Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Treffen mehrere außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG zusammen, z. B. solche aus außerordentlichen Waldnutzungen und aus Kalamitätsnutzungen, so kann der Steuerpflichtige, und zwar bis zur Beendigung des Verfahrens in den Tatsacheninstanzen, den Antrag auf Steuervergünstigung nach § 34 EStG auf eine Art der außerordentlichen Einkünfte beschränken.
Normenkette
EStG §§ 34, 34b
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) hat in den für die Einkommensteuerveranlagung 1951 maßgebenden Wirtschaftsjahren 1950/1951 und 1951/1952 Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen und aus Kalamitätsnutzungen gehabt. Das Finanzamt hat das unter den außerordentlichen Einkünften liegende Einkommen des Bg. für das Kalenderjahr 1951 entsprechend den Grundsätzen des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 1720/30 vom 17. Dezember 1930 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1931 S. 228) und der diesen folgenden Anweisung in Abschn. 214 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951 im Verhältnis der außerordentlichen Einkünfte zueinander aufgeteilt und auf die Teile des Einkommens die verschiedenen Tarifsätze des § 34 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angewandt.
Der Bg. hat demgegenüber die Anwendung des Steuersatzes des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG auf das gesamte Einkommen begehrt. Er hat im Einspruchsverfahren den Antrag auf Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG nur noch für die Kalamitätsnutzungen aufrechterhalten. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben und hierzu im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1720/30 vom 17. Dezember 1930 müsse durch das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs IV 3/46 S vom 16. April 1947 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1950 S. 325 = Slg. Bd. 54 S. 204) als überholt angesehen werden. Nach diesem Urteil sei der allgemeine Grundsatz, daß Verluste vor Ausgleich mit anderen Einkunftsarten zunächst mit Einkünften aus der gleichen Einkunftsart auszugleichen seien, gegenüber der klaren Vorschrift des § 34 EStG, daß die außerordentlichen Einkünfte besonders zu versteuern seien, nicht anzuwenden. Wenn aber schon Verluste aus ihrer nach § 2 EStG gegebenen Einkunftsart herausgelöst würden, um dem Steuerpflichtigen die Tarifvergünstigung des § 34 EStG zu erhalten, so müsse erst recht beim Zusammentreffen mehrerer tariflich begünstigter Einkünfte mit Verlusten aus derselben oder auch einer anderen Einkunftsart eine Verrechnung in der Weise erfolgen, daß die am meisten begünstigten Einkünfte zuletzt zum Ausgleich zu bringen seien. Die Regelung in Abschn. 214 Abs. 2 EStR 1951 sei deshalb nicht mit dem Zweck des § 34 EStG in Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang sei noch darauf hinzuweisen, daß sich die Steuerberechnung des Finanzamts in diesem Punkte auch infolge des Urteils des Bundesfinanzhofs IV 29/52 S vom 7. Oktober 1954 (Slg. Bd. 59 S. 348, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 345) ändern müßte, weil bei Ermittlung des überhiebs in Abweichung von der im Urteil des Reichsfinanzhofs VI 322/42 vom 12. Mai 1943 (RStBl 1943 S. 626) vertretenen Auffassung Kalamitätsnutzungen nicht mehr auf den normalen Hiebsatz anzurechnen seien.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) hat der Vorsteher des Finanzamts im wesentlichen geltend gemacht, in dem vom Finanzgericht angeführten Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs sei nichts über eine Rangfolge von Kalamitätsnutzung und überhieb ausgesagt. Es seien nicht die Verluste, sondern die Einkünfte aus außerordentlicher Waldnutzung aus der Einkunftsart herausgelöst worden. Der vom Finanzgericht entwickelte Gedankengang habe im Gesetz keinen Niederschlag gefunden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Es erübrigt sich, auf die Ausführungen des Finanzgerichts und auf die durch das Urteil des Senats IV 29/52 S vom 7. Oktober 1954 gebotene änderung in der Berechnung der Einkünfte aus überhieb näher einzugehen, da der Vorentscheidung aus folgenden Erwägungen jedenfalls im Ergebnis beizutreten ist. Die Steuervergünstigungen des § 34 EStG werden nur auf Antrag gewährt. § 34 Abs. 3 EStG enthält zwei voneinander zu unterscheidende Vergünstigungen, für deren Gewährung verschiedene Gründe maßgebend waren. Die Vergünstigung für außerordentliche Waldnutzungen (Satz 1 und 2 a. a. O.) soll dem Ausgleich der Progression, die Vergünstigung für Kalamitätsnutzungen (Satz 3 a. a. O.) darüber hinaus dem Ausgleich von Schäden dienen (vgl. das vorgenannte Urteil IV 29/52 S vom 7. Oktober 1954 und das Urteil des Senats IV 154/57 U vom 20. März 1958, BStBl 1958 III S. 225). Es muß hiernach dem Steuerpflichtigen das Recht zuerkannt werden, seinen Antrag auf eine der beiden Vergünstigungen zu beschränken (vgl. Krill, Besteuerung der Waldnutzungen, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 3, S. 1327, besonders S. 1333). Die Antragsbeschränkung kann rechtswirksam bis zur Beendigung des Verfahrens vor dem Finanzgericht, also in der Tatsacheninstanz, erklärt werden (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 48/55 U vom 3. Mai 1957, Slg. Bd. 64 S. 604, BStBl 1957 III S. 227). Im vorliegenden Fall hat der Bg. die Erklärung im Einspruchsverfahren abgegeben. Infolge der hiernach zu beachtenden Antragsbeschränkung sind nur die Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen als steuerbegünstigt zu behandeln, so daß die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung entfällt. Da die Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen das Einkommen des Bg. übersteigen, ist auf das gesamte Einkommen der Steuersatz für die Kalamitätsnutzungen anzuwenden.
Fundstellen
Haufe-Index 409063 |
BStBl III 1958, 227 |
BFHE 1958, 589 |
BFHE 66, 589 |