Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Das Begehren einer änderung der DM-Eröffnungsbilanz kann auch im Verfahren der Einheitswertfeststellung für Betriebsvermögen geltend gemacht werden.

 

Normenkette

DMBG § 74; DMBG § 75; EStG § 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung des Betriebsgrundstücks des Beschwerdeführers (Bf.) bei der Feststellung des Einheitswerts seines Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948 und bei der Fortschreibung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1950 und 1. Januar 1951. Der Bf. hat sein Betriebsgrundstück in der DM-Eröffnungsbilanz mit dem Buchwert in der RM-Schlußbilanz von 21 990 DM angesetzt. Dieser Wert und die hieraus abgeleiteten Werte wurden bei einer Betriebsprüfung im Mai 1953 in die Prüferbilanzen vom 31. Dezember 1948, 1949, 1950 und 1951 übernommen und den rechtskräftig gewordenen Veranlagungen zur Einkommensteuer für das zweite Kalenderhalbjahr 1948, für 1949, 1950 und 1951 zugrunde gelegt. Ebenso wurde bei Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens des Bf. auf die Stichtage vom 21. Juni 1948, 1. Januar 1950 und 1951 verfahren. Der Bf. erstrebt in seinem Einspruch vom 21. Oktober 1953, daß bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sein Betriebsgrundstück nur mit dem Einheitswert von 12 200 DM angesetzt werde, und bittet das Finanzamt, einer änderung seiner DM-Eröffnungsbilanz insoweit zuzustimmen, daß das Betriebsgrundstück nunmehr mit 12 200 DM anstatt wie bisher mit 21 990 DM angesetzt werde. Für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) bei der Einkommensteuerveranlagung solle es dagegen bei dem höheren Wert des Grundstücks in der ursprünglichen DM-Eröffnungsbilanz mit Rücksicht auf die erheblichen Erschütterungen des Gebäudes durch den starken Kraftwagenverkehr verbleiben.

Einspruch und Berufung des Bf. sind ohne Erfolg geblieben. Das Urteil des Finanzgerichts beruht auf folgenden Erwägungen: Einwendungen gegen Wertansätze in der DM-Eröffnungsbilanz könnten nur im Verfahren der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden. Der Bf. wolle jedoch bei seiner Einkommensteuerveranlagung den höheren Grundstückswert für die Ermittlung der AfA beibehalten. Damit setze er sich in Gegensatz zu dem Kopplungsgrundsatz nach den §§ 74 Abs. 1, 75 Abs. 1 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG). Selbst wenn im Verfahren der Einheitsbewertung überhaupt eine änderung der DM-Eröffnungsbilanz erzielt werden könnte, wäre dies im Streitfall nicht möglich, da der Bf. die sich hieraus ergebenden ertragsteuerlichen Nachteile nicht in Kauf nehmen wolle. Offenbar beanspruche er allein deshalb höhere AfA auf das Betriebsgrundstück, um die für ihn nachteiligen ertragsteuerlichen Auswirkungen einer Bilanzänderung unwirksam zu machen.

 

