Leitsatz (amtlich)
1. Die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und die Kilometerpauschalen der LStR bei Dienstreisen sind grundsätzlich auch von den FG zu beachten.
2. Zu den Voraussetzungen einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung.
3. Zur Schätzung beruflich veranlaßter Telefonkosten.
Orientierungssatz
1. Werbungskostenpauschbeträge dienen einerseits der Beweiserleichterung für den Steuerpflichtigen, weil er die Höhe der Werbungskosten insoweit nicht darzulegen und nachzuweisen braucht und stellen andererseits für die Verwaltung eine Vereinfachungsmaßnahme dar, auf die diese bei der Bewältigung der Massenarbeit der Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen und des Lohnsteuer-Jahresausgleichs vor allem dann angewiesen ist, wenn es sich um die Schätzung eines schwer zu ermittelnden Mehraufwandes handelt (BFH). Rechtsgrundlage für die Pauschbeträge in den LStR ist Art. 108 Abs. 7 GG.
2. Die Orientierung der Verwaltung bei ihren Pauschbetragsregelungen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen an den entsprechenden gesetzlichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erscheint sachgerecht.
3. Mit der Respektierung der durch Verwaltungsvorschriften geschaffenen Werbungskostenpauschbeträge durch die Gerichte erhalten die Pauschbetragsregelungen nicht die Qualität von materiellen Rechtsnormen. Es liegt darin auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Dieser Vorbehalt gilt nur für steuerverschärfende Verwaltungsvorschriften (Lit.).
4. Die Anwendung der Pauschbetragsregelung für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen kann nicht von der Höhe einer entsprechenden Erstattung des Arbeitgebers abhängen (vgl. BFH-Urteil vom 2.4.1980 VI R 48/80).
5. Nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidungen vom 2.4.1982 VI R 48/80 und vom 23.4.1982 VI R 30/80, an denen der Senat festhält, kann in der Regel und von dem Fall einer Gemeinschaftsverpflegung abgesehen die Nichtanwendung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand bei Dienstreisen nicht auf das Bestehen verbilligter Eßgelegenheiten gestützt werden. Die Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn bei umfangreicher Reisetätigkeit infolge der Anwendung der Pauschbeträge unverhältnismäßig geringe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verbleiben würden. Der Ansatz der in den LStR vorgesehenen Kilometerpauschalen für die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs bei Dienstreisen kann nach Auffassung der Verwaltung bei ganz besonders hohen Jahresfahrleistungen zu einer unzutreffenden Besteuerung führen (Abschn. 25 Abs. 8 letzter Satz LStR 1975). Diese Auffassung der Verwaltung ist von den Gerichten zu respektieren. In Fällen mit besonders hohen Fahrleistungen ist zu prüfen, ob die Kilometerpauschale die tatsächlich entstandenen Kilometerkosten erheblich übersteigt.
6. Telefongrundgebühren sind auch bei einem privaten Telefonanschluß eines Arbeitnehmers --ggf. im Schätzungswege-- in einen privaten und beruflichen Anteil aufzuteilen (Festhaltung an BFH-Urteil vom 21.11.1980 VI R 202/79). In Fällen, in denen keine geeigneten Unterlagen für eine Berechnung der beruflich veranlaßten Gesprächsgebühren zur Verfügung stehen, ist der berufliche Anteil der Gesprächsgebühren anhand von konkreten Ermittlungen, wie sie im BFH-Urteil vom 9.11.1978 VI R 195/77 aufgezeigt sind, zu schätzen. Entsprechend sind die Grundgebühren aufzuteilen.
Normenkette
AO 1977 § 162; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1; LStR 1975 Abschn. 25 Abs. 6, 8; GG Art. 108 Abs. 7
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (Entscheidung vom 26.11.1980; Aktenzeichen I 182/78) |
Tatbestand
Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Bezirksleiter angestellt. Er wohnte im Streitjahr in A. Zu seinen Aufgaben gehörte die Betreuung der Sammelbesteller in den Kreisen B und C mit ... und den Inseln. Über die mit dem eigenen PKW durchgeführten Dienstreisen berichtete er auf den dafür bestimmten Vordrucken ("Tätigkeitsbericht") an seinen Arbeitgeber. Nach den 53 Tätigkeitsberichten, in denen auch Angaben über die mit den Pauschbeträgen des Abschn.25 Abs.6 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1975 übereinstimmenden Verpflegungspauschbeträge zu machen waren, führte der Kläger im Streitjahr an 227 Tagen Dienstreisen durch, die sich wie folgt aufgliederten:
2 Tage mehr als 5, aber nicht mehr als 7 Stunden
22 Tage mehr als 7, aber nicht mehr als 10 Stunden
96 Tage mehr als 10, aber nicht mehr als 12 Stunden
107 Tage über 12 Stunden.
Die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand wurden in den Tätigkeitsberichten den Reisen entsprechend ihrer Dauer zugeordnet und der wöchentliche Gesamtbetrag hiernach errechnet. Die Gesamtsumme der Pauschbeträge aus den Tätigkeitsberichten betrug 5 549,70 DM, die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer 39 529. Die Reiseberichte wurden vom Arbeitgeber geprüft. Einen Durchschlag erhielt der Kläger zurück. Die Durchschläge sollen nach einer Bescheinigung des Arbeitgebers dem Bezirksleiter als Nachweis für das Finanzamt (FA) dienen.
