Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff Edelmetall im Sinne der §§ 29 Abs. 2 Ziff. 9a, 77 Abs. 2 Ziff. 1 UStDB 1951.
Normenkette
UStG § 16 Abs. 2; UStDB 1951 § 29 Abs. 2 Ziff. 9a, § 77 Abs. 2 Ziff. 1, § 79
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) stellt in ihrem Betrieb u. a. aus Feingold, das sie von der Landeszentralbank erwirbt, Blattgold her und veräußert es an ausländische Abnehmer gegen Berechnung des Goldwertes und der Arbeitslöhne. Sie hat für Ausfuhrlieferungen solchen Blattgoldes im dritten und vierten Vierteljahr 1951 Ausfuhrvergütung nach § 16 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) beantragt. In einigen Fällen hat sie das Feingold von einem ausländischen Auftraggeber zur Verfügung gestellt erhalten und es gegen Berechnung des Arbeitslohns zu Blattgold geschlagen. Auch für das Entgelt dieses Blattgoldes hat sie im dritten Vierteljahr 1951 Ausfuhrvergütung beantragt. Das Finanzamt hat beide Anträge abgelehnt, weil nach § 77 Abs. 2 Ziff. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (UStDB) 1951 für die Ausfuhr von Edelmetallen keine Vergütung gewährt werde. Im zweiten Falle lägen keine Lieferungen vor, sondern es handele sich um Veredelungsaufträge, die umsatzsteuerlich als Leistungen zu beurteilen seien.
Die hiergegen eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Hinsichtlich des Entgelts für das zu Blattgold geschlagene Feingold der ausländischen Auftraggeber hat das Finanzgericht Lohnveredelungsverkehr für ausländische Rechnung im Sinne des § 27 UStDB 1951 und damit Leistungen angenommen und insoweit die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Hinsichtlich der Blattgold-Ausfuhrlieferungen stimmt es zwar mit dem Finanzamt darin überein, daß Blattgold nicht als Ware aus Edelmetall anzusehen sei; das Finanzgericht ist vielmehr in Übereinstimmung mit dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 20. Januar 1939 S 4015 -- 1 III (Umsatzsteuerkartei, S 4138 f, Karte 24) der Auffassung, daß Blattgold zu den Edelmetallen im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 9a UStDB 1951 (§ 28 Abs. 2 Ziff. 9a UStDB 1938) gehöre; für das Vergütungsrecht sei aber für Blattgold insofern eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 77 Abs. 2 Ziff. 1 UStDB 1951 getroffen, als Blattgold in der Vergütungsliste 1 unter A Nr. 36 (Anlage 3 zu § 79 UStDB) und in der im Jahre 1952 veröffentlichten Übersicht über die Nummern des statistischen Warenverzeichnisses (vgl. Anlage zum Bundessteuerblatt --BStBl.--1952 I Nr. 5) unter 7107 50 ausdrücklich mit einem Steuersatz von 1 v. H. aufgeführt sei. Die Vorentscheidung hat den ablehnenden Bescheid des Finanzamts insoweit aufgehoben, als er die beantragte Ausfuhrvergütung für die Ausfuhrlieferungen von Blattgold ablehnte.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts rügt Verletzung des materiellen Rechts; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Ablehnung der Ausfuhrvergütung für das zutreffend als Lohnveredelung für ausländische Rechnung behandelte Umsatzgeschäft ist nicht zu beanstanden.
