Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsenabzug bei Baudarlehen für die Errichtung eines teilweise fremdvermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes
Leitsatz (amtlich)
Finanziert der Steuerpflichtige die Errichtung von Eigentumswohnungen, von denen eine oder mehrere dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die andere(n) der (nichtsteuerbaren) Selbstnutzung dienen, mit Eigenmitteln und einem Darlehen, kann er die Darlehenszinsen insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, als er das Darlehen (tatsächlich) zur Herstellung der der Einkünfteerzielung dienenden Eigentumswohnung(en) verwendet (Anschluß an BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (EFG 1996, 913) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) und die X-KG (im folgenden: KG) errichteten auf ihnen als Miteigentümern gehörenden Grundstücken in der Zeit von November 1988 bis Oktober 1989 ein Wohn- und Geschäftsgebäude. Dies besteht aus: Haus A mit insgesamt fünf Wohnungen; Haus B mit einer Büroeinheit und vier Wohnungen sowie einer Tiefgarage mit 21 Stellplätzen; Haus C, einem bereits vorhandenen Altbau.
Mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom April 1989 begründeten die Kläger und die KG an dem gesamten Grundbesitz Wohnungs- und Teileigentum. Die Kläger erhielten Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Haus A gelegenen Wohnungen, einschließlich der Nebenräume im Kellergeschoß. Seit der Bezugsfertigkeit nutzen die Kläger eine Wohnung selbst, die übrigen Wohnungen im Haus A vermieteten sie.
Die Baukosten finanzierten die Kläger mit Eigenmitteln und einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen über 1 200 000 DM. In dem Darlehensvertrag sind als Beleihungsobjekt die vier vermieteten Wohnungen und sechs Tiefgaragenstellplätze im Haus A bezeichnet.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres 1989 machten die Kläger die gesamten Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Hauses A geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ließ nur den rechnerisch ―im Verhältnis der Baukosten für die vermieteten Wohnungen zu den gesamten Baukosten― auf die vermieteten Wohnungen des Hauses A entfallenden Anteil der Zinsen zum Abzug zu. Im Verlaufe des sich anschließenden Einspruchsverfahrens berücksichtigte das FA u.a. noch für die selbstgenutzte Wohnung der Kläger gemäß § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Schuldzinsen von 7 041 DM.
Die von den Klägern erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) durch sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 913 veröffentlichtes Urteil abgewiesen. Da einzelne Eigentumswohnungen nicht für sich allein errichtet werden könnten, hätten die Kläger in bautechnischer Hinsicht ein einheitliches Gebäude erstellt und ―hieraus folgend― Darlehen und Eigenmittel zur Herstellung des gesamten Gebäudes verwendet; dementsprechend seien die Schuldzinsen nicht nur einzelnen Eigentumswohnungen, sondern dem gesamten Objekt zuzuordnen.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1989 Schuldzinsen von insgesamt 33 890 DM unter Abzug des gewährten Steuerabzugsbetrages gemäß § 10e Abs. 6 EStG (7 041 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (des Objekts Y) abzuziehen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß die Darlehenszinsen nur dann als Werbungskosten abzuziehen sind, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung von ―der Einkünfteerzielung dienenden― Mietwohnungen verwendet worden ist. Das FG hat aber zu Unrecht Eigen- und Fremdmittel bereits deshalb als zur Herstellung des gesamten Gebäude verwendet angesehen, weil es bürgerlich-rechtlich unmöglich sei, einzelne Eigentumswohnungen zu errichten.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlaßt ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften ―im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung― verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; Senatsurteile vom 2. August 1994 IX R 21/91, BFH/NV 1995, 203, und vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772). Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang ―etwa aufgrund einer Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek― reicht nicht aus (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, m.w.N.). Der wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden (Senatsbeschluß vom 22. Februar 1994 IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778; BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, unter II. 1. c, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist andererseits aber auch, ob und weshalb der Steuerpflichtige vorhandene Eigenmittel nicht zum Bestreiten der mit Darlehen finanzierten Aufwendungen eingesetzt hat. Er ist frei, wie er Fremd- und Eigenmittel verwendet; seine tatsächlich durchgeführte Entscheidung ist der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. dazu z.B. Beschluß in BFHE 184, 7, BStBl 1998, 193, unter B. I. 2.).
2. Die Feststellung, wofür das Darlehen und dementsprechend die Zinsen, deren Abzug als Werbungskosten begehrt wird, im Einzelfall tatsächlich verwendet worden sind, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, unter 1. a cc).
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer Einkunftsart als Voraussetzung für den steuermindernden Abzug der geltend gemachten Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige (Urteil in BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, unter II. 1. c, m.w.N.).
3. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der Selbstnutzung und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar (z.B. BFH-Beschluß in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 3. d, m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 23. August 1993 IX R 151/89, BFH/NV 1994, 537, unter 4.). Wie der Senat durch Urteil IX R 44/95 vom heutigen Tage entschieden hat, kann der Steuerpflichtige allerdings ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil dadurch zuordnen, daß er die Darlehensvaluta (und damit auch die für das Darlehen gezahlten Zinsen) tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung dieses Gebäudeteils verwendet. Nach den auch im Streitfall anwendbaren Grundsätzen des Urteils IX R 44/95 sind die von den Klägern gezahlten Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des eigenständigen Wirtschaftsgutes "fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil" des Hauses A zu berücksichtigen, wenn und soweit die Kläger diesem Wirtschaftsgut die zu seiner Herstellung eingesetzten Aufwendungen zugeordnet und ―objektiv nachprüfbar― mit den aufgenommenen Fremdmitteln finanziert haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die Gründe des Urteils IX R 44/95.
4. Aus dieser Entscheidung ergibt sich auch, daß die die Klageabweisung tragende Erwägung des FG, einzelne Eigentumswohnungen könnten in bautechnischer Hinsicht nicht für sich allein errichtet werden, keine Bedeutung hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und ab welchem Zeitpunkt bürgerlich-rechtlich Wohnungseigentum entsteht (vgl. dazu § 3 und § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes ―WEG―; ferner Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl., § 2 WEG Rn. 10) und wann i.S. von § 93 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes eine selbständig bewertbare wirtschaftliche Einheit "Wohnungseigentum" (vgl. dazu BFH-Urteil vom 24. Juli 1991 II R 132/88, BFHE 165, 294, BStBl II 1993, 87; ferner die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 26. November 1992, BStBl I 1993, 104, unter Tz. 2 g) anzunehmen ist. Entscheidend ist nur, ob der Steuerpflichtige ―objektiv nachprüfbar― Darlehensmittel durch ihre tatsächliche Verwendung der Einkunftssphäre zugeordnet hat.
5. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen; die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat ―von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht― nicht geprüft, ob die Kläger dem eigenständigen Wirtschaftsgut "fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil" Herstellungskosten zugeordnet und ―objektiv nachprüfbar― gesondert mit Fremdmitteln finanziert haben. Die dazu notwendigen Feststellungen hat das FG nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 55867 |
BFH/NV 1999, 704 |
BStBl II 1999, 678 |
BFHE 187, 281 |
BFHE 1999, 281 |
BB 1999, 2389 |
BB 1999, 409 |
DB 1999, 413 |
DStR 1999, 274 |
DStRE 1999, 213 |
DStZ 1999, 337 |
HFR 1999, 365 |
StE 1999, 114 |