Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Die §§ 53 ff. der 10. AbgabenDV-LA über die Vermögensabgabevergünstigung nach § 57 LAG entsprechen hinsichtlich der Privatkrankenanstalten der Ermächtigung des § 57 Abs. 3 LAG.
Eine auf Grund von § 57 LAG beantragte Stundung der Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe, die auf Vermögen entfallen, das dem Betriebe einer Privatkrankenanstalt gewidmet ist, ist nicht zu gewähren, wenn der Inhaber der Krankenanstalt und der Abgabeschuldner am Währungsstichtage nicht personengleich gewesen sind.
Normenkette
LAG § 57; 10-AbgabenDV-LA 53; 10-AbgabenDV-LA 54; 10-AbgabenDV-LA 55; 10-AbgabenDV-LA 56; 10-AbgabenDV-LA 58; 10-AbgabenDV-LA 62
Tatbestand
Dr. med. Z. sen. übte bis zum 18. Mai 1948 in dem ihm gehörigen Einfamilienhaus eine chirurgische Praxis aus. Am 18. Mai 1948 gründete er mit seinem Sohn Dr. med. Z. jun. zum Betriebe einer chirurgischen Klinik und zur Ausübung des ärztlichen Berufs eine GmbH. Dr. Z. sen. brachte die Anlagewerte seiner Klinik in die GmbH ein und verpachtete zugleich das gemischtgenutzte zweite Gebäude auf dem Grundstück der GmbH zum Betriebe der Klinik.
Dr. Z. sen. hat beantragt, für die Zeit ab 1. April 1952 die Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe, die auf den Betrieb der Klinik entfielen, zu stunden, weil diese Krankenanstalt im Kalenderjahre 1949 in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient und die Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewerbesteuer erfüllt habe (ß 57 des Lastenausgleichsgesetzes - LAG -).
In dem Vermögensabgabebescheide vom 21. November 1955 hat das Finanzamt diesem Antrage zunächst entsprochen.
Als Dr. Z. sen. indessen mit seinem Einspruch beantragte, die Stundung auf den auf die Hälfte des Einheitswertes des Einfamilienhauses entfallenden Teil der Vermögensabgabeleistungen auszudehnen, weil dieser Teil des Hauses zur Unterbringung der ärzte, Schwestern und Mädchen der Klinik und damit deren Zwecken diene, hat das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen und darüber hinaus auch die vorher für die Klinik selbst gewährte Stundung aufgehoben; nicht dem Verpächter des Grundstücks, sondern nur dem Unternehmer der Krankenanstalt könnten die Vierteljahreszahlungen auf die Vermögensabgabe gestundet werden; Dr. Z. sen. sei nach der übertragung des klinischen Betriebes auf die GmbH nicht mehr dessen Unternehmer.
Die Berufung wurde mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise begründet. Dr. Z. sen. habe die GmbH nicht nur wirtschaftlich und als ihr Geschäftsführer beherrscht, sondern sei auch persönlich daran interessiert gewesen, daß die GmbH die Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigung des § 57 LAG tatsächlich erfülle. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Rechtsbeschwerde wiederholen die Beschwerdeführer (Bf.) als Rechtsnachfolger von Dr. Z. sen., der 1956 gestorben ist, das frühere Vorbringen.
Der Anregung der Bf., den Bundesminister der Finanzen zum Verfahren zuzuziehen, ist das Finanzamt nicht beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Grundlage der Entscheidung bildet § 57 LAG in Verbindung mit §§ 53 ff. der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (10. AbgabenDV-LA).
Nach § 57 LAG sind die Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe, die auf Vermögen entfallen, das dem Betrieb von Krankenanstalten gewidmet ist, auf Antrag zu stunden, wenn die Krankenanstalt im Kalenderjahr 1949 in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient und die Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewerbesteuer erfüllt hat. Nach § 57 Abs. 3 LAG besteht die Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über die Durchführung dieser Vergünstigung. Die 10. AbgabenDV-LA hat diese Durchführungsbestimmungen in ihren §§ 53 ff. gegeben.