Der Kläger fügte die 53 Tätigkeitsberichte seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1976 bei. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) erkannte nur Werbungskosten in Höhe von 2 449 DM an. Dabei berücksichtigte das FA, daß von den 227 Reisetagen 84 auf Reisen zu den Inseln entfielen und sich nach der Reisedauer wie folgt aufgliederten:
1 Tag mehr als 5, aber nicht mehr als 7 Stunden
1 Tag mehr als 7, aber nicht mehr als 10 Stunden
3 Tage mehr als 10, aber nicht mehr als 12 Stunden
64 Tage über 12 Stunden (eintägige Reisen)
15 Tage über 12 Stunden (mehrtägige Reisen).
Nur für die Insel-Reisen billigte das FA dem Kläger die Pauschbeträge der Richtlinien zu. Für die übrigen Reisen kürzte das FA die Pauschbeträge um die Hälfte. Es ermittelte deshalb die Werbungskosten wie folgt:
Mehraufwendungen für Verpflegung:
1 Tag 5 - 7 Stunden = 8,40 DM
1 Tag 5 - 7 Stunden = 4,20 DM 12,60 DM
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21 Tage 7 - 10 Stunden x 7,-- DM = 147,-- DM
1 Tag 7 - 10 Stunden = 14,-- DM 161,-- DM
---------
93 Tage 10 - 12 Stunden x 11,20 DM = 1 041,60 DM
3 Tage 10 - 12 Stunden x 22,40 DM = 67,20 DM 1 108,80 DM
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64 Tage über 12 Stunden x 28,-- DM = 1 820,-- DM
(richtig: 1 792 DM)
15 Tage über 12 Stunden x 32,-- DM = 480,-- DM
28 Tage über 12 Stunden x 14,-- DM = 392,-- DM 2 692,-- DM
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Verpflegungsmehraufwand insgesamt: 3 974,40 DM
Geschätzte Kfz-Kosten:
Anschaffung des PKW 1973 für
6 000 DM
Nutzungsdauer 5 Jahre = Absetzung
für Abnutzung (AfA) 1 200,-- DM
geschätzte Reparaturen 2 000,-- DM
Benzin bei geschätzten 48 000
gefahrenen Kilometern im Streitjahr,
einem Benzinpreis von
0,90 DM pro Liter und einem
Verbrauch von 10 Litern auf
100 km = 4 800 x 0,90 DM 4 320,-- DM
Steuern und Versicherung 400,-- DM
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7 920,-- DM
Abzüglich 8 000 km privat =
7 920 : 48 000 x 8 000 = 1 320,-- DM
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berufliche Kfz-Kosten 6 600,-- DM
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10 574,40 DM
Abzüglich lt. Bescheinigung des Arbeitgebers
vom 19.Januar 1977 für 1976 erstattete
Reisekosten 8 126,-- DM
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Werbungskosten 2 448,40 DM.
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Mit der hiergegen gerichteten Klage trug der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren vor: Die Gesamtzahl der beruflich gefahrenen Kilometer betrage nach seiner Berechnung 39 239; hierfür sei ein Kilometersatz vom 0,32 DM anzusetzen, so daß sich die Kraftfahrzeugkosten insgesamt auf 12 556,48 DM beliefen. Die Verpflegungsmehraufwendungen ergäben sich aus den Tätigkeitsberichten mit insgesamt 7 948,80 DM. Außerdem seien 50 v.H. der mit 1 860 DM zu beziffernden Telefonkosten zu berücksichtigen, also 930 DM. Von der sich ergebenden Gesamtsumme von 21 435,28 DM seien die vom Arbeitgeber steuerfrei erstatteten Reisekosten in Höhe von 8 126 DM abzuziehen, so daß sich die Werbungskosten insgesamt auf 13 309,28 DM beliefen. Es möge zutreffen, daß danach ein verhältnismäßig kleines Einkommen übrig bleibe; dieses sei jedoch höher als das vom FA in der Einspruchsentscheidung mit 6 357 DM errechnete, da weder das 1976 bezogene Kindergeld von 1 440 DM noch die Erstattung aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich 1975 von 1 888 DM Berücksichtigung gefunden hätten. Es sei irreal und widerspreche jeder Lebenserfahrung, daß für 39 000 Fahrkilometer nur 6 600 DM Werbungskosten anerkannt würden. Das gleiche gelte für den Ansatz des Verpflegungsmehraufwandes, der in keiner Weise den gegebenen Tatsachen entspreche. Das FA habe nicht das außerordentlich hohe Preisniveau des Reisegebietes des Klägers berücksichtigt. Im übrigen hätten Gesetzgeber und Verwaltung die Pauschalierung gerade für solche Fälle vorgesehen, in denen ein verhältnismäßig kleines Einkommen übrig bleibe und Einzelaufzeichnungen nicht geführt würden. Auch in den Vorjahren habe das FA seine mit den Pauschbeträgen geltend gemachten Werbungskosten anerkannt, und auch seine sämtlichen Kollegen aus in der Nähe gelegenen Arbeitsgebieten hätten mit der Anwendung der Pauschbeträge keine Schwierigkeiten. Er, der Kläger, habe nicht damit rechnen müssen, daß für das Streitjahr die Vorlage von Einzelbelegen gefordert werden würde.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1981, 123 veröffentlichten Urteil aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die Pauschbeträge der LStR für Verpflegungsmehraufwand nicht schematisch anzuwenden, da sie nicht zu einer unzutreffenden Besteuerung führen dürften. Auch nach Abschn.26 Abs.6 Nr.3 e LStR 1975 seien die Pauschbeträge nicht anzuwenden, wenn dies offensichtlich zu einer unzutreffenden Besteuerung führen würde, z.B. wenn bei umfangreicher Reisetätigkeit verhältnismäßig geringe Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit verbleiben würden oder wenn nach der Lebenserfahrung Mehraufwendungen in Höhe der Pauschbeträge nicht entstanden seien. Neueren Entscheidungen des BFH sei allerdings zu entnehmen, daß die Nichtanwendung der Pauschsätze für Dienstreisen auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben solle.
