Leitsatz (amtlich)
1. Eine besondere Befähigung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG kann nur dann vorliegen, wenn eine Fachkunde vorhanden ist, die über die für den ausgeübten Beruf übliche Fachkunde hinausgeht.
2. Die besondere Befähigung kann nicht allein der Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Rechtsbeistände und Prozeßagenten entnommen werden.
Normenkette
StBerG §§ 49-50
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Steuerberater (Kläger zu 1.) und zwei Rechtsbeistände und Prozeßagenten (Kläger zu 2. und 3.), schlossen am 16. September 1976 einen Vertrag über die Gründung einer GmbH, die als Steuerberatungsgesellschaft tätig werden sollte. Als Sitz der Gesellschaft wurde D bestimmt. Es wurde vereinbart, daß die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer habe, von denen mindestens einer seinen Wohnsitz am Sitz der Gesellschaft haben müsse.
Den Antrag der Kläger auf Anerkennung der GmbH als Steuerberatungsgesellschaft sowie auf Erteilung der Genehmigung, daß der Kläger zu 3. (ein Rechtsbeistand und Prozeßagent) neben dem Kläger zu 1. (Steuerberater) Geschäftsführer werde, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzminister - FinMin -) mit der Begründung ab, es fehle der nach § 32 Abs. 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) erforderliche Nachweis dafür, daß die Gesellschaft von Steuerberatern geführt werde. Daß der Kläger zu 3. Geschäftsführer werde, könne schon deshalb nicht genehmigt werden, weil vor Erteilung der Genehmigung die Gesellschaft als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt sein müsse. Darüber hinaus gehöre der Kläger zu 3. nicht zu den Kräften "anderer Fachrichtungen" i. S. von § 50 Abs. 3 StBerG, da er als Prozeßagent Aufgaben wahrzunehmen habe, die zum Aufgabenbereich eines Rechtsanwalts, gegebenenfalls auch eines Steuerberaters oder eines Steuerbevollmächtigten gehörten.
Die Klage wies das Finanzgericht (FG) Münster mit der Begründung ab, der FinMin habe die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft zu Recht versagt (Urteil vom 31. August 1977 VII 271/77 StB, Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 146 - EFG 1978, 146 -). Nach den Vorstellungen der Kläger solle die als Voraussetzung für die Anerkennung nach § 50 Abs. 1 StBerG erforderliche Residenz eines Geschäftsführers der Gesellschaft durch den Kläger zu 3. wahrgenommen werden. Es könne dahingestellt bleiben, ob das auch deshalb nicht ausreiche, weil der Kläger zu 3. nicht Steuerberater sei. Die Residenz des Klägers zu 3. am Sitz der Gesellschaft könne nämlich für deren Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft aus dem Grunde nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger zu 3. nicht Geschäftsführer der Gesellschaft werden könne. Er sei nicht Steuerberater, gehöre nicht zu dem in § 50 Abs. 2 StBerG bestimmten Personenkreis, und es könne auch nach § 50 Abs. 3 StBerG nicht genehmigt werden, daß er Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft werde. Der Kläger zu 3. könne nicht als besonders befähigte Kraft einer anderen Fachrichtung i. S. dieser Vorschrift angesehen werden. Als Kräfte anderer Fachrichtungen kämen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 3. August 1976 VII R 103/75, BFHE 120, 97, BStBl II 1976, 800) nur Angehörige solcher Berufe in Betracht, die den in § 50 Abs. 2 StBerG genannten gleichgeartet seien.
