Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Setzen Organe der staatlichen Wohnungspolitik von Bauherren zurückbezahlte Mittel aus Darlehen nach § 7 c EStG 1951/1953 vor ihrem Rückfluß an die ursprünglichen Darlehnsgeber zwischenzeitlich bei Gewerbetreibenden ein, so entstehen bei diesen Darlehnsnehmern gewerbesteuerrechtlich Dauerschulden, soweit die Verbindlichkeiten - auch bei jährlicher Kündbarkeit - länger als ein Jahr in unveränderter Höhe bestehen bleiben.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 1, § 12/2/1; EStG § 7c
Tatbestand
Streitig ist, ob nicht abgerufene Darlehen nach § 7 c EStG aus den Jahren 1952 bis 1956, die von einem Organ der staatlichen Wohnungspolitik bis zu ihrem endgültigen Rückfluß an die Darlehnsgeber zwischenzeitlich bei neuen Darlehnsnehmern eingesetzt werden, gewerbesteuerliche Dauerschulden gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 1 und § 8 Ziff. 1 GewStG sind.
Der Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), einer Finanzmaklerin, war am 15. Februar 1960 aus 7 c)- Mitteln eines Organs der staatlichen Wohnungspolitik durch deren Vertreterin, die Hypothekenbank A, gegen eine Bearbeitungsgebühr von 2 % und 1/2 % laufende Verzinsung ein Darlehen in Höhe von 400.000 DM mit Fälligkeit am 15. Dezember 1960 gewährt worden, das nach Tilgung von 100.000 DM in Höhe von 300.000 DM bis 15. Dezember 1961 verlängert wurde. Mit diesem Betrag wurde es am 5. Dezember 1961 nochmals bis zum 15. Dezember 1962 prolongiert und nach Rückzahlung weiterer 100.000 DM mit dem Restbetrag von 200.000 DM in das Jahr 1963 übergeleitet. Dadurch, daß die Stpfl. das Darlehen jeweils gegen Zinsen an eine andere Bank weitergab, erzielte sie in den Jahren 1960, 1961 und 1962 Zinsgewinne.
Der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) rechnete dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs der Stpfl. bei der streitigen Gewerbesteuermeßbetragsfestsetzung 1961 300.000 DM als Dauerschulden hinzu. Einspruch und Berufung gegen die Festsetzung hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) bejahte das Vorliegen einer Dauerschuld im Sinne von § 12 Abs. 2 Ziff. 1 und § 8 Ziff. 1 GewStG. Die Beteiligten hätten mit alljährlichen Prolongationen damals rechnen können, so daß jedenfalls das Darlehen mit einem Volumen von 300.000 DM während einer Laufzeit von zwei bis drei Jahren den Charakter einer Dauerschuld erlangt habe. Das Darlehen habe auch als Geschäftsvorfall das Betriebskapital der Stpfl. verstärkt und zu Zinsgewinnen geführt, obwohl es hierauf nicht einmal ankomme. Die Charakterisierung der Darlehnsaufnahme als gemeinnütziges Geschäft könne zu keinem anderen Ergebnis führen.
