Leitsatz (amtlich)
Vom Mieter auf fremdem Grundstück vorgenommene Einbauten und Umbauten können als immaterielles Wirtschaftsgut (verbesserte Gebrauchsvorteile) bei der Einheitsbewertung seines Betriebsvermögens zu erfassen sein.
Normenkette
BewG 1965 § 95 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der ... GmbH & Co. KG (künftig KG). Die KG mietete ab 1969 Büroräume und Teile einer angrenzenden Fabrikhalle im Gebäude A-Straße in B. Das Mietverhältnis ist bis zum 31. März 1991 befristet und kann verlängert werden. Ab 1970 baute die KG die angemieteten Teile der Fabrikhalle zu Laboratorien und weiteren Büroräumen aus. Unter anderem wurden Wände eingezogen, vorhandene Fenster verändert und zusätzliche eingebaut sowie Sanitärund Laborinstallationen eingerichtet. Es entstand ein Bauaufwand von ca. 1,7 Mill. DM.
In den endgültigen Bescheiden über die Einheitswerte des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1972 bis 1975 erfaßte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Einbauten und Umbauten als immaterielle Wirtschaftsgüter. Das FA ging dabei von dem Urteil des erkennenden Senats vom 7. August 1970 III R 119/67 (BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842) aus.
Dagegen wandte sich die Klägerin im Einspruchsverfahren mit dem Antrag, die Einbauten und Umbauten nicht mehr als Besitzposten anzusetzen. Zur Begründung verwies sie auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Februar 1975 I R 322/73 (BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443) und führte aus: Nach diesem Urteil seien Mietereinbauten und Mieterumbauten materielle und nicht immaterielle Wirtschaftsgüter. Das Urteil sei zwar zur Ertragsteuer ergangen, es gelte jedoch auch für die Vermögensteuer; denn der Wirtschaftsgutsbegriff sei in den §§ 4 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 95 des Bewertungsgesetzes (BewG) identisch. Da die Einbauten weder Scheinbestandteile noch Betriebsvorrichtungen seien, seien sie als materielle Wirtschaftsgüter dem Grundstückseigentümer zuzurechnen und führten bei ihm möglicherweise zur Fortschreibung des Einheitswerts des Grundstücks.
Das FA wies den Einspruch zurück. Unter Hinweis auf Abschn. 50 Abs. 2 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) führte es aus, Einbauten, die ein Mieter auf einem gemieteten Grundstück mit Rücksicht auf seinen Betrieb vornehme und deren Kosten weder bei der Mietpreisgestaltung berücksichtigt noch vom Grundstückseigentümer ersetzt würden, gehörten bewertungsrechtlich zu den beim Mieter selbständig zu erfassenden immateriellen Wirtschaftsgütern. Das von der Klägerin angeführte Urteil in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 und das hierzu ergangene Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 15. Januar 1976 (BStBl I 1976, 66) könnten mit Rücksicht auf entgegenstehende bewertungsrechtliche Grundsätze bei der Bewertung des Betriebsvermögens nicht übernommen werden.
