Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtungsfähigkeit von Schuldzinsen für ein zum Zwecke des Zugewinnausgleichs aufgenommenes Darlehen
Leitsatz (amtlich)
Schuldzinsen für ein zum Zwecke des Zugewinnausgleichs aufgenommenes Darlehen sind insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, als der Wert eines der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Grundstücks Bemessungsgrundlage für den Zugewinn war.
Orientierungssatz
Ist ein Ehegatte bereits vor der Beendigung der Zugewinngemeinschaft und vor dem Ausgleich des Zugewinns Alleineigentümer eines Grundstücks, so begründet der Ausgleich des Zugewinns, der sich ganz oder teilweise aufgrund des Wertes des Grundstücks ergibt, keine Anschaffungskosten für das Grundstück.
Normenkette
EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S. 2; BGB §§ 1363, 1373, 1377, 1379; EStG 1981 § 9 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhausgrundstücks, das ihr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient. Nachdem ihre Ehe im Jahre 1980 geschieden worden war, verlangte ihr geschiedener Ehemann von ihr den Ausgleich des Zugewinns, der nach Darstellung der Klägerin sich nach dem halben Wert ihres Grundstücks bemessen hat. Zur Erfüllung dieser Schuld nahm die Klägerin ein Darlehen auf, für das sie im Streitjahr 1981 Zinsen zu zahlen hatte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Abzug der Zinsaufwendungen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit ihrer vom Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Zinsen für das Darlehen zur Erfüllung des Zugewinnanspruchs ihres geschiedenen Ehemannes müßten ebenso zum Werbungskostenabzug zugelassen werden wie Finanzierungskosten zur Anschaffung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück. Beide Sachverhalte seien wirtschaftlich gleichartig. Denn ihrem Ehemann habe aufgrund seines Zugewinnausgleichsanspruchs wirtschaftlich eine Hälfte des Wertes ihres Grundstücks zugestanden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuer 1981 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten von 5 013,97 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil es § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG verletzt. Das FG hat es der Klägerin rechtsfehlerhaft versagt, bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten Zinsen für ein Darlehen zur Begleichung des Zugewinnausgleichsanspruchs ihres geschiedenen Ehemannes abzuziehen.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG sind Werbungskosten auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn und soweit der Zweck der Schuldaufnahme darin besteht, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, und die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet werden (BFH-Urteile vom 26.November 1985 IX R 64/82, BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161; vom 14.Juni 1988 VIII R 252/82, BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992). Einen solchen Zweck erfüllt das Darlehen, für das die Klägerin den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten begehrt, insoweit, als der Wert ihres Mehrfamilienhausgrundstücks Bemessungsgrundlage für den Zugewinn war.
Ihre Schuldaufnahme hat der Klägerin allerdings nicht etwa deswegen der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient, weil sie die Darlehenssumme zur Anschaffung eines Grundstücksanteils aus einer Vermögensgemeinschaft verwendet hätte. Ein Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von dem geschiedenen Ehegatten wie im Urteilsfall vom 15.Februar 1977 VIII R 175/74 (BFHE 121, 340, BStBl II 1977, 389) kam hier nicht in Betracht. Die Klägerin war bereits vor der Beendigung der Zugewinngemeinschaft und vor dem Ausgleich des Zugewinns Alleineigentümerin des Mehrfamilienhausgrundstücks. Der Ausgleich des Zugewinns, der sich ganz oder teilweise aufgrund des Wertes des Mehrfamilienhausgrundstücks ergab, begründete keine Anschaffungskosten für das Grundstück. Die Zugewinngemeinschaft stellt keine dingliche Vermögensgemeinschaft dar. In der Zugewinngemeinschaft bleibt jeder Ehegatte Eigentümer seines ihm bei Beginn des Güterstandes gehörenden sowie seines während der Dauer des Güterstandes hinzuerworbenen Vermögens; erst bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft ist der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, auszugleichen (§ 1363 Abs.2 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--).
Dennoch hat die Klägerin die Darlehensvaluta, mit der sie den Anspruch ihres geschiedenen Ehemannes auf Ausgleich des Zugewinns erfüllte, zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet. Denn sie erhielt mit der Leistung des Zugewinnausgleichs ihr Mehrfamilienhausgrundstück ohne die wertmäßige Teilhabe ihres Ehemannes hieran. Dieser war bis zur Erfüllung seines Anspruchs auf den Ausgleich des Zugewinns wertmäßig an dem Vermögenszuwachs der Klägerin --und damit auch an ihrem Mehrfamilienhausgrundstück-- beteiligt. Bei der Zugewinngemeinschaft kommt nämlich das in der Ehe erworbene Vermögen bei Beendigung des Güterstandes beiden Ehegatten schuldrechtlich zu gleichen Teilen zu. Die Ehegatten haben grundsätzlich an allem, was sie während der Ehe hinzuerwerben, bei Beendigung des Güterstandes wertmäßig gleichen Anteil ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Weise sie an dem Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände mitgewirkt haben (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 27.Mai 1981 IVb ZR 577/80, BGHZ 80, 384, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1981, 755, 756). Für die Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Kreditaufnahme der Klägerin zum Ausgleich des Zugewinns mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann es keinen Unterschied machen, ob ihr geschiedener Ehemann --wie im Falle der Gütergemeinschaft i.S. von §§ 1415 ff. BGB-- dinglich an ihrem Vermögen beteiligt war oder ob er --wie hier aufgrund der Zugewinngemeinschaft-- schuldrechtlich am Wert ihres Vermögens teilhatte (ebenso Tiedtke, Finanz-Rundschau --FR-- 1985, 631, 635, und Betriebs-Berater --BB-- 1988, 2079, 2083).
