Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine vGA bei bloßen Buchungsfehlern
Leitsatz (NV)
Irrtümliche Fehlbuchungen führen nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Zwischen der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) und dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -- FA --) sind zwei Sachverhaltskomplexe im Streit, die das FA als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) beurteilt:
1. Die Klägerin wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1988 gegründet. Ihr Stammkapital wird je zur Hälfte von den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern gehalten. Diesen war in den Anstellungsverträgen vom 18. Januar 1988 neben einem monatlichen Bruttogehalt von jeweils 3300 DM eine vom steuerlichen Gewinn abhängige Vergütung von 10 v. H. zugesagt worden. Diese gewinnabhängige Vergütung stand zunächst unter dem Vorbehalt, daß kein Jahresfehlbetrag entstehen dürfe, eine Nachholung in späteren Jahren blieb allerdings möglich. Dieser Vorbehalt wurde durch geänderte Anstellungsverträge vom 20. Dezember 1990 ab 1. Januar 1991 aufgehoben.
2. Durch notariellen Vertrag vom 2. Dezember 1988 erwarben die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zu je 1/2 ein von der Klägerin betrieblich genutztes Grundstück. In der Folgezeit wurden dieses Grundstück und die damit zusammenhängenden Belastungen in der Buchführung der Klägerin erfaßt, weil deren Steuerberater aufgrund des ihm vom Notar zugesandten Entwurfes des vorgenannten Kaufvertrages der Auffassung gewesen war, das Grundstück sei nicht von den beiden Gesellschaftern, sondern von der Klägerin erworben worden. Im Zuge einer für die Klägerin durchgeführten Finanzierung stellte sich im Jahre 1994 die fehlerhafte Grundstückszuordnung heraus. Der Steuerbeater schlug daraufhin dem FA vor, das Grundstück zum 1. Januar 1994 zum Buchwert zu entnehmen und ab diesem Zeitpunkt von der Existenz einer Betriebsaufspaltung auszugehen.
Das FA nahm dieses Schreiben zum Anlaß, um für die Streitjahre 1989 bis 1991 Änderungsbescheide nach §173 der Abgabenordnung (AO 1977) zu erlassen, in denen die unzutreffende Grundstückszurechnung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen rückgängig gemacht wurden. Soweit hierbei von der GmbH Leistungen erbracht worden sind, die den Gesellschaftern als Eigentümer zugute kamen (Zins, Tilgung, von den Verbindlichkeiten nicht erfaßte Herstellungskosten), ging es von vGA aus. Gleichermaßen behandelte es die im Jahre 1992 gezahlten Gewinntantiemen als vGA.
Der nach erfolglosem Vorverfahren hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) im Hinblick auf die Grundstücksaufwendungen statt. Hinsichtlich der Tantieme wies es die Klage ab. Die Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1214 abgedruckt.
Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Unter einer vGA i. S. des §8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BFHE 166, 545, BStBl II 1992, 434). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).
2. Die Rechtsfolge des §8 Abs. 3 Satz 2 KStG dient dem Zweck, Gewinnminderungen zu korrigieren, die bei einer Kapitalgesellschaft unter den vorgenannten Voraussetzungen eingetreten sind. Die zu korrigierende Gewinnminderung ist anhand der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne Rücksicht auf die Rechtsfolgen des §8 Abs. 3 Satz 3 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wurde (Senatsurteile vom 23. Juni 1993 I R 72/92, BFHE 172, 51, BStBl II 1993, 801; vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347; vom 14. September 1994 I R 6/94, BFHE 175, 412, BStBl II 1997, 89). Daraus folgt, daß zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des §8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen können. Wird eine solche Forderung tatsächlich nicht von der Kapitalgesellschaft aktiviert, so ist die Steuerbilanz als solche zu berichtigen. Für die Anwendung des §8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz ist kein Raum. Ist die Forderung dagegen eine Einlageforderung, so ist die Anwendung des §8 Abs. 3 Satz 2 KStG dann nicht ausgeschlossen, wenn sie der Rückgängigmachung einer vGA dient (Senatsurteil vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92).
3. Von diesen Grundsätzen ist im Ergebnis auch das FG ausgegangen. Es hat festgestellt, daß die Aktivierung des in Rede stehenden Grundstücks bei der Klägerin auf einem Irrtum des steuerlichen Beraters beruhte und daß -- dadurch bedingt -- auch die von der Klägerin übernommenen Zahlungen und sonstiger mit dem Grundstück verbundener Aufwand irrtümlich als Betriebsausgaben der Klägerin verbucht worden sind. Diese Fehler seien zunächst weder von den steuerlich unerfahrenen Gesellschafter- Geschäftsführern noch von dem Steuerberater, der insoweit einen unrichtigen Sachverhalt vermutet habe, bemerkt worden. Das Vorbringen der Klägerin sei plausibel, in sich schlüssig und glaubwürdig.
Diese Feststellungen liegen auf tatsächlichem Gebiet, an sie ist der Senat gebunden (§118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Sie sind vom FA letztlich nicht substantiiert angegriffen worden. Vielmehr hat es lediglich seine Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen -- möglichen -- des FG gesetzt. Dies genügt nicht, um die Bindungswirkung entfallen zu lassen. Die tatrichterlichen Feststellungen haben deshalb zur Folge, daß die durch den Irrtum ausgelösten Vermögensverschiebungen zu korrigieren sind: Das Grundstück ist zum verfahrensrechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt (also auch bereits in den Streitjahren) bilanziell auszubuchen. Soweit Kosten der Gesellschafter übernommen worden sind, sind entsprechende Bereicherungs- und Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter-Geschäftsführer auszuweisen. Diese Ansprüche wurden anerkannt und nicht bestritten, so daß sie in den Streitjahren zu aktivieren waren. Weil keine vGA vorgelegen hat, dienen die Ansprüche auch nicht der Rückgängigmachung einer solchen, sondern lediglich der Rückgängigmachung der Bilanzierungs- und Buchungsirrtümer. Eine Vermögensminderung als Voraussetzung für die Annahme von vGA liegt sonach nicht vor. Sie könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Klägerin auf ihre Forderungen verzichtet hätte. Dafür aber ist zumindest für die Streitjahre nichts dargetan oder ersichtlich.
4. Auf die weiterhin in Streit stehende Frage nach der steuerrechtlichen Behandlung der Gewinntantiemen ist nicht mehr einzugehen. Die insoweit vor dem FG unterlegene Klägerin hat keine Revision eingelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 67598 |
BFH/NV 1998, 1374 |
DStZ 1998, 842 |
HFR 1998, 1004 |