Der Kläger zu 3. könne außerdem deshalb nicht zum Geschäftsführer bestellt werden, weil nach § 50 Abs. 3 StBerG eine besondere Befähigung gefordert werde. Dazu müßten zumindest Spezialkenntnisse oder besondere Erfahrungen vorliegen, durch die die Person als besonders befähigte Kraft aus seinem Berufszweig hervorgehoben werde. Im Streitfall könne dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine herausgehobene Fachkunde auf dem Gebiet des ausgeübten Berufs handeln müsse oder ob sonstige Spezialkenntnisse ausreichten. In jedem Falle müsse es sich um eine besondere Fachkunde handeln, die über die übliche Fachkunde des ausgeübten Berufs hinausgehe. Daher könnten die Zuverlässigkeit und Sachkunde, die der ausgeübte Beruf ganz allgemein erfordere, nicht ausreichen. Außerdem könne eine besondere Befähigung nicht darin gesehen werden, daß der Kläger zu 3. nach § 11 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Diese Befugnis beruhe nicht auf besonderen Spezialkenntnissen oder einer besonderen Prüfung auf dem Gebiet des Steuerrechts. Der Kläger zu 3. habe keine über den Berufsstand der Rechtsbeistände und Prozeßagenten hinausgehende Qualifikation nachgewiesen. Er sei deshalb keine besonders befähigte Kraft einer anderen Fachrichtung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG. Danach müsse die Klage auf Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft abgewiesen werden, weil kein Geschäftsführer vorhanden sei, der der nach § 50 Abs. 1 StBerG geforderten Residenzpflicht nachkommen könne; die Klage auf Erteilung einer Genehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG sei abzuweisen, weil der Kläger zu 3. nicht die Voraussetzungen für die Tätigkeit des Geschäftsführers einer Steuerberatungsgesellschaft erfülle.
Die Kläger legten gegen das Urteil des FG Revision ein, die sie wie folgt begründeten:
Der Kläger zu 3. habe eine Ausbildung als Anwaltsgehilfe erhalten und die dafür erforderliche Prüfung abgelegt, so daß die vom BFH in dem Urteil VII R 103/75 geforderten Voraussetzungen, nämlich eine fest umrissene Ausbildung und Prüfung gegeben seien. Die Zulassung als Rechtsbeistand nach § 8 der Ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 13. Dezember 1935 (RGBl I, 1481, BGBl III 303-12-1) sei ausgeschlossen, wenn der Nachsuchende seine Sachkunde und Eignung nicht durch Lehr- und Prüfungszeugnisse sowie durch genaue Angaben über seine vorherige berufliche Tätigkeit nachweisen könne. In der Zulassungspraxis für Rechtsbeistände forderten die hierfür zuständigen Amts- und Landgerichtspräsidenten außerdem eine weitere Prüfung über die Sachkunde, die von der Justizverwaltung durchgeführt werde. Als Voraussetzung für das Merkmal "anderer Fachrichtungen" könnten nicht nur akademische Studiengänge mit Abschlußprüfungen berücksichtigt werden. So werde im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß auch Spezialisten auf dem Gebiet der Datenverarbeitung als besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen anzusehen seien. Diese könnten auch aus nichtakademischen Berufen kommen. Der Kläger zu 3. sei als Angehöriger einer anderen Fachrichtung anzusehen, weil seine Fachrichtung nicht mit den im Gesetz genannten Berufen übereinstimme und auch nicht zu einer steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Tätigkeit führe. Wenn das FG ausführe, daß der Kläger zu 3. deshalb keine über den Berufsstand der Rechtsbeistände und Prozeßagenten hinausgehende besondere Qualifikation nachgewiesen habe, so entspreche das nicht der Rechtsprechung des BFH. Danach müsse die besondere Befähigung auf dem Fachgebiet des Betroffenen liegen. Das FG habe diese besondere Befähigung des Klägers zu 3. auf dessen Fachgebiet nicht geprüft. Dieser sei besonders befähigt. Seine Tätigkeit sei, wie der BFH fordere, im Rahmen der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft zur qualifizierten Beratung der Klienten auf allen Rechtsgebieten und zur Vermeidung von Verstößen gegen das Verbot der unerlaubten Rechtsberatung besonders gut verwertbar. Die Kenntnisse des Klägers zu 3. gingen über die durchschnittlichen Kenntnisse eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und vereidigten Buchprüfers, wie sie sich aus deren Berufsbild allgemein ergäben, hinaus. Der Kläger zu 3. sei gemäß § 11 StBerG zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen i. S. des § 3 StBerG befugt. Die Prozeßagenten seien auch nach dem früher geltenden Steuerberatungsrecht stets denen - insbesondere den Rechtsanwälten - gleichgestellt gewesen, die unbeschränkt zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt gewesen seien und nunmehr aufgrund ausdrücklicher Bezeichnung im Steuerberatungsgesetz in den Steuerberatungsgesellschaften leitend tätig werden könnten. Wenn die Prozeßagenten nunmehr von dieser Tätigkeit ausgeschlossen würden, so bestünden dagegen aus der Sicht des Besitzstandsschutzes verfassungsrechtliche Bedenken. Deshalb müsse auch eine verfassungskonforme Auslegung zur Genehmigung führen, daß der Kläger zu 3. Geschäftsführer werde. Aus § 50 Abs. 1 StBerG könne nicht gefolgert werden, daß die Steuerberatungsgesellschaft nur anerkannt werden könne, wenn als Geschäftsführer mindestens ein Steuerberater am Sitz der Gesellschaft wohne.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und den FinMin zu verpflichten, dem Antrag der Kläger auf Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft stattzugeben sowie dem Kläger zu 3. eine Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG zu erteilen.
Der FinMin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Begehren der Kläger sei aus den vom FG dargelegten Gründen zu Recht abgelehnt worden. Die Ausbildung als Anwaltsgehilfe reiche nicht aus, um die Voraussetzung einer fest umrissenen Ausbildung und Prüfung für die Annahme einer besonderen Fachrichtung zu erfüllen. Die besondere Befähigung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG könne auch nicht darin erblickt werden, daß der Kläger zu 3. über Rechtskenntnisse verfüge, die - wie die Kläger behaupteten - über die entsprechenden durchschnittlichen Kenntnisse eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und vereidigten Buchprüfers hinausgingen. Daraus ergebe sich noch keine besondere Qualifikation. Ein Anspruch des Klägers zu 3. auf eine Genehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG ergebe sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Besitzstandswahrung. Schon nach § 17 Abs. 2 StBerG vom 16. August 1961 (BGBl I, 1301) - StBerG a. F. - hätten Rechtsbeistände nur dann Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft werden können, wenn es sich um besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen gehandelt habe. Auf die inzwischen getroffene Gesetzesänderung zugunsten der Rechtsanwälte könnten sich die Kläger schon wegen der unterschiedlichen Vorbildungsvoraussetzungen und Befugnisse beider Gruppen nicht berufen.
Die zum Verfahren beigeladene Steuerberaterkammer macht in ihrer Stellungnahme geltend, der Beruf des Anwaltsgehilfen sei keine andere Fachrichtung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG. Er sei ein typischer "Mitarbeiterberuf"; schon aus diesem Grunde reiche er für die Wahrnehmung einer eigenverantwortlichen und leitenden Funktion in der Steuerberatungsgesellschaft nicht aus. Die Inhaber dieses Berufs hätten die Möglichkeit, die Steuerberater- oder Steuerbevollmächtigtenprüfung abzulegen (§§ 36, 156 StBerG) und auf diese Weise die Qualifikation für eine leitende Tätigkeit in einer Steuerberatungsgesellschaft zu erlangen. An einer fest umrissenen Ausbildung und Prüfung für den Beruf des Rechtsbeistandes fehle es auch deshalb, weil Inhalt und Modalitäten der Überprüfung der Sachkunde in Zweifelsfällen frei bestimmt werden könnten. Für den Nachweis der besonderen Befähigung sei ein Vergleich der allgemeinen juristischen Kenntnisse des Klägers zu 3. mit denen der Angehörigen der steuerberatenden Berufe unbeachtlich. Außerdem stimme der Vergleich nicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlastG) zulässig, da sie eine berufsrechtliche Streitigkeit über Rechtsverhältnisse zum Gegenstand hat, die im Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt sind, und der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteigt.
