Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Geldbeschaffungskosten für den Bau eines Mietwohnhauses können bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung teils verteilungspflichtiger Aufwand, teils sofort absetzbare Werbungskosten sein.
Normenkette
EStG § 9 S. 1, § 9/6, § 9/1/7, § 7 Abs. 1, § 11/2
Tatbestand
Die Ehefrau des Beschwerdeführers (Bf.) erwarb vor ihrer Verheiratung im Jahre 1950 ein Trümmergrundstück, das 1950/51 bebaut wurde. Streitig ist, ob bei der Ermittlung der Höhe des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung aus diesem Grundstück für 1952 folgende Aufwendungen zu berücksichtigen sind:
1. Schätzungsgebühr -------------------- 120 DM 2. Gebühren für Hypothekenvermittlung - 1.873 DM 3. 6 % Abschlußgebühr für Bauhypothek von 42.000 DM ------------------------- 2.520 DM 4. Bereitstellungszinsen für Baukredite 3.098 DM zusammen ------------------------------ 7.611 DM.Das Finanzgericht hat in diesen Aufwendungen (zusammenfassend "Geldbeschaffungskosten") keine Herstellungskosten im Sinne des § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesehen. Die bereits 1950 und 1951 gezahlten Hypothekenvermittlungsgebühren von 1.873 DM wären nach Ansicht des Finanzgerichts abzugsfähige Werbungskosten (Schuldzinsen), wenn sie an den Darlehnsgeber bezahlt worden wären. Da sie aber an dritte Personen für die Vermittlung der Bauhypothek gezahlt worden seien, handle es sich um nicht abzugsfähige Kosten für die Anlage von Vermögen. In der "Abschlußgebühr" von 2.520 DM sieht das Finanzgericht ein Damnum; die Hypothek von 42.000 DM sei nicht zum Nennbetrage, sondern zu einem um 2.520 DM niedrigeren Betrage ausgezahlt worden; zurückgezahlt werde das Damnum laufend mit den Tilgungsraten. Im Jahr 1952 sei das Darlehen von 42.000 DM in Höhe von 1.050 DM getilgt worden. Der Anteil des Damnums betrage hieran 6 % = 63 DM. Lediglich diesen Betrag von 63 DM hat das Finanzgericht über die Einspruchsentscheidung hinaus abgezogen. Die Bereitstellungszinsen von 3.098 DM hat das Finanzgericht deshalb nicht berücksichtigt, weil sie unstreitig in voller Höhe bereits in den Jahren 1950 und 1951 gezahlt worden sind.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist im Streitpunkt unbegründet.
Die Abzugsfähigkeit von Geldbeschaffungskosten, insbesondere von Schätzungs- und Vermittlungsgebühren, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Wegen des Standes der Meinungen wird auf die Ausführungen von Vangerow, Blattei-Handbuch "Rechts- und Wirtschafts-Praxis" 14, Steuer-R, D Einkommensteuer II B 16/58 vom 12. Mai 1958 (365) verwiesen. Die Finanzverwaltung rechnet bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Finanzierungskosten, die wirtschaftlich als Schuldzinsen zu betrachten sind, zum Beispiel Kreditprovisionen, Bereitstellungsprovisionen, Zuteilungsgebühren bei Bausparverträgen, Damnum und dergleichen zu den Werbungskosten, die im Jahr der Ausgabe abzuziehen sind. Andere Finanzierungskosten, zum Beispiel Vermittlungsgebühren an Dritte, Kosten der Eintragung der Hypothek, Bankverwaltungskosten, Gebühren für Prüfung der Beleihungsunterlagen, sind nach Ansicht der Verwaltung einkommensteuerlich nicht berücksichtigungsfähige private Vermögensverluste (vgl. zum Beispiel Oberfinanzdirektion Stuttgart vom 22. Oktober 1957 S 2182, "Der Betrieb" 1957 S. 1164; Oberfinanzdirektion München, "Der Betriebs-Berater" 1952 S. 1007).
Der Senat kommt demgegenüber in übereinstimmung mit Vangerow a. a. O. zu dem Ergebnis, daß die Geldbeschaffungskosten zu 1, 2 und 4 im Jahre der Verausgabung voll absetzbare Werbungskosten sind (ß 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zwischen solchen Geldbeschaffungskosten und dem künftigen Mietertrag besteht ein so enger wirtschaftlicher Zusammenhang, daß sie als Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG anerkannt werden. Für diese Behandlung spricht auch die folgende Erwägung; Der Verkäufer eines Mietwohngrundstücks rechnet auch die oben erwähnten, von der Finanzverwaltung als nicht abzugsfähig angesehenen Kosten in sein Verkaufsangebot ein: auch der Käufer geht bei seinem Preisangebot mindestens insoweit davon aus, als er selbst als Bauherr mit denselben Selbstkosten bei eigener Bautätigkeit rechnen müßte. Grundsätzlich können alle Selbstkosten, die bei einem Verkauf im Verkaufspreis auf den Käufer überwälzt werden, beim Verkäufer schon aus Gründen der steuerlichen Gleichmäßigkeit nicht dem privaten Vermögensbereich zugerechnet werden. Die üblicherweise den Verkaufspreis erhöhenden Selbstkosten des Verkäufers sind Teil der Anschaffungskosten des Käufers; sie werden, verteilt auf die Nutzungsdauer des Gebäudes, beim Käufer als Werbungskosten beurteilt (ß 9 Ziff. 6 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 EStG). Diese Kosten haben aber beim Verkäufer den Charakter von Werbungskosten. Denn der private Bauherr, der die Last des Bauens auf sich nimmt, kann steuerlich nicht schlechter gestellt werden als der Ersterwerber eines Gebäudes, der das Gebäude als private Kapitalanlage oder zu gewerblichen Zwecken erwirbt und die in den Kaufpreis eingerechneten Finanzierungskosten des Veräußerers laufend abschreibt. Wenn im übrigen, wie unbestritten ist, die laufenden Bauhypothekenzinsen Werbungskosten bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind, können die Nebenaufwendungen, die bei der Lage des Kapitalmarkts nach der Währungsreform zur Beschaffung der Bauhypotheken und zur Baufinanzierung während der Bauperiode erforderlich gewesen sind, von der Abzugsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden.
