Leitsatz (amtlich)
Bei der Veräußerung einer Niederlassung einer Fahrschule kann es sich um die Veräußerung eines Teilbetriebs handeln.
Orientierungssatz
Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche gewisse Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden (vgl. BFH-Rechtsprechung). Die organisatorische Selbständigkeit der Betriebsteile einer Fahrschule ergibt sich im wesentlichen daraus, daß Schulungsräume mit entsprechenden Anmeldemöglichkeiten und Unterrichtsmöglichkeiten an verschiedenen Orten vorhanden sind. Hinzukommen muß, daß an jedem Platz auch die erforderlichen Fahrzeuge für den praktischen Unterricht zur Verfügung stehen. Eine getrennte Gewinnermittlung aufgrund eigener Buchführung für die Betriebsteile ist nicht unabdingbar Voraussetzung für die Annahme eines Teilbetriebs.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 4, § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 1-2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der mit seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, betrieb in S und im 18 km entfernten W eine Fahrschule mit fünf Personenkraftwagen und vier Motorrädern und erzielte daraus Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In S unterhielt der Kläger ein Büro bei seiner Wohnung sowie einen vom Deutschen Verkehrspädagogischen Institut (DVPI) angemieteten Schulungsraum; am DVPI waren der Kläger und mehrere andere Fahrlehrer aus dem Raum S beteiligt. Auch in W stand ein angemieteter Schulungsraum zur Verfügung. Theoretischen Fahrunterricht erteilte sowohl in W als auch in S nur der Kläger. Den praktischen Fahrunterricht erteilten der Kläger und der für ihn tätige Fahrlehrer B. Dabei betreute B ausschließlich Schüler aus W, fuhr mit diesen jedoch hauptsächlich in S, da W nicht als Prüfungsort zugelassen war. Etwa 1/3 der Fahrschüler stammte aus S, 2/3 aus W. Die Verwaltungsarbeiten wurden überwiegend in S durchgeführt. Dort wurden insbesondere Materialbestellungen aufgegeben, Werbeaktionen vorbereitet und die Buchführungsarbeiten erledigt. Dabei war die Klägerin als Angestellte des Klägers tätig. Die Klägerin fuhr auch mit dem Kläger zum Schulungsraum in W. Dort nahm sie Anmeldungen zur Fahrschule entgegen und verkaufte die sog. Fahrkarten für den praktischen Unterricht; die Fahrschüler in S kauften ihre Fahrkarten hauptsächlich beim DVPI. Das DVPI rechnete mit dem Kläger über diese Fahrkarten ab. Dabei erhielt der Kläger für die von B erteilten Fahrstunden nur bestimmte Honorarteile; dafür wurde die Vergütung für B diesem unmittelbar vom DVPI ausgezahlt.
Aufgrund Vertrags vom 30.Dezember 1977 veräußerte der Kläger an B die Einrichtung des Schulungsraums in W, einen PKW sowie den zu diesem Zeitpunkt von B betreuten Bestand von 50 Fahrschülern. Dabei wurde vereinbart, daß B den Namen des Klägers noch für die Dauer von zwei Jahren auf seinen Fahrzeugen und am Schulungsraum zu Werbezwecken verwenden durfte. Von den Schülern aus W haben vier noch im Jahre 1978 beim Kläger Unterricht in S genommen; im 1.Quartal hat der Kläger noch zwei neue Fahrschüler aus W (61 aus S und 30 aus anderen Gemeinden) angenommen. Die Veräußerung führte zu einem der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitigen Veräußerungsgewinn von ... DM.
