Leitsatz (amtlich)
Hat ein Unternehmer die Herstellung von Büchern aus ihm überlassenen Rohdruckbogen (Planobogen) übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft hat, so ist seine Leistung als Werklieferung anzusehen.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 2, § 16 Abs. 2; UStDB 1951 § 77 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin (Bfin.) für die Vergütungszeiträume viertes Vierteljahr 1953 und erstes Vierteljahr 1954 Ausfuhrvergütung nach § 16 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zusteht. Die Vorinstanzen haben dies verneint, weil die Bfin. nicht Lieferungen, sondern Werkleistungen bewirkt kabe. Den Anträgen der Bfin. liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Schweizer Verlag hat durch eine Druckerei im Bundesgebiet an die Bfin. Rohdruckbogen mit dem Auftrage versandt, die Bfin. solle die zum Bucheinband erforderlichen Stoffe beschaffen, die Bucheinbände herstellen, diese mit den entsprechend zugeschnittenen und entsprechend bearbeiteten Rohdruckbogen zu einzelnen Büchern verbinden und die fertiggestellten Bücher nach Stückpreis in Rechnung stellen. Dementsprechend hat die Bfin. alle zum Bucheinband erforderlichen Stoffe (Vorsatzpapier, Pappe, Leinen usw.) im eigenen Namen und für eigene Rechnung besorgt, die Rohbogen zu Büchern gebunden, wobei auch die Beschriftung des Bucheinbands durch Prägestempel von der Bfin. besorgt wurde, und sodann die nach der Schweiz an ihren Auftraggeber gelieferten Bücher zu einem Stückpreise berechnet.
Entscheidungsgründe
Die gegen die Versagung der Ausfuhrvergütung gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung wegen Rechtsirrtums.
Nach § 3 Abs. 2 UStG wird eine Leistung umsatzsteuerrechtlich dann als Lieferung angesehen, wenn der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstandes übernommen hat und hierbei Stoffe verwendet, die er selbst beschafft, sofern es sich bei diesen Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Der ausländische Auftraggeber der Bfin. wollte aus seinen Rohdruckbogen durch die Bfin. Bücher hergestellt haben. Die Auffassung des Finanzgerichts, der Inhalt des Auftrages gehe nicht etwa dahin, die Rohbogen zu Büchern zu binden, ist angesichts des unstreitigen Sachverhaltes und der weiteren Feststellung des Finanzgerichts, die Bfin. habe die so fertig gebundenen Bücher nach der Schweiz zu liefern, nicht verständlich. Die Entscheidung hängt mithin lediglich davon ab, ob die Stoffe, die die Bfin. beschafft hat, Zutaten oder sonstige Nebensachen darstellen. Daß die Unterscheidung der verwendeten Stoffe in Haupt- und Nebenstoffe nicht von einem Vergleiche des Wertes der Arbeit oder des Arbeitserfolges mit dem Werte des verwendeten Stoffes abhängig gemacht werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 22/53 U vom 28. Mai 1953, Slg. Bd. 57 S. 567, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1953 III S. 217). Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob es nach dem Willen der Beteiligten dem Besteller hauptsächlich darauf ankommt, den vom Unternehmer beschafften Stoff in verarbeiteter Form und in Verbindung mit dem eigenen Stoff (Rohdruckbogen) zu erwerben. Dies ist nach der Sachlage zu bejahen. Im Gegensatz zu dem in oben angeführtem Urteil entschiedenen Fall ist der Rohdruckbogen durch die Verarbeitungsvorgänge und die vom Unternehmer verwendeten Stoffe in ein Buch umgewandelt worden. Der Verkehr sieht in Rohdruckbogen nicht aber nur ein ungebundenes Buch, weil, wie der Streitfall zeigt, die Rohdruckbogen "plano" von den Verlegern geliefert werden, und erst das Falzen, Beschneiden und Zusammenstellen in Verbindung mit dem Einband ein Buch ergibt, in dem der Rohdruckbogen aufgegangen ist. Die Wesensart der überlassenen Druckbogen hat sich mithin durch die gewünschte Arbeitsleistung und die Zufügung der vom Unternehmer beschafften Stoffe grundlegend gewandelt. Solchenfalls würde man der Sachlage nicht gerecht, wenn man die den Einband ausmachenden Stoffe lediglich als Nebensachen betrachtete. Daß im Streitfalle die Lieferungselemente überwiegen, ergibt sich auch aus der Verkehrsanschauung, die die Bfin. durch ein Gutachten des für sie zuständigen Verbandes dargetan hat. Demgegenüber können die Überlegungen der Vorinstanz schon deshalb nicht durchgreifen, weil hier irrtümlich der Einband dem ungebundenen Buche gegenübergestellt wird, obwohl nach den vorstehenden Ausführungen Rohdruckbogen keinesfalls schon als fertige ungebundene Bücher angesehen werden können. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Bfin. bereits geheftete oder broschierte Bücher zum Einbinden überlassen worden wären, konnte im Streitfalle offen bleiben.
Hat somit die Bfin. Werklieferungen ausgeführt, so kann ihr jedenfalls aus dem von den Vorinstanzen angeführten Grunde, es handle sich um bloße Werkleistungen, die Ausfuhrvergütung nicht versagt werden.
Ob im übrigen alle Voraussetzungen des § 77 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951 vorliegen und von den Vorinstanzen geprüft worden sind, kann dem Akteninhalt nicht mit Sicherheit entnommen werden. Unter Aufhebung der Vorentscheidung war die Sache deshalb zweckmäßigerweise an das Finanzamt zurückzuverweisen, das unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats die Anträge abschließend zu prüfen und sodann erneut zu entscheiden haben wird.
Fundstellen
BStBl III 1955, 287 |
BFHE 1956, 233 |