Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der späteren Verzinsung eines im Zeitpunkt der Hingabe unverzinslichen 7c-Darlehens. Für den Steuerabschnitt, in dem die Verzinsung vereinbart wird, ist ein Rückfluß des Darlehens, verbunden mit der Hingabe eines verzinslichen Darlehens, anzunehmen.

 

Normenkette

EStG § 7c

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Holzgroßhändler und Sägewerkspächter. Er wohnt im Hause seiner verheirateten Tochter. Zum Bau dieses Hauses hat der Bf. seiner Tochter in den Jahren 1949 bis 1951 Darlehen von insgesamt 40.169 DM und im Jahre 1952 2.582 DM gegeben. Der Bf. hat für diese Darlehen die Vergünstigung nach § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen. Das Zweifamilienwohnhaus wurde in der Zeit vom Juli 1949 bis Oktober 1951 errichtet und im Dezember 1951 bezugsfertig. Der Bf. schloß am 18. Juli 1951 mit seiner Tochter und seinem Schwiegersohn einen notariellen Vertrag, in dem es u. a. heißt: "Mit Rücksicht auf diese Finanzierung (durch die 7c-Darlehen) räumt hiermit Frau ... ihren Eltern ... auf deren Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch am vorbezeichneten Grundstück ein und bewilligt und beantragt die Eintragung dieses Nießbrauchs im Grundbuch.

Der Jahreswert des Nießbrauchs wird auf 1.000 DM veranschlagt."

Außerdem räumte die Tochter ihren Eltern ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück ein. Nießbrauch und Vorkaufsrecht wurden am 3. Oktober 1951 in das Grundbuch eingetragen.

Das Finanzamt war der Ansicht, daß die Einräumung des Nießbrauchs einer Verzinsung der Darlehen des Bf. gleichkomme und daß damit das unverzinsliche Darlehen als zurückgezahlt anzusehen sei unter gleichzeitiger Hingabe eines neuen verzinslichen Darlehens. Es hat deshalb im Anschluß an eine Betriebsprüfung die in den Jahren 1949 bis 1951 als Betriebsausgaben berücksichtigten Beträge von 40.169,17 DM im Jahre 1951 als Darlehensrückfluß behandelt und den im Jahre 1952 als Betriebsausgaben geltend gemachten Betrag von 2.582,30 DM dem Gewinn 1952 hinzugerechnet.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Der Bf. sah die Bestellung des Nießbrauchs als unschädlich an, da dieser niemals ausgeübt worden sei, sondern die Tochter für die von ihm bewohnte Parterrewohnung sogar noch monatlich 50 DM Miete erhalten habe. Der Nießbrauch sei auch am 19. Juli 1957 im Grundbuch gelöscht worden. Hierbei sei richtiggestellt worden, daß ursprünglich nicht ein Nießbrauch, sondern nur ein Wohnrecht habe bestellt werden sollen. Der Bf. machte noch geltend, er und seine Ehefrau hätten sich nunmehr ein Wohn- und Benutzungsrecht für die Parterrewohnung eintragen lassen und bezahlten hierfür eine monatliche Miete von 85 DM.

Die Berufung blieb ebenfalls ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte dazu aus, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des § 7c EStG seien ursprünglich gegeben gewesen, da der Bf. seinen Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittle und zunächst unverzinsliche Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus gegeben habe. In der Einräumung des Nießbrauchsrechts müsse jedoch eine Verzinsung der Darlehnsbeträge gesehen werden, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Einräumung des Nießbrauchsrechts und den hingegebenen Darlehen bestehe. Der Zusammenhang ergebe sich eindeutig aus der Urkunde über die Nießbrauchsbestellung, in der ausdrücklich festgestellt werde, daß dieser mit Rücksicht auf die Finanzierung des Wohnhauses eingeräumt werde. Der Wert des Nießbrauchsrechts sei mit 1.000 DM veranschlagt worden. Die Höhe der Darlehnsverzinsung spiele außerdem für die zu entscheidende Frage keine Rolle. Eine Unverzinslichkeit der gegebenen Darlehen, die Voraussetzung für deren Abzugsfähigkeit sei, liege nicht vor, wenn der Empfänger des Darlehens dem Geber statt barer Zinsen andere geldwerte Vorteile zuwende, wie sie hier in der Bestellung des Nießbrauchs gesehen werden müßten. Hinzu komme, daß der Bf. sich auch ein dingliches Vorkaufsrecht an dem Grundstück habe eintragen lassen, das er als Eigentümer eines auf dem Grundstück stehenden Holzhauses auch nutze, und schließlich, daß der Bf. das gesamte Grundstück als Kreditunterlage verwandt und darauf Grundschulden habe eintragen lassen. Diese Umstände hätten für sich allein jedoch nicht ausgereicht, eine Verzinsung des Darlehens anzunehmen.

