Leitsatz (amtlich)
1. Die für die Fehlmengenbesteuerung maßgebende Bestandsaufnahme ist der Vorgang, der nach den Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts als solche anzusehen ist. Sie kann auf die Feststellung des Ist-Bestandes beschränkt sein.
2. Umfaßt die Bestandsaufnahme nach den im Einzelfall anzuwendenden Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts nur die Feststellung des Ist-Bestandes, so darf der Fehlmengenberechnung grundsätzlich auch ein aufgrund nachträglicher Prüfung berichtigter Soll-Bestand zugrunde gelegt werden.
Orientierungssatz
1. Unter einer Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 ist die körperliche Aufnahme der Bestände an verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu verstehen, zumindest für Fälle, in denen für die Bestandsaufnahme Vorschriften über die Verbrauchsteuern anzuwenden sind, die als Bestandsaufnahme lediglich die Aufnahme des Ist-Bestandes bestimmen (Literatur). Offen blieb, ob als Bestandsaufnahme auch ein anderer Vorgang in Betracht kommen kann, sofern sich das aus einer im Einzelfall anzuwendenden verbrauchsteuerrechtlichen Vorschrift ergibt.
2. § 161 AO 1977 ist erkennbar darauf gerichtet, als Fehlmenge diejenige Menge an verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu versteuern, die einer Lagerung zugeführt worden ist, deren Verbleib aber --mit den Mitteln der Glaubhaftmachung-- nicht als geklärt angesehen werden kann. Der Grund der Regelung über die Fehlmengenbesteuerung besteht darin, daß das Risiko eines auf der steuerbegünstigten Lagerung beruhenden Steuerausfalls vom Lagerinhaber und nicht von der Allgemeinheit getragen werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 17.3.1981 VII R 60/77, ergangen zu § 196 AO, der dem § 161 AO 1977 vergleichbar ist). Dieses Risiko hat der Lagerinhaber grundsätzlich für solche Mengen zu tragen, die dem Lager tatsächlich zugeführt worden sind, allerdings --grundsätzlich-- auch nur für solche Mengen.
3. Das HZA ist befugt, Ergebnisse, die im Rahmen des erteilten Prüfungsauftrags getroffen worden sind, zu verwerten, auch wenn die Prüfer der OFD angehört haben (hier: Durchführung einer amtlichen Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977).
Normenkette
AO 1977 § 161; MinöStDV § 21 Abs. 7
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Verteilerverkehr für leichtes Heizöl bewilligt. In ihrem Mineralölempfangslager in M wurde am 28.Februar 1977, in dem Lager in G am 1.März 1977 eine amtliche Bestandsaufnahme durchgeführt. Dabei ergab sich ein Ist-Bestand von 170 090 l. Der Abschluß des Verwendungsbuchs durch den Steueraufsichtsdienst führte zu einem Soll von 209 918 l. Dessen Gegenüberstellung mit dem Ist-Bestand ergab eine Fehlmenge von 39 828 l (0,098 %). Der Vergleich von Zu- und Abgang der Lieferung im Streckengeschäft wies einen Mehrverkauf von 36 672 l (0,172 %) aus. Im Zuge der Auswertung des Ergebnisses der Bestandsaufnahme ermittelten die Prüfer der Betriebsprüfung die Mengenbewegungen (Zu- und Abgänge) neu und gelangten zu einem Soll-Bestand von 364 065 l. Durch Gegenüberstellung mit dem genannten Ist-Bestand errechneten sie eine Fehlmenge von 193 375 l (0,554 %). Die Feststellungen der Prüfer über Zu- und Abgang der Lieferungen im Streckengeschäft ergaben einen Mehrverkauf von 190 819 l (0,725 %).
Unter Berücksichtigung der Feststellungen und Berechnungen der Betriebsprüfer sowie unter Anerkennung eines betriebsbedingten Verlustes von 0,12 % der Gesamtzugänge und der Ungenauigkeit einer Meßuhr erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) einen Steuerbescheid über 56 740,30 DM Mineralölsteuer für eine Fehlmenge von 140 535 l auf Grund § 161 der Abgabenordnung (AO 1977). Das Finanzgericht (FG) änderte den Steuerbescheid auf Grund der Klage --nach erfolglosem Einspruch--dahin ab, daß es die Mineralölsteuer auf 36 183 DM für eine --nicht aufgeklärte-- Fehlmenge von 89 576 l festsetzte. Im übrigen wies das FG die Klage ab und ließ die Revision zu.
