Leitsatz (amtlich)
Zur Vermögensteuerpflicht von Winzergenossenschaften bei Verpachtung des Ausschanks.
VStDV vom 2. Februar 1935 (RGBl. I S. 100) in der Fassung der Verordnung vom 22. November 1939
Normenkette
VStDV §§ 15, 9/1/2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) wendet gegen die Neuveranlagung zur Vermögensteuer 1947 und 1948 ein, daß sie gemäß § 15 Ziff. 2 der Durchführungsverordnung zum Vermögensteuergesetz (VStDV) vom 2. Februar 1935 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 100) in der Fassung der Verordnung vom 22. November 1939 (RGBl. I S. 2271) von der Vermögensteuer befreit sei. Ihre Sprungberufung gegen die Vermögensteuerbescheide wurde vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen. In der Rechtsbeschwerde (Rb.) nimmt die Bfin. Bezug auf ihre Begründung in der Rechtsbeschwerdesache wegen Körperschaftsteuer 1946, 1947 und I/1948. Dort ist von ihr ausgeführt, daß die Verpachtung ihrer Winzervereins-Gaststätte lediglich ein Akt der Vermögensverwaltung sei, der mit ihren Zweckgeschäften nichts zu tun habe. Die Art der Betriebsführung des verpachteten Betriebs gehe allein den Pächter an und könne die steuerliche Beurteilung der Genossenschaft nicht berühren.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann nicht zum Erfolg führen.
Der Bundesfinanzhof hat die Rb. der Bfin. in der Körperschaftsteuersache durch Urteil I 150/52 U vom 27. April 1954 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1954 III S. 191) als unbegründet zurückgewiesen. Gemäß § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939 (Reichsgesetzblatt I S. 2391) seien Genossenschaften von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb auf die Bearbeitung oder Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse erstrecke, soweit die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liege (z. B. Winzergenossenschaften). Das zweimal auftretende Wort "soweit" sei im Sinne von "wenn" aufzufassen (Urteil des Reichsfinanzhofs I 450/40 S vom 14. Januar 1941, Slg. Bd. 50 S. 28 = Reichssteuerblatt - RStBl. - 1941 S. 221, und das Urteil des Bundesfinanzhofs III 97/51 U vom 30. August 1951, Slg. Bd. 55 S. 462 = BStBl. 1951 III S. 185). Das letztgenannte Urteil des Bundesfinanzhofs sei zwar zu § 15 VStDV ergangen, jedoch seien die Grundsätze dieses Urteils wegen der wörtlichen übereinstimmung des § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des § 15 VStDV auch für die Körperschaftsteuer anzuwenden. Wenn eine landwirtschaftliche Verwertungsgenossenschaft daher bei der Verwertung der Erzeugnisse ihrer Mitglieder den Bereich der Landwirtschaft überschreite, so unterliege sie in vollem Umfange der Körperschaftsteuer. Dies treffe bei der Bfin. zu. Wenn die Bfin. zum Zwecke der Verwertung der Erzeugnisse ihrer Mitglieder einen Pachtvertrag über einen in ihren Räumlichkeiten auszuübenden Gewerbebetrieb abschließe, so müsse sie Vorsorge treffen, daß bei dem Pachtbetrieb die Grenzen innegehalten würden, die der Verwertung durch die Verordnung gesetzt seien. Unterlasse sie dies, so sei das überschreiten des Landwirtschaftsbereichs durch den Pächter ihr selbst zuzurechnen. Im Streitfalle habe die Genossenschaft sogar dem Pächter ihrer Gaststätte dieses überschreiten vorgeschrieben (Betrieb einer Speisewirtschaft und Vermietung von Fremdenzimmern). Der Abschluß und die Aufrechterhaltung des Pachtverhältnisses sei unter diesen Umständen ein steuerschädliches Geschäft, auf Grund dessen die Bfin. ihrer Steuerfreiheit verlustig gehe. Es könne auch keine Rede davon sein, daß der Pachtvertrag lediglich der Vermögensverwaltung diene, da er nach eigenen Angaben der Bfin. zum Zweck der Förderung des Erwerbs der Mitglieder abgeschlossen sei. Die gleichen Grundsätze gelten für die Auslegung des § 15 VStDV, der, wie erwähnt, mit § 2 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes wörtlich übereinstimmt. Befreiung von der Vermögensteuer kann hiernach nicht gewährt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 407963 |
BStBl III 1954, 248 |
BFHE 1955, 103 |
BFHE 59, 103 |