Die Revision ist jedoch nicht begründet.
Die Abweisung der Klage durch das FG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig.
1. Das FG ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die GmbH nicht nach den §§ 49, 50 Abs. 1 StBerG anzuerkennen ist, weil die Voraussetzung, daß ein Geschäftsführer seinen Wohnsitz am Sitz der Gesellschaft haben muß, nicht erfüllt ist. Nach den Vorstellungen der Kläger soll der Kläger zu 3. der Residenzpflicht nach § 50 Abs. 1 StBerG nachkommen. Er ist dazu jedoch nicht geeignet, weil er nicht Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft sein oder werden kann. Nach § 50 Abs. 1 und 2 StBerG kommt er als Geschäftsführer nicht in Betracht, weil er weder Steuerberater noch Angehöriger der in § 50 Abs. 2 StBerG genannten Berufsgruppen ist. Nach § 50 Abs. 3 StBerG kann der Kläger zu 3. nicht Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft werden, weil ihm nach den Feststellungen des FG dazu die nach dieser Vorschrift erforderliche besondere Befähigung fehlt.
Bei diesen Feststellungen und ihrer rechtlichen Beurteilung sind dem FG entgegen der Auffassung der Kläger keine Fehler unterlaufen, das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine besondere Befähigung i. S. von § 50 Abs. 3 StBerG nur dann in Betracht kommt, wenn eine besondere Fachkunde vorhanden ist, die über die für den ausgeübten Beruf übliche Fachkunde hinausgeht. Die Regelung in § 50 Abs. 3 StBerG entspricht derjenigen in § 17 Abs. 2 StBerG a. F., nach der ebenfalls genehmigt werden konnte, daß "besonders befähigte Kräfte" unter bestimmten Voraussetzungen u. a. Geschäftsführer von Steuerberatungsgesellschaften wurden. Eine besondere Befähigung i. S. dieser Vorschrift hat der erkennende Senat angenommen, wenn eine besondere Fachkunde mit Kenntnissen und Fähigkeiten festgestellt worden war, die die Besonderheiten des ausgeübten Berufs umfaßten, auch die Steuerberatung berührten und über dem Durchschnitt dessen lagen, was das einschlägige Berufsbild verlangte (Urteile des Senats vom 13. Dezember 1977 VII R 72/76, BFHE 124, 290, BStBl II 1978, 243, und VII R 103/75). Mit dieser Rechtsprechung stimmt die Auffassung des FG überein. Auch nach dieser Rechtsprechung kann eine besondere Befähigung nur dann gegeben sein, wenn eine besondere Fachkunde vorliegt, die über die übliche Fachkunde des ausgeübten Berufs hinausgeht.
Zu Recht hat das FG es danach abgelehnt, die besondere Befähigung schon deshalb anzunehmen, weil der Kläger zu 3., wie die Kläger vorgetragen haben, nach § 11 StBerG zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Diese Befugnis reicht für die Feststellung einer besonderen Fachkunde, die über die Fachkunde der nicht unter § 11 StBerG fallenden Prozeßagenten hinausgeht, schon deshalb nicht aus, weil die Fachkunde allein aus der Zugehörigkeit zu diesem Kreis der Prozeßagenten hergeleitet wird. Es wäre aber mit der Regelung in § 50 Abs. 2 StBerG nicht zu vereinbaren, wenn allein die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Prozeßagenten als ausreichend für die Feststellung besonderer Fähigkeiten i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG angesehen würde. Der Gesetzgeber hat in § 50 Abs. 2 StBerG die Berufsgruppen, deren Angehörige allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu diesen Gruppen geeignet sein sollen, in einer Steuerberatungsgesellschaft leitend tätig zu werden, abschließend bestimmt. Angehörige anderer Berufsgruppen sollen nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nur unter den in § 50 Abs. 3 StBerG genannten Voraussetzungen für eine leitende Tätigkeit in einer Steuerberatungsgesellschaft in Betracht kommen. Diese Regelung erfordert aber, daß die besondere Befähigung in jedem Einzelfall festgestellt wird.
