Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Auf Grund der Voraussetzungen des § 23 SHG auf einen anderen abgewälzten Soforthilfeabgabebetrag darf dieser andere nicht einkommensmindernd geltend machen, auch nicht im Wege des § 33 EStG.
Normenkette
EStG §§ 2, 33; SHG §§ 23, 26
Tatbestand
Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin (Bfin.) hat angegeben, die Bfin. habe ihren Ehemann beerbt. Ihr ständen zu der Erbschaft gehörende Hypothekenforderungen gegen einen ihrer Söhne zu. Die auf RM lautenden Hypothekenforderungen seien mit Genehmigung der zuständigen Stelle im Verhältnis 1 : 1 auf DM umgestellt worden. Der Hypothekenschuldner habe den Teil seiner allgemeinen Soforthilfeabgabe, der nach dem Verhältnis der Steuerwerte auf die Hypothekenschuld entfalle, zufolge § 23 des Soforthilfegesetzes (SHG) auf die Bfin. abgewälzt. Es handele sich dabei für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1949 um 1.731 DM.
Streitig ist, ob die Bfin. diesen Betrag von ihren Einkünften absetzen oder, was von ihr hilfsweise vorgebracht wird, als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend machen kann. Das Finanzgericht hat, ohne den Sachverhalt weiter aufzuklären, beide Möglichkeiten mit der Sprungberufungsentscheidung verneint. Es hat ausgeführt, § 26 SHG verbiete, die Soforthilfeabgabe bei der Ermittlung des Einkommens und des Gewerbeertrages abzuziehen. Dabei werde kein Unterschied gemacht zwischen der unmittelbaren Abgabepflicht und der Tragung der Abgabe auf Grund einer Abwälzung; denn das Abzugsverbot habe den Sinn, das Aufkommen der Länder und Gemeinden an Einkommen- und Gewerbesteuer nicht zu verkürzen. Der Bfin. sei zufolge der Abwälzung kein geringerer Zinsbetrag für ihre Forderung zugeflossen. Es handele sich bei der Soforthilfeabgabe trotz der Abwälzung um eine öffentlich-rechtliche Steuerschuld, für die nur der Abwälzungsschuldner dem Abgabeverpflichteten gegenüber aufkommen müsse. Der Hypothekenschuldner schulde nach wie vor den vollen Zinsenbetrag. Die Abwälzungsbestimmung sei nur bürgerlich-rechtlicher Natur und ändere nicht die steuerliche Eigenschaft der Soforthilfeabgabe. Die Aufbringung der abgewälzten Soforthilfeabgabe falle auch nicht unter den Begriff der Werbungskosten, weil sie mit Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Zinseneinkünfte nichts zu tun habe. Das ausdrückliche Abzugsverbot des § 26 SHG schließe auch die Anwendbarkeit des § 33 EStG aus.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird geltend gemacht, gerade das Abzugsverbot des § 26 SHG erfordere die von der Bfin. erstrebte Auslegung; denn sonst könne der Hypothekenschuldner den abgewälzten Soforthilfebetrag als Zinsenlast von seinen Einkünften abziehen. Ein solches Ergebnis habe der Gesetzgeber aber nicht gewollt. Die Steuern verlören, wenn sie auf einen anderen abgewälzt würden, ihre öffentlich-rechtliche Eigenschaft. Man könne also nicht sagen, daß trotz der Abwälzung nach wie vor eine öffentlich-rechtliche Schuld vorliege. Handele es sich insoweit aber um eine privat-rechtliche Schuld, so gelte das Verbot des Abzugs bei der Ermittlung des Einkommens nicht für den abgewälzten Teil der Soforthilfeabgabe. Das Verbot erstrecke sich nur auf die nach dem Gesetz von dem Abgabeschuldner dem Steuergläubiger gegenüber geschuldete Soforthilfeabgabe. Ein Abzug der Soforthilfeabgabe als Werbungskosten sei nicht geltend gemacht worden, sondern nur, daß der Bfin. ein geringerer Betrag an Hypothekenzinsen zugeflossen sei. Im übrigen schließe § 26 SHG die Anwendbarkeit des § 33 EStG nicht aus; denn § 33 EStG sei nicht an den Nachweis geknüpft, daß die Existenz des Steuerpflichtigen (Stpfl.) bedroht sei, sondern nur daran, daß eine außergewöhnliche Belastung vorliege. Dies sei aber hier der Fall.
Entscheidungsgründe
Die Vorentscheidung muß aufgehoben werden, da der Sachverhalt noch der Aufklärung bedarf.
