Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abgrenzung der Vermietung von Grundstücken von der Beherbergung in Gaststätten nach § 4 Nr. 10a UStG 1951, § 38 UStDB 1951.
Normenkette
UStG 1951 § 4 Nr. 10a; UStDB 1951 § 38
Tatbestand
Der Kläger (Steuerpflichtige) vermietet in einem ihm gehörenden Wohnhaus (5 Appartements) in S Ferienwohnungen. Während der Saison werden die Wohnungen an Kurgäste, außerhalb der Saison an andere Personen (Arbeiter, Elektroniker eines benachbarten Flugplatzes, Ehefrauen von stationär behandelten Patienten usw.) vermietet. Die Verträge mit den Letztgenannten (sog. Dauermietern) erstreckten sich durchweg auf 2 bis 6 Monate und erbrachten im Kalenderjahr 1967 Einnahmen in Höhe von 933 DM.
Das FA hat auch diese Umsätze zur Umsatzsteuer herangezogen. Die nach erfolglosem Einspruchverfahren erhobene Klage hat das FG abgewiesen.
Es hat ausgeführt, die Vermietung der Ferienwohnungen außerhalb der Saison sei nach § 4 Nr. 10a letzter Satz UStG 1951 in Verbindung mit § 38 UStDB steuerpflichtig, da der Kläger im Sinne dieser Vorschriften eine Gaststätte betreibe. Demgegenüber könne der Kläger nicht mit dem Einwand durchdringen, daß die sogenannten Dauermieter sich nach dem Meldegesetz anmelden müßten und in S ihren Wohnsitz begründeten. Der umsatzsteuerliche Begriff der Gaststätte ergebe sich unabhängig von gewerbe- und polizeirechtlichen Begriffen aus § 38 UStDB 1951. Danach liege eine Gaststätte vor, wenn ein Unternehmer Wohn- und Schlafräume zur vorübergehenden Beherbergung von Fremden bereithalte. Das geschehe unstreitig während der Saison. Es könne aber auch hinsichtlich der Zeit außerhalb der Saison nichts anderes gelten, da auch insoweit nur für eine begrenzte, kurze Dauer vermietet würde und für alle Beteiligten feststehe, daß mit Beginn der Saison die Wohnungen wieder an Kurgäste abgegeben würden. Aus der Tatsache, daß die Wohnungen mangels Nachfrage außerhalb der Saison nicht an Kurgäste zu vermieten seien und sich der Kläger daher mit den wesentlich geringeren Einnahmen aus sonstigen gelegentlichen Vermietungen begnüge, ergebe sich nicht, daß der Kläger damit aufhöre, Wohn- und Schlafräume zur vorübergehenden Beherbergung von Fremden bereitzuhalten (§ 38 UStDB 1951). Das FG hat daher die Umsatzsteuerpflicht im Ergebnis bejaht. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat es die Revision zugelassen.
Mit der Revision rügt der Steuerpflichtige unrichtige Anwendung des Geltenden Rechts. Entgegen der Ansicht des FG würden mit den Mietern außerhalb der Saison echte Dauermietverhältnisse abgeschlossen; denn diese Mieter hätten in S ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt begründet. Daß die Wohnungen von diesen Personen nur aus einem begrenzten Anlaß oder Zweck gemietet würden, stehe einem Dauermietverhältnis nicht entgegen, zumal die Absicht bestehe, die Mieter längerfristig zu beherbergen und auf Wunsch auch längerfristige Verträge abgeschlossen werden könnten.
Der Steuerpflichtige beantragt, die Vorentscheidung und den Steuerbescheid des FA in Form der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Nach § 4 Nr. 10a Satz 2 UStG 1951 ist die Beherbergung in Gaststätten im Gegensatz zu der Vermietung von Grundstücken (§ 4 Nr. 10a Satz 1 UStG 1951) umsatzsteuerpflichtig. Eine Gaststätte im Sinne des Umsatzsteuerrechts liegt vor, wenn ein Unternehmer Wohn- oder Schlafräume zur vorübergehenden Beherbergung von Fremden bereithält (§ 38 UStDB 1951). Nach den Feststellungen werden die hier in Rede stehenden Ferienwohnungen außerhalb der Saison im Schnitt etwa 2 bis 3 Monate und nur ausnahmsweise für längere Zeiträume (höchstens bis zu 8 Monaten) vermietet. Hieraus und aus dem Personenkreis der Mieter (Montagearbeiter, Ehefrauen von in der Nähe stationär untergebrachten Patienten) hat die Vorinstanz den Schluß gezogen, daß die Wohnungen in der Regel von vornherein nur auf begrenzte Zeit, nicht aber auf die Dauer vermietet werden. Diese Schlußfolgerung ist auch insofern bedenkenfrei, als sich schon aus dem Sachzusammenhang ergibt, daß die Wohnungen bei Beginn der Saison wieder den Feriengästen zur Verfügung stehen sollen.
Bei dieser Sachlage ist die Vorinstanz zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Wohnungen auch außerhalb der Saison nur "zur vorübergehenden Beherbergung von Fremden" bereitgehalten werden und daß somit der Steuerpflichtige eine Gaststätte im Sinn des § 38 UStDB 1951 betreibt. Entscheidend hierfür ist, wie die Vorinstanz in diesem Zusammenhang richtig ausgeführt hat, die Absicht des Steuerpflichtigen, die Wohnungen auch außerhalb der Saison nicht auf die Dauer, sondern nur für begrenzte Zeit zur Verfügung zu stellen (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 9. Auflage, Anm. 2868a). Die Abgrenzung - Dauermietverhältnis oder vorübergehende Beherbergung - ist aus den umsatzsteuerlichen Begriffsbestimmungen eigenständig vorzunehmen; gewerbe- oder polizeirechtliche Meldepflichten haben dabei außer Betracht zu bleiben (vgl. Sölch-Ringleb, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Anm. 8 zu § 4 Nr. 10 UStG, Tz. 201). Die Frage, ob und inwieweit in vereinzelten Ausnahmefällen die Mieter in S ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Sinn der §§ 13, 14 StAnpG begründet haben, kann auf sich beruhen. Denn eine Aufteilung in steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze scheidet angesichts des klaren Wortlauts von § 38 UStDB 1951 ("wenn" und nicht "soweit") aus (vgl. Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Anm. 54 zu § 4 UStG 1951). Der gegenteiligen, von Moeren (in Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1956 S. 357) vertretenen Auffassung vermag sich der erkennende Senat - wie schon die Vorinstanz - nicht anzuschließen.
Die Vorinstanz ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß auch die außerhalb der Saison erzielten Einnahmen in vollem Umfang der Umsatzbesteuerung zugrunde zu legen sind. Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 425940 |
BStBl II 1972, 557 |
BFHE 1972, 305 |