Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Mitunternehmerschaft zweier Ehegatten an dem Unternehmen eines Steuerberatungsbüros mit Buchstelle, wenn jeder Ehegatte die erforderliche Vorbildung für die Ausübung des Berufes besitzt.
Normenkette
EStG §§ 15, 18, 26a/1
Tatbestand
Gegenstand der Rb. sind Fragen der Anerkennung eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Ehegatten. Der Ehemann ist vereidigter Bücherrevisor, die Ehefrau Steuerberaterin. Sie hat diesen Beruf schon vor der Eheschließung (1941) selbständig ausgeübt. Seit der Eheschließung haben die Eheleute gemeinsam ein Steuerberatungsbüro mit Buchstelle betrieben und sind gemeinsam nach außen aufgetreten. Die Briefe und insbesondere die Rechnungen an die Klienten sind unter der gemeinsamen Bezeichnung A. und E. X. herausgegangen. In der Buchführung ist jedoch nur ein gemeinsames Konto für beide Ehegatten geführt worden, ohne daß eine Aufteilung der Ergebnisse unter ihnen erfolgt ist. Für die Streitjahre sind die Ehegatten nach § 26 EStG a. F. zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Der Einheitswert für den als gewerblich angesehenen Betrieb ist zuletzt auf den 21. Juni 1948 ermittelt und den Ehegatten gemeinsam zugerechnet worden, ohne daß eine anteilige Aufteilung erfolgte. Vor ihrer Eheschließung haben die Eheleute durch notariellen Vertrag vom 16. September 1941 Gütertrennung vereinbart. Der Vertrag enthält keine Bestimmungen über die gemeinsame Praxisausübung. Schriftliche Abmachungen sind hierüber auch nicht vorhanden.
Nach einer Betriebsprüfung berichtigte das Finanzamt die für die Streitjahre ergangenen Einkommensteuerbescheide der Eheleute nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO. Während des Verfahrens über die Berufung gegen die berichtigten Steuerbescheide beantragten die Bf. getrennte Veranlagung gemäß § 26 Abs. 2 Ziff. 2 EStG 1957 und einheitliche Feststellung der gewerblichen Einkünfte, von denen dem Ehemann 3/5 und der Ehefrau 2/5 zuzurechnen seien. Das Finanzgericht hob die Einspruchsentscheidungen und die berichtigten Einkommensteuerbescheide durch Urteil vom 16. Januar 1958 ersatzlos auf und verwies die Sache zur Entscheidung über den Antrag auf Vornahme der einheitlichen Gewinnfeststellung an das Finanzamt zurück.
Das Finanzamt lehnte die einheitliche Gewinnfeststellung ab. Gegen diese Entscheidung legten die Bf. Sprungberufung ein und beantragten, die Gewinne dem Ehemann zu 60 % und der Ehefrau zu 40 % zuzurechnen. Es handle sich um echte Mitunternehmerschaft und nicht um bloße Mitwirkung der Ehefrau im Sinne des § 26a EStG. Die Bedeutung der Mitarbeit der Ehefrau für die Praxis ergebe sich daraus, daß von den 15 Angestellten des Büros fünf von ihr beschäftigt worden seien. Das Finanzgericht hat die Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen. Eine Beteiligung der Ehefrau an der Praxis könne mangels hinreichend klarer Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Ehegatten nicht anerkannt werden, die sich, wie die unterschiedlichen Anträge ergäben, noch nicht einmal über die Art und Höhe einer Beteiligung oder Arbeitsvergütung der Ehefrau einig geworden seien.