Auch die Klage war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging ebenfalls davon aus, daß die Ein- und Umbauten bei der Klägerin als immaterielle Wirtschaftsgüter zu erfassen seien. Die Einbauten bildeten für die Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil, weil mit ihnen die langfristige Nutzungsmöglichkeit von Räumen ohne zusätzliches Entgelt verbunden sei, die nach den speziellen Bedürfnissen der Klägerin ausgestattet seien. Mit anderen Worten, die Klägerin habe durch die Ausgabe von rund 1,7 Mill. DM den wirtschaftlichen Vorteil, zumindest bis 1991 nach ihren speziellen Bedürfnissen ausgebaute Räume nutzen zu können, ohne diese selbst errichten bzw. dafür zusätzliche Miete zahlen zu müssen. Dieser Vorteil sei bewertungsrechtlich dann zu erfassen, wenn er sich wertmäßig konkretisiert habe. Das von der Klägerin zitierte Urteil in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 hielt das FG bewertungsrechtlich für nicht anwendbar, weil es entscheidend durch § 5 Abs. 2 EStG beeinflußt sei, eine ähnliche Regelung im Bewertungsrecht jedoch fehle. Für das Bewertungsrecht komme es nur darauf an, ob das immaterielle Wirtschaftsgut wertmäßig faßbar sei, d. h. ob es sich innerhalb des Betriebsvermögens entsprechend konkretisiert habe. Dies sei jedoch der Fall, wenn die Klägerin 1,7 Mill. DM aufwende, um Räume langfristig und ohne zusätzliches Entgelt nutzen zu können.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Sie beanstandet zunächst, daß die Senate des BFH ihre unterschiedlichen Standpunkte nicht durch den Großen Senat klären ließen. Nach Auffassung der Klägerin ist der I. Senat in seinem Urteil in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 vom Urteil des III. Senats in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842 abgewichen, in dem vom I. Senat ein materielles und vom III. Senat ein immaterielles Wirtschaftsgut angenommen worden sei. Der Wirtschaftsgutsbegriff sei im Einkommensteuerrecht und im Bewertungsrecht jedoch identisch.
Die Klägerin sieht im übrigen in den Mietereinbauten und Mieterumbauten auch für den Bereich des BewG ein materielles Wirtschaftsgut, das im Einheitswert des Grundstücks zu erfassen sei. Daneben hält sie den Ansatz eines zusätzlichen immateriellen Wirtschaftsguts beim Mieter nicht für zulässig.
Die Klägerin beantragt, die Mietereinbauten und Mieterumbauten nicht mehr als Wirtschaftsgüter in ihren Vermögensaufstellungen zu erfassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der BMF ist gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 95 Abs. 1 BewG 1965 gehören zu einem gewerblichen Betrieb alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb als Hauptzweck dienen und die dem Betriebsinhaber gehören. Sie sind nach § 109 Abs. 1 BewG in der Regel mit dem Teilwert zu bewerten.
Wirtschaftsgüter in diesem Sinne sind alle materiellen und, wie sich beispielhaft aus §§ 100, 101 BewG ergibt, auch alle immateriellen Wirtschaftsgüter. Außer den im Gesetz selbst genannten sind immaterielle Wirtschaftsgüter alle immateriellen Werte, die sich konkretisiert oder die - nach einer anderen Ausdrucksweise - Gegenstandseigenschaft erlangt haben. Das ist nach der vom Reichsfinanzhof (RFH) in seinem Grundsatzurteil vom 28. Februar 1930 III A 84/28 (RFHE 26, 285, RStBl 1930, 287) entwickelten und vom RFH und BFH in ständiger Rechtsprechung übernommenen Auffassung dann der Fall, wenn
a) die selbständige Bewertungsfähigkeit durch die allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt wird oder
b) wenn das immaterielle Wirtschaftsgut entgeltlich erworben wurde oder
c) wenn die selbständige Bewertungsfähigkeit durch Aufwendungen des Unternehmers selbst oder dritter Personen anerkannt wird, die auf das zu bewertende Wirtschaftsgut gemacht worden sind.
Der Senat verweist hierzu auf seine Urteile vom 11. November 1983 III R 25/77 (BFHE 140, 289, BStBl II 1984, 187) und vom 9. Dezember 1983 III R 6/76 (BFHE 140, 299, BStBl II 1984, 190) und III R 40/79 (BFHE 140, 306, BStBl II 1984, 193).
Anders wird der Begriff des Wirtschaftsguts im Ertragsteuerrecht umschrieben. Danach umfaßt er nicht nur Gegenstände im Sinne des bürgerlichen Rechts, wie Sachen und Rechte, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten läßt und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 2. März 1970 GrS 1/69, BFHE 98, 360, BStBl II 1970, 382). Trotz dieses anderen Wortlauts besteht nach Auffassung des Senats im Ertragsteuerrecht und im Bewertungsrecht kein Unterschied im Wirtschaftsgutsbergriff. Für beide Rechtsgebiete ist im übrigen anerkannt, daß der Begriff des Wirtschaftsguts weit zu fassen ist. Allerdings ist die Aktivierbarkeit immaterieller Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz durch § 5 Abs. 2 EStG i. d. F. des EStG vom 16. Mai 1969 stark eingeschränkt worden. Nach dieser Vorschrift sind immaterielle Wirtschaftsgüter nur noch aktivierungsfähig, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Im Bewertungsrecht fehlt eine ähnliche Bestimmung. Deshalb sind in der Vermögensaufstellung für die Zwecke der Vermögensteuer auch originäre (selbstgeschaffene) immaterielle Wirtschaftsgüter zu erfassen (BFHE 140, 289, BStBl II 1984, 187).
