Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der steuerlichen Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 26a/1
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1955 allein die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Bf. und seiner Ehefrau steuerlich anzuerkennen ist.
Der Bf. ist Inhaber eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt mit Tankstelle und Garagen. Für das Streitjahr 1955 hat der Bf. einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 55.780 DM erklärt. Das Finanzamt veranlagte den Bf. durch Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 1957, in dem es eine nicht mehr umstrittene Gewinnerhöhung vornahm. Im Einspruchsverfahren wandte sich der Bf. zunächst ausschließlich gegen die vom Finanzamt vorgenommene Gewinnerhöhung. Erstmals mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1957 beantragten die Eheleute im Rahmen dieses Verfahrens, getrennt zur Einkommensteuer 1955 veranlagt zu werden. Sie machten zunächst geltend, die Ehefrau habe für ihre Tätigkeit im Betrieb des Ehemannes Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die mit 1/3 des erzielten Gewinns anzusetzen sei. Mit Schriftsatz vom 28. November 1957 überreichten sie zwei unter dem 1. November 1957 schriftlich abgefaßte Verträge. In dem einen der beiden Verträge führten sie aus, sie seien sich von jeher darüber einig gewesen, daß die Ehefrau für ihre Tätigkeit ein angemessenes Gehalt hätte beanspruchen können. Nur weil nach der bisherigen Rechtslage Arbeitsverträge zwischen Eheleuten sich steuerlich nicht hätten auswirken können, hätten sie es nicht für nötig gefunden, die Rechtsbeziehungen schriftlich niederzulegen. Zugleich begehrte der Bf. in Abänderung des bisherigen Antrags, der Ehefrau für das Jahr 1955 das ihr in Höhe von jährlich 14.400 DM zugebilligte Gehalt als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Sowohl Einspruch als auch Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht ließ sich bei der Entscheidung im wesentlichen von der Erwägung leiten, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen den Ehegatten schon deshalb nicht anerkannt werden könne, weil der Nachweis der ernsthaften Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses durch den dem Finanzamt eingereichten Vertrag vom 1. November 1957 nicht als erbracht anzusehen sei. Eine rückwirkende Gestaltung könne im Steuerrecht weder im allgemeinen noch bei Verträgen zwischen Eheleuten anerkannt werden. Darüber hinaus sei aber das angebliche Arbeitsverhältnis für das Streitjahr nach dem eigenen Vorbringen des Bf. auch nicht ernsthaft durchgeführt worden. Schon aus dem Inhalt des "Vertrages" und des "stillen Gesellschaftsvertrages" ergebe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, daß ein Arbeitslohn im Jahre 1955 an die Ehefrau überhaupt nicht gezahlt worden sei. Den diesbezüglichen Feststellungen des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung und im Berufungsverfahren habe der Bf. in keiner Weise widersprochen.
Entscheidungsgründe
Auch der Rb. muß der Erfolg versagt bleiben.
Wie der Senat im Urteil IV 165/60 U vom 8. März 1962 (BStBl 1962 III S. 217) in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausgeführt hat, sind Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten grundsätzlich anzuerkennen. Als Voraussetzung für die Anerkennung derartiger Arbeitsverhältnisse ist jedoch zu fordern, daß die diesen Rechtsverhältnissen zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen ebenso klare und eindeutige vertragliche Festlegungen enthalten und diese auch tatsächlich vollzogen werden, wie dies auch sonst bei Rechtsverhältnissen zwischen nahen Familienangehörigen der Fall sein muß. Diese bisher schon von Rechtsprechung und Verwaltung übereinstimmend auch für die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten geforderte eindeutige vertragliche Festlegung und deren tatsächliche Durchführung sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gebilligt worden (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. April 1959 1 BvL 13/57, 1 BvL 34/57, BStBl 1959 I S. 204).
