Leitsatz (amtlich)
1. Die Kürzung des Gewerbeertrags eines Wohnungsunternehmens, das eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen entfällt (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG), setzt voraus, daß diese Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Der Senat schließt sich dem Urteil des VI. Senats VI 294/65 vom 7. April 1967 (BFH 89, 130, BStBl III 1967, 559) an.
2. Ist die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so entfällt die Kürzung auch für den Gewerbeertrag, den das Unternehmen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erzielt.
Normenkette
GewStG 1961 § 9 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Revisionsbeklagte (OHG) die Kürzung ihres Gewerbeertrages 1961 als Wohnungsunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1961 verlangen kann.
Die OHG errichtete und veräußerte im Jahr 1961 im wesentlichen Eigentumswohnungen und Kaufeigenheime. Ihr Umsatz betrug 1 161 534 DM, ihr Gewerbeertrag aus dieser Tätigkeit 75 540 DM. Das FA lehnte die bezeichnete Kürzung des Gewerbeertrages ab, da die OHG sich ausschließlich mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen und Kaufeigenheimen befasse. Die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1961 setze voraus, daß der Steuerpflichtige eigenen Grundbesitz verwalte oder nutze.
Nach erfolglosem Einspruch hatte die Berufung der OHG Erfolg. Das FG ließ dahingestellt, ob die OHG auch eine Eigentumswohnung, einen Lagerraum und eigene unbebaute oder im Bau befindliche Grundstücke verwalte, da es hierauf nicht ankomme. Eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1961 sei unabhängig davon, ob eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde. Die Vorschrift müsse gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden, da keine Abgrenzungsmerkmale feststellbar seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
In der Entscheidung VI 294/65 vom 7. April 1967 (BFH 89, 130, BStBl III 1967, 559) begründete der VI. Senat des BFH ausführlich, daß ein Unternehmen den auf die Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen entfallenden Teil des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG von seinem Gewinn und den Hinzurechnungen im Sinn des § 8 GewStG nur abziehen könne, wenn die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes seine Haupttätigkeit bildeten und die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen demgegenüber eine Nebentätigkeit von nur untergeordneter Bedeutung seien.
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Der Vortrag der OHG enthält keine neuen Gesichtspunkte, die den Senat zu einem anderen Rechtsstandpunkt veranlassen könnten. Insbesondere kann nicht anerkannt werden, daß die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis zwinge. Dem Gesetzgeber mag die Förderung des Wohnungsbaues vorgeschwebt haben; die Erweiterung der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aber war hierzu kein geeigneter Weg. Die sich aus der hier vertretenen Auffassung ergebenden nachteiligen Folgen, die darin bestehen, daß, wenn die Errichtung und Veräußerung von Wohnungseigentum nicht mehr von nur untergeordneter Bedeutung ist, die Kürzung auch für den Ertrag aus der Verwaltung oder Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt, lassen sich wegen des insoweit eindeutigen Wortlauts des Gesetzes nicht ausschließen. Es ist zutreffend, daß der Gesetzgeber, wie die Entstehungsgeschichte des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zeigt, davon ausging, daß die Vergünstigung durch die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen nicht berührt werden sollte. Da der Gesetzgeber aber die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen nicht mehr nur als unschädliche weitere Tätigkeit ansah, sondern darüber hinaus auch noch die Gewerbeerträge hieraus in die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einbezog, konnte nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht zweifelhaft sein, daß die Vergünstigung in vollem Umfang verlorengeht, wenn diese Tätigkeit dasjenige Maß übersteigt, indem sie noch "daneben", d. h. neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes sowie von Kapitalvermögen unschädlich ist. Ist also die Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen nicht mehr von untergeordneter Bedeutung, so entfällt die Kürzung auch für den Gewerbeertrag, den das Unternehmen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erzielt. Es bleibt dann bei der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG.
Fundstellen
Haufe-Index 412811 |
BStBl II 1968, 16 |
BFHE 1968, 180 |