Die Stpfl. macht mit ihrer als Revision zu behandelnden Rb. (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO) geltend: Die Feststellung des FG, die Hereinnahme der 7 c)- Gelder führe zu einer nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, verkenne das Wesen des einjährigen 7 c)- Darlehens, bei dem es sich nicht um Kapitalmarktgeld gehandelt habe, sondern um besonders geartete Wohnungsbauförderungsmittel. Aber auch das Zustandekommen und die Verwendung dieser von den Darlehnsgebern nicht zurückgerufenen Finanzierungsmittel verbiete ihre Behandlung als gewerbesteuerliche Dauerschulden. Sie könnten als einjährige Gelder nur für die Zwischenfinanzierung, nicht für die langfristige Baufinanzierung nutzbar gemacht werden. Nur Wohnungsbaugesellschaften und Banken, nicht aber Privatleute könnten solche Mittel für den Wohnungsbau verwenden. Nur deshalb weil der Stpfl. als Maklerfirma über ihre Bankverbindungen die einjährigen 7 c)- Gelder am Jahresende immer wieder zur Verfügung standen, habe die Hypothekenbank A ihr die Mittel zur Zwischenfinanzierung im sozialen Wohnungsbau überlassen. Der Einsatz sei jedoch nicht unmittelbar, sondern über eine weitere Bank erfolgt. Es handele sich sonach um durchlaufende Kredite, die das Betriebskapital der Stpfl. nicht verstärkt hätten. An diesem Charakter der 7 c)- Gelder ändere auch der geringe aus der Weiterleitung erzielte Zins nichts. Bei der Gegenüberstellung des eigenen Verwaltungsaufwands der Stpfl. und der Zinsentschädigung verkenne das FG den wirklichen Umfang ihrer Betriebsausgaben. Mit der Verlängerungsmöglichkeit über ein Jahr hinaus könne der Dauerschuldcharakter des Darlehens nicht begründet werden. Die vorgesehene Prolongation habe nicht den geringsten Rechtsanspruch darauf erzeugen können. Sie habe nicht im Belieben der Hypothekenbank A gestanden, sondern sei von dem Abruf kündbarer Beträge durch die 7 c)- Darlehnsgeber abhängig gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die hier verwendeten sogenannten 7 c)- Rückflußmittel sind auf die unterschiedlichen Laufzeiten im Aktiv- und Passivgeschäft der nach § 7 c EStG 1951/1953 in die Wohnungsbaufinanzierung eingeschalteten Organe der staatlichen Wohnungspolitik zurückzuführen. Machte der Darlehnsgeber gegenüber dem Organ von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch, wie es vielfach wegen hoher steuerlicher Rückflußbelastung durch das 7 c)- Darlehen geschah, während der durch das Organ mit diesen Mitteln finanzierte Bauherr seinerseits an das Organ zurückzahlte, so durfte das Organ nach allgemeinen Verwaltungserlassen die verfügbaren Gelder zum Zwischeneinsatz im Wohnungsbau verwenden. Es handelt sich aber dann nicht mehr um Darlehnshingaben, welche die steuerlichen Vergünstigungen des Ersteinsatzes auslösten, sondern nur um eine sinnvolle Verwendung der nicht abgerufenen Mittel. Die von den Stpfl. aufgenommenen Darlehen dieser Art sind wie gewöhnliche Finanzierungsmittel zu besteuern. Da sie nicht dem laufenden Geschäftsverkehr wie Waren-, Wechsel- und Bankschulden dienten, sind sie grundsätzlich als Dauerschulden zu behandeln, soweit sie nicht binnen 12 Monaten getilgt wurden. Das FG hat festgestellt, daß von der allmählich abgetragenen Schuld von ursprünglich 400.000 DM auf jeden Fall während des ganzen Jahres 1961 ein Betrag von 300.000 DM nicht zurückbezahlt worden war. Damit liegt in dieser Höhe eine Dauerschuld vor.
Der Zweck der Schuldübernahme ist ebenso wie beim Ersteinsatz der 7 c)- Mittel zum Wohnungsbau (der hier gar nicht vorlag) gleichgültig (vgl. Urteil des BFH IV 220/55 U, BFH 61, 399, BStBl III 1955, 353, das den Dauerschuldcharakter der 7 c)- Darlehen bejaht). Die Schuldaufnahme der Stpfl. führte auch nicht zu einem die Annahme gewerbesteuerlicher Dauerschulden ausschließenden durchlaufenden Kredit. Die dazu erforderlichen drei wesentlichen Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß der von der Stpfl. aufgenommene Kredit der Hypothekenbank A zu einem vereinbarten, außerhalb des Betriebs der Stpfl. liegenden Zweck verwendet worden wäre, daß die Stpfl. als Darlehnsnehmerin auf eine ihr genau vorgeschriebene Weitervermittlung des Kredits und dessen Verwaltung beschränkt geblieben und daß ihr aus dem Vorgang kein über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwachsen wäre. Im einzelnen wird insoweit auf das Urteil des erkennenden Senats I 66/63 vom 2. August 1966 (BFH 86, 768, BStBl III 1967, 27) verwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 412439 |
BStBl III 1967, 266 |
BFHE 1967, 50 |
BFHE 88, 50 |