Das FG stützte seine Entscheidung auf die Auffassung, eine Fehlmengenbesteuerung könne auch dann vorgenommen werden, wenn die Fehlmenge sich erst aus einer nach Durchführung der Bestandsaufnahme erfolgten Berichtigung der steuerlichen Anschreibungen ergebe. Das FG führt dazu aus, das Wesentliche an einer Bestandsaufnahme sei die Ermittlung des Ist-Bestandes, die nicht nachgeholt und verändert werden könne. Die Feststellung des Soll-Bestandes sei aber berichtigungsfähig und nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden. Es sei nicht erkennbar, weshalb eine Berichtigung der steuerlichen Anschreibungen nur vor Beendigung der Bestandsaufnahme zulässig sein solle. Soweit die Klägerin Lieferungen im Streckengeschäft als Lagergeschäft eingetragen habe, handele es sich um von den Betriebsprüfern zu Recht berichtigte Fehleintragungen.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin folgendes geltend: Die Bestandsaufnahme sei die unmittelbare Auswirkung der Betriebsprüfung gewesen. Der Feststellung des FG, die Verwaltung habe das Ergebnis der Bestandsaufnahme im Rahmen der Betriebsprüfung ausgewertet, werde widersprochen. Der Rechtsauffassung des FG, daß nunmehr eine Berichtigung von Fehlmengen außerhalb einer abgeschlossenen Bestandsaufnahme zulässig sein solle, könne nicht gefolgt werden. Das HZA habe die Ergebnisse der Betriebsprüfung nicht verwerten dürfen. Die Betriebsprüfung --als Verwaltungsinstitution-- sei Teil der Oberfinanzdirektion (OFD).
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Änderung des angefochtenen Urteils den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung in vollem Umfang aufzuheben.
Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Feststellungen des FG rechtfertigen die Entscheidung, daß der auf § 161 AO 1977 gestützte Steuerbescheid in der Gestalt der Entscheidung durch das FG rechtmäßig und insbesondere nicht deshalb rechtswidrig ist, weil das HZA die Ermittlung des Ist-Bestandes als Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 behandelt hat und der Fehlmengenberechnung Zu- und Abgänge zugrunde liegen, die auf Grund der Ergebnisse einer nach Aufnahme des Ist-Bestandes und nach Abschluß der Anschreibungen durch den Steueraufsichtsdienst durchgeführten Betriebsprüfung beruht.
1. Als amtlich durchgeführte Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977, bei der sich die der Steuerfestsetzung zugrunde liegende Fehlmenge i.S. des § 161 AO 1977 ergeben hat, hat nach den Feststellungen des FG das HZA zu Recht die Ermittlung des Ist-Bestandes in den Empfangslagern der Klägerin behandelt. Die Ermittlung des Soll-Bestandes einschließlich der dem Soll-Bestand zugrunde liegenden Zu- und Abgänge gehören nicht dazu.
a) Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 ist im Streitfall diejenige nach § 21 Abs.7 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStDV) i.d.F. der 15.Verordnung zur Änderung der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (BGBl I 1974, 3521) a.F. Diese Vorschrift entspricht derjenigen in § 21 Abs.6 MinöStDV in der jetzt geltenden Fassung --MinöStDV n.F.--.
aa) Der in der AO 1977 nicht näher bestimmte Begriff der Bestandsaufnahme in § 161 AO 1977 ist dahin auszulegen, daß darunter die in den Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts geregelten und entsprechend diesen Vorschriften durchgeführten Bestandsaufnahmen fallen (vgl. Koch/Teichner, Abgabenordnung, 3.Aufl., § 161 Rz.3; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, 15.Aufl., § 161 Anm.1). Das entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats, nach der Bestandsaufnahmen entsprechend den für sie maßgebenden Vorschriften durchgeführt sein müssen, um die für die Fehlmengenbesteuerung erforderliche Vermutung auszulösen (vgl. Urteile des Senats vom 8.Februar 1977 VII R 113/74, BFHE 121, 367, 370, und vom 23.März 1982 VII R 62/79, BFHE 135, 256, 260). Auch der Reichsfinanzhof (RFH) ist bei seiner Rechtsprechung über die Besteuerung von Fehlmengen an verbrauchsteuerpflichtigen Waren von einer im Verbrauchsteuerrecht bestimmten Bestandsaufnahme ausgegangen (vgl. Urteil des RFH vom 30.Juni 1926 IV A 160/26, RFHE 19, 163).
