sei verglichen mit dem Sachverhalt, der der Rechtssache Emmott in Slg. 1991, I-4269, HFR 1993, 137, UR 1993, 315 zugrunde gelegen habe, "wohl mindestens ebenso treuwidrig, wenn ein Mitgliedstaat aktiv wie passiv an der Beeinflussung von Gerichtsverfahren teil hat und damit eine Rechtslage schafft, die es dem Einzelnen praktisch unmöglich machen soll, seine gemeinschaftsrechtlichen Ansprüche geltend zu machen". Wenn auch der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nicht unmittelbar daran teilgehabt habe, so müsse er sich doch das Verschulden der Bundesregierung zurechnen lassen.
Im Übrigen sei es ihr angesichts mangelnder Erfolgsaussichten unzumutbar gewesen, seinerzeit gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre Einspruch einzulegen.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre entsprechend ihrem vor dem FG gestellten Klageantrag zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist der Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 AO 1977 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.
Die Klägerin hat (erst) im August 2003 Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für die Streitjahre 1985 bis 1996 sowie 1998 erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war die einmonatige Frist für die Einlegung eines Einspruchs bereits abgelaufen.
2. Die Versäumung der einmonatigen Einspruchsfrist durch die Klägerin ist nicht ausnahmsweise unerheblich. Auf das EuGH-Urteil Emmott in Slg. I-1991, 4269, HFR 1993, 137, UR 1993, 315 kann sich die Klägerin im Streitfall nicht mit Erfolg berufen.
a) Der EuGH hat in diesem Urteil zwar entschieden, dass sich ein säumiger Mitgliedstaat bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen könne, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen einer Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe, und dass eine Klagefrist des nationalen Rechts erst zu diesem Zeitpunkt beginnen könne.
b) Wie der EuGH mittlerweile jedoch wiederholt klargestellt hat, war diese Entscheidung durch die besonderen Umstände des Falles gerechtfertigt, in dem der Klägerin durch den Ablauf der Klagefrist jede Möglichkeit genommen war, ihren auf eine Gemeinschaftsrichtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 2. Dezember 1997 Rs. C-188/95 --Fantask--, Slg. 1997, I-6783, HFR 1998, 234, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1998, 833 Rz. 51, m.w.N.). Daraus folgt, dass der EuGH den im Verfahren Emmott in Slg. 1991, I-4269, HFR 1993, 137, UR 1993, 315 entwickelten Rechtsgrundsatz auf Fallkonstellationen der dort gegebenen Art beschränkt wissen will (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. März 1996 XI R 36/95, BFHE 197, 563, BStBl II 1996, 399, unter II. 3. a; BFH-Beschluss vom 15. September 2004 I R 83/04, BFH/NV 2005, 229, unter II.1.).
Die Klägerin Emmott hatte im Frühjahr 1987 unter Berufung auf eine von Irland nicht rechtzeitig umgesetzte EG-Richtlinie und ein dazu ergangenes Urteil des irischen High Court vom 24. März 1987 beim zuständigen irischen Minister Leistungen der Sozialhilfe nach Maßgabe dieser EG-Richtlinie beantragt. Mit Schreiben vom 26. Juni 1987 antwortete der Minister, da über die EG-Richtlinie in einem anderen Verfahren noch vor dem High Court gestritten werde, könne über ihren Anspruch nicht entschieden werden; dieser werde geprüft, sobald dieses Gericht sein Urteil erlassen habe.