Da die Voraussetzungen der Unverzinslichkeit der Darlehen im Jahr 1951 weggefallen seien, seien die in den Jahren 1949 bis 1951 hingegebenen Beträge als zurückgeflossen anzusehen. Bei dem im Jahre 1952 hingegebenen Darlehnsbetrage könne dahingestellt bleiben, ob wegen der ab 1. Juli 1951 geltenden Neufassung des § 7c EStG überhaupt noch eine Vergünstigung habe gewährt werden können. Darauf brauche nicht eingegangen zu werden, da die Nichtabzugsfähigkeit dieses Betrages bereits an der Verzinslichkeit des Darlehens scheitere.

Der Einwand des Bf., daß der Nießbrauch, von dem er in den Jahren 1951 bis 1957 keinen Gebrauch gemacht habe, im Jahre 1957 gelöscht worden sei, könne zu keiner anderen Entscheidung führen. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Nießbrauchsbestellung, mit dem ein Rückfluß der Darlehnsbeträge angenommen werden müsse. Der Rückfluß der Darlehen könne nicht wieder rückgängig gemacht werden. Auch die Tatsache, daß der Bf. von dem ihm eingeräumten Recht keinen Gebrauch gemacht und zeitweise sogar Miete - wenn auch eine etwas geringere Miete als ortsüblich angemessen - an seine Tochter gezahlt habe, sei unerheblich, da der Bf. nach dem Vertrage jedenfalls das Recht gehabt habe, den Nießbrauch lebenslänglich auszuüben. Wenn er auf dieses Recht jahrelang verzichtet habe, so liege darin jeweils eine Schenkung an seine Tochter. Im übrigen müßten Steuerpflichtige, die die Vergünstigungsvorschriften des § 7c EStG in Anspruch nähmen, auch in Kauf nehmen, daß bei der steuerlichen Würdigung ihres Vorbringens, insbesondere bei der Auslegung von Verträgen unter nahen Angehörigen, Unklarheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art zu ihren Lasten gingen. Es könne nicht unterstellt werden, daß der Bf. ein Nießbrauchsrecht nicht gewollt habe, obwohl er sich dieses Recht formgültig und unter Berücksichtigung privater Einzelwünsche habe eintragen lassen.

Mit der Rechtsbeschwerde wiederholt der Bf. im wesentlichen sein früheres Vorbringen und meint, es komme darauf an, ob ihm, wenn schon eine Verzinsung der Darlehen angenommen werde, dieser Zins oder zinsesgleiche Wert tatsächlich zugeflossen seien. Da er von dem Nießbrauchsrecht nie Gebrauch gemacht habe, könne von einem Zufluß und damit von einer Verzinslichkeit keine Rede sein. Auch aus der Tatsache, daß er das Grundstück als Kreditunterlage genutzt habe, könne nicht auf die Verzinslichkeit des Darlehens geschlossen werden. Für die Inanspruchnahme des Grundstückes als Kreditunterlage bei der Gewährung eines Aufbaudarlehens und eines Flüchtlingskredits an ihn seien besondere Verhältnisse maßgebend gewesen; ohne Sicherstellung hätte er Kredite nicht erhalten können.