Die Rechtsprechung hat einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen einer Darlehensaufnahme und einer bestimmten Einkunftsart schon dann bejaht, wenn der Steuerpflichtige die Darlehensvaluta dazu benutzt, um eine Verbindlichkeit zu erfüllen, die auf den Wert von der Einkunftserzielung dienendem Vermögen zurückzuführen ist. Aufgrund dessen hat der IV.Senat des BFH als Betriebsausgaben Schuldzinsen für einen Kredit anerkannt, den der Erbe eines Mitunternehmeranteils für Ausgleichszahlungen an weichende Miterben oder an Pflichtteilsberechtigte verwendet (Urteile vom 19.Mai 1983 IV R 138/79, BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380; vom 2.April 1987 IV R 92/85, BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621). Der IV.Senat hat dem den Mitunternehmeranteil übernehmenden Erben zwar den Ansatz zusätzlicher Anschaffungskosten für das Betriebsvermögen verwehrt, weil die Ausgleichsverpflichtungen private Verbindlichkeiten gewesen seien. Dennoch seien die Zinszahlungen Betriebsausgaben, weil --final betrachtet-- die Kreditaufnahme in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen gewerblichen Einkünften stehe, soweit die Verbindlichkeiten auf dem Wert des übernommenen Betriebsvermögens beruhten. Im Anschluß an den IV.Senat hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 26.November 1985 IX R 64/82, (BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161) Zinsen für einen Kredit zur Erfüllung von Ausgleichsverpflichtungen eines Vermögensübernehmers aufgrund vorweggenommener Erbfolge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beurteilt. Das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.November 1987 XIII K 37/87, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1988, 231) hat diese Erwägungen bereits auf Zinsen für einen Kredit zur Erfüllung einer Zugewinnausgleichsverpflichtung übertragen; ablehnend noch FG Münster (Urteil vom 31.Januar 1979 II 1895/76 G, EFG 1979, 288), Schleswig-Holsteinisches FG (Urteil vom 8.März 1984 II 211/81, EFG 1984, 545).
Einem Abzug von Zinsen für ein zur Leistung des Zugewinnausgleichs aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steht schließlich auch nicht in jedem Fall das Aufteilungs- und Abzugsverbot nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG entgegen (im Ergebnis ebenso Urteil in BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621; a.A. Schleswig-Holsteinisches FG in EFG 1984, 545). Allerdings kann ein auszugleichender Zugewinn verschiedenen Vermögensbereichen eines Steuerpflichtigen zuzuordnen sein. Die Berechnung der Zugewinnausgleichsverpflichtung kann teils auf Vermögen, das der Erzielung von Einkünften i.S. von § 2 Abs.1 Nr.1 bis 7 EStG dient, und teils auf anderem Vermögen beruhen. Jedoch kann eine Ausnahme von dem Aufteilungs- und Abzugsverbot zu machen sein, wenn anhand objektiver Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung möglich ist. Das bürgerliche Recht regelt in den §§ 1372 ff. BGB die Berechnung des Zugewinnausgleichs auf der Grundlage des Anfangs- und Endvermögens eines jeden Ehegatten. Jeder von ihnen kann verlangen, daß der andere bei der Aufstellung eines Verzeichnisses über das Anfangs- und das Endvermögen mitwirkt (§ 1377 und § 1379 BGB).
Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar läßt sich dem angefochtenen Urteil entnehmen, daß die Klägerin den Kredit, für den sie den Abzug von Zinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begehrt, zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zum Ausgleich des Zugewinns aufgenommen hat. Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen, inwieweit die Verpflichtung der Klägerin zum Ausgleich des Zugewinns ihrem Vermögen in Form ihres Mehrfamilienhausgrundstücks zuzuordnen ist und ob objektive Merkmale und Unterlagen vorhanden sind, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, sofern der von ihr auszugleichende Zugewinn auch auf andere, ihr gehörende Vermögenswerte zurückzuführen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62963 |
BFH/NV 1989, 14 |
BStBl II 1989, 706 |
BFHE 156, 131 |
BFHE 1989, 131 |
BB 1989, 1601-1602 (LT) |
DB 1989, 806-807 (LT) |
DStR 1989, 249 (KT) |
HFR 1989, 362 (LT) |