Mit der Vorentscheidung ist auch davon auszugehen, daß Blattgold Edelmetall im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 9a UStDB 1951 darstellt und nicht eine Ware aus Edelmetall, so daß es auf den von der Beschwerdegegnerin (Bgin.) angeführten Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 9. Oktober 1951 IV S 4165 -- 111/51 nicht ankommen kann. An dem Charakter des Blattgoldes als Edelmetall ändert es nichts, daß Blattgold in einzelnen Fällen ohne weitere Verarbeitung in Handel und Industrie Verwendung finden kann; denn der Herstellungsprozeß zeigt hier, daß Blattgold nichts anderes ist als Edelmetall in der Form dünner Blättchen. Dementsprechend hat die Bgin. nach ihren eigenen Angaben ihrem ausländischen Abnehmer auch nur den Wert des Feingoldes und ihrer Arbeitsleistung in Rechnung gestellt, so daß -- wie jetzt in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgetragen wird -- etwaige Zusätze anderer Metalle zur Erzielung bestimmter Farbtöne nur unbedeutend sein können
Aus der Aufnahme von Blattgold in die Vergütungsliste 1 (Anlage zu § 79 UStDB) kann die Stpfl. ihren Vergütungsanspruch nicht herleiten; denn, wie der erkennende Senat in dem Urteil V 175/52 U vom 28. Mai 1953, BStBl. 1953 III S. 205, entschieden hat, sind die Voraussetzungen der beantragten Ausfuhrvergütung allein dem § 77 UStDB 1951 zu entnehmen, der eine erschöpfende Aufzählung dieser Voraussetzungen enthält. § 79 UStDB befaßt sich allein mit der Höhe der Vergütungssätze. Die Aufnahme in die Vergütungsliste 1 besagt lediglich, welche der dort aufgeführten Gegenstände wie Fertigund welche wie Halbwaren zu behandeln sind. Es ist der Stpfl. zuzugeben, daß die Aufführung von Blattgold unter den Halbwaren irreführend ist. Der Verordnungsgeber hat aber nicht durch die Aufnahme eines Gegenstandes in die Vergütungslisten eine Erweiterung oder Abänderung der in § 77 UStDB getroffenen Regelung herbeigeführt. Ein ähnlicher Fall findet sich übrigens auch in der Vergütungsliste 2, in der frische Salzwasserfische aufgeführt sind, obwohl diese in der Regel durch das Inland nur durchgeführt werden und deshalb nach § 77 Abs. 2 Ziff. 3 UStDB nicht vergütungsfähig sind. Ob man bei Aufstellung der Vergütungslisten nur an eine möglichst vollzählige Aufzählung aller Erzeugnisse der gewerblichen und der Ernährungswirtschaft oder auch an eine weitere Bearbeitung solcher Gegenstände gedacht haben mag, kann dahingestellt bleiben. An den Voraussetzungen dieser Bestimmung ist jedenfalls nichts geändert worden. Ist deshalb in Übereinstimmung mit der Vorentscheidung Blattgold als Edelmetall anzusehen, so entfällt gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 1 UStDB der Vergütungsanspruch. Mit Recht weist die Rb. darauf hin, daß die hier vertretene Auffassung auch dem im Wortlaut des § 16 Abs. 2 UStG klar zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken des Vergütungsrechts entspricht, die durch die Vorlieferungen entstandenen Vorbelastungen auszugleichen. Da die Vorlieferungen jedoch nach § 4 Ziff. 4 UStG in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Ziff. 9a UStDB umsatzsteuerfrei waren, würde die Gewährung einer Ausfuhrvergütung jeden inneren Grundes entbehren und dem Gesetz zuwiderlaufen. Auch aus diesem Grunde kann § 79 UStDB und die diesem beigefügten Vergütungslisten eine von § 77 Abs. 2 Ziff. 1 UStDB, der ausdrücklich auf § 29 Abs. 2 Ziff. 9a a. a. O. hinweist, abweichende Regelung nicht treffen. Auf die von der Stpfl. beigebrachten Gutachten kann es deshalb nicht mehr ankommen.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß § 79 Abs. 3 Satz 3 UStDB 1951 in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 5. August 1953 (Bundesgesetzblatt I S. 792, BStBl. I S. 281) nunmehr gleichfalls für die hier vertretene Auffassung spricht, obwohl Blattgold in der Vergütungsliste zu § 79 UStDB (Abschn. XIV, Nr. 7107 50 des Statistischen Warenverzeichnisses) nach wie vor enthalten ist.
Nach alledem war unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Bescheid des Finanzamts vom 24. Juli 1952 wieder in Kraft zu setzen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407857 |
BStBl III 1954, 93 |
BFHE 1954, 479 |