2. Durch die Einbauten und Umbauten sind in der Person der Klägerin keine materiellen Wirtschaftsgüter entstanden. Denn sie sind weder Scheinbestandteile (§ 95 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) noch Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Nach den Feststellungen des FG ergeben sich auch aus dem Mietvertrag keine materiellen Wirtschaftsgüter. So stellen die Einbauten und Umbauten keine Mietvorauszahlungen dar; die Klägerin hat sie vielmehr auf ihre eigene Rechnung und Kosten durchgeführt. Ebensowenig besteht ein Anspruch der Klägerin auf Verwendungsersatz nach §§ 946, 951 BGB gegen den Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses (vgl. zu letzterem insbesondere Knobbe-Keuk in Steuer und Wirtschaft - StuW - 1979, 305, 307).
Zu Recht hat das FG auch nicht geprüft, ob die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin der Einbauten und Umbauten geworden ist. Denn diese Frage wäre zwar ertragsteuerlich, nicht aber bewertungsrechtlich von Bedeutung. Denn nach der für die bewertungsrechtliche Beurteilung maßgebenden Vorschrift des § 68 BewG gehören der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör zur wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens. Nach ständiger Rechtsprechung wird der Begriff des sonstigen Bestandteils nach bürgerlichem Recht ausgelegt. Das bedeutet, daß Einbauten und Umbauten, die ein Mieter an einem fremden Grundstück vornimmt und die als wesentliche Grundstücksbestandteile in das rechtliche Eigentum des Grundstückseigentümers eingehen (ohne Betriebsvorrichtungen zu sein), nicht dem Mieter unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums zugerechnet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1971 III R 10/69, BFHE 102, 298, BStBl II 1971, 618, sowie Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., § 68 BewG Anm. 7). Grundsätzlich anders ist die Rechtslage im Einkommensteuerrecht. Mangels einer dem § 68 BewG vergleichbaren Vorschrift ist es ertragsteuerrechtlich möglich, dem Mieter die von ihm vorgenommenen Einbauten und Umbauten auch unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnen (BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 unter II. 1. und das im Anschluß an dieses Urteil ergangene BMF-Schreiben vom 15. Januar 1976, BStBl I 1976, 66 unter 4. und 6.).
Sind somit die von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin vorgenommenen Einbauten und Umbauten ihr weder als Betriebsvorrichtungen noch als Scheinbestandteile zuzurechnen, dann sind sie in die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens des Vermieters eingegangen. Als Sachen sind sie bürgerlichrechtlich (§§ 93, 94, 946 BGB) und bewertungsrechtlich untergegangen. Die Annahme von materiellen Wirtschaftsgütern bei der Klägerin ist somit ausgeschlossen.
3. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842, auf das sich auch das FG stützt, die durch Ein- und Umbauten beim Mieter entstehenden Gebrauchsvorteile (Nutzungsvorteile) als immaterielle Wirtschaftsgüter angesehen und in der Vermögensaufstellung erfaßt. Der Senat hält nach Überprüfung seines Standpunkts an dieser Entscheidung fest. Dabei kommt eine Konkretisierung des immateriellen Werts "Nutzungsvorteil" nicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsauffassung oder eines entgeltlichen Erwerbs, sondern unter Heranziehung der eigenen Aufwendungen der Klägerin (Bezahlung der Handwerkerrechnungen) in Betracht.
