Normenkette
BewG §§ 10, 109 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR), betrieb an dem hier streitigen Stichtag (1. Januar 1974) einen Gewerbebetrieb auf dem gemieteten Grundstück X-Straße 3 in Y. Gesellschafter der Klägerin waren am 1. Januar 1974 A (40 %), B (40 %) und C (20 %). Eigentümer des Grundstücks X-Straße 3 waren am 1. Januar 1974 D (Ehefrau des B) zu 3/10, E (Sohn des B) zu 4/10 und F (Sohn der C) zu 3/10. Ein schriftlicher Mietvertrag lag am 1. Januar 1974 nicht vor. Im Jahre 1973 hatte die Klägerin mit stillschweigender Genehmigung der Grundstückseigentümer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung das Büro- und Lagergebäude für ihre Zwecke umgebaut und die Hofbefestigung erneuern lassen. Die Kosten hierfür betrugen insgesamt 91 711 DM. Hiervon aktivierte die Klägerin in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1973 den Betrag von 5 000 DM bei Maschinenanlagen und den Betrag von 40 000 DM als Mietereinbauten.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1974 für Mietereinbauten einen Betrag von 65 617 DM an. Der Wertermittlung legte das FA die Selbstkosten abzüglich der anteiligen, entsprechend der jeweiligen betrieblichen Nutzungsdauer der einzelnen Wirtschaftsgüter berechneten Absetzung für Abnutzung (AfA) zugrunde. Es setzte an für die Hofbefestigung 22 871 DM (24 504 DM ./. 1 633 DM - 15 Jahre Nutzungsdauer -), für die Warmluftheizung 3 163 DM (3 330 DM ./. 167 DM - 10 Jahre Nutzungsdauer -) und für die sonstigen Um- und Einbauten 39 583 DM (41 666 DM ./. 2 083 DM - 20 Jahre Nutzungsdauer -). Der Einheitswert des Betriebsvermögens wurde auf 363 000 DM festgestellt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren ermäßigte das Finanzgericht (FG) den Einheitswert antragsgemäß um 25 000 DM auf 338 000 DM und setzte die Mietereinbauten mit 40 000 DM an. Die Vorinstanz führte zur Begründung der Entscheidung im wesentlichen aus: Werden Einbauten des Mieters Bestandteil des Grundstücks im Sinne des Bewertungsrechts, entstehe bei dem Mieter ein immaterielles Wirtschaftsgut, das nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zu erfassen sei (Urteil vom 7. August 1970 III R 119/67, BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842). Dies gelte auch dann, wenn ein Mieter das Mietobjekt für seine betrieblichen Zwecke umbaue und die Umbauaufwendungen weder ersetzt noch bei der Mietpreisgestaltung berücksichtigt würden. Der Teilwert eines solchen immateriellen Wirtschaftsguts entspreche regelmäßig der Summe der Bauaufwendungen. Diese Teilwertvermutung treffe jedoch im Streitfall nicht zu. Die von der Klägerin zur Erlangung eines betrieblichen Vorteils aufgewendeten Selbstkosten seien gegenüber den reinen Reparaturkosten nur schwer abgrenzbar. Die Selbstkosten bildeten insbesondere deshalb keine geeignete Grundlage für die Schätzung des Teilwerts, weil am Bewertungsstichtag ein schriftlicher Mietvertrag über eine bestimmte Mindestdauer des Mietverhältnisses nicht vorgelegen habe und die Bemessung der AfA mit zu großen Unsicherheiten verbunden wäre.
Das FA rügt mit der Revision die Verletzung des § 95 des Bewertungsgesetzes (BewG), mangelnde Sachaufklärung und Verstoß der Vorentscheidung gegen Beweislastregeln. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Vom Mieter auf fremdem Grundstück vorgenommene Ein- und Umbauten können nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens gemäß § 95 BewG als immaterielles Wirtschaftsgut (verbesserte Gebrauchsvorteile) zu erfassen sein (vgl. zuletzt Urteil vom 25. Mai 1984 III R 103/81, BFHE 141, 289, BStBl II 1984, 617, unter Hinweis auf die Senatsentscheidung in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842). Die Vorinstanz hat im Streitfall das Vorliegen eines immateriellen Wirtschaftsguts unter Bezugnahme auf die Senatsentscheidung in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842 dem Grunde nach mit zutreffender Begründung bejaht.
