Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
über die gesellschaftsteuerliche Behandlung von Gewinn- und Verlustausschlußverträgen (Verzicht auf die übernahme des Gewinns).
Normenkette
KVStG § 2/3/b
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH und die Einzelfirma A. (Organträgerin), der sämtliche Anteile der Beschwerdeführerin (Bfin.) gehören, haben einen zeitweilig aufgehobenen "Betriebsüberlassungsvertrag" mit Wirkung vom 1. Oktober 1947 wieder in Kraft gesetzt.
Dieser Vertrag sieht u. a. vor: "Die Geschäftsergebnisse der Handelsbilanzen der GmbH gehen zu Gunsten und zu Lasten der Firma A., die ihrerseits für die sämtlichen Geschäftsunkosten und Lasten aufkommt und die Ergebnisse übernimmt."
Die Bfin. hat nach der Vorentscheidung folgende "Gewinne" erzielt: zum 20. Juni 1948 ------------- rd. 304.000 RM zum 30. September 1949 -------- rd. 123.000 DM zum 30. September 1950 -------- rd. 133.000 DM.Von diesen wurde nur je ein Teil an die Organträgerin abgeführt, während nachstehende Beträge auf Rücklagenkonto gebucht wurden:
zum 20. Juni 1948 ------------- rd. 302.000 RM zum 30. September 1949 -------- rd. 61.000 DM zum 30. September 1950 ------------ 65.000 DM.Hinsichtlich der Rücklage von rd. 302.000 RM ergeben die Akten, daß aus ihr Währungsverluste und andere auftretende Risiken und Verluste gedeckt werden sollten.
Die Vorentscheidung sah in übereinstimmung mit dem Finanzamt in der Nichtabführung der Beträge einen (teilweisen) Verzicht der Firma A. auf die ihr nach dem Vertrag zustehende Forderung auf Abführung des Geschäftsergebnisses (Gewinns) und billigte die Anforderung der Gesellschaftsteuer für die nicht abgeführten Beträge (ß 2 Ziff. 3 Buchstabe b des Kapitalverkehrsteuergesetzes - KapVStG -).
Entscheidungsgründe
Die Bfin. wendet sich mit der Rechtsbeschwerde hiergegen.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung an das Finanzgericht.
Von einem (teilweisen) Verzicht der Organträgerin auf eine ihr zustehende Forderung kann nur gesprochen werden, wenn die Organträgerin etwas aufgibt, worauf sie einen Anspruch hat. Vorerst ist demnach der Umfang ihres Anspruchs zu erörtern. Der Vertrag spricht von den "Geschäftsergebnissen der Handelsbilanzen". Hiernach handelt es sich dem Wortlaut nach um das Geschäftsergebnis von Bilanzen, die nach kaufmännischen Grundsätzen, d. h. nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Aufstellung von Handelsbilanzen, gefertigt werden. Rücklagen, die in der Satzung vorgesehen oder bei der Bilanzfeststellung von der Gesellschafterversammlung aus dem Gewinn gebildet werden, würden also an sich das Geschäftsergebnis mindern können (ß 42 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). Korrekturen zum Zwecke der Steuerberechnung der Gesellschaftsteuer würden in aller Regel nur im Rahmen der vorerwähnten Grundsätze über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zulässig sein. Zu der Abgrenzung des Umfangs des Anspruchs nimmt die Vorentscheidung nicht Stellung. Sie spricht nur von einem "Gewinn", "vollen Gewinn" oder "jeweiligen Geschäftsergebnis" und von einem "uneingeschränkten Gewinn- und Verlustausschließungsvertrag". Die Bfin. beanstandet dieses zu Recht. Erst wenn der Umfang der Forderung auf Gewinnabführung abgegrenzt ist, kann zu der Frage eines Verzichts und dessen Höhe Stellung genommen werden. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben, da der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt ist.
Die Ausführungen der Vorinstanz geben noch Anlaß zu folgenden Bemerkungen: Die Vorentscheidung ist im Gegensatz zum Urteil des Reichsfinanzhofs II 24/43 vom 18. November 1943, Reichssteuerblatt (RStBl) 1944 S. 421, der Ansicht, daß der Organträgerin auch ohne einen Gewinnverteilungsbeschluß der Gesellschafterversammlung des Organs ein Anspruch auf den Gewinn zusteht. Dieses ist zutreffend, da es sich im Streitfall bei der Abführung des Geschäftsergebnisses (Gewinns) um die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung auf Grund des Gewinnausschlußvertrags handelt. Insoweit kann danach den Gründen des erwähnten Urteils nicht gefolgt werden. Die Gesellschafterversammlung des Organs hat an sich über die Gewinnverteilung Beschluß zu fassen. Dieser Verteilung liegt jedoch die genehmigte (festgestellte) Bilanz zugrunde (ß 46 Ziff. 1 GmbHG). Diese ist auf Grund des Gewinnausschlußvertrages so zu gestalten, daß das Jahresergebnis des Organs jeweils mit +/- 0 abschließt, also weder Gewinn noch Verlust ausweist. Die Verpflichtungen auf Grund des Gewinnausschlußvertrags müssen bereits vor der Feststellung des Gewinn- oder Verlustergebnisses ihren Niederschlag in der Buchführung des Organs gefunden haben. Raum für eine Gewinnverteilung bleibt daher praktisch an sich nicht mehr. Die Verpflichtung zur Abführung des Gewinns in dem vereinbarten Umfang besteht unabhängig von einem Gesellschafterbeschluß des Organs. Der Gesamtinhalt der Ausgleichsforderung steht allerdings erst zur Zeit des jeweiligen Geschäftsabschlusses fest. Erst dann ist eine konkrete Ausgleichsforderung begründet.
Die Vorentscheidung erörtert weiterhin im Hinblick auf Ausführungen in dem erwähnten Urteil vom 18. November 1943 noch die - außerhalb des Rechtsstreits liegende - Frage, wann eine Verlustübernahme durch eine Organträgerin auf Grund eines Gewinnausschlußvertrags eine gesellschaftsteuerpflichtige Leistung wird. Sie sieht die Leistung "in der Begründung der konkreten Ausgleichsforderung". Sie verweist hierbei auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts V 116/53 vom 17. Februar 1955, Deutsche Steuer-Rundschau 1955 S. 402. Diese Auffassung kann nicht gebilligt werden. Eine Leistung im Sinne des § 2 a. a. O. hat zur Voraussetzung, daß eine Vermögensverschiebung bewirkt (beendet) ist. Für die Frage, wann dies der Fall ist, wird auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 85/29 vom 16. Februar 1929, RStBl 1929 S. 205, Bezug genommen. Hiernach ist eine die Erfüllung der Leistung in sich schließende Rechtshandlung z. B. gegeben, wenn der übernommene Verlust in eine laufende Rechnung (Kontokorrentkonto) aufgenommen und im Saldo anerkannt wird. Eine Verpflichtung des Empfängers zur Rückgewähr darf nicht mehr bestehen, etwaige Zuwendungen der Organträgerin an das Organ im Hinblick auf einen voraussichtlichen Verlust dürfen auch nicht nur als Zwischenkredite anzusehen sein.
Der Streitfall war daher nach Aufhebung der Vorentscheidung an das Finanzgericht zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen, die sich gegebenenfalls auch auf die Höhe der Rücklagen zu erstrecken hätten, sowie zu einer erneuten rechtlichen Würdigung zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408523 |
BStBl III 1956, 254 |
BFHE 1957, 149 |
BFHE 63, 149 |