Leitsatz (amtlich)
Für die Frage der personellen Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ist nicht ausschlaggebend, ob der beherrschende Gesellschafter der Betriebskapitalgesellschaft bei Beschlüssen über Geschäfte mit dem ihm zustehenden Besitzunternehmen vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.
Orientierungssatz
1. Sachliche Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung: Wesentliche Betriebsgrundlagen können auch immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Erfindungen sein, sofern die Produktion des Betriebsunternehmens in erheblichem Umfang auf ihnen basiert (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Für die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge wegen mangelnder Sachaufklärung ist erforderlich, daß der Kläger die Umstände im einzelnen darlegt, die das FG nach Aussicht des Klägers hätte aufklären müssen, und darlegt, welcher Mittel es sich dabei hätte bedienen müssen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1; FGO § 120 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber mehrerer Patente und Gebrauchsmuster. An diesen Schutzrechten räumte er der A-GmbH Lizenzen zur gewerblichen Verwertung ein. An der GmbH war der Kläger mit 75 v.H., seine Ehefrau mit 25 v.H. beteiligt. Der Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrags auch Geschäftsführer der GmbH.
Der Kläger behandelte die ihm in den Jahren 1973 bis 1977 zugeflossenen Lizenzgebühren als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nahm dagegen eine Betriebsaufspaltung an und sah in den Lizenzeinnahmen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb; er erließ deshalb gegen ihn Gewerbesteuermeßbescheide für diese Jahre.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern ist grundsätzlich Vermögensverwaltung und kein Gewerbebetrieb. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH zur Betriebsaufspaltung (vgl. insbesondere Beschluß des Großen Senats vom 8.November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) dann, wenn die von einer Einzelperson, einer Gemeinschaft oder einer Personengesellschaft betriebene Vermietung und Verpachtung die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an eine Kapitalgesellschaft zum Gegenstand hat (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmern als auch die Kapitalgesellschaft als Betriebsunternehmen in dem Sinn beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Betätigung; das Besitzunternehmen unterliegt in diesem Fall auch der Gewerbesteuer.
2. Im Streitfall ist das Finanzgericht (FG) davon ausgegangen, daß der Kläger Erfindungen der A-GmbH zur Nutzung überlassen hat. Es hat diese Erfindungen als eine wesentliche Betriebsgrundlage für die GmbH angesehen und demzufolge das Vorliegen einer sachlichen Verflechtung bejaht. Dem ist zuzustimmen.
a) Wesentliche Grundlagen eines Betriebs sind Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben (BFH-Urteil vom 19.Januar 1983 I R 57/79, BFHE 137, 487, BStBl II 1983, 312; vgl. auch Urteil vom 12.November 1985 VIII R 342/82, BFHE 145, 396, BStBl II 1986, 299). Dabei kann es sich auch um immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere um Erfindungen, handeln, sofern die Produktion des Betriebsunternehmens in erheblichem Umfang auf ihnen basiert (BFH-Urteile vom 20.September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869; vom 1.Juni 1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545). Das ist vorliegend der Fall, weil nach der Feststellung des FG der auf den Erfindungen des Klägers beruhende Umsatz der GmbH in den Streitjahren zwischen 61 und 82 v.H. des Gesamtumsatzes betragen hat. Nach diesen Feststellungen waren die Erfindungen der GmbH auch nicht auf Dauer überlassen, so daß nicht von ihrem wirtschaftlichen Eigentum und demgemäß von einer Veräußerung durch den Kläger ausgegangen werden müßte (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 22.Januar 1988 III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl II 1988, 537).
b) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß ein freier Erfinder aus der Verwertung von Erfindungen grundsätzlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt und daß dies auch der Fall ist, wenn er die Lizenzen einer GmbH einräumt, an der er auch selbst beteiligt ist.
Dies ist jedoch anders, wenn die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vorliegen und die Nutzungsüberlassung dadurch den Charakter einer gewerblichen Tätigkeit annimmt. Der Erfinder steht in diesem Fall nicht anders, als hätte er die Verwertung der Erfindung in seinem eigenen Gewerbebetrieb vorgenommen; auf diese Zusammenhänge ist der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545 ausführlich eingegangen. Daß eine bisher als selbständige Arbeit behandelte Tätigkeit sich nach Eintritt einer Betriebsaufspaltung als Gewerbebetrieb darstellt, kann sich auch in anderen Fällen ergeben (vgl. Urteil vom 18.Juni 1980 I R 77/77, BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39).