bb) Aus § 21 Abs.7 MinöStDV a.F. und aus § 21 Abs.6 MinöStDV n.F. ist zu entnehmen, daß Bestandsaufnahme im Sinne dieser Vorschriften die Feststellung oder Aufnahme des Ist-Bestandes im Mineralölempfangslager ist. Nur insoweit enthalten die für den Streitfall bedeutsamen Vorschriften Bestimmungen über die Aufnahme von Beständen. Hinsichtlich des Soll-Bestandes enthält § 21 Abs.7 MinöStDV a.F. nur die Bestimmung, daß die angeordneten Anschreibungen aufzurechnen sind; es fehlt also schon an einer Bestimmung, in der der Soll-Bestand überhaupt erwähnt ist. In § 21 Abs.6 MinöStDV n.F. ist nur bestimmt, daß der Soll- Bestand mit dem Ist-Bestand anzumelden ist. In dieser Vorschrift fehlen also Bestimmungen über die Feststellung (Aufnahme) des Soll-Bestandes.
cc) Der Senat folgt demnach der auch im Schrifttum (Koch/Teichner, a.a.O.) vertretenen Auffassung, daß unter einer Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 die körperliche Aufnahme der Bestände an verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu verstehen ist, zumindest für Fälle, in denen für die Bestandsaufnahme Vorschriften über die Verbrauchsteuern anzuwenden sind, die als Bestandsaufnahme lediglich die Aufnahme des Ist-Bestandes bestimmen. Er läßt dahingestellt, ob als Bestandsaufnahme auch ein anderer Vorgang in Betracht kommen kann, sofern sich das aus einer im Einzelfall anzuwendenden verbrauchsteuerrechtlichen Vorschrift ergibt (vgl. z.B. § 66 Abs.3 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz --BierStDB--).
Der Auffassung, daß eine Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 stets neben der Feststellung des Ist-Bestandes auch die Ermittlung des Soll-Bestandes umfaßt (vgl. v.Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., § 161 AO 1977 Anm.3; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 161 AO 1977 Tz.3), vermag der Senat dagegen nicht zu folgen. Ob die Bestandsaufnahme auch die Ermittlung des Soll-Bestandes oder die Berücksichtigung von Anschreibungen über Zu- und Abgänge umfaßt, kann nur auf Grund der im Einzelfall anzuwendenden Vorschriften im Verbrauchsteuerrecht über die Bestandsaufnahme entschieden werden. Eine andere Auffassung kann auch nicht auf die Entscheidung des RFH vom 30.Juni 1926 IV A 160/26 gestützt werden. Diese Entscheidung beruht, wie ihren Gründen zu entnehmen ist, auf einer Regelung, nach deren ausdrücklicher Bestimmung zur Ermittlung der Fehlmenge der Ist-Bestand den Anschreibungen --und damit dem Soll-Bestand-- gegenüberzustellen war. Wenn der RFH daraus entnommen hat, daß die Bestandsaufnahme --nach dieser Vorschrift-- auch die Ermittlung des Soll-Bestandes umfasse, so kann daraus nicht gefolgert werden, daß das auch in Fällen zutrifft, in denen die Bestandsaufnahme durch besondere Vorschriften anders geregelt ist.
b) Zwar läßt sich eine Fehlmenge nur dadurch ermitteln, daß der Ist-Bestand mit einem unter Berücksichtigung der Anschreibungen über die Zu- und Abgänge ermittelten Soll-Bestand --bezogen auf den Zeitpunkt der Feststellung des Ist-Bestandes-- verglichen wird. Auch daraus folgt aber nicht, daß die Ermittlung des Soll-Bestandes stets von der Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 umfaßt wird.
Zu einer anderen Folgerung bestünde möglicherweise dann Anlaß, wenn § 161 AO 1977 zu entnehmen wäre, daß als Fehlmenge nur eine solche der Versteuerung zugrunde gelegt werden dürfe, die das Ergebnis --etwa die rechnerische Folge-- einer Bestandsaufnahme sei. Das kann aber aus § 161 AO 1977 nicht entnommen werden. Vielmehr genügt es nach dieser Vorschrift, daß die Fehlmenge sich "bei" einer Bestandsaufnahme ergibt. Insoweit unterscheidet sich § 161 AO 1977 auch von der Regelung, die nach den Ausführungen des RFH in den Gründen seiner Entscheidung vom 30.Juni 1926 dieser zugrunde liegt.