Die Klägerin hat sich mit dem Aufwand einen greifbaren Nutzen für mehrere Jahre (vermutlich für die ganze Dauer des Mietvertrags) geschaffen. Der Nutzen besteht darin, daß sie die gemieteten Räumlichkeiten besser und sinnvoller für ihren Betrieb nutzen kann als es ohne die Ein- und Umbauten der Fall gewesen wäre. Der durch die einmalige Ausgabe von rund 1,7 Mill. DM entstandene Vermögenswert kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Klägerin für die Laufzeit des Mietverhältnisses eine geringere monatliche Miete zahlen muß als sie zahlen müßte, wenn der Vermieter die Investition vorgenommen hätte (vgl. RFH-Urteil vom 21. November 1940 III 65/40, RStBl 1941, 20). Der Senat ist schließlich überzeugt, daß sich die Klägerin ihren Aufwand von einem potentiellen Betriebserwerber (zeitanteilig) vergüten ließe, falls sie ihren Betrieb vor Ablauf des bestehenden Mietvertrags veräußern würde, und daß der Erwerber den Aufwand auch vergüten würde; denn auch er kann für den Rest der Mietdauer mit einer geringeren Miete rechnen. An diesem Beispiel wird deutlich, daß sich die Klägerin mit ihrer Investition einen längerfristigen Vermögenswert geschaffen hat. Der Gesichtspunkt der steuerlichen Leistungsfähigkeit macht es notwendig, ihn im gewerblichen Betriebsvermögen der Klägerin zu erfassen. Daß ein solcher Nutzungsvorteil im bloßen Innehaben und Gebrauchenkönnen besteht und rechtlich nicht besonders schutzfähig ist, wie z. B. ein Patent oder ein Urheberrecht, steht seiner Erfassung als immaterielles Wirtschaftsgut nicht entgegen (vgl. Clausen, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1976/77 S. 125, 139).
4. Der dem Verfahren beigetretene BMF hält den im Urteil in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842 vertretenen Rechtsstandpunkt (eingegangen in Abschnitt 50 Abs. 2 VStR) nicht für überzeugend (ebenso Troll in Rößler/Troll/Langner, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 13. Aufl., § 95 Anm. 78). Führe ein Betriebsinhaber Einbauten und Umbauten an seinem eigenen Grundstück durch, ohne daß diese zu Scheinbestandteilen oder Betriebsvorrichtungen führten, dann könnten sie als Bestandteile des Grundstücks bewertungsrechtlich nur dadurch berücksichtigt werden, daß gegebenenfalls der Einheitswert des Grundstücks fortgeschrieben würde. Die durch solche Ein- und Umbauten sich ergebende erhöhte wirtschaftliche Effizienz und verbesserte Ertragskraft könne daneben nur durch den Ansatz eines gegebenenfalls erhöhten (originären) Geschäftswerts erfaßt werden. Diese Grundsätze müßten bewertungsrechtlich auch für den Mieter gelten. Auch bei ihm könnten Ein- und Umbauten, die als Bestandteile in die Grundstücksbewertung des Grundstückseigentümers eingingen, nicht als materielle Wirtschaftsgüter erfaßt werden.
Der Senat hält diesen Einwand nicht für durchgreifend. Er erklärt insbesondere nicht, weshalb beim Mieter nicht (noch zusätzlich) ein immaterielles Wirtschaftsgut (Nutzungsvorteil) ansetzbar sein soll, obwohl der Ein- und Umbau möglicherweise werterhöhend in die Grundstücksbewertung des Eigentümers eingeht. Der RFH hat in seinem Urteil in RStBl 1941, 20 dargelegt, daß ein Kaufmann Aufwendungen in der Regel nicht zugunsten eines anderen macht, sondern daß er selbst einen geschäftlichen Vorteil davon haben will. So hat die Klägerin im vorliegenden Fall 1,7 Mill. DM nicht investiert, um das ihr fremde Grundstück des Vermieters zu verbessern, sondern um sich selbst einen entsprechenden betrieblichen Vorteil zu verschaffen. Der Vergleich des Mieters mit dem Grundstückseigentümer geht auch deshalb fehl, weil der Eigentümer in sein eigenes Grundstück investiert, also in die Sache selbst; daneben entsteht bei ihm nicht noch zusätzlich ein Gebrauchsvorteil als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut. Der Mieter will indessen nicht in die Sache (das Grundstück) investieren, sondern einen eigenen betrieblichen Vorteil schaffen.
