Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungsmehraufwand bei Klassenfahrt
Leitsatz (NV)
Ein Lehrer, der auf einer Klassenfahrt gemeinsam mit seinen Schülern in einem Gasthof wohnt und verpflegt wird, kann den tatsächlichen Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten geltend machen, wenn er ihn nachweist oder glaubhaft macht. Ohne Einzelnachweise sind nur 25 v.H. der für Dienstreisen geltenden Pauschbeträge zuzüglich der tatsächlichen Aufwendungen für die Gemeinschaftsverpflegung, gekürzt um die entsprechenden Erstattungen des Arbeitgebers, als Werbungskosten abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Lehrer. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1985 wegen einer Klassenfahrt nach X (Italien) Verpflegungsmehraufwendungen von 135 DM (9 Tage x 15 DM) und Übernachtungskosten in Höhe von 480 DM ohne Nachweis geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) schätzte den Übernachtungsaufwand auf 400 DM (8 Nächte x 50 DM) und erkannte den Verpflegungsmehraufwand in der geltend gemachten Höhe an.
Im Einspruchsverfahren beantragte der Kläger, einen Verpflegungsmehraufwand in Höhe von insgesamt 720 DM (9 Tage x 80 DM als Pauschale für Auslandsdienstreisen) zu berücksichtigen. Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger, einen weiteren Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 405 DM (Pauschale von 60 DM ./. bereits anerkannter 15 DM = 45 DM x 9 Tage) anzuerkennen. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte einen weiteren Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 285 DM und führte aus: Der Kläger sei zusammen mit den Schülern in einem einfachen Gasthof mit Vollpension untergebracht gewesen. Die vom Kläger und den Schülern in Anspruch genommene Verpflegung habe aus Frühstück, mittäglichem Lunchpaket und Abendessen bestanden. Dem Kläger stehe ein Verpflegungsmehraufwand in Höhe der für Auslandsdienstreisen geltenden Pauschale von 60 DM für 9 Tage zu. Denn eine kostenlose oder nahezu kostenlose Gemeinschaftsverpflegung sei nicht erfolgt. Da der Kläger nach seiner eigenen Aussage für die Übernachtung einschließlich der Vollpension 400 DM gezahlt habe und der Betrag von 400 DM (8 x 50 DM) vom FA als Übernachtungskosten berücksichtigt worden sei, sei ein Abschlag von der Pauschale gerechtfertigt, um eine doppelte Berücksichtigung von Verpflegungskosten zu verhindern. Der in dem anerkannten Übernachtungsbetrag von 50 DM enthaltene Anteil für die Vollpension sei griffweise auf 15 DM pro Tag zu schätzen und von der Pauschale abzuziehen. Der Betrag von 405 DM (9 Tage x 45 DM, da die Pauschale von 60 DM sich um den vom FA bereits anerkannten Betrag von 15 DM mindere), sei danach um weitere 120 DM (15 DM x 8 Tage) auf 285 DM zu mindern.
Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf eine Divergenz zu den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. April 1982 VI R 30/80 (BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500) und vom 25. Oktober 1985 VI R 15/81 (BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200) und macht geltend, im Streitfall habe entgegen der Ansicht des FG eine Gemeinschaftsverpflegung vorgelegen und der Betrag von 50 DM für Vollpension und Übernachtung habe unter dem Betrag gelegen, den der Kläger allein für die Verpflegung begehrt habe. Bei zutreffender Auslegung und Anwendung der angeführten BFH-Urteile hätte das FG eine Gemeinschaftsverpflegung annehmen müssen. Widersprüchlich sei auch, daß einerseits nach der Schätzung des FG von dem Gesamtbetrag von 50 DM nur 15 DM auf die Verpflegung (Frühstück, Lunchpaket, Abendessen) entfielen, andererseits aber ein Betrag von 60 DM für Verpflegungsmehraufwand abzugsfähig sein solle.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht über den vom FA bereits anerkannten Betrag hinaus Aufwendungen für Verpflegung steuermindernd berücksichtigt.
1. Der Senat hat durch Urteil vom 3. August 1990 VI R 31/88 (BFH/NV 1991, 158) unter Hinweis auf sein Urteil vom 18. Mai 1990 VI R 67/88 (BFHE 161, 61, BStBl II 1990, 909) entschieden, daß ein Lehrer, der auf einer Klassenfahrt mit den Schülern an einer Gemeinschaftsverpflegung in einer Jugendherberge teilnimmt, den tatsächlichen Mehraufwand für Verpflegung geltend machen kann, wenn er diesen nachweist oder glaubhaft macht. Ohne Einzelnachweis sind nur 25 v.H. der für Dienstreisen vorgesehenen Pauschbeträge, zuzüglich der tatsächlichen Aufwendungen für die Gemeinschaftsverpflegung, gekürzt um die entsprechenden Erstattungen des Arbeitgebers, als Werbungskosten anzuerkennen. Der Streitfall, in dem der Kläger gemeinsam mit den Schülern verpflegt worden ist, ist von seinen wirtschaftlichen Auswirkungen her mit der Gemeinschaftsverpflegung in einer Jugendherberge vergleichbar und kann deshalb nicht anders entschieden werden.
2. Die Vorentscheidung ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Kläger hat einen Nachweis für den tatsächlich entstandenen Verpflegungsmehraufwand nicht erbracht und auch nicht angeboten. Da das FA bereits die tatsächlichen Kosten für Übernachtung und Vollpension sowie zusätzlich einen Verpflegungsmehraufwand von 15 DM (entspricht 25 v.H. von 60 DM Pauschale gemäß Abschn. 25 Abs. 7 Satz 2 Nr.1 der Lohnsteuer-Richtlinien 1984) anerkannt hatte, waren weitere Beträge für Verpflegungsmehraufwand nicht zu berücksichtigen. Es verbleibt damit bei der Steuerfestsetzung durch den während des Revisionsverfahrens erlassenen Änderungsbescheid.
Fundstellen
Haufe-Index 418742 |
BFH/NV 1993, 163 |