Im Streitfall habe der Kläger nicht nachgewiesen, daß ihm in Höhe der Pauschbeträge Mehraufwendungen für Verpflegung entstanden seien, sondern sich auf die Pauschbeträge berufen, weil er meine, diese Regelungen enthöben ihn des Einzelnachweises. Das sei aber schon mit Rücksicht auf § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht richtig. Das Aufteilungs- und Abzugsverbot komme im Streitfall zur Anwendung, weil auch bei Mahlzeiten, die auf Dienstreisen eingenommen würden, ein gemischter Aufwand entstehe. Der Mehraufwand, der allein als Werbungskosten in Betracht komme, werde durch die Pauschbetragsregelungen aus den Gesamtaufwendungen herausgeschätzt. Die Pauschbetragsregelungen der LStR seien aber kein zuverlässiger, leicht feststellbarer und nachprüfbarer objektiver Maßstab, sondern unzulässige griffweise Schätzungen, deren Grundlagen bisher nicht veröffentlicht seien. Solchen Schätzungen vermöge sich der Senat, der an Gesetz und Recht gebunden sei, nicht aber an Verwaltungsrichtlinien, nicht anzuschließen. So sei offen und nicht nachprüfbar, ob die Finanzverwaltung, wie dies erforderlich sei, bei der Schätzung alle Umstände berücksichtigt habe. Der BFH stütze die Anwendung von Pauschbeträgen auf Vermutungen, deren Richtigkeit er nicht geprüft habe. Der IV.Senat des Schleswig-Holsteinischen FG habe vom Bundesminister der Finanzen (BMF) auf die Frage, welche Einzelbeobachtungen, Erfahrungen bzw. Erfahrungssachverhalte und Ermittlungen zur Festsetzung der in Abschn.21 Abs.6 Nrn.1 und 2 LStR 1972 festgelegten Pauschbeträge geführt hätten, die Auskunft erhalten, diese Sätze für Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder seien aus den Reisekostenregelungen des öffentlichen Dienstes abgeleitet, für die der Bundesminister des Innern zuständig sei. Dieser wiederum habe dem IV.Senat mitgeteilt, die reisekostenrechtlichen Regelungen beruhten in erster Linie auf Angaben der Auslandsvertretungen über die notwendigen Unterkunfts- und Verpflegungskosten für Dienstreisende im jeweiligen Gastland; dabei werde von den Reiseverhältnissen im Hotel- und Gaststättengewerbe der jeweiligen Landeshauptstadt ausgegangen, weil dorthin erfahrungsgemäß die meisten Dienstreisen führten. Das FG Düsseldorf habe vom BMF auf die detaillierte Anfrage, welche Feststellungen zur Festsetzung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung geführt hätten, die Mitteilung erhalten, der Regelsatz von 13 DM täglich sei aus den für die Gewährung von Trennungsgeld maßgebenden Vorschriften des öffentlichen Dienstes abgeleitet worden. Trotz Aufforderung habe der BMF nicht dargelegt, welche Materialien aus dem Statistischen Bundesamt ihm im einzelnen vorgelegen hätten. Danach sei zu vermuten, daß auch den in Abschn.25 LStR niedergelegten Pauschbeträgen keine Erfahrungen und Ermittlungen der Finanzverwaltung zugrunde lägen.
Aus einer ganzen Reihe von Verfahren habe der Senat die Erfahrung gewonnen, daß die Pauschbeträge der LStR häufig weit höher seien als der tatsächliche Aufwand, der ohne die Pauschbeträge als Werbungskosten anzuerkennen wäre. Die grundsätzliche Anwendung der Pauschbeträge würde deshalb in einer Vielzahl von Fällen dazu führen, daß auch nichtentstandener oder rein privater Aufwand steuerlich abziehbar wäre. Deshalb verstoße die Anwendung, nicht die Nichtanwendung der Pauschbeträge gegen den Verfassungsgrundsatz der gleichmäßigen Besteuerung.
Nach § 9a EStG seien über die gesetzlichen Werbungskostenpauschbeträge hinausgehende Werbungskosten nur abziehbar, wenn sie nachgewiesen seien. Diese Vorschrift sei eine Sperre für Verwaltungsregelungen. Mit den Pauschbetragsregelungen greife die Finanzverwaltung in den Funktionsbereich des Gesetzgebers ein und schaffe gesetzesändernde Ersatztatbestände, ohne hierzu legitimiert zu sein. Dies sei unvereinbar mit dem Prinzip der Gewaltenteilung. Wenn der BFH ein Abweichen von den Pauschbeträgen nur bei sonst offensichtlich unzutreffender Besteuerung für zulässig halte, verstoße diese Auffassung darüber hinaus gegen die Amtsermittlungspflicht des Gerichts und das Recht des Gerichts auf freie Beweiswürdigung. Die BFH-Auffassung bevorzuge zudem die Steuerpflichtigen, die sich schlicht auf die Pauschbeträge beriefen, ohne anzugeben, ob die tatsächlichen Umstände wirklich zu eindeutig beruflich bedingtem Mehraufwand in etwa dieser Höhe geführt hätten.