Mit Beschluss vom 22. Juli 1988 erteilte der High Court Frau Emmott die (erforderliche) Erlaubnis, Klage zu erheben. Diese Erlaubnis wurde jedoch unbeschadet des Rechts der Beklagten erteilt, sich auf die Nichteinhaltung der Klagefrist zu berufen. Als dann Frau Emmott später auf Gewährung der von ihr beantragten Leistungen klagte, beriefen sich die irischen Behörden auf die Nichteinhaltung der Klagefrist von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem die Klagegründe zutage getreten sind.
c) Ein vergleichbarer Sachverhalt ist im Streitfall nicht gegeben.
aa) In der Rechtssache Emmott in Slg. 1991, I-4269, HFR 1993, 137, UR 1993, 315 hatten sich die irischen Behörden --unter Verstoß gegen Treu und Glauben-- auf die Nichteinhaltung der Klagefrist berufen. Im Streitfall hat das FA die Klägerin nicht an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs gehindert und ihr deshalb nicht treuwidrig die Versäumung der --von Amts wegen zu beachtenden-- Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 AO 1977 entgegengehalten.
bb) Für das von der Klägerin angenommene treuwidrige Verhalten der Bundesrepublik einschließlich der von der Klägerin in diesem Zusammenhang entwickelten "Verschwörungstheorie" gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt. Jedenfalls geben die Feststellungen im angefochtenen Urteil, die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, dafür nichts her.
Insbesondere trifft die Behauptung der Klägerin nicht zu, die Bundesrepublik habe "die Nichtumsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG spätestens seit dem Jahr 1993 vorsätzlich aufrechterhalten". Denn die Vorgaben in Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG waren vor Ergehen der EuGH-Urteile Fischer in Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384, und Linneweber/Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94, UR 2005, 194 nicht eindeutig, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 2005 V R 16/04, BFHE 210, 159, BStBl II 2006, 96, unter II.3.).
Nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz "unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden" und die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer.
Hierzu hat der EuGH im Urteil Fischer in Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384 entschieden, dass ein Mitgliedstaat die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist. Im Urteil Linneweber/Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94, UR 2005, 194 hat er dies wie folgt präzisiert:
"1. Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG … ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt.
2. Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG hat unmittelbare Wirkung in dem Sinne, dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten vor den nationalen Gerichten darauf berufen kann, um die Anwendung mit dieser Bestimmung unvereinbar innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern."
Vor Ergehen dieses EuGH-Urteils war unklar, inwieweit Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG die Besteuerung von Glücksspielen verbietet.
So hatte die EG-Kommission im Verfahren Fischer in Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384 geltend gemacht, dass Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG kein absolutes Verbot der Besteuerung von Glücksspielen enthalte. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hatte vorgetragen, die Mitgliedstaaten könnten im Rahmen der Festlegung der Bedingungen und Grenzen der Befreiung vorsehen, dass nur die Umsätze in ordnungsgemäß zugelassenen öffentlichen Spielbanken befreit seien (EuGH-Urteil Fischer in Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384 RandNr. 26).
Dass auch nach dem EuGH-Urteil Fischer die Rechtslage nicht eindeutig war, belegt der Beschluss des Senats im Verfahren Linneweber vom 6. November 2002 V R 7/02 (BFHE 200, 271, HFR 2003, 271, UR 2003, 83), mit dem der Senat dem EuGH folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt hat:
"1. Ist Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Veranstaltung eines Glücksspiels mit Geldeinsatz nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist?
2. Verbietet Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG einem Mitgliedstaat, den Betrieb eines Geldspielautomaten bereits dann der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn der Betrieb eines Geldspielautomaten durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist, oder muss zusätzlich feststehen, dass die außerhalb der Spielbanken betriebenen Glücksspielautomaten in wesentlichen Punkten, wie z.B. beim Höchsteinsatz und beim Höchstgewinn, mit den Geldspielautomaten in den Spielbanken vergleichbar sind?
3. Kann sich der Automatenaufsteller auf die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG berufen?"
Im anschließenden EuGH-Verfahren Linneweber/Akritidis in Slg. 2005, I‐1131, BFH/NV Beilage 2005, 94, UR 2005, 194 hat die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vom 8. Juli 2004 vorgeschlagen, diese Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:
"Artikel 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie steht der Besteuerung des Betriebes eines Geldspielautomaten entgegen, wenn der Betrieb eines gleichartigen Geldspielautomaten durch eine zugelassene öffentliche Spielbank von der Mehrwertsteuer befreit ist. Bei der Beurteilung der Gleichartigkeit der Geldspielautomaten hat das nationale Gericht darauf abzustellen, ob die inner- und außerhalb öffentlicher Spielbanken betriebenen Geldspielautomaten für den Durchschnittsverbraucher von vergleichbarer Verwendung sind und daher miteinander im Wettbewerb stehen, wobei diesbezüglich insbesondere Faktoren wie die mögliche Gewinnhöhe und das Spielrisiko zu berücksichtigen sind.