Entsprechend der Einkommensteuererklärung und dem Antrag des Klägers ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst davon aus, der Kläger habe seine Fahrschule insgesamt veräußert und zum 1.Januar 1978 eine neue Fahrschule in S eröffnet. Dementsprechend wurde ein Freibetrag in Höhe von 30 000 DM nach § 18 Abs.3 i.V.m. § 16 Abs.4 EStG gewährt und der verbleibende Teil des Gewinns dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs.1, 2 EStG unterworfen. Nach einer Betriebsprüfung stellten sich jedoch der Prüfer und, ihm folgend, das FA auf den Standpunkt, der Kläger habe weder die Fahrschule insgesamt noch einen Teilbetrieb veräußert und demzufolge einen laufenden, nicht begünstigten Gewinn erzielt. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangene Einkommensteuerbescheid 1977 wurde daraufhin unter Versagung der Steuervergünstigungen nach §§ 16 Abs.4, 18 Abs.3 und 34 Abs.1, 2 EStG mit Bescheid vom 30.August 1983 gemäß § 164 Abs.2 AO 1977 geändert. Der Einspruch gegen den Änderungsbescheid und die Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 26.April 1984 blieben ohne Erfolg.
Dagegen richtet sich die vom Senat gemäß § 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision der Kläger, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG), die Einspruchsentscheidung des FA und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid aufzuheben und bei der Einkommensteuerfestsetzung den Gewinn in Höhe von ... DM als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 18 Abs.3 EStG zu behandeln.
Das FA bezieht sich auf das Urteil des FG und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung des FA und zur Änderung des angefochtenen Steuerbescheids sowie zur Weisung an das FA, die Einkommensteuer anderweitig festzusetzen (§ 126 Abs.2 Nr.2 FGO i.V.m. Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit --VGFGEntlG--).
1. Nach § 18 Abs.3 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens (Praxis) oder eines selbständigen Teils des Vermögens (Teilpraxis) erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. In diesem Falle gilt u.a. § 16 Abs.2 bis 4 EStG entsprechend (§ 18 Abs.3 Satz 2 EStG); der Veräußerungsgewinn wird, soweit er hiernach nicht steuerfrei bleibt, mit den ermäßigten Sätzen des § 34 Abs.1 besteuert (§ 34 Abs.2 Nr.1 EStG). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt in Fällen, in denen, wie im Streitfall, eine sachlich einheitliche Praxis mit gleichartiger Tätigkeit ausgeübt wird, die Annahme einer Teilpraxisveräußerung in Betracht, wenn die Praxis im Rahmen selbständiger Büros mit besonderem Personal, die sich in der Regel, aber nicht unbedingt an verschiedenen Orten befinden, in voneinander entfernten örtlichen Wirkungsbereichen mit getrennten Kundenkreisen ausgeübt wird. Eine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung setzt dann die Veräußerung des einen Büros samt den Kundenbeziehungen und die völlige Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem dazugehörigen örtlich abgegrenzten Wirkungsbereich voraus. Die Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungsbereich ist deshalb unbedingt erforderlich, weil es in diesem Falle gerade der eigene, von der übrigen Praxis abgegrenzte örtliche Wirkungsbereich ist, der dem organisatorisch selbständigen Büro trotz der sachlich einheitlichen freiberuflichen Praxis das Gepräge einer selbständigen Teilpraxis verleiht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.April 1978 IV R 102/74, BFHE 125, 249, BStBl II 1978, 562; vom 7.November 1985 IV R 44/83, BFHE 145, 522, BStBl II 1986, 335, und vom 5.Februar 1987 IV R 121/83, BFH/NV 1987, 571).
2. Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, hat sie aber im Streitfall nicht zutreffend angewandt.