Die Bestimmung in § 161 AO 1977, daß die Fehlmenge sich "bei" einer Bestandsaufnahme ergeben muß, zwingt nicht zu der Schlußfolgerung, daß die Ermittlung des bei der Fehlmengenberechnung berücksichtigten Soll-Bestandes von der Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 umfaßt wird. Die Bestimmung "bei" einer Bestandsaufnahme ist vielmehr dahin zu verstehen, daß die Feststellung einer Fehlmenge --lediglich-- im Zusammenhang mit einer Bestandsaufnahme stehen muß. Nach dieser Auslegung ergibt sich eine Fehlmenge auch dann "bei" der Bestandsaufnahme, wenn im Einzelfall die als Bestandsaufnahme behandelte Feststellung des Ist-Bestandes --neben dem ermittelten Soll-Bestand-- der Fehlmengenberechnung zugrunde gelegt wird. Durch die Heranziehung des Ist-Bestandes als Grundlage der Fehlmengenberechnung --neben dem Soll-Bestand-- wird dann der erforderliche Zusammenhang zwischen der Bestandsaufnahme und der Feststellung einer Fehlmenge erstellt.
2. Das FG ist auch ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß das HZA befugt war, der Fehlmengenberechnung die von den Betriebsprüfern ermittelten Ergebnisse über die Zu- und Abgänge zugrunde zu legen.
a) § 161 AO 1977 ist erkennbar darauf gerichtet, als Fehlmenge diejenige Menge an verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu versteuern, die einer Lagerung zugeführt worden ist, deren Verbleib aber --mit den Mitteln der Glaubhaftmachung-- nicht als geklärt angesehen werden kann. Insoweit ist das Ziel des § 161 Abs.1 AO 1977 mit dem des § 50 Abs.3 Nr.1 Satz 2 AO 1977 vergleichbar. Der Unterschied wird --abgesehen von den strengeren Anforderungen an den Nachweis nach § 50 Abs.3 Nr.1 Satz 2 AO 1977-- darin zu erblicken sein, daß die zuletzt genannte Regelung eine bestimmte (nämliche) verbrauchsteuerpflichtige Ware betrifft, während § 161 AO 1977 auf die Versteuerung einer Warenmenge ausgerichtet ist, die durch Saldierung von Zu- und Abgängen ermittelt worden ist, so daß der Bestimmtheit (Nämlichkeit) der Ware für eine Besteuerung nach § 161 AO 1977 keine Bedeutung beizumessen ist.
Die Auslegung, daß § 161 AO 1977 auf die Besteuerung einer Menge ausgerichtet ist, die einer Lagerung zugeführt und deren Verbleib nicht geklärt ist, entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 196 der Reichsabgabenordnung (AO), dem der § 161 AO 1977 vergleichbar ist. Nach dieser Rechtsprechung besteht der Grund der Regelung über die Fehlmengenbesteuerung darin, daß das Risiko eines auf der steuerbegünstigten Lagerung beruhenden Steuerausfalls vom Lagerinhaber und nicht von der Allgemeinheit getragen werden soll (vgl. Urteil des Senats vom 17.März 1981 VII R 60/77, BFHE 133, 158, 161). Dieses Risiko hat der Lagerinhaber grundsätzlich für solche Mengen zu tragen, die dem Lager tatsächlich zugeführt worden sind, allerdings --grundsätzlich-- auch nur für solche Mengen.
Das bedeutet, daß ein Lagerinhaber nach § 161 AO 1977 grundsätzlich einerseits nicht mit Steuern für verbrauchsteuerpflichtige Waren belastet werden darf, die seinem Lager tatsächlich nicht zugeführt worden sind, daß aber andererseits alle dem Lager zugeführten Waren Gegenstand der Besteuerung sein können.
b) Aus diesen Grundsätzen folgt, daß bei der Fehlmengenberechnung grundsätzlich --soweit in den für den Einzelfall maßgebenden Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts über die Bestandsaufnahme nichts anderes bestimmt ist-- alle Mengen zumindest berücksichtigt werden dürfen, die dem Lager tatsächlich zugeführt worden sind. Außerdem entspricht es dem aufgezeigten, mit § 161 AO 1977 angestrebten Ziel, dem Lagerinhaber Steuerausfälle infolge der Lagerhaltung so aufzubürden, daß die dem Lager tatsächlich entnommenen --einer Besteuerung unterworfenen oder einer steuerbegünstigten Verwendung zugeführten-- Mengen bei der Fehlmengenberechnung nicht berücksichtigt werden. Das bedeutet, daß zur Ermittlung der nach § 161 AO 1977 zu versteuernden Fehlmenge grundsätzlich der Ist-Bestand der Soll-Menge gegenübergestellt werden darf, die sich --bezogen auf den Zeitpunkt der Feststellung des Ist-Bestandes-- aus der Saldierung der dem Lager tatsächlich zugeführten und der dem Lager tatsächlich entnommenen Menge ergibt.