Schließlich sprächen gegen die Richtigkeit der Verwaltungsschätzungen in vielen Einzelfällen die Schätzungen der Arbeitgeber, die die entstandenen Aufwendungen ersetzten. Es gebe eine Vermutung dafür, daß der Dienstherr die möglichen Mehraufwendungen auf höchstens den von ihm ersetzten Betrag schätze. Denn er könne schon wegen seiner Fürsorgepflicht nicht erwarten, daß ein Arbeitnehmer die Mehraufwendungen auch nur teilweise trage. Dies sei auch im Streitfall zu beachten, in dem der Arbeitgeber zusammen nur 8 126 DM für Verpflegungsmehraufwand und Kraftfahrzeugkosten ersetzt habe, obgleich die Aufwendungen nach den Pauschbeträgen zusammen 18 180,48 DM betragen würden. Nach alledem seien bei dem Kläger für das Streitjahr keine Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen. Da das FA jedoch einen Abzug vorgenommen habe, müsse es dabei wegen des Verböserungsverbots verbleiben.
Auch hinsichtlich der geltend gemachten Kraftfahrzeugkosten sei die Klage unbegründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stellten die entsprechenden Pauschbeträge (Abschn.21 Abs.7 und 12 LStR 1972, Abschn.25 Abs.8 LStR 1975 und 1978) eine vertretbare Schätzung nicht nachgewiesener Kraftfahrzeugkosten dar. Dem stimme der Senat zu. Denn anders als im Fall der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand stehe aufgrund der nachzuweisenden Dienstreisen und ihrer Kilometer fest, daß Kraftfahrzeugkosten entstanden seien; die entstandenen Kosten seien mit dem Kilometersatz von 0,32 DM im Regelfall auch nicht zu hoch bemessen. Dieser Satz könne jedoch dann keine Anwendung finden, wenn er, gemessen an der Jahresfahrleistung, erheblich zu hoch sei. Für diesen Fall versage auch die Finanzverwaltung die Anerkennung des Kilometersatzes (Abschn.25 Abs.8 Satz 5 LStR 1975 und 1978). Dann sei die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten zu schätzen. Im Streitfall habe das FA zu Recht angenommen, daß die Anwendung des Kilometersatzes zu einer unzutreffenden Besteuerung führe. Denn Kraftfahrzeugkosten für die mit dem VW-Käfer des Klägers im Streitjahr durchgeführten Gesamtfahrten von 48 000 km seien mit 15 360 DM, wovon auf die Dienstreisen von 39 529 km 12 649,28 DM entfallen würden, erheblich überhöht. Insbesondere würden die in dem Kilometersatz enthaltenen fixen Kosten (z.B. Kraftfahrzeugsteuer, Versicherung) infolge der großen Fahrleistung unangemessen hoch berücksichtigt. Daß der Kilometersatz von 0,32 DM im Streitfall nicht zutreffe, werde auch durch die ADAC-Tabellen bestätigt. Diese Tabellen, die steuerlich nicht anzuwenden seien, weil sie nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellt seien, gäben für den VW 1200 die Gesamtkosten pro 1 km wie folgt in Pfennigen an (Hinweis auf ADAC-Motorwelt Mai 1976 S.48, Juni 1977 S.35):
bei einer Jahresfahrleistung 1976 1977
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von 40 000 km 26,6 27,1
50 000 km 25,0 25,5.
Schließlich könne die Klage auch hinsichtlich der Telefonkosten keinen Erfolg haben. Der Kläger habe dem Senat auf die Aufforderung hin, die Telefonaufwendungen nachzuweisen, 11 Fernmelderechnungen und Zahlungsnachweise vorgelegt, die insgesamt 1 716,02 DM ergäben. Hiervon entfielen auf Grundgebühren 413,05 DM, Telegrammgebühren 10,20 DM, besondere Leistungen 5 DM, Gesprächsgebühren 1 280,57 DM. Der Senat unterstelle, daß der Kläger die fehlenden Gebühren für Februar 1976 nachweisen könne. Sie müßten zur Erreichung des Gesamtbetrages von 1 860 DM 143,98 DM betragen, von denen auf Grundgebühren 37,55 DM entfielen. Als Werbungskosten kämen nach der Rechtsprechung des BFH die Gesprächsgebühren in Betracht, wenn die Gespräche beruflich geführt würden. Insoweit greife das Aufteilungs- und Abzugsverbot nicht ein. Die Grundgebühren dagegen seien in vollem Umfange nichtabziehbare Kosten der Lebensführung. Auch für die Gesprächsgebühren gelte, daß höhere Werbungskosten als der gesetzliche Pauschbetrag von 564 DM nachzuweisen seien. Der Steuerpflichtige sei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet und komme seiner Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, daß er die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen angebe. Könne ein Sachverhalt, aus dem der Steuerpflichtige einen Vorteil herleiten wolle, nicht hinreichend geklärt werden, so sei ihm der Nachteil der verbleibenden Ungewißheit anzulasten. Das gelte auch dann, wenn der Kläger keine näheren Angaben zur beruflichen Nutzung des Telefons mache. Hier habe der Kläger erklärt, er wisse nicht, wie ein eindeutiger Nachweis über beruflich veranlaßte Gespräche geführt werden solle. Damit habe er eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er nicht in der Lage sei, nähere Angaben über die beruflichen Gespräche zu machen. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, daß die Gesprächsgebühren nicht höher seien als der vom Arbeitgeber erstattete Betrag, der sich für Telefon und Porto auf 600 DM belaufen habe.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er trägt im wesentlichen vor: Das FG habe insgesamt 8 470,28 DM an Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu wenig zum Abzug zugelassen. Die Vorentscheidung weiche, vor allem hinsichtlich der Anwendung von Pauschbeträgen in Verwaltungsanweisungen, von der Rechtsprechung des BFH ab. Er bestreite nicht, daß die Anwendung von Pauschbeträgen zu Ungerechtigkeiten führen könne, jedoch meistens zu Lasten dessen, der die Pauschbeträge ansetze. Wenn die Argumentation des FG richtig wäre, müßten in den Tagegeldern des öffentlichen Dienstes noch zu versteuernde Vorteile liegen. Dabei werde jedoch verkannt, daß schon in den Abstufungen der Pauschale nach der Höhe der Einkünfte eine Differenzierung erfolge. Der BFH habe die Anwendung der Reisekostenpauschalen bis auf wenige Ausnahmen bejaht. Die für die gegenteilige Auffassung vom FG angeführten Gründe seien gerade für die Einführung der Pauschalen mit maßgebend gewesen. Er, der Kläger, habe darauf vertrauen können, daß die Pauschalen wie in den Vorjahren anerkannt würden. Es dürfe ihm deshalb auch nicht nachträglich vorgehalten werden, daß der Nachweis nicht geführt sei.