Das FG mußte die besondere Befähigung des Klägers zu 3. i. S. von § 50 Abs. 3 StBerG auch nicht schon daraus entnehmen, daß dessen Kenntnisse und Fähigkeiten als Rechtsbeistand und Prozeßagent, wie die Kläger meinen, im Rahmen der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft besonders gut verwertbar seien. Auch diese Betrachtungsweise läuft darauf hinaus, die besondere Befähigung aus der üblichen Fachkunde eines Rechtsbeistandes und Prozeßagenten und damit im Ergebnis aus der Zugehörigkeit zu dieser Berufsgruppe herzuleiten.
Der Einwand der Kläger, daß das FG die besondere Befähigung des Klägers zu 3. auf dessen Fachgebiet nicht geprüft habe, ist nicht geeignet, den erkennenden Senat von der Bindung an die Feststellungen des FG freizustellen, nach denen der Kläger zu 3. keine besonders befähigte Kraft i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG ist. Gegenüber diesem Einwand der Kläger sind vor allem die Ausführungen des FG zu berücksichtigen, daß der Kläger zu 3. keine über den Berufsstand der Rechtsbeistände und Prozeßagenten hinausgehende besondere Qualifikation nachgewiesen habe. Daraus muß entnommen werden, daß das FG zu seiner Feststellung gelangt ist, weil die Angaben des Klägers zu 3. nicht ausreichten, um daraus eine besondere Befähigung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG zu entnehmen. Diese Verfahrensweise ist nicht rechtsfehlerhaft. Das FG konnte im Rahmen seiner Befugnis zur Entscheidung aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung gemäß § 96 FGO auch aus dem Vorbringen des Klägers zu 3. im Verfahren vor dem FG den Schluß ziehen, daß eine besondere Befähigung i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG nicht vorliege.
Wenn die Kläger der Auffassung sein sollten, das FG habe dadurch gegen das Verfahrensrecht verstoßen, daß es seine Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts nach § 76 FGO verletzt habe und deshalb zu einer falschen Schlußfolgerung über die besondere Befähigung des Klägers zu 3. i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG gekommen sei, so hätten sie gemäß § 115 Abs. 3 FGO die Tatsachen bezeichnen müssen, die den Verfahrensmangel ergeben. Da das FG gemäß § 96 FGO befugt war, seine Überzeugung aus dem Vorbringen des Klägers zu 3. herzuleiten, ergibt sich ein Verfahrensmangel nicht schon daraus, daß das FG keinen anderen Weg zur Prüfung der besonderen Befähigung des Klägers zu 3. gewählt hat.
Aus der Anregung der Kläger, der erkennende Senat möge sich in der mündlichen Verhandlung von der besonderen Befähigung des Klägers zu 3. überzeugen, ist allerdings zu entnehmen, daß die Kläger der Auffassung sind, das FG habe sich im Rahmen seiner Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts durch Examinierung des Klägers zu 3. einen unmittelbaren Eindruck von dessen Fähigkeiten verschaffen müssen. Dieser Auffassung kann jedoch schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Fachkunde, die im Einzelfall die besondere Befähigung ausmachen soll, sehr unterschiedlich gestaltet sein kann mit der Folge, daß das Vorhandensein der Fachkunde nicht in jedem Fall ohne weiteres vom Gericht beurteilt werden kann. Wie ermittelt werden kann, ob eine besondere Fachkunde vorhanden ist, wird in der Regel erst bestimmt werden können, wenn bekannt ist, welche besondere Fachkunde im Einzelfall vorhanden sein soll. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG zunächst nur prüft, ob Anhaltspunkte für eine besondere Fachkunde vorhanden sind. Da das FG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt ist, daß Anhaltspunkte für eine besondere Fachkunde des Klägers zu 3. nicht vorhanden seien, hatte es auch keinen Anlaß zu bestimmen, wie es sich vom Vorhandensein der Fachkunde überzeugen wollte.