Bei der hier vertretenen Auffassung kann es allerdings zu einer "Doppelerfassung" kommen, wenn der Ein- oder Umbau zu einer Werterhöhung des Grundstücks führt und die Wertgrenzen für eine Fortschreibung nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG erreicht sind. Der Grund dafür liegt darin, daß eine Fortschreibung nach oben lediglich eine Werterhöhung des Grundstücks voraussetzt, ohne daß beim Grundstückseigentümer zusätzliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten angefallen sein müssen. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842 allerdings auch darauf hingewiesen, daß das beim Mieter anzusetzende immaterielle Wirtschaftsgut "Nutzungsrecht" nicht identisch sei mit der Wertsteigerung, die das Grundstück des Vermieters durch den Ein- und Umbau möglicherweise erfahre. Im übrigen gewährt die Finanzverwaltung in Abschn. 50 Abs. 3 VStR dem Vermieter unter gewissen Voraussetzungen einen Schuldabzug, um Härten zu vermeiden, was sich allerdings nur bei der Vermögensteuer, nicht auch bei der Grundsteuer auswirkt.
5. Führen Einbauten oder Umbauten zu Scheinbestandteilen oder Betriebsvorrichtungen, so werden sie einheitlich in der Ertragsteuer und im Bewertungsrecht als materielle Wirtschaftsgüter angesehen. Stehen sie dagegen im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters oder stehen sie in einem besonderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu seinem in einem fremden Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb, so kommt die Ertragsteuer beim Mieter zu einem materiellen Wirtschaftsgut (vgl. dazu die Übersichten bei Schreiber/Storck in Betriebs-Berater - BB - 1977, 1391, und Kolbinger, BB 1982, 82), während das Bewertungsrecht ein immaterielles Wirtschaftsgut annimmt. Die Klägerin sieht darin einen unüberbrückbaren Gegensatz im einheitlichen Wirtschaftsgutsbegriff, der zur Klärung durch den Großen Senat des BFH führen müßte (ebenso wie die Klägerin bereits Suhr in Steuerliche Betriebsprüfung 1976 S. 101 und Piltz in der Schriftenreihe des Instituts "Finanzen und Steuern" Brief 181, insbesondere S. 11 f.). Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
Zunächst sei darauf hingewiesen, daß auch der Ertragsteuer bei Mietereinbauten und Mieterumbauten das immaterielle Wirtschaftsgut nicht fremd ist. So kommt sie bei Baumaßnahmen des Mieters, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang nicht zu seinem Betrieb, sondern zum Grundstück des Vermieters stehen, zur Annahme eines immateriellen Wirtschaftsguts. Das gleiche gilt, wenn die Baumaßnahmen des Mieters Erhaltungsaufwand darstellen (BFH-Urteil vom 21. Februar 1978 VIII R 148/73, BFHE 124, 454, BStBl II 1978, 345). Aber auch soweit Mietereinbauten und Mieterumbauten mit dem Betrieb des Mieters in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen, versteht der Senat die Rechtsprechung der Ertragsteuer dahin, daß die Baumaßnahmen beim Mieter zwar zu einem immateriellen Wirtschaftsgut führen, das aber bilanzmäßig wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln ist. Das Urteil in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 beruft sich dazu auf die Gliederungsvorschrift "Bauten auf fremden Grundstücken" in § 151 des Aktiengesetzes (AktG), die dort den materiellen Wirtschaftsgütern zugerechnet sind. Zu diesem Verständnis der ertragsteuerlichen Rechtsprechung kann man kommen, weil in dem Urteil in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 unter Nr. 2. die Mietereinbauten und Mieterumbauten zwar den materiellen Wirtschaftsgütern zugerechnet werden, gleichzeitig aber ausgeführt wird, daß "in Wirklichkeit nur Ansprüche des Mieters oder besondere Nutzungsvorteile vorliegen" (ebenso BFH-Urteil vom 31. Oktober 1978 VIII R 182/75, BFHE 127, 163, BStBl II 1979, 399).