Auch der Hinweis auf niedrigere Erstattungen des Arbeitgebers sei kein Grund, die Werbungskosten zu beschränken. Der Arbeitgeber habe im Gegenteil gewußt, daß seine Reiseleiter höhere Werbungskosten gehabt hätten; denn sonst hätte er die Bescheinigungen zur Vorlage für das FA nicht erteilt. Völlig an der Wirklichkeit, wie sie in der Wirtschaft herrsche, gehe auch der Hinweis auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vorbei. Im übrigen dürfte es überhaupt keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mehr geben, wenn die entsprechende Argumentation des FG richtig wäre; denn danach habe ja der Arbeitgeber aus Gründen der Fürsorgepflicht sämtliche Aufwendungen zu tragen.
Hinsichtlich der Kraftfahrzeugkosten sei darauf hinzuweisen, daß die in den LStR enthaltenen Kilometerpauschalen gerade nicht auf die Differenzierungen eingingen, die bei der Vielfalt der Autotypen und der unterschiedlich hohen Unterhaltungsaufwendungen denkbar seien. Im übrigen werde im Zeitpunkt der Revisionsbegründung daran gedacht, die Kilometerpauschale anzuheben.
Bei den Telefongebühren könnten nach der neuesten Rechtsprechung auch die Grundgebühren zu den Werbungskosten gehören. Auch liege der geltend gemachte Betrag im normalen Rahmen; die tatsächlichen Kosten dürften weit höher liegen, da durch das kleine Ortsnetz fast jedes Gespräch ein Ferngespräch gewesen sei. Bei 5 500 Einheiten sei die Führung von Einzelaufzeichnungen nicht zumutbar.
Insgesamt sei noch zu bemerken, daß 1976 ein außergewöhnliches Jahr gewesen sei. Dies könne jedoch nicht zu seinem, des Klägers, Nachteil verwertet werden. Der Hinweis, daß ihm für den Lebensunterhalt nur wenig geblieben sei, greife nicht durch. Denn es habe ja die Möglichkeit bestanden, aus der Substanz zu leben bzw. Darlehen aufzunehmen. Diese Frage sei nie angesprochen worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Verpflegungsmehraufwendungen
Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, daß das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr.1 EStG dazu führe, daß auf Dienstreisen entstandene Mehraufwendungen für Verpflegung nicht nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG abgezogen werden können. Zwar handelt es sich bei den Verpflegungskosten auf Dienstreisen um gemischte Aufwendungen, die nur in Höhe des durch die Reise veranlaßten Mehraufwandes beruflich veranlaßt sind. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung des BFH, daß dieser beruflich veranlaßte Mehraufwand mangels leicht feststellbarer und nachprüfbarer objektiver Maßstäbe griffweise geschätzt werden darf und muß. Darauf hat der BFH in seinem Urteil vom 14.August 1981 VI R 115/78 (BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24) hingewiesen. In dieser Entscheidung hat er auch dargelegt, daß die Schätzung der Mehraufwendungen für Verpflegung nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 19.Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) nicht unzulässig ist. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24 Bezug genommen.
Wie der BFH ebenfalls bereits im Urteil in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24 ausgeführt hat, handelt es sich bei den Pauschbeträgen der LStR für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstgängen um griffweise Schätzungen der Verwaltung, die als solche zulässig sind. Nichts anderes gilt für die hier zu beurteilenden Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen.