Der Anregung der Kläger, die Befragung des Klägers zu 3. im Revisionsverfahren vorzunehmen, kann nicht gefolgt werden, weil das Revisionsgericht das angefochtene Urteil grundsätzlich nur auf Rechtsfehler zu prüfen hat und den vom FG ermittelten Sachverhalt, den es der Prüfung zugrunde zu legen hat, in der Regel nicht durch eigene Feststellungen ergänzen kann (vgl. Urteil des BFH vom 17. Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285).
Da der Kläger zu 3. schon deshalb nicht nach § 50 Abs. 3 StBerG Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft werden kann, weil ihm die besondere Befähigung i. S. dieser Vorschrift fehlt, braucht nicht entschieden zu werden, ob er als Rechtsbeistand und Prozeßagent überhaupt eine Kraft anderer Fachrichtungen i. S. des § 50 Abs. 3 StBerG sein kann.
Für die Entscheidung über die Anerkennung der GmbH als Steuerberatungsgesellschaft kommt es außerdem nicht darauf an, ob die Residenzpflicht nach § 50 Abs. 1 StBerG von einem Steuerberater erfüllt werden muß.
2. Die Versagung der vom Kläger zu 3. geforderten Genehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG ist, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, schon deshalb rechtmäßig, weil dem Kläger zu 3. die besondere Befähigung i. S. der genannten Vorschrift fehlt.
Der Kläger zu 3. wird durch die Versagung der Genehmigung auch aus der Sicht des Besitzstandsschutzes nicht in seinen Rechten verletzt. Schon nach § 17 Abs. 2 StBerG a. F. konnten Rechtsbeistände und Prozeßagenten - wie nach § 50 Abs. 3 StBerG - allenfalls unter der Voraussetzung die Genehmigung zu einer leitenden Tätigkeit in einer Steuerberatungsgesellschaft erhalten, daß sie als besonders befähigte Kräfte einer anderen Fachrichtung anzusehen waren. Auch nach dieser Vorschrift hätte dem Kläger zu 3. die Genehmigung versagt werden müssen, weil ihm die besondere Befähigung fehlt, so daß er durch die Anwendung des § 50 Abs. 3 StBerG nicht schlechter gestellt worden ist, als er gestanden hätte, wenn § 17 Abs. 2 StBerG a. F. noch anzuwenden gewesen wäre.
Der Kläger zu 3. war auch nach der Regelung in § 17 Abs. 2 StBerG a. F. nicht den Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern und Steuerbevollmächtigten gleichgestellt. Schon nach dieser Regelung hing für die Angehörigen der genannten Berufsgruppen, anders als bei Rechtsbeiständen und Prozeßagenten, der Zugang zur Leitung einer Steuerberatungsgesellschaft nicht von der Feststellung der besonderen Befähigung ab.
