Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Unternehmereinheit setzt grundsätzlich völlige Gleichheit der Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter an den einzelnen Gesellschaften voraus.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob zwischen der Bfin., einer GmbH, und einer anderen GmbH (im folgenden als L-GmbH bezeichnet) in den Jahren 1950 und 1951 eine Unternehmereinheit bestand. An der Bfin. waren drei Gesellschafter zu 52 v. H., 24, v. H. und 24 v. H., an der L-GmbH dieselben Gesellschafter zu 51,2 v. H., 24,4 v. H. und 24,4 v. H. beteiligt. Bei einer im Dezember 1956 durchgeführten Betriebsprüfung machte die Bfin. geltend, daß zwischen ihr und der L-GmbH Unternehmereinheit bestehe und infolgedessen die von ihr an diese Firma bewirkten Umsätze nicht umsatzsteuerbar seien. Sie regte eine Berichtigung der Umsatzsteuerveranlagungen für 1950 und 1951 an. Das Finanzamt lehnte auf Vorschlag des Betriebsprüfers eine Berichtigung zugunsten der Bfin. (ß 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO) wegen der ungleichen Beteiligungsverhältnisse ab. Einspruch und Berufung blieben insoweit erfolglos.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist zur Annahme einer Unternehmereinheit zwischen zwei nebengeordneten Gesellschaften, die auch juristische Personen sein können, außer der Beteiligung derselben Personen und der Gewährleistung einer einheitlichen Willensbildung erforderlich, daß das Verhältnis der Beteiligungen der Gesellschafter an den Gesellschaften gleich ist (vgl. zum Beispiel Urteil des Bundesfinanzhofs V 162/52 S vom 8. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 113, Slg. Bd. 60 S. 294). Nur wenn alle diese Voraussetzungen, die gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs V 293/55 U vom 12. März 1959, BStBl 1959 III S. 226, Slg. Bd. 68 S. 594; V 81/59 U vom 13. April 1961, BStBl 1961 III S. 343, Slg. Bd. 73 S. 209), in vollem Umfange erfüllt sind, kann von einer Unternehmereinheit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG gesprochen werden.
Bei der Prüfung, ob jede der Voraussetzungen der Unternehmereinheit vorliegt, ist zur Herbeiführung klarer und eindeutig abgrenzbarer Rechtsverhältnisse ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 261/58 U vom 15. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 149, Slg. Bd. 72 S. 406). Der Senat hat daher in einem Falle, in dem an einer GmbH zwei Brüder je zur Hälfte und an einer zweiten GmbH die Brüder mit je 49,7 v. H. und deren Mutter mit 0,6 v. H. beteiligt waren, wegen des Zwerganteils der Mutter die Annahme einer Unternehmereinheit zwischen den beiden Gesellschaften verneint (Urteil des Bundesfinanzhof V 293/55 U vom 12. März 1959, a. a. O.). Es besteht kein Grund, anders zu entscheiden, wenn zwar allen Gesellschaften dieselben Personen angehören, ihre Beteiligungsverhältnisse bei den einzelnen Gesellschaften aber - wenn auch nur geringfügig - voneinander abweichen. Es müssen nach Ansicht des Senats die Beteiligungsverhältnisse grundsätzlich völlig gleich sein. Jedes Abgehen von dem Grundsatz der völligen Gleichheit der Beteiligungsverhältnisse würde eine sichere rechtliche Abgrenzung zwischen gleichen und fremden Unternehmern erschweren und Berufungsfälle herbeiführen, die die Gleichmäßigkeit der Besteuerung auf dem Gebiete der umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereinheit gefährden würden.
Im Streitfalle ist die Voraussetzung der völligen Gleichheit der Beteiligungsverhältnisse nicht erfüllt. Denn an der Bfin. waren in den Jahren 1950 und 1951 der Hauptgesellschafter mit 0,8 v. H mehr, die beiden anderen Gesellschafter mit je 0,4 v. H. weniger beteiligt als an der L-GmbH. Mit dem Einwand, die Ungleichheit sei auf eine eigenmächtige Auf- bzw. Abrundung der Beteiligungsverhältnisse durch einen Notar gelegentlich der Herabsetzung des Stammkapitals der Bfin. zurückzuführen, kann die Bfin. nicht gehört werden, weil es auf die Ursache der Ungleichheit nicht ankommen kann, sondern nur auf die Tatsache der Ungleichheit. Auch der Hinweis der Bfin. auf die in § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes vorgeschriebene wirtschaftliche Betrachtung kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Die mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gewonnenen Grundsätze für die Unternehmereinheit lassen sich nicht ihrerseits unter Berufung auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise beliebig ausweiten (vgl. die oben angegebenen Urteile des Bundesfinanzhofs V 293/55 U und V 261/58 U).
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410807 |
BStBl III 1963, 345 |
BFHE 1964, 78 |
BFHE 77, 78 |