Der Einwand des FG, ohne Offenlegung der Berechnungsgrundlagen durch die Verwaltung könne nicht überprüft werden, ob beim Ansatz der Pauschbeträge der Vorschrift des § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) entsprechend alle für die Höhe der Mehraufwendungen maßgeblichen Umstände berücksichtigt worden seien, verkennt die Funktion der Werbungskostenpauschbeträge, die eine doppelte ist. Die Pauschbeträge dienen einerseits der Beweiserleichterung für den Steuerpflichtigen, weil er die Höhe der Werbungskosten insoweit nicht darzulegen und nachzuweisen braucht (vgl. BFH-Urteil vom 23.April 1982 VI R 30/80, BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500). Andererseits stellen sie für die Verwaltung eine Vereinfachungsmaßnahme dar, auf die diese bei der Bewältigung der Massenarbeit bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen und des Lohnsteuer-Jahresausgleichs vor allem dann angewiesen ist, wenn es sich --wie hier-- um die Schätzung eines schwer zu ermittelnden Mehraufwandes handelt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.Oktober 1978 VI R 8/76, BFHE 126, 217, BStBl II 1979, 54). Rechtsgrundlage für die Pauschbeträge in den LStR ist Art.108 Abs.7 des Grundgesetzes (GG). Zutreffend weist Seeger (Betriebs-Berater --BB-- 1984, 51, 53) in diesem Zusammenhang auf den Zweck des EStG hin, dem Fiskus Einnahmen zu verschaffen. In der Tat ist es unter Beachtung dieses Zwecks nur folgerichtig, der Verwaltung die rechtliche Möglichkeit einzuräumen, einen Aufwand, der die mögliche steuerliche Auswirkung übersteigt, im Interesse der Verwaltungsökonomie durch Vereinfachungsmaßnahmen zu vermeiden.
Sind nach alledem Werbungskostenpauschbeträge als generelle Schätzung der Verwaltung zulässig, so ergeben sich auch keine speziellen Bedenken gegen die hier in Frage stehenden Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen. Insbesondere trifft es nicht zu, daß sie grundsätzlich zu hoch angesetzt sind. Wie das FG selbst --für die Auslandstagegelder und die Regelsätze für Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung-- ausführt, hat sich die Verwaltung bei ihren Pauschbetragsregelungen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen an den entsprechenden Regelungen des öffentlichen Dienstes orientiert. Dieses Vorgehen der Verwaltung ist nicht zu beanstanden. Denn entgegen der Auffassung des FG kann davon ausgegangen werden, daß die Reisekostenansätze des öffentlichen Dienstes nicht unsachgemäß ermittelt worden sind und den tatsächlich entstandenen Mehraufwand generell zutreffend erfassen. Das folgt nach Auffassung des Senats schon daraus, daß die Festsetzung der Reisekostenpauschalen im öffentlichen Dienst durch Gesetz (vgl. Bundesreisekostengesetz) bzw. Verordnung erfolgt und nicht davon ausgegangen werden kann, daß Gesetz- und Verordnungsgeber überhöhte Sätze zuerkennen. Eine Schätzung durch die Verwaltung auf der Grundlage dieser Pauschalen erscheint daher sachgerecht.
In diesem Zusammenhang ist zusätzlich darauf hinzuweisen, daß in Abschn.25 Abs.6 LStR 1975 differenziert wird nach dem voraussichtlichen Jahreseinkommen des Arbeitnehmers und der Dauer der Dienstreise sowie danach, ob es sich um eintägige oder mehrtägige Dienstreisen handelt, Kriterien, die nicht als sachfremd zur Ermittlung des tatsächlichen Aufwands bezeichnet werden können. Allerdings ist nicht gewährleistet, daß der Mehraufwand in jedem Einzelfall zutreffend erfaßt wird. Hierauf kann es jedoch im Hinblick auf die oben gekennzeichnete Funktion von Pauschbetragsregelungen nicht ankommen.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz verbietet auch § 9a EStG der Verwaltung die Festsetzung von Werbungskostenpauschbeträgen nicht. Diese Vorschrift steht der Festsetzung von höheren Werbungskostenpauschbeträgen für spezielle Arten von Ausgaben nicht entgegen (vgl. auch Rönitz in Söhn --Herausgeber--, Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, Köln, 1982 S.301 f.; Seeger, BB 1984, 51, 52; Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 9a Anm.28 bis 31). Die Zulässigkeit der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen ergibt sich indirekt auch daraus, daß der durch das Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) 1975 neu geschaffene § 9 Abs.4 EStG sich darauf beschränkt hat, die Bundesregierung (mit Zustimmung des Bundesrates) zur Festsetzung von Höchstbeträgen für Verpflegungsmehraufwendungen zu ermächtigen, ohne die auf diesem Gebiet seit langem bestehenden Pauschbetragsregelungen der Verwaltung anzutasten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind die durch Verwaltungsvorschriften geschaffenen Werbungskostenpauschbeträge grundsätzlich auch von den FG zu beachten. Der BFH hat seine Auffassung auf die nach außen hin publizierte Selbstbindung der Verwaltung und den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gestützt (vgl. z.B. Urteile in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24, und vom 2.April 1982 VI R 48/80, BFHE 135, 509, BStBl II 1982, 498). Hieran hält der Senat fest. Er hat bereits im Urteil in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24 darauf hingewiesen, daß der Steuerpflichtige grundsätzlich davon muß ausgehen dürfen, daß die von den obersten Finanzbehörden der Länder festgesetzten und allgemein bekanntgegebenen Pauschbeträge auch auf ihn Anwendung finden, die Sammlung von Einzelbelegen deshalb unterbleiben kann. Würden die Gerichte die von der Verwaltung zulässigerweise erlassenen Pauschbetragsregelungen nicht respektieren, so könnte der damit verfolgte Vereinfachungszweck nicht erreicht werden, weil die Steuerpflichtigen schon im Hinblick auf ein mögliches Klageverfahren Einzelnachweise sammeln müßten. Vor allem aber wäre es ein schwerwiegender Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, wenn derjenige, der --aus welchen Gründen auch immer-- das FG anrufen muß, schlechtergestellt würde als die große Mehrzahl der Steuerpflichtigen, die die Pauschbeträge im Verwaltungsverfahren erhält.
