Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Vermietung bestimmte, zeitweise selbstgenutzte Ferienwohnung bis 1986
Leitsatz (NV)
1. Der Nutzungswert einer Ferieneigentumswohnung war bis 1986 für die Zeit, in der die Wohnung dem Steuerpflichtigen zur Selbstnutzung zur Verfügung steht, nach § 21a EStG zu ermitteln (Anschluß an die ständige Rechtsprechung des Senats).
2. Zum Umfang der Sachverhaltsaufklärung durch das FG.
Normenkette
EStG §§ 2, 21, 21a
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) - zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute - erwarben 1972 in H eine Ferienwohnung in einem Gebäude mit 44 Ferienwohnungen. Seit 1979 vermieten sie die Wohnung, die eine Größe von 40 qm hat und aus zwei Zimmern besteht, über einen Feriendienst. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) haben die Kläger die Wohnung selbst nicht benutzt. Wie in allen Veranlagungszeiträumen wiesen die Kläger auch im Streitjahr 1983 in ihrer Einkommensteuererklärung einen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ging bei der Einkommensteuerfestsetzung davon aus, daß die Kläger aus der Vermietung der Ferienwohnung auf absehbare Zeit keinen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen könnten, und ließ deshalb den Werbungskostenüberschuß unberücksichtigt.
Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Es ging ebenfalls davon aus, daß die Kläger aus der Vermietung der Ferienwohnung keinen Gesamtüberschuß erzielen könnten. Es lägen aber keine Beweisanzeichen dafür vor, daß sie die Ferienwohnung aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen gehalten hätten. Es könne nicht festgestellt werden, daß es den Klägern nur auf die Steuerersparnis im Wege des Verlustausgleichs angekommen sei. Das FG zog deshalb den von den Klägern geltend gemachten Werbungskostenüberschuß ab.
Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der es Verletzung der §§ 2 Abs. 1 und 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rügt. Das FG habe nicht beachtet, daß die Kläger, wie sich aus einem im Jahre 1985 abgegebenen Verkaufsangebot ergebe, die Werbungskostenüberschüsse nur deswegen in Kauf genommen hätten, weil sie die Hoffnung gehabt hätten, bei sich bietender Gelegenheit einen Kaufpreis zu erzielen, der über den ursprünglichen Anschaffungskosten liege. Das FG habe zwar festgestellt, daß die Ertragslosigkeit der Ferienwohnung Ausfluß einer Fehlmaßnahme sei, weil in H ein Überangebot an Ferienwohnungen bestünde, es habe aber die bisher erzielten Steuervorteile außer acht gelassen. Das FG habe nicht erkannt, daß ein ständiges Handeln wider die wirtschatliche Vernunft nur auf persönliche Gründe zurückzuführen sein könne.
Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger ist nach Erklärung des Verzichts auf mündliche Verhandlung verstorben. Die Kläger haben keinen neuen Prozeßbevollmächtigten bestellt.
Entscheidungsgründe
I. Die durch den Tod des Prozeßbevollmächtigten der Kläger eingetretene Unterbrechung des Verfahrens steht nach dem Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Februar 1991 V R 117/85 (BFHE 163, 410, BStBl II 1991, 466) einer Entscheidung durch Urteil und Zustellung dieses Urteils an die Partei persönlich nicht entgegen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Vorentscheidung verletzt § 21a Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr.2 EStG.
1. Wie der erkennende Senat nach Ergehen der Vorentscheidung entschieden hat, ist der Nutzungswert von Ferienhäusern und Ferieneigentumswohnungen, die der Steuerpflichtige zeitweise an Feriengäste vermietet und zeitweise selbst nutzt, für die Zeit der Selbstnutzung nach § 21a EStG zu ermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift im übrigen vorliegen. Zur Selbstnutzung gehört auch der Zeitraum, in dem die Ferienwohnung weder vermietet noch selbst bewohnt wird, sie dem Steuerpflichtigen aber zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung steht. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn er sie selbst vermietet oder sich bei Vermietung über eine Feriendienstorganisation die Entscheidung, die Wohnung selbst zu nutzen, vorbehält (BFH-Urteile vom 25. Juni 1991 IX R 163/84, BFHE 165, 63, BStBl II 1992, 23 und IX R 7/85, BFHE 165, 67, BStBl II 1992, 24 sowie vom 30. Juli 1991 IX R 49/90, BFHE 165, 92, BStBl II 1992, 27). Unter diesen Voraussetzungen kommt eine Ermittlung der Einkünfte als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten gemäß § 2 Abs. 2 Nr.2 EStG nur für den Zeitraum in Betracht, in dem die Ferienwohnung tatsächlich an Feriengäste vermietet ist.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, für welchen Zeitraum des Streitjahres die Einkünfte aus der Vermietung bzw. Selbstnutzung der Ferienwohnung durch Pauschalierung nach § 21a EStG und für welchen Zeitraum durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten nach § 2 Abs. 2 Nr.2 EStG zu ermitteln sind. Das FG hat nicht festgestellt, ob die Ferienwohnung als Einfamilienhaus bewertet ist. Ferner fehlen Feststellungen dazu, ob die Ferienwohnung den Klägern zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung stand. Dafür könnte sprechen, daß sie Aufwendungen für sechs Fahrten nach H als Werbungskosten geltend gemacht haben. Es bedarf dazu der Aufklärung, welche Vereinbarung die Kläger mit der Feriendienstorganisation, die die Vermietung der Ferienwohnung übernommen hatte, hinsichtlich der Möglichkeit der Selbstnutzung getroffen haben. Da die Ferienwohnung nach den Feststellungen des FG zusammen mit anderen in einer Ferienwohnanlage liegt und - wie die Kläger vorgetragen haben - über einen Feriendienst hotelmäßig vermietet war, wird das FG auch zu prüfen haben, ob die Vermietung nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 19. Januar 1990 III R 31/87 (BFHE 159, 199, BStBl II 1990, 383) zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt.
Sollte das FG bei seiner erneuten Entscheidung wiederum zu dem Ergebnis kommen, daß die Einkünfte aus der Ferienwohnung für den gesamten Veranlagungszeitraum durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten zu ermitteln sind, wird es zu der Frage, aus welchen Gründen die Kläger die Ferienwohnung trotz ständiger Werbungskostenüberschüsse behalten haben, aufklären müssen, ob das 1985 abgegebene Verkaufsangebot einen der Marktlage angepaßten Kaufpreis enthielt (zur Bedeutung des Verhaltens des Steuerpflichtigen bei ständigen Verlusten vgl. das BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, 132, BStBl II 1990, 278).
Fundstellen
Haufe-Index 418303 |
BFH/NV 1993, 603 |