Die Kosten zu 1, 2 und 4 sind im Jahr der Verausgabung abzugsfähig und sind nicht nach § 7 EStG als Teil der Herstellungskosten des Gebäudes auf dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Das ergibt sich aus den folgenden überlegungen: Bei den Bereitstellungszinsen für Baukredite in Höhe von 3.098 DM handelt es sich um eine Erhöhung des Zinssatzes für den laufenden Baukredit, also um Schuldzinsen im Sinne von § 9 Ziff. 1 EStG. Der Steuerpflichtige hat ein Anrecht darauf, daß diese Zinsen bereits im Jahre der Verausgabung abgesetzt werden (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1097/30 vom 5. November 1930, RStBl 1931 S. 107). Der Steuerpflichtige, der nach dem Einnahmen- und Ausgabenüberschuß versteuert, hat bei Schuldzinsen kein Wahlrecht, statt des Abzugs im Ausgabejahr eine Verteilung auf die Nutzungsdauer zu verlangen.
Die Vermittlungskosten von 1.873 DM, die an Geldmakler gezahlt sind, sind als einmalige Sondervergütung der laufenden Zinszahlung wirtschaftlich gleichzustellen und daher ebenfalls im Jahr der Ausgabe abzusetzen. Die Abzugsfähigkeit einer derartigen Sondervergütung kann nicht davon abhängig sein, ob sie dem Geldgeber oder einer zwischengeschalteten dritten Person zufließen. Denn die Zweckbestimmung der Ausgabe und nicht die Person des Empfängers entscheidet nach § 9 Satz 1 EStG über die Abzugsfähigkeit.
Den Zinsaufwendungen ist auch die Schätzungsgebühr für die Abschätzung des Beleihungsobjektes zuzurechnen, da die Abschätzung eine übliche Vorbedingung für die Gewährung von Baukrediten ist.
Den Finanzierungsvorgang hat die Rechtsprechung bei buchführenden Kaufleuten von dem Vorgang der Anschaffung oder Herstellung getrennt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 18/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S. 349, Slg. Bd. 65 S. 304). Im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung kann aber der Umfang der Herstellungskosten für ein Gebäude im Sinne von § 7 Abs. 1 EStG nicht weiter gefaßt werden als bei buchführenden Gewerbetreibenden.
Soweit die Geldbeschaffungskosten nicht unmittelbar mit dem Kredit selbst - wie im Streitfall die Abschlußgebühr von 2.520 DM - verknüpft sind, sind sie im Jahre der Verausgabung abzuziehen. Das bedeutet, daß im Streitfall die Schätzungsgebühr von 120 DM, die Vermittlungsgebühr von 1.873 DM und die Bereitstellungszinsen von 3.098 DM in den Jahren 1950 und 1951, also in den Zahlungsjahren, abzugsfähig sind. Daß in diesen Jahren wegen Fehlens entsprechender Einkünfte der Abzug sich nicht auswirkt, berechtigt nicht, die Ausgaben in das Streitjahr 1952 und die folgenden Jahre in der Weise zu verlagern, daß man den Steuerpflichtigen das Wahlrecht zugesteht, den Abzug im Jahr der Verausgabung oder verteilt auf die Nutzungsdauer zu verlangen.
Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß die Abschlußgebühr von 2.520 DM als Damnum zu beurteilen ist, das laufend mit den Tilgungsraten abgetragen wird und daher auf die Laufzeit des Kredits zu verteilen ist (Urteil des Reichsfinanzhofs IV 172/38 vom 25. November 1938, RStBl 1939 S. 233).
Die Rb. kann daher im Streitpunkt keinen Erfolg haben.
Es steht den Finanzbehörden frei zu prüfen, ob im Streitfall eine nach § 131 der Reichsabgabenordnung auszugleichende Härte darin liegt, daß Werbungskosten in einem Jahr abgesetzt werden, ehe Einnahmen aus Vermietung vorhanden waren.
Fundstellen
Haufe-Index 409366 |
BStBl III 1959, 236 |
BFHE 1959, 619 |
BFHE 68, 619 |