Mit dieser Respektierung der Verwaltungsregelungen durch die Gerichte erhalten die Pauschbetragsregelungen nicht die Qualität von materiellen Rechtsnormen. Es liegt darin auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Hierzu hat Altehoefer (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1981, 183, 184) zutreffend darauf hingewiesen, daß dieser Vorbehalt nur für steuerverschärfende Verwaltungsvorschriften gelten kann, nicht jedoch für Verwaltungsvorschriften im Bereich der Sachverhaltsermittlung, um den es hier geht.
Daß die Anwendung der Pauschbetragsregelung nicht von der Höhe einer entsprechenden Erstattung des Arbeitgebers abhängen kann, hat der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 135, 509, BStBl II 1982, 498 a.E. ausgeführt. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann in der mangelnden Erstattung tatsächlich entstandener Kosten nicht gesehen werden, da die Fürsorgepflicht nicht so weit geht, dem Arbeitnehmer sämtliche beruflich veranlaßten Aufwendungen zu ersetzen.
Nach alledem hätte das FG die Anwendung der Pauschbeträge für die Verpflegungsmehraufwendungen nicht grundsätzlich ablehnen dürfen. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil sie von einer anderen Rechtsauffassung ausgeht. Die Sache ist gemäß § 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Dieses wird bei seiner erneuten Entscheidung von einer Anwendung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen nur absehen dürfen, wenn ihre Anwendung im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde.
Von der Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung ist --dem Vereinfachungszweck der Pauschbetragsregelung entsprechend-- zurückhaltend Gebrauch zu machen. Wie der BFH bereits entschieden hat, kann die Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung bei der Anwendung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand nicht allein damit begründet werden, daß der Arbeitnehmer in regelmäßiger Wiederkehr dieselben Zielorte anfahre und deshalb die Möglichkeiten zu preisgünstiger Essenseinnahme kenne und nützen könne (BFHE 135, 509, BStBl II 1982, 498). Der BFH hat ferner, ebenfalls nach Ergehen der Vorentscheidung, entschieden, daß die Anwendung der in den LStR vorgesehenen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei eintägigen Dienstreisen in der Regel auch dann zu keiner offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt, wenn es sich überwiegend um Fahrten in ein nur wenige Gemeinden umfassendes Gebiet in der Umgebung des Ortes handelt, in dem der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte hat (Urteil in BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500).
Nach den Grundsätzen dieser beiden Entscheidungen, an denen der Senat festhält, kann deshalb in der Regel und von dem hier nicht vorliegenden Fall einer Gemeinschaftsverpflegung abgesehen die Nichtanwendung der Pauschbeträge nicht auf das Bestehen verbilligter Eßgelegenheiten gestützt werden. Im Streitfall kommt es mithin nicht darauf an, ob --wie FA und FG gemeint haben-- der Kläger aufgrund seiner Ortskenntnisse günstiger essen konnte, als dies sonst der Fall ist, oder ob --wie der Kläger vorträgt-- sein Reisegebiet gerade durch ein besonders hohes Preisniveau gekennzeichnet ist, so daß trotz seiner Ortskenntnisse keine günstigere Verpflegung als in vergleichbaren anderen Fällen möglich sei. Derartige Streitereien sollen durch die Anwendung der Pauschbeträge gerade vermieden werden.
Allerdings kann die Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung gerechtfertigt sein, wenn bei umfangreicher Reisetätigkeit infolge der Anwendung der Pauschbeträge unverhältnismäßig geringe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verbleiben würden (Urteil in BFHE 135, 515, 518, BStBl II 1982, 500, 502). Das FG wird eine entsprechende Prüfung nachzuholen haben. Dabei kann es nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß die Berechnung des FA in der Einspruchsentscheidung zutrifft. Diese lautet wie folgt:
Bruttolohn 33 709 DM
Werbungskosten lt. Antrag 13 309 DM
Sonderausgaben (Versicherungen usw.) 8 493 DM
Lohnsteuer 4 620 DM
Telefonkosten 930 DM
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verbleiben 6 357 DM.
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Die Berechnung beruht hinsichtlich des Postens "Werbungskosten lt. Antrag" auf der Aufstellung des Klägers im Schreiben vom 29.September 1977. Diese Aufstellung weist die Verpflegungsmehraufwendungen mit 7 948,80 DM aus, während der Kläger in seinem Revisionsantrag offensichtlich von dem Betrag von 5 549,70 DM ausgeht, den das FG aufgrund der Tätigkeitsberichte festgestellt hat. Abgesehen davon sind die Fahrtkosten unter Berücksichtigung der Kilometerpauschale von 0,32 DM mit 12 556,48 DM angesetzt worden, obwohl ein Aufwand in dieser Höhe nach Ansicht des FA (und des FG) überhaupt nicht entstanden ist. Sollten die Fahrtkosten --was nach den nachstehenden Ausführungen ebenfalls noch vom FG festzustellen ist-- nicht mit der Kilometerpauschale anzusetzen sein, so würden sich die verbleibenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend erhöhen. Von verhältnismäßig geringfügigen verbleibenden Einkünften könnte jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die Fahrtkosten nur in etwa der Höhe angesetzt werden könnten, von der FA und FG bisher ausgegangen sind.