Entscheidungsgründe

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Es ist richtig, daß die für die einzelnen Vermögensgegenstände nach den Vorschriften des DMBG angesetzten Werte für die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen maßgebend sind (ß 74 Abs. 1, § 75 Abs. 1 DMBG). Die Kopplungsbestimmung gilt nicht nur für Vollkaufleute, sondern auch für Steuerpflichtige, die ihre Gewinne nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Bestandsvergleich ermitteln (§§ 74 Abs. 4, 75 Abs. 2 DMBG). Das Finanzgericht ist der Ansicht, daß der Bf. die änderung seiner DM-Eröffnungsbilanz nicht im Verfahren der Einheitsbewertung geltend machen könne. Dieser Rechtsauffassung ist nicht zu folgen. Der Gesetzgeber des DMBG hat eine solche verfahrensrechtliche Beschränkung der Bilanzänderung - für die Bilanzberichtigung müßte übrigens dasselbe gelten - nicht ausgesprochen. Hierzu lag auch keine Notwendigkeit vor. Wesentlich ist nur, daß die Kopplung der Wertansätze für die Steuern vom Einkommen und Ertrag einerseits und vom Vermögen andererseits stets beachtet wird. Im übrigen ist über die Zulässigkeit der Bilanzänderung nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden. Das Finanzgericht lehnt aber auch die begehrte Bilanzänderung ab, selbst wenn sie im Verfahren der Einheitsbewertung an sich verlangt werden könnte, da der Bf. offenbar nur den guten Tropfen (niedrigere Bewertung des Betriebsgrundstücks bei der Einheitsbewertung und Vermögensteuer) wolle, den bösen Tropfen aber (gleicher Wertansatz bei der Einkommensteuer mit der Folge niedrigerer Bemessung der AfA) ablehne. Es ist allerdings wahrscheinlich, daß sich der Bf. solchen Gedanken hingegeben hat. Immerhin zwingt das Vorbringen des Bf., daß es bei der rechnungsmäßigen bisherigen AfA wegen der erhöhten Erschütterung des Gebäudes verbleiben solle, nicht notwendig zu der Annahme des Finanzgerichts. Das Finanzgericht hätte durch Befragung des Steuerpflichtigen Klarheit darüber schaffen müssen, ob er die Bilanzänderung trotz der damit verbundenen Nachteile auf einkommensteuerlichem Gebiet wünsche. Wegen dieser Mängel war das angefochtene Urteil nebst der ihm zugrunde liegenden Einspruchsentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird an das Finanzamt zur erneuten Prüfung zurückverwiesen. Für die weitere Behandlung ist auf folgende Punkte hinzuweisen: § 16 Abs. 1, 2 DMBG gewährt ein Wahlrecht für die Bewertung von Grundstücken. Das Finanzamt kann die Zustimmung zu einer Bilanzänderung verweigern, wenn das Verlangen nach der Bilanzänderung sich als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Ein solcher Verstoß kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger grundlos lange Zeit, insbesondere noch geraume Zeit nach Ergehen des Lastenausgleichsgesetzes (LAG), mit seiner Antragstellung gewartet hat. Im Streitfall kann entgegen der Auffassung des Bf. die Vermögensaufstellung zum 21. Juni 1948 vom 29. April 1953, die kein Wort über eine beabsichtigte änderung der DM-Eröffnungsbilanz enthält, noch nicht als Antrag auf änderung der DM-Eröffnungsbilanz angesehen werden. Auf das Urteil des Senats III 168 - 169/55 U vom 9. Dezember 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 25) wird hingewiesen. In diesem Urteil ist ausgeführt, daß die änderung der DM-Eröffnungsbilanz bei der Bedeutung gerade dieser Bilanz in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erklärt worden sein müsse. Auch bei der wenige Tage später (d. h. nach Einreichung der Vermögensaufstellung zum 21. Juni 1948) vorgenommenen Betriebsprüfung hat der Bf. noch nicht zu erkennen gegeben, daß er eine änderung seiner DM-Eröffnungsbilanz vorhabe. Sein Hinweis darauf, daß der Prüfer bei Errechnung des Einheitswerts des Betriebsvermögens in Tz. 34 des Betriebsprüfungsberichts von sich aus das Grundstück mit seinem Einheitswert angesetzt und deshalb für ihn (den Bf.) kein Anlaß zur Stellung des Antrags auf Genehmigung der Bilanzänderung bestanden habe, greift nicht durch. Wollte der Bf. eine änderung seiner DM-Eröffnungsbilanz erzielen, mußte er dies klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Dies ist im Streitfall jedoch erst in dem Einspruchsschreiben vom 21. Oktober 1953 geschehen. Eine Bindung des Finanzamts an die vom Betriebsprüfer in Tz. 34 seines Berichts vorgenommene Grundstücksbewertung besteht nicht. Hiernach ist der Bf. erst 14 Monate nach Inkrafttreten des LAG mit seinem Antrag auf Bilanzänderung hervorgetreten. Im Falle des Urteils III 168 - 169/55 U betrug dieser Zeitraum 13 Monate. Es lagen jedoch besondere Umstände vor, die dort dazu führen konnten, die Verwirkung der Möglichkeit der Bilanzänderung als nicht eingetreten anzusehen. Der Bf. wird im einzelnen darzulegen und das Finanzamt zu prüfen haben, ob auch im Streitfall das Vorliegen solcher Umstände anzuerkennen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408528

BStBl III 1956, 245

BFHE 1957, 123

BFHE 63, 123

BB 1956, 844

DB 1956, 835

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