Dem steht auch nicht entgegen, daß persönliche Dienstleistungen allein die Betriebsaufspaltung nicht begründen können und daß Einkünfte hieraus nicht zu den gewerblichen Einkünften des Besitzunternehmens zählen (BFH-Urteil vom 9.Juli 1970 IV R 16/69, BFHE 99, 533, BStBl II 1970, 722). Demgegenüber wird mit der Überlassung von Erfindungen die Nutzung von immateriellen Wirtschaftsgütern gewährt, die bei Beurteilung der Betriebsaufspaltung der Nutzung von materiellen Wirtschaftsgütern gleichsteht; der Senat schließt sich deswegen nicht den Bedenken von Ahmann in Deutsches Steuerrecht (DStR) 1988, 595 an.
c) Das FG hat die vom Kläger vertretene Ansicht, die Erfindervergütungen seien im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit der GmbH angefallen, zutreffend abgelehnt. Eine solche Möglichkeit würde dann bestehen, wenn es sich bei den Erfindungen des Klägers um sog. Diensterfindungen i.S. des § 4 Abs.2 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 25.Juli 1957 --ArbNehmErfG-- (BGBl I 1957, 756) handeln würde, die A-GmbH die Erfindungen gemäß § 6 ArbNehmErfG in Anspruch genommen hätte und demzufolge alle Rechte an der Diensterfindung nach § 7 Abs.1 ArbNehmErfG auf die GmbH übergegangen wären. In einem solchen Fall hätte der Kläger als Arbeitnehmer der A-GmbH gegen diese einen Anspruch auf angemessene Vergütung (§ 9 Abs.1 ArbNehmErfG).
Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat nach § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, weil insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht worden sind, sind nicht alle Rechte aus den Erfindungen des Klägers auf die A-GmbH übergegangen. Das Vorbringen des Klägers, das FG habe den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, obwohl sich nach dem Gesamtvorbringen eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen, ist keine ausreichende Begründung. Für die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge wegen mangelnder Sachaufklärung ist erforderlich, daß der Kläger die Umstände im einzelnen darlegt, die das FG nach Ansicht des Klägers noch hätte aufklären müssen und welcher Mittel es sich dabei hätte bedienen müssen. Dies ist seitens des Klägers nicht geschehen. Das vom Kläger angeführte BFH-Urteil vom 26.Juni 1970 VI R 193/67 (BFHE 100, 25, BStBl II 1970, 824) ist mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Nach dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt waren die Patente vom Arbeitgeber angemeldet worden. Im Streitfall lauten die Patente auf den Namen des Klägers.
3. Zu Recht hat das FG aufgrund der Mehrheitsbeteiligung des Klägers am Betriebsunternehmen auch eine personelle Verflechtung mit dem Besitzunternehmen angenommen. Kraft dieser Mehrheit konnte der Kläger mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts (§ 47 Abs.1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) auch in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchsetzen.
Das gilt ungeachtet des Umstandes, daß der Kläger sich an Beschlüssen, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen ihm und der GmbH zum Gegenstand hatten, nicht beteiligen durfte (§ 47 Abs.4 GmbHG). Hiervon war der Abschluß von Lizenzverträgen betroffen. Da diese Rechtshandlungen zur laufenden Geschäftsführung der GmbH gehörten (§§ 35, 37 GmbHG), bestand kein Anlaß, hierüber einen Beschluß der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Es kann auch auf sich beruhen, wie im Streitfall die Geschäftsführungsbefugnisse der GmbH geregelt waren, ob insbesondere dem Kläger im Gesellschaftsvertrag Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches erteilt war, der sonst dem Abschluß von Lizenzverträgen zwischen ihm und der GmbH entgegenstehen würde. Für die personelle Verflechtung ist nur erforderlich, daß diejenigen Personen, die das Besitzunternehmen beherrschen, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen können (BFH in BFHE 100, 25, BStBl II 1970, 824); auf welchem gesellschaftsrechtlichen Wege dies geschieht, ist unerheblich. Im Streitfall war sichergestellt, daß sich in der GmbH auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten konnte, der vom Vertrauen des Klägers getragen wurde und damit auch seine Interessen als Inhaber der Erfindungen und Gebrauchsmuster berücksichtigte; das macht den Inhalt der personellen Verflechtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung aus (vgl. BFH-Urteil vom 28.Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479). Auch sonst wird in der Frage der Beherrschung einer Kapitalgesellschaft nicht auf den Stimmrechtsausschluß bei Geschäften zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter abgestellt. So wird im Handelsrecht eine im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens stehende GmbH als von dieser beherrscht und abhängig entsprechend § 17 Abs.2 des Aktiengesetzes angesehen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.September 1985 II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 337); Stimmrechtsverboten für einzelne Geschäfte zwischen den Gesellschaften wird dabei keine Bedeutung beigelegt. Sie spielen auch für die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft nach § 14 Nr.1 des Körperschaftsteuergesetzes 1977 keine Rolle.
Fundstellen
Haufe-Index 62822 |
BFH/NV 1989, 19 |
BStBl II 1989, 455 |
BFHE 156, 138 |
BFHE 1989, 138 |
BB 1989, 1105-1107 (LT1) |
DB 1989, 1115-1116 (LT) |
DStR 1989, 355 (KT) |
HFR 1989, 431 (LT) |