Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltserhöhung des Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (NV)
Die mündliche Änderung einer schriftlichen Gehaltsvereinbarung mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer kann steuerlich anerkannt werden, wenn aus der regelmäßigen Durchführung für einen außenstehenden Dritten erkennbar ist, daß eine klare Vereinbarung vorlag (Anschluß an BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645).
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
1. An der im Jahre 1981 gegründeten Klägerin sind die Eheleute K je hälftig beteiligt. K ist Geschäftsführer. Nach § 7 des Anstellungsvertrages vom 2. Januar 1981 sollte K ein Monatsgehalt von 4500 DM brutto erhalten. Tatsächlich erhielt K ab Januar 1983 ein Monatsgehalt von 5500 DM. Gemäß § 11 des Anstellungsvertrages bedürfen Vertragsänderungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine schriftliche Vertragsänderung fehlt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte die erhöhten Zahlungen von 12000 DM im Jahre 1983 als verdeckte Gewinnausschüttung.
2. Das Finanzgericht - FG - wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage als unbegründet ab. Es ging davon aus, daß in einer Gesellschafterversammlung der Klägerin im Januar 1983 eine Erhöhung des Gehalts des Geschäftsführers K auf monatlich 5500 DM einstimmig beschlossen wurde. Es fehle jedoch an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung über die Gehaltserhöhung, da die nach § 11 des Anstellungsvertrages vorgesehene Schriftform nicht beachtet worden sei. Da K als beherrschender Gesellschafter anzusehen sei, könnten die erhöhten Bezüge nicht als Betriebsausgaben gewertet werden.
3. Die Klägerin stützt ihre Revision auf Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.Februar 1989 I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631). Bei einem beherrschenden Gesellschafter kann die Vermögensminderung auch in einem Entgelt bestehen, das die Gesellschaft an den Gesellschafter zahlt, obwohl es hierfür an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645).
2. Das FG hat im Streitfall angenommen, daß K als beherrschender Gesellschafter anzusehen sei. Diese Annahme gibt Anlaß zu Zweifeln, da aus der Zustimmung beider Gesellschafter zu den Beschlüssen über die Gehaltserhöhungen noch nicht zwingend auf gleichgerichtete Interessen der Eheleute geschlossen werden kann. Die Frage kann jedoch auf sich beruhen, da die erhöhten Tätigkeitvergütungen an K auf einer Vereinbarung beruhen, die den besonderen steuerrechtlichen Anforderungen an Vereinbarungen zwischen beherrschendem Gesellschafter und der von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft entspricht.
3. Das FG ist in den Gründen der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, daß sich die Gesellschafter der Klägerin im Januar 1983 über eine Erhöhung des Gehalts des K geeinigt haben.
a) Es besteht kein Anlaß zur Annahme, daß diese Vereinbarung zivilrechtlich unwirksam gewesen wäre. Die Vereinbarung ist insbesondere nicht deshalb zivilrechtlich unwirksam, weil eine schriftliche Änderung des Anstellungsvertrages unterblieb. Auch wenn der Anstellungsvertrag für jegliche Änderung Schriftform vorsah, kann der vereinbarte Formzwang von den Vertragsparteien jederzeit aufgehoben werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. November 1973 VII ZR 205/71, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1974, 105). Die Bindung an eine im Gesetz nicht vorgesehene Schriftform kann nur solange bestehen bleiben, als die Vertragsparteien nicht einen anderen Willen haben und erkennen lassen (BFH-Urteil in BFHE 160, 225, 227, BStBl II 1990, 645). Weder die Einigung über die Schriftform noch die Aufhebung der Schriftformklausel sind formbedürftig.
Der Senat weicht damit nicht von seinem Beschluß vom 31. Juli 1991 I S 1/91 (BFHE 165, 256, BStBl II 1991, 933) ab. In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt enthielt der Anstellungsvertrag zusätzlich zu einer Schriftformklausel die Bestimmung, daß eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarung unwirksam sei. Bei dieser Rechtslage konnte - abweichend von der Rechtslage im Streitfall - auf die Schriftform nur durch schriftliche Vereinbarung verzichtet werden.
Aus dem Umstand, daß die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. und 30. November 1986 schriftlich in Form einer Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag umgesetzt wurden, kann im Streitfall nicht geschlossen werden, daß die Vertragspartner im Januar 1983 nicht auf die Schriftform verzichten wollten. Die Beschlüsse vom November 1986 wurden nach Abschluß der Außenprüfung bei der Klägerin gefaßt. Es lag nahe, daß die Klägerin nach der Beanstandung der mündlichen Vereinbarungen durch das FA versuchte, ihre Gesellschafterbeschlüsse durch Einhaltung der Schriftform gegen die von der Finanzverwaltung geäußerten Zweifel abzusichern.
b) Die Vereinbarung ist auch im voraus getroffen worden, da der Beschluß der Gesellschafter bereits im Januar des Streitjahres gefaßt wurde.
c) Es besteht kein Anlaß anzunehmen, daß es sich um eine unklare Vereinbarung gehandelt hatte. Zwar konnte die Klägerin insoweit nur einen beschränkten Nachweis führen, da sie weder den Gesellschafterbeschluß vom Januar 1983 protokolliert, noch an der Schriftform des Anstellungsvertrages festgehalten hat. Immerhin ist aus der regelmäßigen Zahlung der um monatlich 1000 DM erhöhten Gehaltsbezüge und aus der Abführung der Lohnsteuer aus den erhöhten Bezügen auch für einen außenstehenden Dritten erkennbar, daß die Leistungen des Geschäftsführers ab 1. Januar 1983 nur gegen das erhöhte Gehalt erbracht werden sollten (BFH in BFHE 160, 225, 227, BStBl II 1990, 645).
Fundstellen
Haufe-Index 302506 |
BFH/NV 1993, 385 |