Daraus folgt weiter, daß das für die Fehlmengenversteuerung zuständige HZA grundsätzlich zumindest befugt ist, alle zur Ermittlung der tatsächlichen Zu- und Abgänge erforderlichen Feststellungen zu treffen und diese Feststellungen bei der Fehlmengenberechnung zu berücksichtigen.
c) Im Streitfall braucht nicht entschieden zu werden, ob das HZA auch verpflichtet ist, derartige Feststellungen zu treffen, oder ob es nicht auch befugt ist, die Anschreibungen des Lagerinhabers, insbesondere die ihm aufgegebenen, über die Zu- und Abgänge ohne nähere Prüfung zur Grundlage der Fehlmengenberechnung zu machen. Für eine solche Befugnis des HZA spricht die gesetzliche Verpflichtung des Lagerinhabers zur Führung von Anschreibungen über die Zu- und Abgänge (vgl. § 21 Abs.3 MinöStDV n.F.) und über die Verpflichtung zur Aufrechnung der Anschreibungen oder zur Anzeige des Soll-Bestandes im Zusammenhang mit der Bestandsaufnahme (vgl. § 21 Abs.7 Satz 2 MinöStDV a.F., § 21 Abs.6 Satz 1 MinöStDV n.F.). Eine derartige Befugnis kann das HZA aber nicht darin hindern, die Anschreibungen zu prüfen und Ermittlungen über die tatsächlichen Zu- und Abgänge vorzunehmen.
d) Bedenken gegen die Berücksichtigung der Betriebsprüfungsergebnisse bei der Fehlmengenberechnung durch das HZA ergeben sich auch nicht daraus, daß diese erst durch eine Prüfung nach Aufnahme des Ist-Bestandes und nach Abschluß der Anschreibungen durch den Steueraufsichtsdienst erzielt worden sind.
Wie bereits dargelegt, gehört die Ermittlung des Soll-Bestandes, bei der die Prüfungsergebnisse berücksichtigt worden sind, im Streitfall nicht zur Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977. Die Berücksichtigung dieser Prüfungsergebnisse unterbindet auch nicht etwa wegen der nachträglichen Durchführung der Prüfung den erforderlichen Zusammenhang des Ergebnisses der Fehlmenge mit der Bestandsaufnahme. Wie bereits dargelegt, kann der Zusammenhang nach § 161 AO 1977 als gewahrt angesehen werden, wenn die Feststellung des Ist-Bestandes die Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 darstellt und der Fehlmengenberechnung zugrunde liegt. Die Regelung über die Bestandsaufnahme in § 21 Abs.7 MinöStDV a.F., die im Streitfall anzuwenden ist, gibt keinen Anlaß, einen anderen, etwa zeitlichen oder auf andere Weise in der tatsächlichen Durchführung erstellten engeren Zusammenhang zu fordern.
e) Das HZA war auch nicht gehindert, die Ergebnisse einer Prüfung zu berücksichtigen, die von Angehörigen der Betriebsprüfung durchgeführt worden ist. Auch wenn der Senat davon ausgeht, daß die Prüfer --entsprechend allgemeiner Praxis-- der OFD angehört haben, war das HZA zur Verwertung der Ergebnisse, die im Rahmen des nach den Feststellungen des FG erteilten Prüfungsauftrags getroffen worden sind, befugt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 30.November 1987 VIII B 3/87, BFHE 151, 354, BStBl II 1988, 183). Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Prüfungsauftrag, in dessen Rahmen die hier bedeutsamen Ergebnisse nach den Feststellungen des FG erzielt worden sind, angefochten worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62659 |
BFH/NV 1989, 53 |
BFHE 158, 190 |
BFHE 1990, 190 |
BB 1989, 2471-2471 (L1-2) |
HFR 1990, 113 (LT) |
StE 1990, 32 (K) |