Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung einer Gemeinschaftsbrennerei auf eine Genossenschaft
Leitsatz (NV)
Haben Landwirte in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Kartoffelbrennerei betrieben und überführen sie die Brennerei auf eine gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 11 KStG 1973 (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 4 c KStG 1977) steuerbefreite Genossenschaft gegen Übertragung von Genossenschaftsanteilen, so liegt hierin ein tauschähnlicher Vorgang, der zur Realisierung der im Betriebsvermögen der Brennerei ruhenden stillen Reserven führt.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 2 Nr. 1, § 14 S. 1; UmwStG 1969 § 17 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Landwirte. Sie waren die Gesellschafter einer Kartoffelgemeinschaftsbrennerei, die in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft betrieben wurde. Die Gesellschaft unterhielt die Brennerei auf einem gepachteten Grundstück und in gepachteten Anlagen. Zum 1. Oktober 1975 legten sie ihren Betrieb mit demjenigen einer eingetragenen Genossenschaft zusammen. Das Brennrecht der Gesellschaft ging auf die Genossenschaft über; die Gesellschafter erhielten Anteile an der Genossenschaft.
Nach einer Betriebsprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zu der Auffassung, daß die stillen Reserven der Gesellschaft aufgelöst werden müßten, weil die Genossenschaft nach § 4 Abs. 1 Nr. 11 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Zweiten Steueränderungsgesetzes 1973 (jetzt § 5 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KStG 1977) steuerbefreit und damit die spätere Erfassung der Reserven nicht gewährleistet sei. Als stille Reserven erfaßte das FA den Wert des Brennrechts, das es mit 600 DM je Hektoliter, insgesamt also mit . . . DM, ansetzte. Den Aufgabegewinn rechnete das FA im Gewinnfeststellungsbescheid 1975 anteilig den Gesellschaftern zu.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) nahm den Wert des Brennrechts nach einem anderen Verkaufsfall mit . . . DM an, setzte hiervon jedoch . . . DM ab, weil den Verpächtern des Grundstücks und der Anlagen ein Pachtentschädigungsanspruch zustehe; der Anspruch sei zwar nicht geltend gemacht worden, müsse vom FA aber wie im Falle einer anderen Brennerei berücksichtigt werden.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.
1. Die Kläger unterhielten als Landwirte mit der in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft betriebenen Kartoffelbrennerei einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb i. S. von § 13 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Mitunternehmer; ihr Gewinn aus der Beteiligung war nach § 215 Abs. 2 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) einheitlich festzustellen. FG und FA sind davon ausgegangen, daß die Gesellschaft mit der Überführung ihres Brennrechts auf die steuerbefreite Genossenschaft ihren Betrieb aufgegeben habe und daß die Gesellschafter deshalb die in diesem Zeitpunkt vorhandenen stillen Reserven versteuern müßten. Dem ist nur im Ergebnis zuzustimmen.
Tatsächlich haben die Gesellschafter das Vermögen der BGB-Gesellschaft in die Genossenschaft eingebracht und dafür Gesellschaftsanteile erhalten, die zum Betriebsvermögen ihres landwirtschaftlichen Betriebs gehörten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Oktober 1981 IV R 147/79, BFHE 134, 552, BStBl II 1982, 250). In dieser Einbringung gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten liegt ein tauschähnlicher Vorgang, der nach allgemeinen Grundsätzen zur Realisierung der stillen Reserven in den hingegebenen Wirtschaftsgütern führt; dies ist für die Einbringung des Betriebes einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft entschieden (BFH-Urteile vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; vom 23. Januar 1986 IV R 335/84, BFHE 146, 235, BStBl II 1986, 623; vom 28. April 1988 IV R 52/87, BFHE 153, 562, BStBl II 1988, 829), gilt gleichermaßen aber auch für die Einbringung eines derartigen Betriebs in eine Genossenschaft. Ein hierbei entstehender Gewinn stellt einen Veräußerungsgewinn i. S. von § 14 Satz 1 EStG dar; über seinen Umfang wird in der Gewinnfeststellung für die untergehende Personengesellschaft entschieden (vgl. BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623).
Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) 1969 ist auf den Vorgang nicht anwendbar, weil § 17 Abs. 1 UmwStG sich nicht auf die Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Genossenschaft erstreckt und außerdem voraussetzt, daß die aufnehmende Körperschaft unbeschränkt steuerpflichtig ist. Eine Begünstigung ergibt sich auch nicht aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die gewinneutrale Einbringung eines Unternehmens in eine Körperschaft, die vor Inkrafttreten des UmwStG 1969 Anwendung fanden. Danach war erforderlich, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte und damit die stillen Reserven des eingebrachten Betriebs fortführte; dies setzte voraus, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer unterlag (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. Mai 1933 VI A 434/30, RFHE 33, 276, RStBl 1933, 999; BFH-Urteile vom 13. Juli 1965 I 167/59 U, BFHE 83, 390, BStBl III 1965, 640; vom 29. März 1972 I R 43/69, BFHE 105, 271, BStBl II 1972, 537). Ob diese Grundsätze nach Inkrafttreten des UmwStG 1969 noch Anwendung finden können, braucht daher nicht entschieden zu werden.
2. Bei der Ermittlung des Veräußerungspreises ist zu berücksichtigen, daß die Kläger einen lebenden Geschäftsbetrieb eingebracht haben. Der Wert ihrer Einlage ist deshalb nach dem Wert dieses Unternehmens zu beurteilen; hierbei ist auch den im Geschäftsbetrieb vorhandenen immateriellen Wirtschaftsgütern Rechnung zu tragen.
Im Streitfall gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, daß sich der Wert des Unternehmens der BGB-Gesellschaft in erster Linie nach dem Brennrecht, d. h. dem gesicherten Absatz an das Branntweinmonopol, richtet. Das FG hat den Wert des Brennrechts aus anderen Verkäufen mit . . . DM angenommen, während das FA nur . . . DM zugrunde gelegt hat.
Zu Unrecht hat das FG jedoch wertmindernd einen Entschädigungsanspruch des Verpächters des Grundstücks und der Betriebsanlagen berücksichtigt. Ein solcher Anspruch kann entstehen, wenn es zur Einstellung und Zerschlagung des Brennereibetriebes kommt. Im Streitfall ist jedoch ein lebender Betrieb übertragen worden; nach dem eigenen Vortrag der Kläger hat der Verpächter auch mit der Genossenschaft ein Pachtverhältnis unterhalten. Infolgedessen hat der Verpächter tatsächlich auch keine Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Ob das FA in einem anderen Fall gleichwohl Entschädigungsansprüche berücksichtigt hat, ist bedeutungslos.
Die Finanzverwaltung wird zu prüfen haben, ob Anlaß für eine Billigkeitsmaßnahme besteht, da die stillen Reserven des Betriebs sich in den Genossenschaftsanteilen der Kläger fortsetzen; hierdurch könnten die Kläger so gestellt werden, als hätten sie sich von vornherein als Genossenschaft organisiert.
Fundstellen
Haufe-Index 62500 |
BFH/NV 1991, 292 |