Mit der Rb. verweisen die Bf. auf das Urteil des Senats I 48/59 U vom 1. September 1959 (BStBl 1960 III S. 35, Slg. Bd. 70 S. 93), in dem Ehegatten, die das zwischen ihnen bestehende Gesellschaftsverhältnis in der Buchführung des Betriebes nicht hatten in Erscheinung treten lassen, zugestanden worden sei, diese innerhalb einer angemessenen Frist entsprechend zu ergänzen. Die Bedeutung der Mitarbeit der Ehefrau sei aus den von ihnen geführten Arbeitsleistungsverzeichnissen sowie daraus zu ersehen, daß jeder von ihnen die von ihm beantragten Hilfskräfte persönlich unter seinem Namen engagiert und bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse angemeldet habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Ernsthaft gemeinte und tatsächlich durchgeführte Gesellschaftsverträge zwischen Ehegatten sind auch steuerlich anzuerkennen. Liegen schriftliche Abmachungen zwischen den Ehegatten nicht vor und hat eine behauptete mündliche Absprache über die Gewinnverteilung keinen Niederschlag in der Buchführung gefunden, so wird dies in der Regel gegen die Ernsthaftigkeit des behaupteten Gesellschaftsverhältnisses sprechen. Hiervon ist das Finanzgericht zutreffend ausgegangen. Allerdings werden die Fälle nur selten sein, bei denen die schriftlichen Vereinbarungen zwischen den Ehegatten so restlos Klarheit schaffen, wie dies zwischen Fremden üblich und selbstverständlich erscheint. Die Ehe als natürliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft wirkt sich gewöhnlich dahin aus, daß die Ehegatten auf eine formell genaue Festlegung dessen verzichten, was sie für selbstverständlich halten. Es muß deshalb im Einzelfall unter Würdigung aller Umstände sorgfältig geprüft werden, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Ehegatten den Willen zur Einkommens- und Vermögensteilung ausreichend bekundet haben.
Für den vorliegenden Fall ist zu beachten, daß die Ehefrau bereits vor der Eheschließung den Beruf als Steuerberaterin selbständig ausgeübt hat und daß die Ehegatten die mit einer Buchstelle verbundene Steuerpraxis als gemeinsames Unternehmen schon in der Bezeichnung (Anführung der beiden Namen) nach außen in Erscheinung treten ließen. Ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Ehegatten muß unter diesen Umständen angenommen werden. Das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung über die Gewinnverteilung spricht deshalb hier nicht gegen die Ernsthaftigkeit der mündlich vereinbarten Mitunternehmerschaft. Daß in der Buchführung keine getrennten Konten für die Ehegatten erscheinen, vermag auch nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Bereits durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 14/60 U vom 10. Mai 1960 (BStBl 1960 III S. 326) wurde dem Fehlen einer ausdrücklichen Gewinnverteilungsabrede in einem Fall keine Bedeutung beigemessen, in dem die Ehefrau eigenes Vermögen und ihre Arbeitskraft in dem umfangreichen landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemanns eingesetzt hatte. Dem entspricht hier die Tätigkeit der Ehefrau im Betrieb, die über eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung bereits bei Eröffnung des gemeinsamen Betriebes verfügte. Ihre Tätigkeit ist für den Betrieb tragend. Siehe auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 116/58 U vom 26. August 1958 (BStBl 1958 III S. 445, Slg. Bd. 67 S. 450). Die Entscheidung muß nach dem Gesamtbild erfolgen. Ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Bf. ist hier anzuerkennen. Dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Sache wird an das Finanzamt zur anderweiten Entscheidung zurückverwiesen. Es wird im Einspruchsverfahren die der Höhe nach noch strittigen Einkünfte der Bf. aus dem Gewerbebetrieb einheitlich festzustellen haben. Bei der Verteilung der Einkünfte kommt es auf Umfang und Bedeutung der Tätigkeit jedes der beiden Gesellschafter an. Eine Verteilung in dem beantragten Verhältnis 60 : 40 erscheint nach den von den Bf. angeführten Merkmalen nicht gerechtfertigt. Von einer Ergänzung der Buchführung für die Vergangenheit im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs I 48/59 U könnte mit Rücksicht auf die Art des Betriebes abgesehen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 409732 |
BStBl III 1960, 328 |
BFHE 71, 210 |