An der genannten Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Die dem Finanzamt erst im Einspruchsverfahren vorgelegten Verträge, die beide das Datum vom 1. November 1957 tragen, sind erst geraume Zeit nach Beendigung des streitigen Veranlagungszeitraums geschlossen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt mangelte es jedenfalls an der eindeutigen Festlegung einer an die Ehefrau zu zahlenden Arbeitsvergütung. Daran ändert auch nichts das Vorbringen des Bf., daß mit Rücksicht auf die tatsächliche Mitarbeit der Ehefrau in seinem Betrieb bereits im Streitjahr übereinstimmung darüber erzielt worden sei, daß ihr die geleistete Arbeit angemessen zu vergüten sei. Denn ein Arbeitsvertrag, in dem, wie hier, eine Vergütung nicht vereinbart worden ist, kann als wirksamer Vertrag nicht angesehen werden, da ein wesentlicher Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses, nämlich die Vereinbarung über das Gehalt, fehlt. Der vorliegende Fall wäre gegebenenfalls rechtlich anders zu beurteilen, wenn der Bf. an seine Ehefrau von vornherein eine Arbeitsvergütung regelmäßig gezahlt hätte. Hieraus hätte unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 612 BGB auf eine stillschweigende Vereinbarung einer angemessenen Vergütung geschlossen werden können. Wie später noch ausgeführt wird, läßt aber der Sachverhalt eine derartige rechtliche Würdigung nicht zu. Soll der Zeitpunkt der steuerlichen Anerkennung einer Regelung früher liegen als das Datum der vertraglichen Vereinbarung entspricht, so ist es erforderlich, daß das arbeitsrechtliche Gebilde bereits auch tatsächlich, und zwar auch hinsichtlich des Gehalts, vorher wirksam geworden ist. Es ist jedenfalls nach dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nicht nachgewiesen worden, daß in tatsächlicher Beziehung schon vorher nach der erst später schriftlich fixierten Vereinbarung gehandelt worden ist. Nur in diesem Falle wäre die tatsächliche Regelung von ihrem Handhabungszeitpunkt ab auch steuerlich maßgebend (vgl. das Urteil des Senats IV 168/60 U vom 8. März 1962, BStBl 1962 III S. 218).
Mit Recht hat das Bundesverfassungsgericht dazu ausgeführt, daß Ehegatten, die ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse aus betrieblichen oder sonstigen Gründen klar abgrenzen wollten, auch schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften (StändG 1957) vom 26. Juli 1957 (BStBl 1957 I S. 352 ff.) entsprechende Verträge abgeschlossen und vollzogen hätten, obwohl sie steuerrechtlich ohne Bedeutung gewesen seien. Wenn also im Streitfall die Ehegatten bereits seit Beginn der Mitarbeit der Ehefrau von dem Abschluß klarer Vereinbarungen abgesehen haben, so erlaubt dies den Schluß, daß ihnen ernsthaft daran noch nicht gelegen war (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 289/60 U vom 7. März 1961, BStBl 1961 III S. 351, Slg. Bd. 73 S. 228).
Hinzu kommt, daß nach dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt für das Streitjahr eine Arbeitsvergütung an die Ehefrau überhaupt nicht gezahlt worden ist. Für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses genügt nicht allein die - im Streitfall bereits fehlende - vertragliche Festlegung eines an die Ehefrau zu zahlenden Gehalts. Hinzutreten muß die tatsächliche Vollziehung einer derartigen Vereinbarung, die nur dann angenommen werden kann, wenn das Gehalt auch laufend monatlich gezahlt wird. Von der Vorinstanz ist insoweit im übrigen auch unstreitig festgestellt worden, daß derartige monatliche Gehaltszahlungen im Veranlagungszeitraum 1955 an die Ehefrau nicht geleistet worden sind. Wie die Vorinstanz hierzu zutreffend ausgeführt hat, stellt eine nachträglich zum 1. Januar 1957 erfolgte Pauschalverbuchung in Form eines stillen Gesellschaftsanteils an Stelle nichtausgezahlten Gehalts keine die tatsächliche Vollziehung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigende Entlohnung dar.
Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß ein ernsthaft abgeschlossener und tatsächlich durchgeführter Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten mangels vorheriger Festlegung einer Arbeitsvergütung und mangels regelmäßiger Zahlung von Arbeitsvergütungen für das Jahr 1955 nicht anzunehmen ist. Es handelt sich vielmehr mit Rücksicht auf das Fehlen eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen um eine Mitwirkung der Ehefrau auf familienrechtlicher Grundlage, der ohne Verstoß gegen grundgesetzlich geschützte Rechte gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 steuerliche Erheblichkeit abzusprechen ist. Der Bf. kann daher den Betrag von 14.400 DM im Jahre 1955 nicht als Betriebsausgaben absetzen.
Die Rb. war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 424155 |
BStBl III 1962, 383 |
BFHE 1963, 319 |
BFHE 75, 319 |