Leitsatz (amtlich)
Ein Ausnahmefall im Sinne des Rechtssatzes 1 des Urteils III R 87/70 vom 26. November 1971, der den Ansatz eines Gesamtgeschäftswerts des Unternehmens rechtfertigen könnte, liegt nicht vor, wenn der vom Erwerber übernommene Anteil 60 v. H. aller Anteile beträgt und dem Erwerber eine starke Stellung in der Gesellschaft sichert.
Normenkette
BewG 1965 §§ 2, 95 Abs. 1
Tatbestand
Das FA setzte bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, zum 1. Januar 1969 durch den Bescheid vom 26. August 1970 einen Geschäftswert für das ganze Unternehmen mit 3 280 000 DM an. Dem Ansatz des Geschäftswerts liegen folgende Vorgänge zugrunde: An der Klägerin waren am 1. Januar 1966 eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin mit einem Stammkapital von 50 000 DM und Herr X sowie eine weitere GmbH als Kommanditistin mit je 275 000 DM beteiligt. X verkaufte am 27. Januar 1966 einen Teilbetrag seines Geschäftsanteils von 55 000 DM für 372 500 DM an die als Kommanditistin beteiligte GmbH. Diese verkaufte ihren gesamten Kommanditanteil von nunmehr 330 000 DM am 28. Dezember 1967 zum Preis von 2 270 000 DM an eine Handelsgesellschaft, die ihrerseits diese Anteile am 26. September 1968 für 2 300 000 DM an eine dritte GmbH verkaufte. Das FA sah in dem bei dem letzten Verkauf über den Nominalwert von 330 000 DM gezahlten Mehrpreis von 1 970 000 DM die Konkretisierung eines Teilgeschäftswerts und errechnete daraus für das gesamte Kommanditkapital von 550 000 DM einen Gesamtgeschäftswert von 3 280 000 DM. Der Einspruch, mit dem die Klägerin den Ansatz nur eines anteiligen Geschäftswerts von 1 970 000 DM erstrebte, hatte keinen Erfolg. Das FG gab der Klage dagegen statt.
Mit der Revision beantragt das FA, unter Aufhebung des FG-Urteils den Gesamtgeschäftswert mit 3 280 000 DM zu erfassen. Es wird Verletzung des geltenden Rechts gerügt. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Das FG sei davon ausgegangen, daß jede aus Anteilsverkäufen abgeleitete Schätzung des Gesamtgeschäftswerts unsicher sei und deshalb unterbleiben müsse. Es habe nicht untersucht, ob und in welchem Umfang die nach seiner Ansicht möglichen wertbeeinflussenden Umstände tatsächlich vorgelegen hätten. Der BFH sei dagegen der Auffassung, daß nur eine vage Schätzung unzulässig sei. In allen Fällen, in denen eine kontrollierbare Wertfeststellung für einen Firmenwert durch Konkretisierung vorliege, sei der Ansatz zulässig und geboten. Im Streitfall sei die Bewertung des Gesamtgeschäftswerts durch Anteilsverkäufe ausreichend belegt und nachprüfbar. Bei den drei Verkäufen errechne sich der Gesamtgeschäftswert in ungefähr gleicher Höhe. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 EStG 1968 sei für das Bewertungsrecht nicht bindend.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie hält die Vorentscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
1. Der Senat hat in dem Urteil III R 87/70 vom 26. November 1971 entschieden, daß durch die Zahlung eines Entgelts für den anteiligen Geschäftswert beim Erwerb eines Mitunternehmeranteils ein Gesamtgeschäftswert des Unternehmens nur in Ausnahmefällen konkretisiert wird, und zwar nur dann, wenn das für den anteiligen Geschäftswert gezahlte Entgelt eindeutig und klar bestimmbar ist. Auf Abschnitt 1 der Begründung dieses Urteils wird Bezug genommen.
2. Der Senat ist der Auffassung, daß im Streitfall kein Gesamtgeschäftswert angesetzt werden kann. Es muß nämlich berücksichtigt werden, daß schon durch den ersten Verkauf, bei dem X nominell 55 000 DM seines Kommanditanteils an die andere Kommanditistin verkaufte, das bis dahin unter den beiden Kommanditisten bestehende Gleichgewicht zugunsten der Erwerberin dahin geändert wurde, daß diese Kommanditistin nunmehr 60 v. H. des Konmmanditkapitals besaß, während X nur 40 v. H. verblieben. Es ist nicht auszuschließen, daß diese Stärkung der Stellung der Kommanditistin in der Gesellschaft, den von ihr für die erworbenen Anteile gezahlten Preis bestimmt haben. Das gleiche gilt für die zwei weiteren Verkäufe, durch die zunächst die Kommanditistin ihre 60 %ige Kommanditbeteiligung und dann die Erwerberin dieselbe Beteiligung weiter veräußerten. Auch bei diesen Verkäufen ist nicht auszuschließen, daß die Möglichkeit des Erwerbs einer Beteiligung von 60 v. H. einen Anreiz zur Zahlung eines höheren Preises bot. Schon diese Umstände schließen es nach Auffassung des Senats aus, die gezahlten Preise für die Anteile als Grundlage der Berechnung des gesamten Geschäftswerts zu nehmen, so daß es keiner weiteren Prüfung bedarf, ob und in welcher Höhe durch diese Kaufpreise auch stille Reserven im Anlage- und Umlagevermögen abgegolten werden sollten, wie es das FG vermutet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 413062 |
BStBl II 1972, 312 |
BFHE 1972, 371 |