Die hier in Betracht kommende Abwälzung der Soforthilfeabgabe beruht auf § 23 SHG vom 8. August 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes - WiGBl. - S. 205). Satz 1 dieses § 23 lautet: "Stehen Altenteilen, anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oder solchen Verbindlichkeiten, die nach § 18 Absatz 1 Ziffer 3 des Umstellungsgesetzes im Verhältnis von einer Reichsmark zu einer Deutschen Mark umgestellt sind, mit abgabepflichtigem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang, so kann der Abgabepflichtige den Teil der allgemeinen Abgaben, der nach dem Verhältnis der Steuerwerte auf die Verbindlichkeiten entfällt, auf die Berechtigten abwälzen." Voraussetzung dafür, daß diese Vorschrift für den vorliegenden Fall überhaupt in Betracht kommt, ist sonach, daß die ursprünglich auf RM lautenden Hypothekenforderungen der Bfin. nach § 18 Absatz 1 Ziffer 3 des Umstellungsgesetzes im Verhältnis 1 : 1 auf DM umgestellt worden sind und mit abgabepflichtigen Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhange stehen. Daß diese Voraussetzungen vorlägen, hat der Bevollmächtigte der Bfin. zwar behauptet, aus den Akten ist aber nicht ersichtlich, ob sich die Vorbehörden davon überzeugt haben, daß dieser Sachverhalt auch tatsächlich vorliegt. Die Vorentscheidung muß daher aufgehoben werden. Die Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, damit es die erforderlichen Feststellungen noch treffe.
Sollte sich dabei herausstellen, daß die Voraussetzungen des § 18 Absatz 1 Ziffer 3 des Umstellungsgesetzes vorliegen, so wäre von der folgenden Rechtsauffassung auszugehen:
§ 26 SHG verbietet den Abzug der Soforthilfeabgabe vom Einkommen und Gewerbeertrage. Der Grund für diese Vorschrift ist darin zu suchen, daß bei der Möglichkeit, die Soforthilfeabgabe vom Einkommen oder Gewerbeertrage abzusetzen, eine teilweise Abwälzung der Abgabe auf den jeweiligen Steuergläubiger erfolgen würde. Das träte aber auch ein, wenn ein auf einen anderen abgewälzter Teil der Soforthilfeabgabe von diesem anderen bei seinen Einkünften abgezogen werden könnte. Infolgedessen dürfte in diesem Falle auch die Bfin., auf die die Soforthilfeabgabe auf Grund des § 23 SHG abgewälzt worden wäre, diese Abgabe nicht einkommensmindernd geltend machen. Dieses Ergebnis wäre auch nicht unbillig. Die Abwälzung ist eine Folge der Umstellung der Hypothekenforderungen von RM in DM im Verhältnis 1 : 1. Die Bfin. hätte zunächst das Kapital ungeschmälert behalten und sie bezöge sodann entsprechend diesem Kapital die Hypothekenzinsen. Es entspricht der Billigkeit, daß sie dann den Hypothekenschuldner, dem sie diese Vorteile verdankt, bei der Tragung der Soforthilfeabgabe unterstützt.
Solchenfalls könnte der Bfin. auch darin nicht gefolgt werden, wenn sie annimmt, es sei unbillig, daß der Hypothekenschuldner den vollen um den Abwälzungsbetrag erhöhten Zinsenbetrag von seinen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung absetzen könnte; denn dieses Recht hat er auf alle Fälle, wenn er die Soforthilfeabgabe nicht abwälzt. Es macht dann keinen Unterschied, ob er im Falle einer Abwälzung den ungekürzten Zinsenbetrag an die Bfin. entrichtet und sich von dieser den anteiligen Soforthilfeabgabebetrag wieder zurückzahlen läßt, oder ob er den anteiligen Soforthilfeabgabebetrag sogleich einbehält und entsprechend weniger an Zinsen auszahlt. In jedem Falle ist er berechtigt, den ungekürzten Zinsenbetrag bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen. Dafür muß dann aber die Bfin. den ungekürzten Zinsenbetrag als Einnahmen bei der Einkommensteuer berücksichtigen. Sollte sie dadurch in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten, so könnte durch eine Stundung des auf sie entfallenden Teiles der Soforthilfeabgabe auf Grund des § 62 der Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (StDVO-SHG) vom 8. August 1949 (WiGBl. S. 214) geholfen werden.
Dem Finanzgericht wäre dann auch darin beizutreten, daß das Abzugsverbot des § 26 SHG eine Anwendung des § 33 EStG ausschließt. Dies ergibt sich deutlich auch daraus, daß für wirkliche Härtefälle, die infolge der Abwälzung eintreten können, der vorerwähnte § 62 StDVO-SHG die Möglichkeit einer Stundungsbewilligung eröffnet.
Sollte sich auf Grund der Ermittlungen des Finanzgerichts jedoch ergeben, daß die Voraussetzungen des § 18 Absatz 1 Ziffer 3 des Umstellungsgesetzes nicht vorliegen, so hätte das Finanzgericht davon auszugehen, daß der Sohn der Bfin. den vollen Soforthilfeabgabebetrag zu entrichten hätte. Den Teil der Hypothekenzinsen, den er als anteilige Soforthilfeabgabe nicht an die Bfin. abgeführt hätte, könnte er von seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht absetzen; die Bfin. brauchte dafür bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen auch nur so viel an Hypothekenzinsen zu berücksichtigen, als ihr tatsächlich zugeflossen wäre. Die Anwendung des § 33 EStG erübrigte sich sodann.
Fundstellen
Haufe-Index 407345 |
BStBl III 1952, 59 |
BFHE 1953, 145 |
BFHE 56, 145 |