Ein Einzelner kann sich vor einem nationalen Gericht auf die Steuerbefreiung gemäß Artikel 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist."
Erst der EuGH hat --davon abweichend-- in seinem nachfolgenden Urteil in dieser Sache in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94, UR 2005, 194 der Frage, ob die außerhalb der Spielbanken betriebenen Glücksspielautomaten in einzelnen Punkten, wie z.B. beim Höchsteinsatz und Höchstgewinn oder beim Verhältnis der Spieleinsätze zu den Ausschüttungsbeträgen, mit den Geldspielautomaten in den Spielbanken vergleichbar sind, keine Bedeutung beigemessen (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617, unter II.3.a).
Angesichts dieser bis zum Ergehen des EuGH-Urteils Linneweber/ Akritidis vom 17. Februar 2005 ungeklärten Rechtslage kann keine Rede davon sein, die Bundesrepublik habe Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG spätestens seit dem Jahr 1993 vorsätzlich nicht umgesetzt.
3. Die Klägerin macht ferner zu Unrecht geltend, es sei ihr angesichts mangelnder Erfolgsaussichten unzumutbar gewesen, seinerzeit gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre Einspruch einzulegen.
Die Klägerin hatte keinen Anlass, auf die Einlegung von Einsprüchen etwa aus Gründen zu verzichten, die sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalles ergeben, d.h. z.B. wegen einer Zusage des FA, sie auch ohne Einlegung von Einsprüchen so zu behandeln, als seien die Steuerbescheide noch anfechtbar. Solche Gründe liegen hier nicht vor. Es stellt auch keinen Ausnahmefall dar, dass Rechtsauffassungen und Gesetzesinterpretationen der Verwaltung, auch wenn sie durch Rechtsprechung oder Kommentierung abgesichert sind, durch die Gerichte korrigiert werden. Diese Chance, eine Korrektur zu erreichen, kann jeder Steuerpflichtige unter Übernahme des Kostenrisikos wahrnehmen. Dabei geht es nicht darum, ob die Klägerin ein Verschulden an der Nichteinlegung von Rechtsbehelfen trifft. Vielmehr ist es nach der Entscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen, seine Rechte durch Einlegung von Einsprüchen selbst zu wahren (vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502, BStBl II 1988, 512).
Zwar hat der Senat im Urteil vom 17. Mai 2001 V R 77/99 (BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370) entschieden, dass es dem dortigen Kläger unzumutbar war, gegen bestimmte Umsatzsteuerbescheide zu klagen. Er hat zur Begründung ausgeführt, die Steuerfestsetzungen hätten --im streitigen Punkt-- dem Gesetzeswortlaut entsprochen, ein einschlägiges EuGH-Urteil sei seinerzeit noch nicht ergangen und es sei Aufgabe des Gesetzgebers, die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Umsetzung des EuGH-Urteils zu schaffen. Solange dies nicht geschehen ist, könne ein Steuerpflichtiger nicht darauf verwiesen werden, er müsse seine Rechte im Steuerfestsetzungsverfahren mit ungewissem Ausgang geltend machen (vgl. II.2. c der Urteilsgründe).
Das Urteil betraf aber die --vorliegend nicht relevante-- Frage, ob eine vom EuGH als "eindeutig und offensichtlich" falsch beurteilte Steuerfestsetzung ausnahmsweise zu einem Billigkeitserlass führen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 1691665 |
BFH/NV 2007, 628 |
BStBl II 2007, 433 |
BFHE 2008, 350 |
BFHE 216, 350 |
BB 2007, 488 |
DB 2007, 667 |
HFR 2007, 377 |
UR 2007, 331 |