Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Betriebsprüfung Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zum Verhältnis der Amtspflicht zur Sachaufklärung nach § 204 Abs. 1, § 243 Abs. 1 AO zu der Pflicht des Steuerpflichtigen nach § 171 AO, den Sachverhalt aufzuklären.
Normenkette
AO §§ 171, 204 Abs. 1, § 243 Abs. 1; FGO § 76/1
Tatbestand
Streitig ist zur Soforthilfeabgabe der Holzbestand des Beschwerdeführers (Bf.) am Währungsstichtag. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Der erkennende Senat hat in der im ersten Rechtsgang getroffenen Entscheidung ausgeführt, die Feststellung des Finanzgerichts, daß der Bf. am Stichtag Eigentümer der strittigen Holzbestände (rund 200 fm Fichtenstammholz) gewesen sei, beruhe auf der nach eingehender Sachaufklärung in freier Beweiswürdigung gewonnen überzeugung des Gerichts und lasse einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Aufhebung der Vorentscheidung erfolgte wegen der mit dem klaren Akteninhalt in Widerspruch stehenden Ausführungen des Finanzgerichts, die Aussagen des als Auskunftsperson vernommenen Fuhrunternehmers A. ergäben, daß in der Zeit vom 16. Juni 1948 - an diesem Tag lagen die strittigen Holzbestände nach einer Meldung über Abfuhrrückstände des Revierförsters B. noch im Wald - bis zum Währungsstichtag kein Holz abgefahren worden sei. Die nicht spruchreife Sache wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen mit der Weisung, entweder noch festzustellen, ob tatsächlich in diesen Tagen kein Holz abgefahren wurde, oder, falls eine solche Feststellung nicht eindeutig zu treffen sei, darüber zu befinden, ob der Fall ohne diese Feststellung im Ergebnis ebenso zu würdigen sei, wie das im angefochtenen Urteil geschehen sei.
Das nunmehr ergangene Urteil des Finanzgerichts kommt wiederum zu der überzeugung, daß die strittigen Holzbestände am Währungsstichtag Eigentum des Bf. gewesen seien. Es habe nicht festgestellt werden können, daß die zum 16. Juni 1948 gemeldeten Abfuhrrückstände von 200 fm Holz in der Zeit zwischen 16. und 21. Juni 1948 abgefahren worden seien bzw. über sie anderweit verfügt worden sei. Dagegen sei im Gegensatz zu den Erklärungen des Bf. festgestellt, daß der Fuhrunternehmer A. in der Zeit vom 21. Juni bis 28. November 1948 ca. 246 fm Langholz für den Bf. aus dem Waldbezirk "G." abgefahren habe und dafür vom Bf. entlohnt worden sei. Dabei könne es sich nur um das strittige Holz gehandelt haben.
In der erneuten Rechtsbeschwerde (Rb.) wird ungenügende Sachaufklärung gerügt und unter anderem vorgebracht, die Finanzbehörde habe nicht eindeutig und zweifelsfrei klären können, welcher Holzvorrat bei dem Bf. am Währungsstichtag - außer den angegebenen 5 cbm Werkstattholz - vorhanden gewesen sei. Auch habe der Forstbeamte B. das nach seiner Meldung über die Abfuhrrückstände am 16. Juni 1948 dem Bf. gehörige Holz nicht einwandfrei identifizieren können. Außerdem habe das Finanzgericht außer acht gelassen, daß der Bf. für die von ihm behauptete vor der Währungsreform liegende Schenkung eines Teiles des strittigen Holzes an seinen Vater dem Finanzamt X. Schenkungsteuer habe bezahlen müssen. Endlich seien die Aussagen des als Auskunftsperson gehörten Fuhrunternehmers A. unglaubhaft, was sich insbesondere daraus ergebe, daß die von A. angegebenen Fuhrlöhne mit der angeblich abgefahrenen Holzmenge nicht in Einklang zu bringen seien.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Der Vertreter des Bf. weist selbst darauf hin, das Finanzamt habe den Holzbestand des Bf. am 21. Juni 1948 nicht eindeutig und zweifelsfrei klären können. Wie sich aus den Ausführungen der Vorbehörden ergibt, liegt die Schuld an der Unmöglichkeit klarer Feststellungen ausschließlich beim Bf., der durch unrichtige Angaben und Vernichtung der Unterlagen diese Unmöglichkeit herbeigeführt hat. Bei dieser Sachlage ist der in der Rb. erhobene Einwand einer nicht völligen Aufklärung des Sachverhalts nicht begründet. Der Aufklärungspflicht des Finanzamts bzw. des Finanzgerichts nach § 204 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 243 Abs. 1 AO steht die Pflicht des Steuerpflichtigen nach § 171 AO gegenüber, auch seinerseits alles zur Aufklärung des Sachverhalts Erforderliche zu tun. Stellt das Verhalten des Steuerpflichtigen, wie im Streitfall, das Gegenteil dessen dar, was § 171 AO von ihm verlangt, so hat auch die Aufklärungspflicht des Finanzamts und des Finanzgerichts ihre Grenzen. Finanzamt und Finanzgericht sind in einem solchen Fall berechtigt und verpflichtet, im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Sachverhalt festzustellen. Das hat das Finanzgericht im Streitfalle ohne erkennbaren Rechtsirrtum getan. An seine Feststellung ist der Bundesfinanzhof als Revisionsinstanz gebunden.
Die Rb. mußte daher mit der Kostenfolge des § 307 AO als unbegründet zurückgewiesen werden, ohne daß im einzelnen auf die in der Rb. vorgebrachten Einwendungen, die sich teils gegen die Beweiswürdigung durch das Finanzgericht richten, teils neues tatsächliches Vorbringen enthalten, einzugehen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 408152 |
BStBl III 1955, 133 |
BFHE 1955, 350 |
BFHE 60, 350 |