Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen, die einem Übungsleiter und Bootsobmann der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) durch die Fahrten von der Wohnung zu den von der DLRG bewachten Freibädern und Hallenbädern entstehen, können als Spenden abziehbar sein, soweit gegen die DLRG ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen besteht und auf die Erstattung verzichtet wird.
Normenkette
EStG 1971 § 10b Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1971 als Übungsleiter und Bootsobmann einer Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft e. V. (DLRG) tätig. Zur Verrichtung der von ihm übernommenen Aufgaben fuhr er mit dem eigenen PKW zu den von der DLRG bewachten Freibädern und Hallenbädern sowie einmal wöchentlich zur Geschäftsstelle seiner Ortsgruppe. Die DLRG besitzt keine eigenen Kfz und ist darauf angewiesen, daß die Mitglieder für die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstellen ihr eigenes Fahrzeug zur Verfügung stellen. Von der Möglichkeit, eine Erstattung von Fahrtkosten zu beanspruchen, machte der Kläger keinen Gebrauch. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1971 beantragte er, seine Fahrtkosten, über deren Höhe die DLRG eine Spendenbescheinigung ausgestellt hat, als Spenden i. S. von § 10 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte dies ab.
Die Klage hatte Erfolg. Zur Begründung des in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 420 (EFG 1975, 420) veröffentlichten Urteils führte die Vorinstanz aus: Dem Kläger seien durch die Fahrten mit seinem PKW zu den Einsatzstellen Ausgaben i. S. des § 10 b Abs. 1 EStG entstanden, die an sich die DLRG hätte tragen müssen. Aus der Spendenbescheinigung ergebe sich, daß sich die DLRG als Empfänger der Fahrleistungen des Klägers angesehen habe. Gegen die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Spendenabzugs beständen keine Bedenken.
Hiergegen richtet sich die Revision, mit der das FA eine Verletzung des § 10 b EStG i. V. m. § 48 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) rügt. Es trägt vor: Eine Zuwendung i. S. dieser Vorschriften liege nur vor, wenn einer zur Entgegennahme von Spenden berechtigten Institution Geld oder geldwerte Leistungen zugeführt oder ihr unausweichlich erwachsende Ausgaben von dem Zuwendenden abgenommen würden. Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger zur Förderung des Zwecks einer in § 48 Abs. 3 EStDV bezeichneten Institution nach eigenem Ermessen an Dritte tätige, stellten zwar Ausgaben i. S. des § 10 b EStG dar, seien jedoch keine Zuwendungen i. S. des § 48 EStDV.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Gemäß § 10 b Abs. 1 EStG 1971 sind Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zu bestimmten Höchstbeträgen als Sonderausgaben abzugsfähig. § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV 1971 beschränkt die Abzugsfähigkeit von Ausgaben dieser Art auf Zuwendungen an die in § 4 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bezeichneten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 c EStG).
Der Sonderausgabenabzug gemäß § 10 b Abs. 1 EStG setzt - neben weiteren hier nicht streitigen Erfordernissen - voraus, daß dem Spender Ausgaben zur Förderung der begünstigten Zwecke entstanden sind. Als Ausgaben in diesem Sinne gelten auch Zuwendungen von Wirtschaftsgütern mit Ausnahmen von Nutzungen und Leistungen (§ 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG). Zu den Ausgaben i. S. des § 10 b Abs. 1 EStG gehören alle Wertabgaben, die aus dem geldwerten Vermögen des Spenders zur Förderung der in § 10 b Abs. 1 EStG begünstigten Zwecke abfließen. Hierunter fallen neben Geldzahlungen und Sachzuwendungen auch Aufwendungen, die der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit sonst nicht berücksichtigungsfähigen Leistungen erbringt. Soweit ein Steuerpflichtiger einer begünstigten Institution lediglich seine Zeit oder seine Tätigkeit zur Verfügung stellt, liegen Spenden nicht vor (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juli 1969 VI R 269/67, BFHE 96, 471, BStBl II 1969, 681, und vom 24. Februar 1972 IV R 2/68, BFHE 105, 465, BStBl II 1972, 613). Aus dem Ausschluß von "Nutzungen und Leistungen" in § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG folgt nicht, daß Aufwendungen, die z. B. anläßlich persönlich erbrachter Arbeitsleistungen des Spenders aus dessen Vermögen effektiv abfließen, nicht als Ausgaben i. S. des § 10 b Abs. 1 EStG anzusehen wären. Denn der Ausschluß von "Nutzungen und Leistungen" gem. § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG betrifft nur solche Leistungen des Spenders anläßlich von Sachzuwendungen, die keine Wertabgaben aus dem geldwerten Vermögen des Zuwendenden darstellen. Bei den im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich jedoch um Wertabgaben des Klägers und damit um Ausgaben i. S. des § 10 b Abs. 1 EStG. Diese dienten der Förderung steuerbegünstigter Zwecke. Hierfür reicht es aus, daß die Aufwendungen bezweckten, den mit der Verrichtung satzungsgemäßer Aufgaben der DLRG betrauten Kläger zu seinen Einsatzorten zu befördern. Für diese Beurteilung ist es entscheidend, daß die DLRG zur Verwirklichung ihres satzungsgemäßen Zwecks Helfer einsetzen muß, die u. a. Rettungswachen durchführen und Lehrgänge für Rettungsschwimmen abhalten. Der Förderung der satzungsmäßigen Aufgaben der DLRG dient, wie das Finanzgericht (FG) zutreffend entschieden hat, nicht nur die Tätigkeit der Helfer an dem Einsatzort, sondern bereits deren Beförderung zu der jeweiligen Einsatzstelle. Die besondere Funktion des Klägers bei der DLRG verbietet es, die hier streitigen Ausgaben mit Aufwendungen zu vergleichen, die etwa einem zum Übungsabend fahrenden Vereinsmitglied entstehen, das nicht mit vergleichbaren Aufgaben wie der Kläger betraut ist.
Gemäß § 48 Abs. 3 EStDV muß der Spendenempfänger selbst zu dem in § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezeichneten Personenkreis gehören. Hieraus folgt, daß die Spende, um abzugsfähig zu sein, der begünstigten Institution unmittelbar zugeflossen sein muß. Auch dieses Erfordernis ist im Streitfall erfüllt. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, verfügte die DLRG nicht über eigene Kfz und war deshalb darauf angewiesen, daß der Kläger seinen PKW für die Fahrten zu den jeweiligen Einsatzorten zur Verfügung stellte. Die DLRG hatte im Streitfall, wie das FG weiter festgestellt hat, die Kosten für die Fahrten des Klägers zu den Einsatzstellen zu tragen. Nach einer Auskunft der DLRG hat diese die Reisekosten ihrer Helfer in anderen Fällen tatsächlich erstattet. Wenn demgegenüber der Kläger Fahrtkostenersatz für seine Fahrten zu den Einsatzorten nicht in Anspruch nahm, er also auf die Geltendmachung eines ihm zustehenden Rechtsanspruchs verzichtete, wendete er der DLRG unmittelbar den Wert seines Erstattungsanspruchs als Spende zu.
Fundstellen
Haufe-Index 413366 |
BStBl II 1979, 297 |
BFHE 1979, 170 |
NJW 1978, 2264 |