a) Mit der Revision ist der Senat der Auffassung, daß bei einer Fahrschule der örtliche Wirkungsbereich wesentlich und entscheidend von der Lage der Räume bestimmt wird, in der der theoretische Fahrunterricht erteilt wird und in denen sich die Fahrschüler zum Unterricht anmelden. Denn jeweils dorthin müssen sich die Fahrschüler begeben, um sich verbindlich anzumelden und unterrichtet zu werden. Von dort aus treten sie auch ihre Übungsfahrten an. Danach hängt es wesentlich von der Lage dieser Räumlichkeiten ab, welche Personen als Fahrschüler in Betracht kommen. Hat eine Fahrschule mehrere Räumlichkeiten dieser Art an verschiedenen Orten, liegen hiernach selbständige örtliche Wirkungsbereiche vor, wenn diese Orte, wie im Streitfall, so weit voneinander entfernt sind, daß jedenfalls im Regelfall Einwohner des einen Ortes nur als Schüler des dort gelegenen Teils der Fahrschule, Einwohner des anderen Ortes nur als Schüler des dort belegenen Teils der Fahrschule in Betracht kommen. Demgegenüber ist entgegen der Auffassung des FG nicht entscheidend, daß im Streitfall auch die aus W stammenden Schüler den praktischen Fahrunterricht hauptsächlich im Bereich der Gemeinde S absolvierten. Für die wirtschaftliche Entwicklung einer Fahrschule ist im allgemeinen ohne Bedeutung, wo die eigentlichen Fahrstunden erteilt werden. Entscheidend ist neben dem technischen und pädagogischen Können des Fahrlehrers die Lage der Fahrschule und das damit vorgegebene Einzugsgebiet für die Gewinnung von Kunden.
b) Der Möglichkeit, im bisherigen örtlichen Wirkungsbereich tätig zu werden, hat der Kläger sich durch den Vertrag vom 30.Dezember 1977 begeben, da mit diesem Vertrag die Betreuung der vorhandenen Fahrschüler auf B überging, dieser in den Mietvertrag über die Fahrschulräume in W eintrat und die vorhandene Fahrschuleinrichtung sowie einen der schon bisher von ihm genutzten Fahrschulwagen erwarb. Allerdings hat B nicht beide, sondern nur eines der beiden von ihm verwandten Fahrzeuge erworben. Der BFH hat entschieden, daß eine begünstigte Teilbetriebsveräußerung oder Teilbetriebsaufgabe nicht vorliegt, wenn das Betriebsgrundstück eines Zweigbetriebs eines Fabrikationsunternehmens nebst Fabrikationshalle und Betriebsvorrichtungen veräußert wird, die Produktionsmaschinen und sonstigen beweglichen Anlagegüter jedoch zurückbehalten und in den Hauptbetrieb überführt werden (BFH-Urteil vom 19.Januar 1983 I R 57/79, BFHE 137, 487, BStBl II 1983, 312). Für die Entscheidung war wesentlich, daß nach der vollständigen Überführung der Maschinen im früheren Zweigbetrieb eine Produktion nicht mehr möglich war. Im Streitfall ist es anders. B konnte die Fahrschule auch mit dem einen übernommenen PKW fortführen und --falls erforderlich-- jederzeit ein weiteres Fahrzeug für Schulzwecke hinzuerwerben. Dafür, daß im Buchwert des nicht von B übernommenen PKW erhebliche stille Reserven enthalten waren, ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG nichts. Der nichtübernommene PKW kann unter diesen Umständen nicht als wesentliche Grundlage des Betriebsteils in W angesehen werden. Der Schlußfolgerung, der Kläger habe damit seine freiberufliche Tätigkeit in W eingestellt, steht nicht entgegen, daß der Kläger 1978 noch die Ausbildung von vier schon bisher von ihm betreuten Fahrschülern aus W zum Abschluß geführt hat --dabei handelte es sich lediglich um eine Abwicklung der bisherigen Aktivitäten-- und zwei neue Fahrschüler aus W aufgenommen hat. Insoweit handelte es sich nicht um eine Tätigkeit im bisherigen Wirkungsbereich in W, sondern um eine solche im Wirkungsbereich des Fahrschulbetriebs in S, da diese Fahrschüler sich nach S begaben, um dort vom Kläger Fahrunterricht zu erhalten. Das FG kann sich deshalb auch nicht auf das Senatsurteil in BFHE 145, 522, BStBl II 1986, 335 berufen. Im Urteilsfall hatte nämlich der Steuerpflichtige seine freiberufliche Tätigkeit als Statiker nach Veräußerung seines Anteils an einem Ingenieurbüro für Statik in einem eigenen Büro an demselben Ort und zu einem wesentlichen Anteil auch mit früheren Kunden des Ingenieurbüros fortgesetzt. Entsprechendes gilt für die Fälle der Senatsurteile vom 14.März 1975 IV R 78/71 (BFHE 116, 8, BStBl II 1975, 661), vom 27.April 1978 IV R 102/74 (BFHE 125, 249, BStBl II 1978, 562) und in BFH/NV 1987, 571, in denen jeweils die bisherige freiberufliche (steuerberatende) Tätigkeit nach Veräußerung eines Teils der Mandantschaft am gleichen Ort fortgesetzt worden war.
