Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Kosten für ein akademisches Studium sind Werbungskosten nur, wenn sie der Förderung eines bereits ausgeübten Berufs dienen.
Bei einem Werkstudenten, der mit dem Ertrag seiner Nebentätigkeit sein Studium finanziert, dient das Studium in der Regel der Ausbildung für einen künftigen Beruf, nicht umgekehrt der Förderung der Nebentätigkeit. Das gilt auch, wenn die praktische Tätigkeit des Werkstudenten mit seinem Studienfach verwandt ist.
Normenkette
EStG § 9/1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ist nach Beendigung seiner Ausbildung als Steuerinspektor zum 31. Oktober 1961 aus der Finanzverwaltung ausgeschieden und seitdem Gehilfe eines Steuerbevollmächtigten. Gleichzeitig begann er mit dem Studium der Volkswirtschaft, das er inzwischen mit Erfolg abgeschlossen hat. Bei dem Lohnsteuer-Jahresausgleich 1962 begehrte er, die Studiengebühren und die Kosten für einen Sprachkursus an einer ausländischen Universität als Werbungskosten abzusetzen. Das Finanzamt (FA) lehnte den Antrag ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Berufung nicht statt. Es betrachtete die Aufwendungen für ein akademisches Studium als Ausbildungskosten für einen anderen Beruf und rechnete sie deshalb im Anschluß an die Rechtsprechung des Senats, z. B. im Urteil VI 110/62 U vom 24. August 1962 (BStBl 1962 III S. 488, Slg. Bd. 75 S. 606) nicht zu den Werbungskosten im ausgeübten Beruf. Es führte aus, auch die üblichkeit der Ausbildung müsse in Betracht gezogen werden. Es würde zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung führen, wenn man entscheidend sein lassen wolle, ob der Studierende neben dem Studium einen mit dem Studium verwandten Beruf ausübe oder nicht. Die Kosten für den französischen Sprachkursus seien keine Werbungskosten, da der Stpfl. in dem ausgeübten Beruf keine Sprachkenntnisse benötige.
Mit seiner Rb. rügt der Stpfl. Verletzung des geltenden Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Rb., die gemäß § 184 Abs. 2 Ziff. 1 Satz 1 FGO als Revision zu behandeln ist, ist unbegründet.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG übte der Stpfl. bei der Aufnahme seines akademischen Studiums keinen Beruf aus, zu dessen Förderung das Studium dienen konnte. Seinen früheren Beruf als Steuerinspektor hatte er aufgegeben. Das FG hat angenommen, der Stpfl. sei mit dem Beginn seines akademischen Studiums am 1. November 1961 Werkstudent geworden, die Tätigkeit als Angestellter eines Steuerbevollmächtigten habe nur der Finanzierung des Studiums gedient. Diese Sachbeurteilung ist möglich und steht mit den Erfahrungen des Lebens in Einklang. Der Senat ist darum nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellungen und die Sachwürdigung des FG gebunden.
Die Rechtsgrundsätze, die das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat zwar anerkannt, daß Ausgaben, die gleichzeitig der Fortbildung im ausgeübten Beruf und der Ausbildung für einen neuen Beruf dienen, in der Regel Werbungskosten sind (Urteil VI 45/63 U vom 28. Juni 1963, BStBl 1963 III S. 435, Slg. Bd. 77 S. 313). Ein akademisches Studium dient zwar häufig der Vorbereitung auf einen neuen Beruf und nicht der Fortbildung in dem bereits ausgeübten Beruf (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - VI 110/62 U, a. a. O.; IV 339/64 U vom 25. März 1965, BStBl 1965 III S. 357, Slg. Bd. 82 S. 305; VI 152/65 vom 10. September 1965, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1966 S. 74). Die Kosten für ein akademisches Studium können aber Werbungskosten sein, wenn der Steuerpflichtige durch das Studium lediglich seine Kenntnisse in dem ausgeübten Beruf erweitern und vertiefen will, z. B. wenn ein Akademiker zur Fortbildung in seinem Beruf ein ergänzendes akademisches Studium aufnimmt. Daß aber auch bei einem Nichtakademiker die Kosten für ein akademisches Studium Kosten der Berufsfortbildung und damit Werbungskosten sein können, hat der Senat im Urteil VI 81/58 U vom 13. November 1959 (BStBl 1960 III S. 53, Slg. Bd. 70 S. 143) für einen Steuerinspektor als amtlichen Betriebsprüfer der Finanzverwaltung anerkannt, der sich dem Studium als Betriebswirt in Abendkursen unterzogen und daneben seinen Beruf als Betriebsprüfer ausgeübt hatte. Entscheidend war damals, daß der Betriebsprüfer in seinem bisherigen Beruf blieb und sich durch das betriebswirtschaftliche Studium fortbildete, um in seinem ausgeübten Beruf besser voranzukommen.
Der Streitfall liegt wesentlich anders. Bei dem Stpfl. diente das Studium nicht der Fortbildung im ausgeübten Beruf. Der Stpfl. hatte vielmehr seinen Beruf als Steuerinspektor aufgegeben, um sich einer akademischen Ausbildung zu unterziehen. Seine Haupttätigkeit war das Studium. Seine Tätigkeit als Helfer eines Steuerbevollmächtigten war eine Nebentätigkeit, bei der er seine bisher erworbenen Berufskenntnisse auswerten konnte, um Mittel für das Studium zu gewinnen. Es geht aber nicht an, diese seine vorübergehende Tätigkeit als "Beruf" anzusprechen. Die praktische Tätigkeit diente nur der Ermöglichung und Förderung des akademischen Studiums. Nicht etwa diente umgekehrt das akademische Studium der Förderung der praktischen Nebentätigkeit. Die Tätigkeit des Stpfl. hat das FG, wie gesagt, ohne Rechtsverstoß als die eines Werkstudenten gewürdigt. Ziel des Studiums war für den Stpfl. die Stellung eines Diplom-Volkswirts. Dieser Abschluß ermöglicht den Zugang zu den Berufen als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Das FG brauchte auf Grund seines Rechts zur freien Tatsachenwürdigung die Behauptung des Stpfl., er wolle auch später den Beruf eines Angestellten eines Steuerbevollmächtigten beibehalten, nicht für ausschlaggebend zu halten, zumal sie der Lebenserfahrung widerspricht. Mit Recht weist das FG unter Betonung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen auch darauf hin, daß bei einem Werkstudenten die Studienkosten nicht etwa deshalb Werbungskosten sein könnten, weil die praktische Tätigkeit des Werkstudenten mit seinem Studienfach verwandt ist.
Ohne Rechtsverstoß konnte das FG auch die Aufwendungen des Stpfl. für den Sprachkursus an der ausländischen Universität als Kosten der Lebenshaltung bezeichnen, weil sie mit dem Universitätsstudium zusammenhängen.
Fundstellen
Haufe-Index 411952 |
BStBl III 1966, 198 |
BFHE 1966, 543 |
BFHE 84, 543 |