§ 57 LAG gehört zu dem vierten Titel des ersten Abschnitts des zweiten Teils des LAG. Der zweite Teil des LAG befaßt sich mit den Ausgleichsabgaben und der vierte Titel des ersten Abschnitts mit der Entrichtung der Vermögensabgabe. Wenn ein Gesetz Bestimmungen über die Entrichtung einer Abgabe gibt, so sind diese Bestimmungen zur Regelung der abgabenrechtlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen bestimmt. Dies gilt auch für die ihm gewährten Vergünstigungen. Zu diesen Vergünstigungen gehört diejenige des § 57 LAG, der sich mit den Privatkrankenanstalten befaßt. Für die Verhältnisse des Stichtages der Vermögensabgabe, an welchem die Abgabeschuld entstanden ist, kann daher ein Abgabepflichtiger die Vergünstigung des § 57 LAG grundsätzlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn er selbst die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt und eine Privatkrankenanstalt an diesem Stichtage betrieben hat. Hierbei mag dahingestellt bleiben, welche Bedeutung der Zeitpunkt des Inkrafttretens des LAG, d. h. der 1. September 1952, hierbei ebenfalls noch hat, und ob sogar für die Zeit vom Währungsstichtage bis zum 1. September 1952 zu fordern ist, daß der Abgabepflichtige und der Inhaber der Privatkrankenanstalt personengleich sind. Im vorliegenden Falle ist diese Voraussetzung der Identität zwischen dem Abgabepflichtigen, dem der Grundbesitz gehört hat, auf dem die Privatkrankenanstalt betrieben wurde, und dem Inhaber der Privatkrankenanstalt nicht einmal für den Währungsstichtag erfüllt. Dr. Z. sen. hat die Klinik bereits vor dem Währungsstichtage einer GmbH verpachtet.
Da die Vergünstigung des § 57 LAG nur dem Abgabepflichtigen gewährt werden kann, ist die Auffassung der Bf. rechtsirrtümlich, § 57 a. a. O. sehe die Stundung der Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe für die Krankenanstalt als solche vor, und die §§ 53 ff. der 10. AbgabenDV-LA, die die Regelung auf die Personengleichheit des Eigentümers und des Betriebsinhabers abstellten, seien durch das Gesetz nicht gedeckt. § 57 LAG ist vielmehr nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften des LAG über die Vermögensabgabe zu verstehen, und die letztere trägt keinen realsteuerlichen Charakter, sondern ist eine persönliche Abgabe. Deshalb halten sich die §§ 53 ff. der 10. AbgabenDV-LA innerhalb der Ermächtigung des § 57 Abs. 3 LAG.
Das Gesetz und die 10. AbgabenDV-LA lassen in keiner Weise erkennen, daß ein Vermögensabgabepflichtiger die Vergünstigung auch für die am Stichtage von einer anderen Rechtspersönlichkeit betriebene Krankenanstalt unter den hier gegebenen Umständen in Anspruch nehmen kann. § 62 der 10. AbgabenDV-LA, der in der Hauptsache den Fall der Veräußerung der Krankenanstalt nach dem Stichtage, die Fortdauer der Vermögensabgabepflicht und die Haftpflicht im Falle der übernahme der Abgabeschuld durch den Erwerber regelt, läßt klar erkennen, daß der Erwerber oder im Falle der Gesamtrechtsnachfolge die Rechtsnachfolger die Gewähr für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 57 LAG bieten müssen. Im Anschluß hieran heißt es in § 62 Abs. 3 Satz 2:
"Entsprechendes gilt im Falle der Verpachtung der Krankenanstalt nach dem für die Bemessung der Vermögensabgabe maßgebenden Stichtag, wenn die Person des Pächters die Gewähr dafür bietet, daß die Voraussetzungen dieser Verordnung nachhaltig erfüllt werden."
Hieraus geht hervor, daß der Gesetzgeber und der Verordnungsgeber im Falle der Verpachtung vor dem für die Bemessung der Vermögensabgabe maßgebenden Stichtage die Gewährung der Vergünstigung nicht in Betracht ziehen. Dies hat seinen Grund darin, daß bei einer Verpachtung vor dem Stichtage in keiner Weise durch Abmachung mit dem Pächter bindend und in einer durch die Steuerbehörde nachprüfbaren Form Vorsorge dafür getroffen werden konnte, daß die Voraussetzungen der Vergünstigung für Krankenanstalten auch weiterhin erfüllt würden.
Dieser Wille des Verordnungsgebers wird auch durch die Begründung zu § 62 der 10. AbgabenDV-LA bestätigt.
Gegenüber einer solchen Rechtslage und in Anbetracht des Sinnes und Zweckes des § 57 LAG und der dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen führt auch der Rechtsgedanke der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu keinem anderen Ergebnis. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ermöglicht grundsätzlich nicht, den klaren und vernunftgemäßen Willen des Gesetzgebers abzuändern. Deshalb ist es nicht zulässig, im vorliegenden Falle die streitige Krankenanstalt trotz des Pachtvertrages als Krankenanstalt des Abgabepflichtigen für das Gebiet der Vermögensabgabe zu behandeln. Eine natürliche Person, die zwischen sich und den Verkehr eine juristische Person stellt, ist hieran auch steuerlich gebunden. Die Zuziehung des Bundesministers der Finanzen erübrigt sich.
Daher muß es bei der angefochtenen Entscheidung verbleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 409445 |
BStBl III 1959, 398 |
BFHE 1960, 368 |
BFHE 69, 368 |
StRK, LAG:57 R 1 |