c) Das FG durfte das Vorliegen eines Teilbetriebs auch nicht mit der Begründung verneinen, die Klägerin als einzige angestellte Bürokraft sei sowohl in S als auch in W tätig gewesen. Die organisatorische Selbständigkeit als Voraussetzung für die Annahme eines Teilbetriebs zeigt sich im Streitfall in der Unterhaltung eines eigenen Unterrichtsraums in W, der Möglichkeit, sich dort zum Unterricht anzumelden und dem Einsatz des nur Fahrschüler aus dem Bereich W betreuenden Fahrlehrers B. Demgegenüber tritt der Umstand zurück, daß die allgemeinen Verwaltungsarbeiten von der Klägerin sowohl für den Bereich W als auch für den Bereich S wahrgenommen wurden. Eine völlige organisatorische Trennung in der Weise, daß auch die allgemeinen und den Gesamtbetrieb betreffenden Verwaltungsarbeiten in jedem Betriebsteil von nur dort tätigem Personal erledigt werden müssen, ist nicht erforderlich. Wesentlich ist, daß jedenfalls für die Fahrlehrertätigkeit als solche, also für die berufstypische Tätigkeit, mit dem Fahrlehrer B in W besonderes Personal zur Verfügung stand. Unerheblich ist ferner, daß für W und S keine gesonderten Buchführungen unterhalten und Konten geführt wurden. Eine getrennte Gewinnermittlung aufgrund eigener Buchführung für die Betriebsteile ist, wovon auch Abschn.139 Abs.3 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) ausgeht, nicht unabdingbar Voraussetzung für die Annahme eines Teilbetriebs. In der Rechtsprechung des BFH ist stets betont worden, daß nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden ist, ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche gewisse Selbständigkeit besitzt und daß dabei den einzelnen Abgrenzungsmerkmalen --örtliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, verschiedenes Personal usw.-- unterschiedliches Gewicht zukommt, je nachdem, ob es sich z.B. um ein Fertigungs-, einen Handels- oder einen Dienstleistungsbetrieb handelt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.September 1979 I R 146/76, BFHE 129, 62, BStBl II 1980, 51; vom 13.Februar 1980 I R 14/77, BFHE 130, 384, BStBl II 1980, 498; vom 15.März 1984 IV R 189/81, BFHE 140, 563, BStBl II 1984, 486). So hat der Senat für einen Schaustellerbetrieb mit mehreren Fahrgeschäften im Urteil vom 24.Januar 1978 IV R 178-180/74 (nicht veröffentlicht) ausgesprochen, es sei nicht zu fordern, daß der Teilbetrieb bereits beim Veräußerer durch eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung hervortritt. In dem überschaubaren Dienstleistungsbetrieb des Klägers kann jedenfalls eine getrennte Buchführung für die beiden Betriebsanteile in W und S nicht als unabdingbare Voraussetzung für die Annahme von Teilbetrieben angesehen werden. Die Einnahmen konnten den Betriebsteilen in W und S nach der Herkunft der Fahrschüler zugeordnet werden. Auch standen die wesentlichen Kosten des Büros in W, nämlich Miete für den Schulungsraum und Vergütungen für B sowie Festkosten der in W eingesetzten Fahrzeuge, fest. Die übrigen Kosten hätten auch bei getrennter Buchführung den Betriebsstätten nur im Schätzungswege zugeordnet werden können.