Allerdings können nunmehr nach ausdrücklicher Bestimmung in § 50 Abs. 2 StBerG auch Rechtsanwälte ohne Prüfung ihrer Befähigung in einer Steuerberatungsgesellschaft leitend tätig werden, während sie zu dieser Tätigkeit nach § 17 Abs. 2 StBerG a. F. nur dann Zugang hatten, wenn sie besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen waren. Diese Änderung der Rechtslage zwingt jedoch nicht dazu, Rechtsbeiständen und Prozeßagenten, die nach § 11 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, schon wegen ihrer Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis das Tätigwerden in der Leitung einer Steuerberatungsgesellschaft zu genehmigen, um sie dadurch den anderen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personengruppen und insbesondere den Rechtsanwälten möglichst gleichzustellen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Leitung von Steuerberatungsgesellschaften grundsätzlich in Händen von Steuerberatern liegen (§ 50 Abs. 1 StBerG). Angehörige anderer Berufsgruppen können nur neben Steuerberatern in einer Steuerberatungsgesellschaft leitend tätig werden (§ 50 Abs. 2 und 3 StBerG). Wie das Bundesverfassungsgericht - BVerfG - (Beschluß vom 15. März 1967 1 BvR 575/62, BVerfGE 21, 227 [235 ff.]) dargelegt hat, ist die Bevorzugung der Steuerberater in gesetzlichen Regelungen über die Leitung von Steuerberatungsgesellschaften auch gerechtfertigt, weil grundsätzlich nur von ihnen die Sachkunde erwartet werden kann, die zur Erfüllung der Aufgaben einer Steuerberatungsgesellschaft erforderlich ist. Das BVerfG hat herausgestellt, daß mit der Zulassung von Steuerberatungsgesellschaften die Möglichkeit geschaffen werden soll, die Hilfe in Steuersachen auf einer Vielzahl von Gebieten des Steuerrechts insbesondere für Unternehmen von beträchtlicher volkswirtschaftlicher Bedeutung und für eine große Zahl von Auftraggebern durchzuführen, und daß die Steuerberater dazu besonders geeignet sind, weil sie in der Regel eine wissenschaftliche Ausbildung haben, die für die Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlich ist. Eine rein praktische Vorbildung, so führt das BVerfG weiter aus, werde dazu kaum genügen.
Aus den Regelungen in § 50 Abs. 2 und 3 StBerG ergibt sich, daß der Zugang zur Leitung von Steuerberatungsgesellschaften neben Steuerberatern ohne Prüfung der Befähigung im Einzelfall nur Angehörigen solcher Berufsgruppen vorbehalten bleiben soll, von denen erwartet werden kann, daß sie aufgrund ihrer wissenschaftlichen Ausbildung im juristischen Bereich - so die Rechtsanwälte - oder aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse auf den Gebieten des Steuerrechts, der Buchführung und der Betriebswirtschaft - so die Steuerbevollmächtigten, vereidigten Buchprüfer und Wirtschaftsprüfer - die notwendige Eignung dazu besitzen. Rechtsbeistände und Prozeßagenten könnten danach nur dann verlangen, den Angehörigen der in § 50 Abs. 2 StBerG genannten Berufsgruppen gleichgestellt zu werden, wenn für eine unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund erkennbar und die unterschiedliche Behandlung willkürlich wäre (vgl. Beschluß des BVerfG 1 BvR 575/62). Rechtsbeistände und Prozeßagenten haben jedoch in der Regel nicht die Ausbildung der Rechtsanwälte (vgl. Beschluß des BVerfG vom 17. November 1959 1 BvL 80, 81/53, 32/55, 20/59, 1 BvR 12, 168/69, BVerfGE 10, 185 [198]). Es kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, daß sie, wie die Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer und Steuerbevollmächtigen, Spezialkenntnisse auf den Gebieten des Steuerrechts, der Buchführung und der Betriebswirtschaft besitzen. Diese Annahme ist vor allem nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil die Rechtsbeistände und Prozeßagenten zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach § 1 des Rechtsberatungsgesetzes befugt oder als Bevollmächtigte und Beistände vor Gericht nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung zugelassen sind. Zur Erlangung dieser Befugnisse sind derartige Spezialkenntnisse nicht erforderlich. Sie werden auch in der Regel nicht vorhanden sein.
Es erscheint deshalb sachlich einleuchtend, weshalb der Gesetzgeber Rechtsbeistände und Prozeßagenten nicht in die Regelung des § 50 Abs. 2 StBerG einbezogen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 72822 |
BStBl II 1978, 537 |
BFHE 1979, 232 |