Leitsatz (amtlich)
Die Anbringung geringfügiger Zubehörteile an Kraftwagen durch den Großhändler braucht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 7 Abs. 3 UStG auch vor dem Inkrafttreten der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 nicht auszuschließen.
Normenkette
UStG 1951 § 7 Abs. 3; UStDB 1951 §§ 12, 57
Tatbestand
Die Bfin. betreibt den Handel mit Kraftwagen, Ersatzteilen, Zubehör und Treibstoff. Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 1954, ob sie die Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 UStG für die Lieferung von Kraftwagen beanspruchen kann, die sie auf Wunsch ihrer Kunden mit Auspuffblenden und Auspuffzierrohren versehen hat. Die Vorinstanzen haben dies verneint, während die Steuerpflichtige den Standpunkt vertritt, eine steuerlich schädliche Bearbeitung der Kraftwagen liege nicht vor, weil die genannten Zubehörteile nur aufgestülpt bzw. aufgeschraubt würden, so daß eine Bearbeitung im Sinne des § 12 UStDB 1951 nicht gegeben sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Steuerpflichtigen hat Erfolg. Der Senat hat zwar in seinem Urteil V 85/54 U vom 12. Mai 1955 (BStBl 1955 III S. 215, Slg. Bd. 61 S. 47) die Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 UStG in einem Falle versagt, in dem in Kraftwagen auf Wunsch der Abnehmer Rundfunkgeräte eingebaut worden sind. Damit ist aber noch nicht ausgesprochen, daß die Anbringung so geringfügiger Zubehörteile wie im Streitfalle, die mit wenigen Handgriffen am Wagen angebracht werden können, ein gleiches Ergebnis zeitigen muß. Denn der Senat hat bereits im Urteil V 219/53 U vom 1. Juli 1954 (BStBl 1954 III S. 267, Slg. Bd. 59 S. 151) entschieden, daß technisch und wirtschaftlich untergeordnete Nebenleistungen, die als bloßer Kundendienst gewertet werden können, nicht die Annahme des einheitlichen Vorgangs einer Werklieferung rechtfertigen könne. So aber liegt es im Streitfalle.
Der Reichsminister der Finanzen hat bereits in seinem Erlaß vom 15. April 1941 S 42/16 -- 113 III (Umsatzsteuerkartei des Reichsministers der Finanzen S 4216 Karte 26) die Anbringung einer ganzen Reihe von Zubehörteilen an Kraftwagen als steuerlich unschädlich angesehen. Wenn dort Auspuffblenden und Auspuffzierrohre nicht genannt sind, so offenbar nur deshalb, weil dieses Zubehör damals noch nicht im Handel war. Nach Inkrafttreten der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I S. 6, BStBl I S. 131) werden die hier streitigen Vorgänge ausdrücklich als besonders zugelassene Bearbeitungen angesehen (vgl. § 57 Abs. 2 Ziff. 8 in der Fassung dieser Verordnung). Der im allgemeinen gerechtfertigte Schluß, daß die in einem besonderen Verzeichnis zugelassenen Bearbeitungsvorgänge ohne ihre besonders angeordnete Zulassung steuerlich schädlich sind, kann nach Auffassung des Senats hier nicht Platz greifen; denn § 57 Abs. 2 Ziff. 8 a. a. O. enthält einerseits Zubehörteile, bei denen dies zutreffen mag, z. B. bei Rundfunkanlagen, anderseits aber auch so geringfügiges Zubehör wie die hier streitigen Auspuffblenden und Auspuffzierrohre, deren Anbringung weder die Annahme einer einheitlichen Werklieferung noch eine steuerlich schädliche Bearbeitung des Wagens rechtfertigen kann. Derartige Zubehörteile führen auch bei einer späteren Weiterveräußerung des Wagens im allgemeinen nicht zu einer Erhöhung des Kaufpreises. Der Senat mißt daher dem § 57 Abs. 2 Ziff. 8 a. a. O. insoweit vor allem klarstellende Bedeutung bei, die die Feststellung der Verkehrsauffassung im Einzelfall und für jeden der dort aufgeführten zahlreichen Zubehörteile entbehrlich machen soll.
Unter Aufhebung der Vorentscheidungen war demnach die Umsatzsteuer um 2091 DM (Zubilligung des ermäßigten Steuersatzes für einen weiteren Umsatzbetrag von 69 717 DM) zu ermäßigen.
Fundstellen
BStBl III 1961, 197 |
BFHE 1961, 541 |