d) Der Annahme selbständiger Teilbetriebe steht ferner nicht entgegen, daß der Kläger die von ihm selbst für Fahrschulzwecke genutzten PKW für Übungsfahrten mit Schülern aus W und mit Schülern aus S einsetzte. Die organisatorische Selbständigkeit der Betriebsteile einer Fahrschule ergibt sich, wie dargelegt, im wesentlichen daraus, daß Schulungsräume mit entsprechenden Anmelde- und Unterrichtsmöglichkeiten an verschiedenen Orten vorhanden sind. Hinzukommen muß, daß an jedem Platz auch die erforderlichen Fahrzeuge für den praktischen Unterricht zur Verfügung stehen. Im Streitfall war dies dadurch gewährleistet, daß für die Fahrschule in W zwei Fahrzeuge vorhanden waren. Bei dieser Sachlage ist unschädlich, daß der Kläger für die praktische Unterrichtung der Fahrschüler aus W nicht auf eines der in W stationierten Fahrzeuge zurückgriff, sondern einen Wagen fuhr, der auch für die Unterrichtung von Fahrschülern aus S genutzt wurde.
e) Schließlich kann das FG sich für seinen abweichenden Rechtsstandpunkt auch nicht auf das BFH-Urteil vom 14.Mai 1970 IV 136/65 (BFHE 99, 126, BStBl II 1970, 566) berufen. Wenn dort ausgeführt wird, die Annahme einer selbständigen Buchführungspraxis setze voraus, daß sie nach außen als Einzelpraxis in Erscheinung trete, so bezieht sich dies, was das FG verkannt hat, nicht auf den Fall der Veräußerung des organisatorisch selbständigen Büros einer sachlich einheitlichen Praxis mit gleichartiger Tätigkeit, wie er im Streitfall gegeben ist, sondern auf den Fall, daß ein Steuerpflichtiger mehrere selbständige, wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit verschiedenen Kundenkreisen ausübt (vgl. zur Unterscheidung dieser Fallgruppen auch das Urteil in BFHE 125, 249, BStBl II 1978, 562).
f) Der Annahme einer Teilpraxisveräußerung steht auch das BFH- Urteil vom 3.Oktober 1984 I R 119/81 (BFHE 142, 433, BStBl II 1985, 245) nicht entgegen. Danach ist Voraussetzung einer Teilbetriebsveräußerung oder -aufgabe, daß der Gewerbetreibende eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Eine Teilbetriebsveräußerung wurde deshalb verneint, weil der Steuerpflichtige in wirtschaftlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung einer Offset-Druckerei in unmittelbarer Nachbarschaft einen Kupfertiefdruckbetrieb errichtete, in dem die gleichen Druckerzeugnisse für die bisherigen Kunden hergestellt wurden. Es wurden also lediglich im Rahmen eines fortbestehenden Betriebs (Teilbetriebs) die Produktionsmittel ausgewechselt. Die steuerliche Behandlung der Veräußerung von Praxisteilen mit gesondertem örtlichen Wirkungskreis wird dadurch nicht berührt.
Danach erweist sich die Revision als begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Einspruchsentscheidung des FA wird aufgehoben; der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1977 wird geändert. Das FA hat den Gewinn aus der Teilpraxisveräußerung nach Maßgabe des § 18 Abs.3 EStG i.V.m. § 16 Abs.4 und § 34 Abs.1, 2 EStG zu besteuern. Die Steuerfestsetzung nach Maßgabe des Urteils wird gemäß Art.3 § 4 VGFGEntlG dem FA übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 62638 |
BFH/NV 1989, 51 |
BStBl II 1990, 55 |
BFHE 158, 257 |
BFHE 1990, 257 |
BB 1989, 2471-2471 (L1) |
DStR 1989, 777 (KT) |
HFR 1990, 85 (LT) |