Das Finanzgericht hätte nach seiner Auffassung auch prüfen müssen, ob er bei der Stellung, die er auf Grund des Nießbrauchs und der Belastung des Grundstückes mit Sicherungshypotheken eingenommen habe, nicht, wirtschaftlich gesehen, die Stellung eines Eigentümers gehabt habe, so daß ihm zum mindesten die Abschreibung nach § 7b EStG zugestanden hätte. Schließlich hätte bei den bestehenden Verhältnissen nur ein kurzfristiges Nutzungsrecht angenommen werden können, das zur Annahme einer Verzinsung der Darlehen nicht ausgereicht hätte. Aus alledem ergebe sich, daß das Finanzgericht den Tatbestand in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht ausreichend geprüft habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Der Senat tritt in vollem Umfange den Ausführungen des Finanzgerichts bei und bemerkt ergänzend noch folgendes: Die Frage, wann ein Darlehen als verzinslich anzusehen ist, ist bislang höchstrichterlich nur in dem sachlich anders gelagerten Falle des Urteils I 195/55 U vom 8. November 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 391, Slg. Bd. 61 S. 499) behandelt worden. Der Senat tritt jedoch der übereinstimmend in der Literatur vertretenen Auffassung bei, daß eine Verzinsung eines Darlehens nicht nur im Falle der Vereinbarung von Barzinsen gegeben ist, sondern auch dann, wenn sich der Darlehnsgeber im Zusammenhang mit der Darlehnsgewährung bestimmte, abgrenzbare wirtschaftliche Vorteile anderer Art gewähren läßt (siehe dazu Littmann, 5. Auflage, Anm. 33 und 146 zu § 7c EStG; Hartmann-Böttcher, Anm. 15 zu § 7c EStG; von der Velde, Der Betrieb, 1952 S. 336; Böttcher-Grass, § 7c-Handbuch, XI L S. 19, und Einkommensteuer-Richtlinien 1950 und 1951 Abschn. 74a). Daß in der eindeutig mit der Darlehnsgewährung im Zusammenhang stehenden Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchs - wobei der Beweggrund für die Einräumung derselben unerheblich ist - eine geldwerte und damit als Verzinsung anzusehende Leistung liegt, hat das Finanzgericht zutreffend ausgeführt. Es hat ferner mit Recht betont, daß in der Umwandlung eines zinsfreien Darlehens in ein verzinsliches ein Rückfluß des Darlehens zu erblicken ist, und daß es nur auf die Einräumung des Nießbrauchs, nicht aber darauf ankommt, ob der Bf. von seinem Nießbrauchsrecht Gebrauch gemacht hat. Das gleiche würde gelten, wenn eine Barverzinsung vereinbart ist, der Zinsberechtigte aber auf die Zahlung der Zinsen verzichtet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob nicht auch die Einräumung eines Wohnrechtes, da nach der Darstellung des Bf. von Anfang an benachsichtigt gewesen ist, bereits als geldwerter Vorteil für die Darlehnsgewährung angesehen werden muß. Das Finanzgericht hat daher mit Recht einen Rückfluß der Darlehen aus den Jahren 1949 bis 1951 im Jahre 1951 angenommen und die Abzugsfähigkeit des im Jahre 1952 gewährten Darlehens nicht anerkannt. Es bedurfte auch nicht einer Prüfung der Frage, ob der Bf. nicht als wirtschaftlicher Eigentümer des Hauses anzusehen und ihm deshalb die Absetzung für Abnutzung nach § 7b EStG zuzubilligen war, da hierfür die Akten keinen Anhalt ergeben. Die Einräumung eines Nießbrauchs und die Belastung des Hauses für Verbindlichkeiten des Bf. mit Zustimmung der Tochter reichen zur Annahme eines wirtschaftlichen Eigentums nicht aus. Schließlich kann bei einer sechsjährigen Dauer auch nicht von einem nur kurzfristigen Nießbrauch gesprochen werden.

Die Rechtsbeschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409240

BStBl III 1959, 76

BFHE 1959, 194

BFHE 68, 194

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