Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Vergünstigungsregelung in Abschn. 70 Abs. 2 KStR 1951 ist nicht anwendbar, wenn der Wasserversorgungsbetrieb mit anderen Versorgungsbetrieben der Gemeinde zu einem einheitlichen Eigenbetrieb zusammengefaßt und die Zusammenfassung steuerlich anerkannt ist.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6, § 21; KStR Abschn. 70 Abs. 2; EigVO § 22
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung der Vereinfachungsmaßnahmen des Abschn. 70 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1951 auf den Wasserversorgungsbetrieb der beschwerdeführenden Gemeinde, der mit deren Stromversorgungsbetrieb zu einem einheitlichen Betrieb zusammengefaßt ist. Das Finanzamt hat seit Jahren den Gemeindebetrieb mit seinen Einkünften aus den Wasser- und Stromversorgungsanlagen steuerlich als einheitlichen Betrieb behandelt und als Eigenbetrieb zur Körperschaftsteuer herangezogen.
Im Einspruchsverfahren gegen die Körperschaftsteuerveranlagung 1951 hat die Gemeinde beantragt, den Wasserversorgungsbetrieb nach Abschn. 70 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1951 zu behandeln. Hiernach sollen kleine Wasserversorgungsbetriebe mit einer jährlichen Wasserabgabe bis zu 60 000 cbm (ab 1953 nach Abschn. 51 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1953, 100 000 cbm) aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung grundsätzlich nicht zur Körperschaftsteuer veranlagt werden. Der Steuerausschuß hat dem Antrag der Gemeinde entsprochen und den Gewinn aus dem Wasserversorgungsbetrieb von der Körperschaftsteuer freigestellt.
Mit der dagegen eingelegten Berufung hat der Vorsteher des Finanzamts geltend gemacht, Abschn. 70 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien gelte nur für reine Wasserversorgungsbetriebe als selbständige Steuersubjekte, nicht dagegen, wenn der Wasserversorgungsbetrieb mit einem anderen Versorgungsbetrieb zu einem einheitlichen Betrieb zusammengefaßt und die Zusammenfassung steuerlich anerkannt sei. Das Finanzamt hat für die Beschränkung der Vergünstigung auf reine Wasserversorgungsbetriebe auf die Anweisung der Oberfinanzdirektion vom 29. Januar 1953 S. 2545 Anlage 9 verwiesen.
Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben und ausgesprochen, daß bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzung der Anwendung der Regelung für kleine Wasserversorgungsbetriebe nach Abschn. 70 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1951 nicht gegeben sei. Nach § 22 der Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (Reichsgesetzblatt I S. 1650) seien die Versorgungsbetriebe einer Gemeinde ohne Rechtspersönlichkeit zu einem Gemeindebetrieb zusammenzufassen und sollten den Namen "Gemeindewerke" bzw. "Stadtwerke" erhalten. Die Zusammenfassung zu einem einheitlichen Betrieb könne auch steuerlich anerkannt werden, wenn genügend Merkmale für die einheitliche Organisation der Versorgungsbetriebe vorlägen. Die einheitliche Buchführung für alle wirtschaftlichen Betriebe der Gemeinde sei als ausreichendes Merkmal für eine einheitliche Organisation anzusehen. Dabei sei es ohne Bedeutung, daß diese Form der Rechnungslegung den Gemeinden vorgeschrieben sei. Das Finanzgericht hat festgestellt, daß steuerlich seit Jahren die Zusammenfassung der Versorgungsbetriebe der beschwerdeführenden Gemeinde zu einem selbständigen Steuersubjekt anerkannt sei.
Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Gemeinde. Es sei vom Finanzgericht übersehen, daß § 22 der Eigenbetriebsverordnung nicht anzuwenden sei, weil nach der Ersten Ausführungsanweisung zur Eigenbetriebsverordnung vom 22. März 1939 (Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern S. 633) zu § 25 von der Anwendung der Verordnung alle Eigenbetriebe der Gemeinden mit weniger als 3 000 Einwohnern freigestellt seien. Hierunter falle die beschwerdeführende Gemeinde. Ihre Buchführung ermögliche auch eine abgesonderte Betrachtung der Verwaltung und des Ergebnisses der wirtschaftlichen Unternehmen entsprechend § 102 der Landesgemeindeordnung. Daher sei gemäß der Regelung des Abschn. 70 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1951 von der Veranlagung des Wasserversorgungsbetriebs zur Körperschaftsteuer abzusehen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
An sich ist jeder Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eine besondere körperschaftsteuerliche Rechtsperson. In der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 131/53 U vom 10. Mai 1955 (Slg. Bd 61 S. 32, Bundessteuerblatt 1955 III S. 210) ist ausgeführt, daß es die Körperschaft des öffentlichen Rechts grundsätzlich in der Hand hat, die organisatorischen Maßnahmen beim Aufbau ihrer Betriebe gewerblicher Art und Hoheitsbetriebe im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (Gemeindeordnung, Eigenbetriebsverordnung) so zu treffen, wie sie es für zweckmäßig hält. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der Zusammenfassung ist das Vorliegen sachlicher Gründe für die betriebliche Vereinheitlichung. Daher ist von den Finanzverwaltungsbehörden wie von der Rechtsprechung die Zusammenfassung der Versorgungsbetriebe einer Gemeinde zu einem einheitlichen Eigenbetrieb - wie sie nach § 22 der Eigenbetriebsverordnung sogar vorgeschrieben ist - stets anerkannt worden (ebenso Abschn. 9 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1951). Die Zusammenfassung hat den Vorteil für die Gemeinde, daß der Verlust eines Teiles des zusammengefaßten Betriebs gegen den Gewinn anderer Betriebsteile ausgeglichen werden kann. Dies ist nicht möglich, wenn jeder Betrieb gewerblicher Art als selbständige körperschaftsteuerliche Persönlichkeit behandelt wird, wie dies an sich der gesetzgeberische Zweck der Vorschrift (Belastung der Betriebe der öffentlichen Hand mit den gleichen Steuern wie die entsprechenden Betriebe der Privatwirtschaft) im Auge hat. Hat aber eine Gemeinde eine Zusammenfassung ihrer Betriebe vorgenommen und ist diese auch steuerlich anerkannt, so besteht für die Gemeinde nur noch eine beschränkte Freiheit zur Aufteilung des einheitlichen Betriebs für körperschaftsteuerliche Zwecke. Ebenso wie die Zusammenfassung der einzelnen Betriebe miteinander zu einem einheitlichen Eigenbetrieb nur anerkannt wird, wenn der Zusammenschluß aus sachlichen inneren betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist, so kann auch die Aufteilung des anerkannten einheitlichen Betriebs in seine Teile nur aus sachlichen Gründen, nicht aber aus rein steuerlichen Gründen zugelassen werden. Im vorliegenden Falle will die Gemeinde ohne jegliche änderung der Verhältnisse diese Trennung vorgenommen wissen. Vom Finanzgericht ist zutreffend festgestellt, daß das Merkmal der einheitlichen Organisation bei der Gemeinde gegeben ist, was aus der einheitlichen Buchführung hervorgeht. An diese tatsächliche Feststellung ist der Bundesfinanzhof gebunden.
Aber abgesehen von diesen Rechtsgedanken, die die Rechtsgültigkeit der Anordnung in den Richtlinien voraussetzen, ist die Rechtsbeschwerde im Ergebnis unbegründet, weil die Gemeinde auf die Anwendung der in den Richtlinien getroffenen Regelung einen durch Gesetz gestützten Rechtsanspruch nicht hat. § 21 des Körperschaftsteuergesetzes, zu dem Abschn. 70 der Körperschaftsteuer-Richtlinien ergangen ist, ermächtigt die Finanzämter zur Festsetzung der Steuer in einem Pauschbetrag unter der Voraussetzung einmal, daß das der Steuer unterliegende Einkommen offenbar nur geringfügig ist und zweitens, daß die genaue Ermittlung dieses Einkommens zu einer unverhältnismäßig großen Verwaltungsarbeit führen würde. Es liegt im vorliegenden Falle weder eine Pauschalierung der Steuer durch das Finanzamt vor, noch sind die Voraussetzungen der Geringfügigkeit der Steuerbeträge noch die der Verwaltungsvereinfachung gegeben. Denn, würde die Herausnahme des Wasserversorgungsbetriebs aus dem einheitlichen Eigenbetrieb der Gemeinde zugelassen, müßte nach wie vor der übrigbleibende Versorgungsbetrieb steuerlich behandelt werden.
Auf die zu entscheidende Frage ist ferner nicht von Einfluß, daß nach der Ersten Ausführungsanweisung zur Eigenbetriebsverordnung die vorliegende Gemeinde von der Eigenbetriebsverordnung freigestellt ist. Zweck dieser Bestimmung ist es, den einfacheren Verhältnissen in kleineren Gemeinden Rechnung zu tragen, weil diese Gemeinden im Hinblick auf ihre Verwaltungseinrichtungen zur Handhabung der Verordnung nicht in der Lage sind (vgl. Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern 1939 S. 635 zu § 1). Es handelt sich bei dieser Bestimmung um eine rein gemeinderechtliche Regelung. Diese steht weder der steuerlichen Zusammenfassung in einen Eigenbetrieb entgegen, noch der Trennung eines zusammengefaßten Betriebs, wenn dies aus sachlichen Gründen als zweckmäßig erscheint. Diese Bestimmungen können also keinen Grund abgeben, um der Gemeinde für steuerliche Zwecke zu gestatten, den zusammengefaßten Betrieb willkürlich, insbesondere nur aus steuerlichen Gründen in seine Teile aufzulösen.
Fundstellen
Haufe-Index 408433 |
BStBl III 1956, 133 |
BFHE 1956, 361 |
BFHE 62, 361 |