2. a) Mietereinbauten und -umbauten sind bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens mit dem Teilwert anzusetzen (§ 109 Abs. 1 BewG). Teilwert ist nach § 10 Satz 2 BewG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist nach § 10 Satz 3 BewG davon auszugehen, daß der Erwerber das Unternehmen fortführt. Danach ist - bezogen auf den Streitfall - der Betrag zu ermitteln, den ein gedachter Käufer des Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für den Gebrauchsvorteil, den die Mietereinbauten und -umbauten für den Betrieb des Unternehmens bieten, zahlen würde. Bei der Ermittlung dieses Betrages ist regelmäßig an den Kostenaufwand anzuknüpfen, der dem Mieter für die Ein- und Umbauten entstanden ist (so bereits Urteil in BFHE 100, 122, 126, BStBl II 1970, 842). Dieser Kostenaufwand ist nicht beschränkt auf Herstellungskosten im Sinne des Ertragsteuerrechts; er umfaßt die Summe der Bauaufwendungen, die mit der Erlangung des - längerfristigen - betrieblichen Gebrauchsvorteils wirtschaftlich unmittelbar zusammenhängen (vgl. auch Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., § 95 BewG Anm. 86.02). Aufwendungen für bloße Schönheitsreparaturen an gemieteten Räumen, die isoliert anfallen, oder Aufwendungen für vergleichbare Maßnahmen bleiben außer Ansatz. Denn dabei handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen, die nur einen eine kurze Zeit nutzbaren Vorteil begründen; einmalige größere Aufwendungen, die sich aus den laufenden Kosten des Betriebs abgrenzbar und deutlich herausheben und denen eine gewisse selbständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, liegen insoweit nicht vor. Im übrigen ist bei der Schätzung des Teilwerts für die Mieterein- und -umbauten zu berücksichtigen, daß es hier nicht um den Sachwert der durch die Baumaßnahmen neugeschaffenen bzw. erneuerten Grundstücksbestandteile geht, sondern daß der auf den Mietereinbauten und -umbauten beruhende betriebliche Nutzungsvorteil zu bewerten ist. Für die Schätzung des Werts dieses Vorteils ist der Kostenaufwand für die Mietereinbauten und -umbauten auch deshalb als eine brauchbare Grundlage anzusehen, weil ein gedachter Erwerber des Betriebs, um die gleichen Gebrauchsvorteile zu erlangen, regelmäßig mit Aufwendungen in vergleichbarer Höhe rechnen müßte und deshalb im allgemeinen bereit wäre, einen Betrag in Höhe des dem Mieter entstandenen Kostenaufwandes zu zahlen. An den auf das Jahr des Einbaus oder Umbaus folgenden Stichtagen wird ein gedachter Erwerber den Wert der Mietereinbauten und -umbauten jedoch grundsätzlich nur mit dem um die jeweiligen AfA gekürzten Kostenaufwand des Mieters (Pächters) bemessen. Nur soweit sich der Kostenaufwand ausnahmsweise als Fehlinvestition erweist, wird ein entsprechender Abschlag von dem Kostenaufwand des Mieters (Pächters) in Betracht kommen.
b) Es besteht keine Veranlassung, den Teilwert der Mietereinbauten und -umbauten im Streitfall nach abweichenden Grundsätzen zu ermitteln. Hieran ändern nichts das Fehlen eines schriftlichen Mietvertrages sowie die am Stichtag nicht ausgeräumten Meinungsverschiedenheiten zwischen der Klägerin und den Grundstückseigentümern über die Höhe des Mietzinses und die Modalitäten der Rückgabe der Betriebsgrundstücke an die Grundstückseigentümer. Zwar wird sich die Höhe der Absetzungen für die jährliche Abnutzung der Mietereinbauten und -umbauten im allgemeinen nach dem Zeitraum bemessen, während dessen die Gebrauchsvorteile vom Mieter voraussichtlich in Anspruch genommen werden können. Mithin wird regelmäßig auf die voraussichtliche Dauer des Mietvertrages abzustellen sein. Liegen jedoch hinsichtlich der Dauer des Mietverhältnisses Vereinbarungen nicht vor, tritt als Hilfsmaßstab für die Bemessung der Absetzungen an die Stelle der Mietvertragsdauer regelmäßig die gewöhnliche betriebliche Nutzungsdauer der Mietereinbauten und -umbauten. Wenn allerdings am maßgebenden Bewertungsstichtag nachweislich aufgrund konkreter Maßnahmen mit einer alsbaldigen Beendigung des Mietverhältnisses gerechnet werden muß, ist wegen der Bemessung der AfA auf die voraussichtliche Restnutzungsdauer unter der Voraussetzung abzustellen, daß weder der Eigentümer noch ein etwaiger Nachfolger im Miet-(Pacht-)Verhältnis den Restwert des Gebrauchsvorteils vergüten wird. Im Streitfall lagen für eine alsbaldige Beendigung des Mietverhältnisses an dem hier streitigen Stichtag keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Vermietern und Mietern sprechen eher für einen längerfristigen Fortbestand des Mietverhältnisses, wie dies auch die tatsächliche Entwicklung bestätigt. Im Hinblick hierauf erscheint es sachgerecht, im Streitfall die AfA nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Mietereinbauten und -umbauten zu bemessen.
3. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie auf einer anderen Rechtsauffassung beruht. Die Streitsache ist nicht spruchreif. Sie war gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Das FG wird nunmehr zu ermitteln haben, inwieweit es sich bei den Aufwendungen der Klägerin um solche für Mietereinbauten und -umbauten im Sinne der Rechtsprechung des Senats in BFHE 141, 289, BStBl II 1984, 617 handelt. Der Teilwert dieser Mietereinbauten und -umbauten ist mit dem gesamten Bauaufwand dieser Maßnahmen zu bemessen. Da am Stichtag eine Mietvertragsdauer nicht vereinbart war, erscheint es sachgerecht, im Streitfall bei der Bemessung der AfA auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Mietereinbauten und -umbauten abzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 75114 |
BStBl II 1984, 818 |
BFHE 1985, 74 |