Übersehen wird von der Klägerin aber insbesondere folgendes: Unterschiedlich ist nicht der Wirtschaftsgutsbegriff im Ertragsteuerrecht und Bewertungsrecht, unterschiedlich sind vielmehr die Sachverhalte, von denen ertragsteuerlich und bewertungsrechtlich auszugehen ist, auf die dann aber der einheitliche Wirtschaftsgutsbegriff angewandt wird. Aus diesem Grund kommt auch eine Anrufung des Großen Senats des BFH nicht in Betracht. Es wurde unter 3. bereits dargelegt, daß bei der bewertungsrechtlichen Beurteilung der Mietereinbauten und Mieterumbauten der Vorschrift des § 68 BewG eine zentrale Bedeutung zukommt und daß das Einkommensteuerrecht eine ähnliche Vorschrift nicht kennt. Zur wirtschaftlichen Einheit "Grundstück" im Sinne des Bewertungsrechts gehören sowohl der Grund und Boden als auch die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Eine solche wirtschaftliche Einheit "Grundstück" kennt das Ertragsteuerrecht nicht. Grund und Boden, Gebäude, die "Außenanlagen" und das Zubehör werden in der Steuerbilanz gesondert aktiviert. Aber selbst das Gebäude stellt ertragsteuerlich keine geschlossene Bewertungseinheit dar. Gesondert aktiviert werden können "selbständige Gebäudeteile". Solche liegen vor, wenn sie besonderen Zwecken dienen, d. h. wenn sie in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Solche selbständigen Gebäudeteile sind in Abschn. 13 b der Einkommensteuer-Richtlinien beispielhaft aufgeführt. So sind z. B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinbauten, Aufwendungen für Trennwände, Fassaden und Passagen, auch einzelne Stockwerke eines Gebäudes, wenn sie unterschiedlichen Zwecken dienen, selbständige Gebäudeteile, die als Wirtschaftsgüter gesondert aktiviert und abgeschrieben werden können. Diese Rechtsprechung, die zu den Eigentümergrundstücken entwickelt worden ist, wirkt sich auch auf die ertragsteuerliche Behandlung der Einbauten und Umbauten bei den Mietern aus. Auf das Bewertungsrecht sind diese Grundsätze, die auf typisch ertragsteuerliche Bedürfnisse Rücksicht nehmen (insbesondere die Abschreibung auf eine kürzere Nutzungsdauer), nicht anwendbar. § 68 BewG steht der Übernahme dieser Grundsätze entgegen. Diese Ausführungen zeigen, daß es ertragsteuerlich möglich ist, Mietereinbauten und Mieterumbauten als selbständige Gebäudeteile zu behandeln und als materielle Wirtschaftsgüter gesondert zu aktivieren, wo es bei gleichem Sachverhalt bewertungsrechtlich zwingend geboten ist, von der gesetzlich festgelegten Bewertungseinheit "Grundstück" auszugehen, so daß beim Mieter nur noch der Ansatz eines immateriellen Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht" in Betracht kommen kann (ebenso Gürsching/Stenger, a. a. O., § 95 Anm. 86.01 f.).
6. Die verbesserte Nutzungsmöglichkeit der Klägerin an den von ihr gemieteten Räumlichkeiten hat sichtbar Gegenstandseigenschaft erlangt in dem Kostenaufwand, den sie für die Ein- und Umbauten getragen hat. Es ist deshalb grundsätzlich zulässig, für die Bewertung des Nutzungsvorteils mit dem Teilwert zunächst von diesen Aufwendungen auszugehen. Für die auf das Jahr des Einbaues oder Umbaues folgenden Bewertungsstichtage hat der Senat keine Bedenken, von den jeweils um die Absetzungen für Abnutzung gekürzten Beträgen als dem zulässigen Teilwert auszugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 75043 |
BStBl II 1984, 617 |
BFHE 1985, 289 |