2. Fahrtkosten
Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, daß die bei Dienstreisen für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs anfallenden Aufwendungen mit den dafür in den LStR (für das Streitjahr in Abschn.25 Abs.8 Satz 3 LStR 1975) vorgesehenen Kilometerpauschalen angesetzt werden können (Urteil vom 17.Dezember 1976 VI R 118/75, BFHE 121, 193, BStBl II 1977, 295). Denn die Kilometerpauschalen stellen eine vertretbare, rechtlich mögliche Schätzung der entstehenden Fahrtkosten dar. Insoweit gelten die Ausführungen unter 1. entsprechend.
Gemäß Abschn.25 Abs.8 letzter Satz LStR 1975 führt der Ansatz der Kilometerpauschalen von 0,32 DM allerdings u.a. dann zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, wenn offensichtlich ist, daß die Kilometersätze gemessen an der Jahresfahrleistung erheblich zu hoch sind. Daraus geht hervor, daß die Kilometerpauschale nach Auffassung der Verwaltung bei ganz besonders hohen Jahresfahrleistungen --offenbar wegen der in die Berechnung einbezogenen fixen Kosten-- zu einer unzutreffenden Besteuerung führen kann. Diese Auffassung der Verwaltung ist von den Gerichten zu respektieren (zur Auslegung von Verwaltungsanweisungen vgl. z.B. Urteil in BFHE 126, 217, BStBl II 1979, 54, m.w.N.). In Fällen mit so hohen Fahrleistungen wie im Streitfall besteht deshalb Anlaß zu der Prüfung, ob die Kilometerpauschale die tatsächlich entstandenen Kilometerkosten erheblich übersteigt.
Das FG wird deshalb bei seiner erneuten Entscheidung, bevor es in eine Schätzung der Fahrtkosten eintreten kann, anhand einer überschlägigen Vergleichsberechnung zu prüfen haben, ob vom Ansatz der Kilometerpauschale abgesehen werden muß. Schon in diesem Zusammenhang wird es bei der Ermittlung der zum Vergleich heranzuziehenden tatsächlichen Kilometerkosten u.a. zu prüfen haben, ob der bisherige Ansatz einer Nutzungsdauer von fünf Jahren mit der festgestellten Fahrleistung von 48 000 km im Streitjahr vereinbar ist.
3. Telefonkosten
Bei den Telefonkosten ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich bei den Grundgebühren um nichtabziehbare Kosten der Lebensführung handele. Wie der BFH in seinem nach Ergehen der Vorentscheidung veröffentlichten Urteil vom 21.November 1980 VI R 202/79 (BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131) entschieden hat, sind Telefongrundgebühren auch bei einem privaten Telefonanschluß eines Arbeitnehmers --ggf. im Schätzungswege-- in einen privaten und einen beruflichen Anteil aufzuteilen. Hieran hält der erkennende Senat fest.
Auch die Ausführungen des FG zur Höhe der beruflich veranlaßten Gesprächsgebühren sind zu beanstanden. Steht nämlich fest, daß ein privater Telefonanschluß auch beruflich genutzt wird, so ist der berufliche Anteil nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zu schätzen (vgl. auch insoweit Urteil in BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131, m.w.N.). Wie sich aus dieser Rechtsprechung ergibt, besteht die Verpflichtung, im Schätzungswege den wahrscheinlich beruflichen Anteil zu ermitteln, gerade für Fälle, in denen --wie hier-- keine geeigneten Unterlagen für eine Berechnung zur Verfügung stehen.
Entgegen der Auffassung des FG ist aus dem BFH-Urteil vom 9.November 1978 VI R 195/77 (BFHE 126, 418, BStBl II 1979, 149) nichts anderes zu entnehmen. Im letzten Absatz dieses Urteils hat der BFH vielmehr konkrete Hinweise gegeben, welche Ermittlungen in derartigen Fällen erforderlich sind, um zu einer ordnungsgemäßen Schätzung zu gelangen. Im Streitfall hat das FG keinerlei Ermittlungen angestellt, sondern ist wegen der Äußerung des Klägers, er wisse nicht, wie ein eindeutiger Nachweis über berufliche Gespräche geführt werden solle, ohne weiteres davon ausgegangen, daß der berufliche Anteil jedenfalls nicht höher liege als die entsprechende Erstattung des Arbeitgebers. Das ist keine ordnungsmäßige Schätzung. Denn zum einen schließt die Erstattung des Arbeitgebers --wie bereits oben ausgeführt-- das Entstehen höherer Werbungskosten nicht aus. Zum anderen durfte das FG nicht im Hinblick auf die vorgenannte Äußerung des Klägers von eigenen Ermittlungen absehen; denn eine Verletzung der Mitwirkungspflicht des Klägers konnte nicht angenommen werden, weil das FG dem Kläger keine konkreten Fragen gestellt und ggf. deren Glaubhaftmachung verlangt hatte. Dessen hätte es gerade im Hinblick auf die Äußerung des Klägers bedurft, da er offensichtlich nicht wußte, welche Angaben das FG für erforderlich hielt.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG deshalb den beruflichen Anteil der Gesprächsgebühren anhand konkreter Ermittlungen, wie sie im Urteil in BFHE 126, 418, BStBl II 1979, 149 a.E. aufgezeigt sind, zu schätzen haben. Entsprechend sind die Grundgebühren aufzuteilen.
Fundstellen
Haufe-Index 60911 |
BStBl II 1986, 200 |
BFHE 145, 181 |
BFHE 1986, 181 |
BB 1986, 445-447 (ST) |
DStZ 1986, 465-467 (ST) |
HFR 1986, 184-187 (ST) |